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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 13.10.2008
Aktenzeichen: 2 Ta 353/08
Rechtsgebiete: RVG


Vorschriften:

RVG § 33
Die Festsetzung eines Mehrwerts für den Vergleich setzt voraus, dass die Parteien außergerichtlich über mitverglichene Forderungen gestritten haben. Forderungen, die erst im Rahmen der Vergleichsgespräche aufgestellt werden und die Gegenleistung für die Zustimmung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses darstellen, erhöhen den Streitwert nicht, auch wenn die Höhe der Gegenleistung im Rahmen der Vergleichsgespräche streitig verhandelt wurde. Der Wert des Vergleichs richtet sich nach den ursprünglichen Forderungen, die durch ihn befriedet wurden.
Tenor:

Auf die Beschwerden der Prozessbevollmächtigten wird der Streitwertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Aachen vom 15.09.2008 - AZ 2 Ca 3125/08 - wie folgt abgeändert:

Der Streitwert wird für das Verfahren auf 21.000,00 €, für den Vergleich auf 24.500,00 € festgesetzt.

Entscheidungsgründe:

I. Die Beschwerdeführer erstreben die Änderung der Streitwertfestsetzung für den am 18.08.2008 geschlossenen Vergleich.

Am 30.07.2008 erhob der Kläger Kündigungsschutzklage bezüglich einer Kündigung vom 23.07.2008 zum 31.01.2009. Die Vergütung des Klägers betrug zuletzt 7.000,00 € brutto monatlich. Im Arbeitsvertrag der Parteien war vorgesehen, dass die Beklagte im Falle einer ordentlichen Kündigung den Kläger jederzeit widerruflich unter Fortzahlung der vereinbarten Bezüge freistellen konnte. In der Güteverhandlung am 18.08.2008 einigten sich die Parteien auf die Wirksamkeit der Kündigung. Darüber hinaus vereinbarten sie die Zahlung einer Abfindung, die ordnungsgemäße Abrechnung des Arbeitsverhältnisses ohne 13. Gehalt und Tantiemezahlung, die Freistellung des Klägers unter Anrechnung auf Urlaub und/oder Freizeitguthaben, das Recht des Klägers, das Arbeitsverhältnis vorzeitig unter Erhöhung der Abfindung zu beenden, die Erteilung eines weiteren Zwischenzeugnisses, wobei inhaltlich Änderungen am bereits erteilten Zwischenzeugnis vereinbart wurden, sowie die Erteilung eines Schlusszeugnisses auf der Basis des Zwischenzeugnisses. Das Arbeitsgericht hat den Streitwert für Verfahren und Vergleich auf drei Bruttomonatsgehälter, d. h. 21.000,00 € festgesetzt. Die Prozessbevollmächtigten vertreten die Ansicht, dass die Regelung der Freistellung mit 20 % bzw. 50 % der gezahlten Gehälter für den 5-monatigen Freistellungszeitraum anzusetzen sei. Zudem vertreten sie die Ansicht, dass aufgrund der Regelungen zum Zwischen- und Schlusszeugnis bis zu zwei weitere Bruttomonatsvergütungen als Mehrwert anzusetzen seien. Der Beklagtenprozessbevollmächtigte weist ausdrücklich darauf hin, dass der Kläger ohne die ausgehandelte Freistellung nicht zum Abschluss des Vergleichs bereit gewesen wäre. Hieraus rechtfertige sich der Mehrwert des Vergleichs.

II. Die zulässigen und fristgerechten Streitwertbeschwerden der Prozessbevollmächtigten sind nur zum geringen Teil begründet. Die Streitwertbeschwerden sind nur insoweit begründet, als dem Vergleich ein Mehrwert für die ausdrücklich geregelten Zeugnisformulierungen des Zwischenzeugnisses in Höhe eines halben Bruttomonatsgehaltes zukommt. Die Forderung einer bestimmten Formulierung im Zwischenzeugnis kann als eigener Streitgegenstand außerhalb der Kündigungsschutzklage angesehen werden. Das Interesse des Klägers, unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreits, ein Zwischenzeugnis mit einer bestimmten Formulierung zu erhalten, kann deshalb nicht eindeutig als Gegenleistung für die Streitbeilegung hinsichtlich des ursprünglichen Klageantrags gewertet werden. Wegen der geringen Bedeutung des Zwischenzeugnisses ist dieser Wert jedoch allenfalls auf ein halbes Bruttomonatsgehalt zu beziffern. Das darüber hinaus noch vereinbarte Schlusszeugnis war ersichtlich zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses noch nicht streitig, da es ohnehin noch nicht fällig war. Die rein deklaratorische Aufnahme in den Vergleichstext rechtfertigt damit keinen eigenen Streitwert.

Demgegenüber war die in Ziffer 4 des Vergleichs vereinbarte Freistellung des Klägers nicht streitwerterhöhend für den Vergleich zu berücksichtigen. Der Kläger hatte nicht unabhängig vom Ausgang des Feststellungsantrags die unbedingte Freistellung in der Kündigungsfrist verlangt. Vielmehr handelt es sich um die Gegenleistung für die Einwilligung des Klägers in die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Dies bringt der Beklagtenprozessbevollmächtigte in dankenswerter Klarheit in seinem Schriftsatz vom 09.10.2008 zum Ausdruck, in dem er erklärt, dass ohne die ausgehandelte Freistellung der Vergleich nicht zustande gekommen wäre. Gegenleistungen, die vereinbart werden, um den ursprünglichen Streitgegenstand (hier die Wirksamkeit der Kündigung vom 23.07.2008) zu erledigen, erhöhen den Streitwert nach ständiger Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts nicht (vgl. LAG Köln vom 06.09.2007 - 5 Ta 237/07 - und vom 13.06.2005 - 4 Ta 178/05 - m. w. N.).

Ebenso wenig, wie die Forderung einer Abfindung als Gegenleistung für die Zustimmung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses den Streitwert eines Vergleichs erhöht, ist die Forderung einer bezahlten Freistellung einem Streit über eine Freistellungsvereinbarung gleichzusetzen. Dadurch, dass die Parteien im Rahmen der Vergleichsgespräche bestimmte Forderungen aufstellen und eine bestimmte Gegenleistung für die Zustimmung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses regeln, werden die dort aufgestellten Forderungen nicht zu Streitgegenständen außerhalb des Beendigungsstreits. Nur dann, wenn unabhängig vom Kündigungsschutzantrag zwischen den Parteien entweder seitens des Klägers ein Recht auf Vergütung ohne Arbeitsleistung geltend gemacht worden wäre oder umgekehrt die Beklagte den Kläger gegen dessen Willen von der Arbeitsleistung freigestellt gehabt hätte, wäre durch den Vergleich ein bereits vorher bestehender Streitgegenstand mitgeregelt worden. Die streitige Verhandlung von einzelnen Vergleichskonditionen im Rahmen des Vergleichsgesprächs rechtfertigt damit auch bei erfolgreichem Abschluss des Vergleichs eine Streitwerterhöhung nicht.

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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