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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 28.11.2005
Aktenzeichen: 2 Sa 238/05
Rechtsgebiete: BUrlG


Vorschriften:

BUrlG § 2
BUrlG § 7
Bei einer weisungsfreien arbeitnehmerähnlichen Person, die insbesondere keinen Weisungen zur Arbeitszeit unterliegt, setzt die Bezahlung des Urlaubs nicht voraus, dass eine Festlegung des Urlaubszeitraums durch den Dienstgeber erfolgt. Ausreichend ist vielmehr, dass die arbeitnehmerähnliche Person absprachegemäß mit der Dienstleistung aussetzt und andere Gründe wie Erkrankung, pflichtwidriges Nichterscheinen nicht gegeben sind. Die Vereinbarung, die arbeitsfreie Zeit solle unbezahlt bleiben, ist unzulässig.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Teilurteil des Arbeitsgerichts Köln vom 28.10.2004 - 8 Ca 1048/03 - teilweise abgeändert:

Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger 5.805,23 € zu zahlen. In Höhe von 1.232,86 € bleibt es bei der Klageabweisung. Die Kostenentscheidung wird aufgehoben. Über die Kosten des Rechtsstreits ist im Schlussurteil zu entscheiden.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Von der Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Mit der Berufung verfolgt der Kläger die Vergütung von Zeiten weiter, in denen er keine Leistungen für die Beklagten erbracht hat. Er vertritt weiterhin die Ansicht, Arbeitnehmer der Beklagten gewesen zu sein und in den mit der Klageschrift spezifizierten Zeiträumen Urlaub gehabt zu haben.

Er beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 28.10.2004 - 8 Ca 1048/03 - die Beklagten zu verurteilen, an ihn 7.038,00 € zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertreten weiterhin die Ansicht, der Kläger sei nicht Arbeitnehmer, sondern Selbstständiger. Sein Urlaubsanspruch sei selbst dann, wenn § 2 Satz 2 BUrlG zur Anwendung komme bereits verfallen, da dem Kläger kein Urlaub gewährt worden sei. Im mündlichen Vertrag sei verabredet worden, dass ausschließlich die Zeiten der Beschäftigung vergütet würden. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 313 ZPO auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die fristgerechte und auch im übrigen zulässige Berufung des Klägers ist teilweise begründet. Dem Kläger steht für 20 Tage der Dienstleistung als arbeitnehmerähnliche Person Urlaubsvergütung entsprechend § 11 BUrlG zu.

Der Kläger ist als arbeitnehmerähnliche Person im Sinne des § 2 BUrlG für die Beklagten, die in Außensozietät zusammenarbeiten, als Rechtsanwalt tätig geworden. Die Tätigkeiten eines Rechtsanwaltes können in gleicher Weise als Arbeitnehmer wie auch als Selbstständiger erbracht werden. Deshalb kommt zunächst der Wahl der Gestaltung des Vertragsverhältnisses durch die Vertragsparteien ein besonderes Gewicht zu. Vorliegend haben die Parteien das Vertragsverhältnis während der gesamten Dauer als freies Mitarbeiterverhältnis abgewickelt. Der Kläger hat Rechnungen gestellt und Mehrwertsteuer berechnet. Es wäre deshalb Sache des Klägers gewesen, im Einzelnen darzustellen, dass die tatsächliche Durchführung des Vertrages von der vereinbarten Vertragstruktur als freies Mitarbeiterverhältnis abwich. Hierfür hätte der Kläger im Einzelnen konkrete Weisungen hinsichtlich des Tätigkeitsinhalts und auch hinsichtlich der Gestaltung der Anwesenheit im Büro darstellen müssen. Dass der Kläger überwiegend ganze Arbeitstage im Büro mit Ausnahme der Wahrnehmung von Außenterminen verbracht hat, belegt dabei die Ausübung eines Weisungsrechts durch die Beklagten nicht. Denn die Vergütung war so berechnet, dass der Kläger den Einsatz seiner vollständigen Arbeitskraft schuldete. Damit ist für die Abgrenzung zum Arbeitnehmer maßgeblich, ob darüber hinaus Einzelweisungen hinsichtlich Beginn und Ende der Arbeitszeit, Lage der Pausen, Wahrnehmung von Terminen erfolgten, die über das hinausgingen, was sich aus der Natur der Sache, z. B. der Terminierung durch die Gerichte, bereits ergab. Für eine solche Ausübung von Einzelweisungsrechten und damit die Qualifizierung als abhängiges Arbeitsverhältnis ist der Vortrag des Klägers nicht ausreichend.

Als arbeitnehmerähnliche Person ist der Kläger aber deshalb zu qualifizieren, weil er seine Einnahmen im Wesentlichen ausschließlich aus seiner Tätigkeit für die Beklagten bezog und er damit zwar nicht einer persönlichen Weisung, aber einer wirtschaftlichen Abhängigkeit unterlag, die die Anwendung der Schutzvorschriften für arbeitnehmerähnliche Personen rechtfertigt. Die arbeitnehmerähnliche Person unterscheidet sich vom Arbeitnehmer dadurch, dass an die Stelle einer weisungsabhängigen Eingliederung in eine Arbeitsorganisation die wirtschaftliche Abhängigkeit vom Auftraggeber tritt (vgl. BAG vom 25.05.2005 - 5 AZR 347/04).

Handelt es sich bei dem Kläger um eine weisungsunabhängige arbeitnehmerähnliche Person, so können alle die Vorschriften des Bundesurlaubsgesetzes nicht zur Anwendung gelangen, die Weisungs- und Entscheidungsrechte des Arbeitgebers beinhalten und voraussetzen. Die Weisungsfreiheit als arbeitnehmerähnliche Person bedingt deshalb auch, dass zur Erreichung der Urlaubsvergütung die Anordnung oder Genehmigung des Urlaubs im Sinne des § 7 BUrlG nicht erforderlich sind. Ausreichend ist vielmehr, dass der Selbstständige absprachegemäß bei fortbestehendem Dienstvertrag mit der Dienstleistung aussetzt und das Fehlen aus anderen Gründen (z. B. wegen Krankheit oder vertragswidriger Nichterbringung der Dienstleistung) ausgeschlossen ist. Ebenso wenig wie beim Arbeitnehmer ist erforderlich, dass tatsächlich eine Erholung stattfindet.

Dass der Kläger absprachewidrig in den von ihm als Urlaub bezeichneten Zeiträumen die Dienstleistung für die Beklagten nicht erbracht hat, haben diese nicht vorgetragen. Sie haben sich lediglich an dem für Arbeitnehmer geltenden Urlaubsbegriff orientiert und die nicht erforderliche Urlaubsgewährung bestritten. Dies steht der Qualifizierung der dienstleistungsfreien Zeiten als urlaubsähnliche Zeit im Sinne des § 2 Satz 2 BUrlG i. V. m. § 7 BUrlG nicht entgegen.

Der Urlaubsanspruch ist auch nicht verfallen, denn der Kläger hat Urlaub für arbeitnehmerähnliche Personen i.S. des § 2 BurlG erhalten. Es fehlt nur noch die Vergütung für die gewährte Freizeit.

Damit schulden die Beklagten im gesetzlichen Mindestumfang auch die Vergütung für den Freistellungszeitraum. Gemäß § 3 war nach Umrechnung auf die 5-Tage-Woche jedenfalls eine Freistellungszeit von 20 Arbeitstagen zu vergüten. Die entgegenstehende Verabredung, dass Urlaubsgeld nicht geschuldet sein soll und Zeiten des Aussetzen mit der Dienstleistung unvergütet bleiben, ist gemäß § 13 Abs. 1 BUrlG unzulässig.

Die zugesprochene Zahlungssumme ergibt sich danach aus Folgendem: In der Zeit vom 21.02. bis 28.02.2001 waren sechs Urlaubstage mit der vom Kläger errechneten Summe von 889,65 € inklusive Mehrwertsteuer zu vergüten. In der Zeit vom 06.09. bis 15.09.2001 waren sieben Tage mit 1.245,51 € zu vergüten. Vom 28.11. bis 30.11. waren drei Urlaubstage mit 485,75 € zu vergüten, so dass aus dem Zeitraum bis zum 12.12.2001 noch vier Tage zu vergüten waren. Diese errechnen sich wie folgt: 6.000,00 DM ./. 21 x 4 ./. 1,95583 (Umrechnung in Euro) zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer = 677,83 €. Damit war für das Jahr 2001 der Betrag von 3.298,74 € zuzusprechen.

Für das Jahr 2002 waren 13 Tage im Juni 2002 zu berücksichtigen und zwar unabhängig davon, ob die Urlaubszeit vom 11. bis um 27.06. (Vortrag der Beklagten) oder vom 12. bis 28.06. (Vortrag des Klägers) gedauert hat. Hierfür sind 1.423,44 € wie beantragt zugesprochen worden. Damit verbleiben für die im Oktober verbrachte Urlaubszeit noch sieben zu bezahlende Tage bei einer insgesamt im Oktober 2002 auf 23 Arbeitstage zu verteilenden Vergütung ergibt sich für sieben Tage ein Betrag von 1.083,05 € einschließlich Mehrwertsteuer. Rechnerisch offen aus der Oktobervergütung ist damit der in erster Instanz noch anhängige weitere Anteil für die geleistete Arbeitszeit in Höhe von 1.701,94 €.

Da das erstinstanzliche Teil-Urteil die Verzinsung nicht gesondert abgewiesen hat, ist auch dieser Teil der Klageforderung von dem Berufungsurteil nicht erfasst.

Der Kostenausspruch war aufzuheben. Die Kosten, auch diejenigen des Berufungsverfahrens sind als Teil der Schluss-Entscheidung auszuwerfen. Die Revision wurde mangels allgemeiner Bedeutung des Rechtsstreits nicht zugelassen.

Ende der Entscheidung

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