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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 10.10.2006
Aktenzeichen: 9 Sa 1557/05
Rechtsgebiete: MuSchG


Vorschriften:

MuSchG § 3 Abs. 1
MuSchG § 11
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 01.07.2005 - 2 Ca 152/05 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Arbeitsentgelt während eines ärztlich angeordneten Beschäftigungsverbotes.

Die am 06.08.1978 geborene Klägerin ist seit dem 01.01.2002 bei der Beklagten als Verkäuferin und Beraterin zu einem durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst von 1.458,67 Euro beschäftigt. Die Beklagte betreibt einen Baustoffhandel/Baumarkt am Standort B2xxxxxxxx.

In der zweiten Jahreshälfte 2004 wurde die Klägerin schwanger und teilte das der Beklagten im Oktober 2004 entsprechend mit; ausweislich einer ärztlichen Bescheinigung aus dieser Zeit befand die Klägerin sich am 26.10.2004 in der 16. Schwangerschaftswoche, voraussichtlicher Entbindungstermin war der 13.04.2005.

Die Klägerin war in der Zeit vom 18.10. bis zum 25.10.2004 arbeitsunfähig erkrankt, nachdem sie sich zuvor im Urlaub befunden hatte. Die Ärztin Frau Z1xxxxxxxx, Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, erteilte unter dem 26.10.2004 ein Beschäftigungsverbot folgenden Inhalts:

Bei Frau M1xxxxx W2xxxx, geb. 06.08.1978 besteht eine Gravidität der 16. Woche.

Aufgrund depressiver Reaktion im Sinne einer Anpassungsstörung bei Arbeitsplatzkonflikt erteile ich ein absolutes Arbeitsverbot.

Das Arbeitsverbot gilt ab dem 26.10.2004.

Auf die Kopie Bl. 4 d.A. wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 29.10.2004 hatte der Geschäftsführer der Beklagten die Klägerin zu einem Gespräch u.a. wegen des im ärztlichen Schreiben angesprochenen Arbeitsplatzkonfliktes gebeten. Ein Gespräch im Beisein des Ehemannes der Beklagten hat auch stattgefunden, ohne dass das genaue Datum näher vorgetragen worden wäre.

Nachdem die Beklagte über ihren Prozessbevollmächtigten unter dem 25.11.2004 Zweifel am Beschäftigungsverbot geäußert und die Klägerin zur Arbeitsaufnahme aufgefordert hatte, teilte die Klägerin am nächsten Tag, ebenfalls über ihren Prozessbevollmächtigten mit, dass sie wegen des Beschäftigungsverbotes die Arbeit nicht aufnehmen werde (Bl. 5 d.A.). Zugleich ließ sie darauf hinweisen, dass die Beklagte sich mit der behandelnden Ärztin in Verbindung setzen möge. Nach dem Vortrag der Beklagten ist das auch geschehen; allerdings behauptet sie hierzu, die Ärztin habe erläutert, dass ihr von der Klägerin ein Auskunftsverbot erteilt worden sei.

Unter dem 29.11.2004 beantragte die Beklagte die Zulässigerklärung einer beabsichtigten Kündigung der Klägerin beim Staatlichen Amt für Arbeitsschutz Ostwestfalen-Lippe. Dieser Antrag wurde - mittlerweile bestandskräftig - abgelehnt. Zur Begründung hatte die Beklagte u.a. angeführt, die Klägerin verweigere ab dem 26.10.2004 beharrlich ihre Arbeit. Wegen des ablehnenden Bescheides und des Widerspruchsbescheides wird auf die zur Akte gereichten Fotokopien Bl. 46 ff und 77 ff Bezug genommen. Im Termin zur Berufungsverhandlung hat die Beklagte ergänzend erläutert, dass nunmehr wegen Beendigung der Schwangerschaft und wegen des Ablaufs der Schutzfristen ein erneutes Kündigungsverfahren nach den Bestimmungen des BErzGG verwaltungsgerichtlich anhängig, aber noch nicht entschieden sei.

Nachdem die Beklagte ab November 2004 keinen Arbeitslohn an die Klägerin mehr zahlte, hat die Klägerin bei Gericht eingehend am 17.01.2005 zunächst die Novembervergütung eingeklagt. Die Beklagte verlangte im Laufe des Rechtsstreits von der Klägerin eine weitere Untersuchung durch eine andere Ärztin, was die Klägerin auch unter dem 21.02.2005 veranlasste. Die Betriebsmedizinerin Dr. med. S2xxxxxxxxx-P3xxxxx erteilte daraufhin unter dem 23.02.2005 eine Bescheinigung folgenden Wortlautes, die der Beklagten übermittelt wurde:

Ärztliche Stellungnahme zu dem Beschäftigungsverbot

Von

Frau

M1xxxxx W2xxxx

...

Nach der Untersuchung vom 21.02.2005 stimme ich der Weiterführung des von der Frauenärztin Frau Z2xxxxxxxx nach dem Bericht von Dr. K2xxxx, Nervenarzt, ausgesprochenen Beschäftigungsverbot von Frau W2xxxx voll zu.

Es besteht bei dem jetzigen Gesundheitszustand von Frau W2xxxx wegen der besonderen Konfliktsituation im Betrieb nach wie vor eine ernste Gefährdung von Mutter und Kind ( MuSchG § 3 Abs. 5 )

Auf die Kopie Bl. 44 d.A. wird Bezug genommen.

Die Beklagte ist davon ausgegangen, dass auch dieser Bescheinigung kein ausreichender Beweiswert zukomme und zahlte die weiteren Vergütungen ab dem Monat Dezember nicht; ab dem 02.03.2005 erhielt die Klägerin von ihrer Krankenkasse ausweislich einer Mitteilung der BEK vom 07.03.2005 Mutterschaftsgeld (Kopie Bl. 87 d.A.).

Die Klägerin hat vorgetragen:

Sie habe einen Anspruch auf Zahlung des sog. Mutterschutzlohnes, weil sie durch die fachärztliche Bescheinigung der Ärztin Z2xxxxxxxx sowie durch die ärztliche Bestätigung vom 23.02.2005 ein Beschäftigungsverbot nachgewiesen habe. Die vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen seien insbesondere hinreichend konkret. Auch läge der Kausalzusammenhang zwischen Beschäftigungsverbot und dem Aussetzen mit der Arbeit seitens der Klägerin vor, da es sich bei der schwangerschaftsbedingten depressiven Anpassungsstörung gerade nicht um eine Krankheit handele, welche eine Arbeitsunfähigkeit begründe. Vorsorglich entbinde sie die Ärztinnen Z2xxxxxxxx und S2xxxxxxxxx-P2xxxxxx wie den Arzt K2xxxx von der Schweigepflicht (Erklärungen Bl. 54 ff d.A.).

Zudem hat die Klägerin behauptet, sie sei durch ihren direkten Vorgesetzten bei der Beklagten, Herrn T1xxx, Mobbing - Attacken ausgesetzt gewesen.

Aufgrund des Eintritts der Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz, dargelegt durch das Schreiben der Krankenkasse vom 07.03., bestehe der Anspruch für die Zeit ab Beginn des Beschäftigungsverbotes bis zum 01.3.2005 in Höhe von 5.883,30 € brutto (01.11. - 01.03.05). Die Klägerin lege ihren durchschnittlichen Arbeitsverdienst von 1.458,67 € monatlich zugrunde, woraus sich ein Tagesverdienst von 48,62 € bei 30 Kalendertagen pro Monat ergebe. Der Zinsanspruch ergebe sich aus einer entsprechenden Bankbescheinigung der Volksbank Solling eG (Bl. 9 d.A.).

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 5.883,30 € brutto nebst 13,5% Zinsen

für einen Betrag in Höhe von 1.458,67 € ab dem 05.12.2004,

für einen weiteren Betrag in Höhe von 1.458,67 € ab dem 05.01.2005,

für einen weiteren Betrag in Höhe von 1.458,67 € ab dem 07.02.2005,

für einen weiteren Betrag in Höhe von 1.458,67 € ab dem 07.03.2005 sowie für einen weiteren Betrag in Höhe von 48,62 € ab dem 01.07.2005 zu zahlen

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen:

Ein Anspruch auf Mutterschutzlohn sei nicht gegeben, da die von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen nichtssagend und unkonkret seien. Insbesondere sei unklar, welche von der Klägerin zu leistenden Tätigkeiten zu dem Beschäftigungsverbot geführt hätten und welche Arbeitsbedingungen seitens der Ärztinnen zugrunde gelegt worden seien. Der Beweiswert der ärztlichen Bescheinigung sei daher erschüttert.

Somit sei die Klägerin für solche Tatsachen, aufgrund derer ein Beschäftigungsverbot gleichwohl anzunehmen sei, in vollem Umfang darlegungs- und beweisbelastet.

Die Beklagte meint weiter, die Voraussetzungen des § 11 MuSchG lägen auch deshalb nicht vor, da nicht das absolute Beschäftigungsverbot der Grund für die fehlende Arbeitstätigkeit gewesen sei, sondern eine psychische Erkrankung.

Weiter behauptet die Beklagte, sie habe sich nach dem 26.10.2004 bemüht, Kontakt zur Klägerin aufzunehmen, um mögliche Differenzen zu beseitigen und ggf. über eine Veränderung der Arbeitsbedingungen zu sprechen. Die Beklagte hätte z.B. in der Form reagieren können, dass man der Klägerin ein Büro zur Verfügung gestellt hätte, in welchem sie dann alleine und ohne Kontakt zum Vorgesetzten T1xxx hätte arbeiten können. Allerdings habe es irgendwelche Mobbingattacken gegenüber der Klägerin nicht gegeben. Das Gesprächsangebot habe die Klägerin indessen abgelehnt und zudem ihren behandelnden Ärztinnen ein vollständiges Auskunftsverbot erteilt; was die Ärztin Z1xxxxxxxx dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten in einem Telefonat erläutert habe.

Das Arbeitsgericht Paderborn hat der Klage durch Urteil vom 01.07.2005 - 2 Ca 152/05 - im wesentlichen mit der Begründung stattgegeben, dass den von beiden Ärztinnen erteilten bzw. bestätigten Beschäftigungsverboten der von der Rechtsprechung geforderte Beweiswert zukomme und es dem Beklagten nicht gelungen sei, diesen zu erschüttern. Vorliegend bestehe die Besonderheit, dass das ärztliche Beschäftigungsverbot aufgrund "schwangerschaftsbedingter depressiver Anpassungsstörung bei Arbeitsplatzkonflikt" ausgesprochen wurde. Diese schwangerschaftsbedingte depressive Anpassungsstörung führe zur Überzeugung des Arbeitsgerichts dazu, dass der Klägerin auch körperlich leichte Tätigkeiten, seien sie sitzend oder stehend, seien sie abstrakt gefährlich oder auch abstrakt zunächst völlig ungefährlich, nicht zumutbar seien. Denn die vorliegende besondere Gefährdung für die Gesundheit von Mutter und Kind bestehe hier gerade darin, dass die Klägerin aufgrund der angespannten Verhältnisse im Betrieb, insbesondere der Spannungslage zu ihrem direkten Vorgesetzten Herrn T1xxx, wegen ihrer schwangerschaftsbedingten depressiven Anpassungsstörung im Betrieb überhaupt tätig wird. Die Klägerin sei auch nicht arbeitsunfähig krank gewesen. Eine solche Anpassungsstörung sei so eng mit der Schwangerschaft an sich verknüpft, dass sie - ebenso wie die Schwangerschaft selbst - nicht als Krankheit bewertet werden könne. Aufgrund des nach wie vor beweiskräftigen Beschäftigungsverbotes seien die Anspruchsvoraussetzungen für die Vergütung in Form des sog. Mutterschutzlohnes gegeben.

Wegen eines geringfügigen Teils des Zinsanspruches hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.

Gegen dieses Urteil, ihren Prozessbevollmächtigten am 18.07.2005 zugestellt, wehrt sich die Beklagte mit der vorliegenden, beim Landesarbeitsgericht am 04.08.2005 eingegangenen und zugleich begründeten Berufung.

Sie trägt vor:

Das Arbeitsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, der Beweiswert der Beschäftigungsverbote der Ärztinnen Z2xxxxxxxx und Dr. S2xxxxxxxxx-P2xxxxxx sei nicht erschüttert.

Das Arbeitsgericht habe insbesondere die vorgetragene Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Brandenburg (NZA-RR 2005, S. 67 ff) nicht berücksichtigt, wonach einer ärztlichen Bescheinigung nach Äußerung entsprechender Zweifel des Arbeitgebers kein erhöhter Beweiswert mehr zukomme, wenn sich nicht ersehen lasse, aufgrund welcher konkreten Arbeitsbedingungen das Verbot ausgesprochen worden sei. Der Klägerin helfe auch die zweite Bescheinigung nicht weiter, da diese ebenso unkonkret sei.

Die Ausführungen der angegriffenen Entscheidung zur Frage der erwähnten depressiven Reaktion seien nicht nachvollziehbar; insbesondere habe es keine Konfliktsituation am Arbeitsplatz gegeben. Den einzigen Konflikt habe die Klägerin selbst durch mangelhafte Arbeitsleistungen und ihr Verhalten gegenüber der Geschäftsführung hervorgerufen, worauf die Beklagte mit - nicht angegriffenen - Abmahnungen reagiert habe.

Außerdem verbleibe die Beklagte dabei, dass sie wegen eines von der Klägerin der Ärztin gegenüber erteilten Aussageverbotes keine weiteren Informationen über die Tatsachen erhalten habe, die dem Beschäftigungsverbot zugrunde gelegt worden seien.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 01.07.2005 - 2 Ca 152/05 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil als zutreffend und weist im Berufungsverfahren insbesondere darauf hin, dass sie ab dem 26.10.2004 keinesfalls arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei. Die Beschäftigungsverbote hätten den von der Rechtsprechung geforderten Beweiswert; Einzelangaben zu Tätigkeiten seien nicht erforderlich, da die Ärztinnen jede Beschäftigung untersagt hätten. Auch komme schon deswegen eine Angabe zur Zeitdauer des Verbotes nicht in Betracht.

Die Beklagte habe nicht hinreichend die bereits vorgetragene Konfliktsituation am Arbeitsplatz berücksichtigt; der Vorgesetzte T1xxx habe nach Mitteilung der Schwangerschaft mit Sticheleien reagiert. Er habe erklärt, man habe die Klägerin entlassen wollen, was ja nun nicht mehr ginge. Rücksicht werde auf die Klägerin wegen ihrer Schwangerschaft nicht genommen; es seien Ausdrücke wie "Baustoffschlampe" gefallen.

Die Ärztin Z1xxxxxxxx sei vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin unterrichtet worden, dass die Beklagte Auskunftsrechte habe zu Art und Umfang des Beschäftigungsverbotes, aber keine dezidierten Angaben über den Gesundheitszustand verlangen könne. Ein Auskunftsverbot habe es zu keinem Zeitpunkt gegeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten im Vorbringen der Parteien wird ergänzend auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Terminsprotokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach der Beschwer (§ 64 Abs. 2 ArbGG) an sich statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten (§§ 66 Abs. 1 Satz 1; 64 Abs. 6 ArbGG, 516 ff. ZPO) hat keinen Erfolg, da der Klägerin Ansprüche auf Zahlung des Durchschnittsverdienstes für die Dauer des ärztlich verordneten Beschäftigungsverbotes gem. § 11 Abs. 1 S.1 i.V.m. § 3 Abs. 1 MuSchG in unstreitiger Höhe von 5.883,30 € brutto zustehen.

I.

Die Voraussetzungen des Anspruchs auf Zahlung des Durchschnittsverdienstes der letzten dreizehn Wochen - der Höhe nach zwischen den Parteien auch im Berufungsverfahren unstreitig - gem. § 11 Abs. 1 S. 1 MuSchG liegen für die Zeit ab Erteilung des Beschäftigungsverbotes durch Frau Z1xxxxxxxx, also ab dem 26. Oktober 2004 vor.

Gemäß § 11 Abs. 1 MuSchG hat eine schwangere Frau, die gem. § 1 Ziffer 1 MuSchG Arbeitnehmerin ist, soweit sie nicht Mutterschaftsgeld nach der RVO beziehen kann, Anspruch auf Weitergewährung ihres bisherigen Durchschnittsverdienstes, wenn sie u.a. wegen eines Beschäftigungsverbotes nach § 3 Abs. 1 MuSchG mit der Arbeit aussetzt.

Diese Voraussetzungen liegen vor:

a.

Streitlos steht die Klägerin in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten als Verkäuferin und Kundenberaterin. Dieses Arbeitsverhältnis wurde bislang auch nicht beendet; insbesondere sind von der Beklagten keine Kündigungen ausgesprochen worden, was rechtswirksam auch nicht möglich gewesen wäre, da - jedenfalls zum hier interessierenden Zeitraum - eine Zulässigerklärung einer Kündigung im Sinne des § 9 Abs. 3 S. 1 MuSchG durch das zuständige Amt für Arbeitsschutz Ostwestfalen-Lippe bestandskräftig abgelehnt worden war.

b.

Ebenso unstreitig ist, dass die Klägerin während des hier in Frage stehenden Zeitraumes schwanger war, wie sich aus der überreichten Kopie der Bescheinigung der Ärztin Z1xxxxxxxx, wahrscheinlich vom 26.10.2004, zweifelsfrei ergibt.

c.

Die Klägerin konnte Mutterschaftsgeld im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 1 MuSchG für den hier streitgegenständlichen Zeitraum nicht beziehen, da sich dieser Anspruch gegen die Krankenkasse auf die Schutzfristen des § 3 Abs. 2 MuSchG bzw. § 6 Abs. 1 MuSchG beschränkt, vgl. § 200 Abs. 2 und Abs. 3 RVO.

d.

Die Klägerin hat schließlich wegen Erteilung des Beschäftigungsverbotes ab dem 26.10.2004 völlig mit ihrer Arbeit ausgesetzt. Nach Ansicht der Berufungskammer war das von Frau Z1xxxxxxxx erteilte und von Frau Dr. med. S2xxxxxxxxx-P2xxxxxx bestätigte Beschäftigungsverbot kausal ("wegen") für die Nichterbringung der Arbeitsleistung der Klägerin, insbesondere ist der ihr zukommende hohe Beweiswert nicht erschüttert.

Schließlich wirkt das Beschäftigungsverbot auch fort, da es weder abgeändert noch aufgehoben worden ist.

aa.

Gemäß § 3 Abs. 1 MuSchG dürfen werdende Mütter nicht beschäftigt werden, soweit nach ärztlichem Zeugnis Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet ist.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Berufungskammer folgt, kommt es für ein Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs. 1 MuSchG nicht darauf an, ob vom Arbeitsplatz als solchen, also der spezifischen Tätigkeit, Gefahren für die Schwangere ausgehen und ob solche Gefahren auch für andere Schwangere bestehen würden. Maßgeblich ist allein der individuelle Gesundheitszustand der am konkreten Arbeitsplatz beschäftigten Arbeitnehmerin (LAG Brandenburg, Urteil vom 16.03.2003, 5 Sa 490/02, NZA-RR 2005, S. 67 ff zu 2.1. der Gründe unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts).

Es genügt, dass die Fortsetzung der Arbeit die Gesundheit von Mutter und Kind gefährdet. Dabei ist unerheblich, auf welcher genauen Ursache die Gefährdung beruht (BAG, Urteil vom 11.11.1998, 5 AZR 49/98, AP zu § 3 MuSchG 1968 Nr. 12 = BAGE 90, 125 m. w. N.; BAG, Urteil vom 9. Oktober 2002 , 5 AZR 443/01, NZA 2004, 257; BAG, Urteil vom 21.03.2001, 5 AZR 352/99, AP zu § 3 MuSchG 1968 Nr. 16). Neben diesen in der Person der schwangeren Mitarbeiterin liegenden Faktoren ist darüber hinaus zu bedenken, dass den Arbeitgeber besondere Pflichten im Hinblick auf die Gestaltung der Arbeitsbedingungen einer schwangeren Frau treffen, wie § 2 Abs. 1 - 3 MuSchG und auch § 4 Ziffer 6 ArbSchG beschreiben.

Das individuelle Beschäftigungsverbot des § 3 Abs. 1 MuSchG nach ärztlichem Zeugnis ist für das Beschäftigungsverbot konstitutiv (vgl. BAG, Urteil vom 21.03.2001, 5 AZR 352/99 aaO.; BAG, Urteil vom 9. Oktober 2002, 5 AZR 443/01 aaO; Schliemann/König NZA 1998, Seite 1030, 1032 m. w. N.). Eine Ärztin, die ein ärztliches Beschäftigungsverbot verhängt, weil sie bei der weiteren Beschäftigung der Schwangeren das Leben oder die Gesundheit der Mutter oder des Kindes gefährdet sieht, muss diese Entscheidung in eigener Verantwortung treffen. Die Erhebung der Befunde und deren Bewertung ist Aufgabe der Ärztin. Das Gericht wird ihr nachvollziehbares Urteil weitgehend zu respektieren haben. Die fachliche Kompetenz entbindet die Ärztin aber nicht von der Pflicht, ihre Entscheidung mit großer Sorgfalt zu treffen. Sie hat alle Umstände abzuwägen und verantwortlich zu entscheiden, ob die Schwangere mit der Arbeit aussetzen muss, um sie oder ihr Kind vor andernfalls zu befürchtenden Schäden zu schützen. Hierbei muss der Ärztin ein Beurteilungsspielraum eingeräumt werden. Sie muss eine Prognose abgeben, kann also ihre Entscheidung nie mit letzter Sicherheit treffen. Gleichwohl darf die Ärztin nicht leichtfertig handeln. Dabei hat die Ärztin zu entscheiden, ob sie das Beschäftigungsverbot überhaupt erteilt und in welchem Umfang, ob sie es nur vorübergehend erteilt oder für die gesamte Zeit bis zur Entbindung.

Geht die Ärztin so vor, so hat ihre Bescheinigung, mit der sie ein Beschäftigungsverbot erteilt, hohe Beweiskraft. Die Arbeitnehmerin genügt ihrer Darlegungslast zur Suspendierung der Arbeitspflicht und damit zur Begründung eines Anspruchs aus § 11 Abs. 1 MuSchG zunächst durch Vorlage der ärztlichen Bescheinigung (BAG, Urteile vom 13.02.2002, 5 AZR 753/00 und 5 AZR 588/00 bei juris, jeweils mit weiteren Nachweisen; BAG, Urteil vom 9. Oktober 2002, 5 AZR 443/01 aaO).

Der Arbeitgeber, der ein Beschäftigungsverbot gemäß § 3 Abs. 1 MuSchG anzweifelt, kann vom ausstellenden Arzt Auskünfte über die Gründe für das Attest verlangen, soweit diese nicht der ärztlichen Schweigepflicht unterliegen. Der Arzt hat dem Arbeitgeber mitzuteilen, von welchen tatsächlichen Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmerin er bei Erteilung seines Zeugnisses ausgegangen ist.

Will nun der Arbeitgeber das Beschäftigungsverbot wegen objektiv begründbarer Zweifel nicht gegen sich gelten lassen, kann er eine weitere, ärztliche Untersuchung der Arbeitnehmerin verlangen. Die Arbeitnehmerin hat diesem Verlangen angesichts der den Arbeitgeber treffenden Belastungen regelmäßig nachzukommen, wenn der Arbeitgeber ihr die ihn dazu bewegenden Gründe mitteilt (vgl. BAG, Urteil vom 31.07.1996, 5 AZR 474/95 aaO.; BAG, Urteil vom 21.03.2001, 5 AZR 352/99 aaO; BAG, Urteil vom 13.02.2002, 5 AZR 753/00 aaO).

Bestehen Zweifel an einem Beschäftigungsverbot, ist es dem Arbeitgeber unbenommen, unabhängig von einer neuerlichen Untersuchung Umstände vorzutragen, die den Beweiswert des ärztlichen Zeugnisses erschüttern. Der Ausspruch des Beschäftigungsverbotes stellt keine hinreichende Bedingung des Anspruchs dar, sondern dient nur als Beweismittel für das Vorliegen des Beschäftigungsverbotes; als Beweismittel kann die ärztliche Bescheinigung durch anderweitige Tatsachen mehr oder weniger entwertet werden.

Der Beweiswert eines zunächst nicht eher begründeten ärztlichen Beschäftigungsverbotes ist ferner erschüttert, wenn die Arbeitnehmerin trotz Aufforderung des Arbeitgebers keine ärztliche Bescheinigung vorlegt, aus welcher hervorgeht, von welchen Arbeitsbedingungen die Ärztin beim Ausspruch des Beschäftigungsverbotes ausgegangen ist und welche Einschränkungen für die Arbeitnehmerin bestehen. Solche Angaben sind vor dem Hintergrund der erheblichen finanziellen Folgen eines mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbotes für den Arbeitgeber erforderlich. Solche Angaben verletzen nicht das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmerin. Von der Ärztin wird nämlich nicht die Mitteilung des medizinischen Befundes verlangt, sondern die Angabe der Verhaltensanordnung, die er der Arbeitnehmerin auf der Grundlage seiner Untersuchung erteilt hat. So muss die Ärztin auf Nachfrage beispielsweise mitteilen, ob und inwieweit die Arbeitnehmerin Arbeiten sitzend oder stehend verrichten soll und ob sie körperlich belastende Arbeiten verrichten kann (vgl. BAG, Urteil vom 13.02.2002, 5 AZR 753/00 aaO). Allerdings trägt der Arbeitgeber das Risiko dafür, das Gericht von der Unrichtigkeit des ärztlichen Beschäftigungsverbotes überzeugen zu müssen (BAG, Urteil vom 31.07.1996, 5 AZR 474/95, aaO.).

Erst wenn der Beweiswert des ärztlichen Zeugnisses erschüttert ist, steht nicht mehr fest, dass die Arbeitnehmerin im Sinne von § 11 Abs. 1 MuSchG "wegen eines Beschäftigungsverbotes" mit der Arbeit ausgesetzt hat (BAG vom 13.02.2002, 5 AZR 753/00 aaO); es fehlt dann die vom Gesetz geforderte Kausalität mit der Folge, dass die Arbeitnehmerin ihren Anspruch auf die Arbeitsvergütung verliert, da sie ihrerseits die Arbeitsleistung nicht erbracht hat; § 320 Abs. 1 S.1 BGB i.V.m. § 611 BGB. Dann muss die Arbeitnehmerin wiederum der ihr dann voll obliegenden Beweislast nachkommen.

bb.

Ausgehend hiervon gilt vorliegend Folgendes:

Die Klägerin hat zunächst durch Vorlage der ärztlichen Bescheinigung vom 26.10.2004 das Beschäftigungsverbot gem. § 3 Abs. 1 MuSchG nachgewiesen. Dabei ist es unerheblich, dass diese Bescheinigung keinen Zeitraum der Dauer des Verbots angibt, da die Ärztin formuliert hat "absolutes Arbeitsverbot". Diese Wortwahl kann im Hinblick auf den zeitlichen Faktor nur so verstanden werden, dass das Beschäftigungsverbot unbefristet ausgesprochen wird, d.h. wegen § 3 Abs. 2 MuSchG bis zum Eintritt der Schutzfristen.

Es bedurfte keiner abschließenden Entscheidung der Berufungskammer zu der Frage, ob der Beweiswert dieser Bescheinigung deswegen erschüttert ist, weil sie - wie die Beklagte meint - keine detaillierten Angaben zu Art und Umfang der "verbotenen" Arbeiten und zu den zugrunde gelegten Arbeitsbedingungen enthält.

Zwar bedarf es grundsätzlich dann, wenn der Arbeitgeber nähere Informationen wünscht bzw. benötigt, entsprechender Angaben entweder der Ärztin im Rahmen einer Auskunft oder aber in der Bescheinigung selbst, wie oben anhand der Rechtsprechung dargestellt. Allerdings spricht nach Auffassung der Berufungskammer vieles dafür, dass die Bescheinigung der Ärztin Z1xxxxxxxx diesen Anforderungen gerecht wird. Anders als es nämlich insbesondere in der Entscheidung des BAG vom 13.02.2002 aaO Grundlage war (dort war eine "Risikoschwangerschaft" aufgeführt), enthält die Bescheinigung vom 26.10.2004 durchaus weitere - wenn auch knappe - Angaben. Zunächst beschreibt das Wort "absolut" neben dem zeitlichen Faktor (s.o.) auch den weiteren Inhalt des Verbotes: Es sind gerade nicht nur bestimmte Tätigkeiten untersagt, wie die Arbeit mit Farben und Lacken, worauf die Beklagte u.a. abgestellt hat. Solche Tätigkeiten sind schon kraft Gesetzes gem. § 2 Abs. 1 MuSchG i.V.m. § 5 Abs. 1 Ziffer 1 MuSchV verboten, da eine Beschäftigung u.a. mit gesundheitsschädlichen Stoffen untersagt ist. Vielmehr hält die Ärztin jegliche Berufstätigkeit im Hinblick auf eine Gefährdung der Klägerin und/oder des damals ungeborenen Kindes für ausgeschlossen. Auch der Grund hierfür lässt sich der Bescheinigung entnehmen, da dort eine Anpassungsstörung bei Arbeitsplatzkonflikt und in Folge davon eine depressive Reaktion genannt ist.

Soweit die Beklagte darauf abstellt, dass genau hier eine nähere Beschreibung erforderlich gewesen wäre, um ihr ggf. Abhilfemöglichkeiten aufzuzeigen, ist an dieser Stelle zu beachten, dass das Beschäftigungsverbot gem. § 3 Abs. 1 MuSchG eben auf einer Einschätzung der subjektiven, individuellen Situation der betroffenen Arbeitnehmerin durch die Ärztin beruht. D.h. selbst dann, wenn bei anderen Beschäftigten ein solcher Arbeitsplatzkonflikt keine depressive Reaktion auslösen würde oder - wie die Beklagte behauptet hat (ebenso subjektiv) - es einen solchen Konflikt nicht gibt, kommt es allein auf die individuelle Konstitution der Klägerin an, also darauf, wie sie in der Lage ist, mit der aus ihrer Sicht bestehenden Arbeitsplatzsituation umzugehen. Es wird erneut Bezug genommen auf die Rechtsprechung des BAG, welches in der Entscheidung vom 13.02.2002 aaO u.a. wörtlich ausgeführt hat (zu I. 2. der Gründe):

"Es genügt, dass die Fortsetzung der Arbeit mit einer Gefährdung der Gesundheit von Mutter oder Kind verbunden ist. Unerheblich ist die genaue Ursache der Gefährdung. Die Arbeitstätigkeit der Schwangeren oder ihr räumlicher Arbeitsbereich müssen nicht gesundheitsgefährdend sein. Ein Beschäftigungsverbot ist vielmehr auch dann auszusprechen, wenn die Beschäftigung für andere Frauen unabhängig von einer Schwangerschaft keinerlei Gefährdung ergibt, aber im Einzelfall auf Grund der individuellen Verhältnisse der schwangeren Frau die Gesundheit von Mutter oder Kind gefährden würde."

Einer abschließenden Entscheidung der Berufungskammer bedurfte es aber deswegen nicht, weil eventuelle Zweifel jedenfalls nach der weiteren Untersuchung der Klägerin am 21.02.2005 ausgeräumt sind, da unter dem 23.02.2005 das Beschäftigungsverbot ausdrücklich bestätigt wurde.

Dieses ärztliche Gutachten der Betriebsmedizinerin Dr. med. S2xxxxxxxxx-P2xxxxxx ist auf Veranlassung des Prozessbevollmächtigten des Beklagten erfolgt, nachdem die Klägerin offensichtlich einer neuerlichen Untersuchung durch eine andere Ärztin eingewilligt hatte. Wenn nunmehr das von dem beklagten Arbeitgeber veranlasste und zum Zwecke der Erschütterung des Beweiswertes des bereits erteilten ärztlichen Beschäftigungsverbotes veranlasste weitere ärztliche Gutachten im Ergebnis die Erforderlichkeit bzw. Berechtigung eines Beschäftigungsverbotes im Sinne von § 3 Abs. 1 MuSchG bestätigt, so trägt nach den vorgenannten Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung der Arbeitgeber dieses Risiko, denn ihm obliegt es, den Beweiswert des durch Vorlage einer ordnungsgemäß erlangten ärztlichen Bescheinigung nachgewiesenen Beschäftigungsverbotes durch die Arbeitnehmerin zu erschüttern (BAG, Urteil vom 13.02.2002 aaO mit zahlreichen Nachweisen).

Da die ärztliche Bescheinigung der Betriebsmedizinerin Dr. med. S2xxxxxxxxx-P2xxxxxx vollinhaltlich auf das von Frau Z1xxxxxxxx erteilte Beschäftigungsverbot Bezug nimmt und z.T. wiederholt, kann wegen der Bewertung des - von der Beklagten monierten - knappen Inhalts dieser weiteren Bescheinigung auf die Ausführungen oben zur ersten Bescheinigung Bezug genommen werden.

Erst dann, wenn die weitere Untersuchung der Klägerin nach ärztlichem Ermessen zu Zweifeln am Beschäftigungsverbot geführt bzw. die von der Beklagten angesprochenen Zweifel bestätigt hätte, wäre dem Beweisangebot der Klägerin zur Einholung von Auskünften bei den behandelnden Ärzten nachzugehen gewesen. Tatsachen wiederum, die den Beweiswert der bestätigenden Bescheinigung unter anderen Aspekten erschüttern, hat die Beklagte nicht vorgetragen; sie hat sich auch hier auf den nach ihrer Auffassung zu knappen oder "nichtssagenden" Inhalt berufen.

Aus diesen Gründen kam es auch nicht auf den streitigen Sachvortrag der Beklagten an, die Klägerin habe durch ein Auskunftsverbot gegenüber den Ärzten eine angemessene Reaktion der Beklagten im Sinne einer Umorganisation des Arbeitsplatzes der Klägerin im Hinblick auf das Beschäftigungsverbot vereitelt.

cc.

Dieses Verständnis von § 3 Abs. 1 MuSchG entspricht auch dem Schutzzweck der Norm, nämlich der Abwehr von Gesundheitsgefahren für Mutter und Kind. Dies ist Schutzzweck der mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbote und kommt im Wortlaut des § 3 Abs. 1 MuSchG zum Ausdruck, wenn dort als tatbestandliche Voraussetzung eines individuellen Beschäftigungsverbots verlangt wird, dass nach ärztlichem Zeugnis Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet ist (BVerwG 5. Senat, Urteil vom 27.05.1993, 5 C 42/89, EzA § 4 MuSchG Nr 4). Die schwangere Arbeitnehmerin würde sich bei anderem Verständnis dieses Schutzzweckes der Gefahr aussetzen, bei Äußerung von Einwendungen des Arbeitgebers gegen das Beschäftigungsverbot den Konflikt lösen zu müssen, entweder dem ärztlichen Verbot zu folgen verbunden mit der Angst, bei Beachtung des Beschäftigungsverbotes ihren Arbeitsplatz auf's Spiel zu setzen, wie die Anträge der Beklagten auf Zulässigerklärung der Kündigung beim staatlichen Amt für Arbeitsschutz wegen dort vorgetragener Arbeitsverweigerung zeigen oder aber trotz der nach ärztlichem Ermessen bestehenden Gefährdung für Mutter oder Kind der Arbeit nachzugehen.

Nach alledem hat das Beschäftigungsverbot im Sinne des § 3 Abs. 1 MuSchG den hohen Beweiswert, der ihm nach der Rechtsprechung zukommt; ebenso ist dieser Beweiswert nicht erschüttert.

dd.

Die Kausalität zwischen Beschäftigungsverbot und Einstellung der Arbeitstätigkeit ("wegen") entfällt auch nicht deshalb, weil die Klägerin etwa arbeitsunfähig erkrankt gewesen wäre (vgl. § 3 Abs. 1 EFZG) und damit eine weitere Ursache für ihren Ausfall gesetzt worden wäre. Denn eine Arbeitsunfähigkeit hat weder die Ärztin Z1xxxxxxxx noch die Ärztin S2xxxxxxxxx-P2xxxxxx bescheinigt, da sie nicht das Krankheitsbild einer "Depression" beschrieben haben, sondern eben - wie ausgeführt - die Gefährdung von Mutter oder Kind wegen einer Reaktion auf einen Arbeitsplatzkonflikt. Hieraus folgt nach dem Verständnis der Berufungskammer vom Wortlaut der Bescheinigung zwingend, dass die Gefährdung nach ärztlichem Ermessen entfällt, wenn die Klägerin das Beschäftigungsverbot beachtet.

ee.

Das Beschäftigungsverbot wirkt auch fort, da es zu keinem Zeitpunkt abgeändert oder aufgehoben worden ist, was zwischen den Parteien nicht im Streit ist.

e.

Zusammenfassend hat die Beklagte also das Vorliegen des ärztlichen Beschäftigungsverbotes vom 26.10.2004 weder durch die Auffassung, es fehlten hinreichende Angaben in der ärztlichen Bescheinigung, noch durch die weitere von ihr veranlasste ärztliche Untersuchung der Klägerin erschüttert, weshalb es nach den oben dargestellten Grundsätzen der Darlegungs- und Beweislast bei dem hohen Beweiswert der ärztlichen Bescheinigung bezüglich des Beschäftigungsverbotes vom 26.10.2004 verbleibt mit der abschließenden Folge, dass die Pflicht der Arbeitnehmerin zur Arbeitsleistung wegen des Verbotes nach § 3 Abs. 1 MuSchG suspendiert und die Beklagte gem. § 11 Abs. 1 MuSchG zur Zahlung der durchschnittlichen Vergütung - der Höhe nach unstreitig - verpflichtet ist.

II.

Die von der Klägerin geltend gemachten Zinsansprüche - jeweils seit Fälligkeit der jeweiligen Vergütung- folgen unter dem Gesichtspunkt des Verzuges aus den §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

III.

Die Beklagte hat die Kosten der Berufung als unterlegene Partei zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG

Gründe für die Zulassung der Revision waren gem. § 72 Abs. 2 ArbGG nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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