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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 30.10.2008
Aktenzeichen: 7 Sa 543/08
Rechtsgebiete: BGB, KSchG


Vorschriften:

BGB § 26
BGB § 242
BGB § 612 a
BGB § 622
KSchG § 1
KSchG § 23
1. Lässt der Vorstand eines Vereins, ohne durch die Satzung dazu verpflichtet zu sein, die Mitgliederversammlung darüber abstimmen, ob ein bestimmter, sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplatz neu geschaffen und mit einem bestimmten Vorstandsmitglied besetzt werden soll, so geht er damit nicht ohne Weiteres eine Selbstbindung dahingehend ein, dass Jahre später die Kündigung des entsprechenden Arbeitsverhältnisses auch nur aufgrund eines Beschlusses der Mitgliederversammlung möglich sein soll.

2. Wendet sich ein Arbeitnehmer gegen eine Änderungskündigung, die unter formalen Mängeln leidet, so verstößt der Arbeitgeber nicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612 a BGB, wenn er daraufhin die Änderungskündigung unter Vermeidung der vorherigen formalen Mängel nochmals wiederholt.

3. In einem Kleinbetrieb i.S.v. § 23 KSchG ist der Arbeitgeber von Gesetzes wegen von der Obliegenheit befreit, den Ausspruch einer ordentlichen Kündigung in bestimmter Weise rechtfertigen zu müssen. Zwar kann auch eine solche Kündigung wegen Verstoßes gegen § 242 BGB unwirksam sein. Dabei dürfen jedoch keinesfalls dieselben Maßstäbe angewandt werden wie im Rahmen des § 1 Abs. 2 KSchG.


Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 12.03.2008 in Sachen 9 Ca 3152/07 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses.

Die am 07.03.1957 geborene Klägerin ist verheiratet und hat drei Kinder. Ihr Ehemann arbeitet als Rechtsanwalt. Ein weiteres Kind verstarb im September 1991 an einer angeborenen schweren Herzerkrankung. Vor dem Hintergrund der dabei gewonnenen Erfahrungen engagierte sich die Klägerin zunächst ehrenamtlich im Ortsverband H e. V. M , später dann ab 1994/95 bei der Gründung des Beklagten auf Bundesebene. Seit 1996 war die Klägerin ehrenamtlich im Vorstand des Beklagten tätig. Daneben übte sie eine Teilzeitbeschäftigung mit 15 Wochenstunden in einem Arbeitsverhältnis als Krankenschwester beim D aus.

Aufgrund eines Arbeitsvertrages vom 15.06.2001 (Bl. 26 f. d. A.) begründete der Beklagte mit der Klägerin für die Zeit ab 01.07.2001 ein sozialversicherungspflichtiges Teilzeitarbeitsverhältnis als "Vorstandssprecherin" mit einer Arbeitsverpflichtung im Umfang von 20 Wochenstunden zu einer Vergütung von zuletzt 1.618,14 € brutto monatlich und einem jährlichen Urlaubsgeld von 102,25 €.

Über die Schaffung einer zusätzlichen bezahlten Stelle und die Einstellung der Klägerin hierauf zum 01.07.2001 hatte der damalige Vorstand des Beklagten am 31.03.2001 einen Beschluss der Mitgliederversammlung herbeigeführt. Auf das entsprechende Protokoll der Mitgliederversammlung (Bl. 30 d. A.) wird Bezug genommen. Mit Beginn des Anstellungsverhältnisses trat die Klägerin wie von den Parteien vorgesehen von ihrem Vorstandsposten zurück. Außerdem gab sie ihre Arbeitsstelle beim Deutschen Roten Kreuz auf.

Am 20.04.2007 führte der jetzige Vorstand des Beklagten mit der Klägerin ein Gespräch mit dem Ziel, die Bezeichnung der Stelle der Klägerin als "Vorstandssprecherin" nach deren Wahl in "Referentin" oder "Projektmanagerin" zu ändern sowie deren Vergütung an den TVöD anzugleichen. Letzteres hätte für die Klägerin nach eigenem Bekunden eine Verminderung ihres Bruttomonatseinkommens um 60,14 € sowie den Wegfall des jährlichen Urlaubsgelds in Höhe von 102,25 € bei gleichzeitigem Anstieg der Wochenstundenzahl von 20 auf 22 Stunden bedeutet. Nachdem die Parteien sich hierüber nicht hatten verständigen können, sprach der Beklagte unter dem 15.05.2007 eine als "Änderungskündigung" bezeichnete Maßnahme aus (vgl. Bl. 38 d. A.). Die sog. Änderungskündigung vom 15.05.2007 erwies sich jedoch in dem daraufhin von der Klägerin angestrengten Verfahren Arbeitsgericht Aachen 4 Ca 2131/07 aus formellen Gründen rechtskräftig als rechtsunwirksam, da es sich nämlich im arbeitsrechtlichen Sinne nicht um eine Änderungskündigung, sondern um eine reine Teilkündigung handelte.

Nachdem sich die formelle Rechtsunwirksamkeit der sog. Änderungskündigung vom 15.05.2007 bereits abzeichnete und weitere Versuche einer außergerichtlichen Einigung fehlgeschlagen waren, ließ der Vorstand des Beklagten durch Schriftsatz einer hierzu bevollmächtigten Rechtsanwältin vom 26.07.2007 das Anstellungsverhältnis mit der Klägerin "vorsorglich" fristgemäß zum 30.09.2007 kündigen. Gegen diese am 28.07.2007 zugegangene Kündigung hat die Klägerin die vorliegende Kündigungsschutzklage erhoben.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge und wegen der Gründe, die die 9. Kammer des Arbeitsgerichts Aachen dazu bewogen haben, die Klage abzuweisen, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils vom 12.03.2008 Bezug genommen.

Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde der Klägerin am 27.03.2008 zugestellt. Sie hat hiergegen am 25.04.2008 Berufung einlegen und diese - nach Verlängerung der Frist bis zum 27.06.2008 - am 27.06.2008 begründen lassen.

Die Klägerin hält an ihrer Rechtsauffassung fest, dass die streitgegenständliche Kündigung vom 26.07.2007 rechtsunwirksam sei. Die Klägerin ist der Ansicht, die Kündigung sei bereits nichtig, weil eine rechtswirksame Kündigung ihr gegenüber nur aufgrund eines entsprechenden Beschlusses der Mitgliederversammlung des beklagten Vereins habe ausgesprochen werden dürfen, den der Vorstand aber nicht eingeholt habe.

Außerdem verstoße die Kündigung nach Ansicht der Klägerin gegen das sog. Maßregelungsverbot des § 612 a BGB; denn die Kündigung sei nur ausgesprochen worden, weil sie, die Klägerin, sich gegen die sog. Änderungskündigung vom 15.05.2007 gewehrt habe.

Schließlich sei die Kündigung auch mit Treu und Glauben nicht vereinbar und deshalb wegen Verstoßes gegen § 242 BGB rechtsunwirksam. Es fehle nämlich an jedwedem Kündigungsgrund. Insbesondere sei der mit der Stelle verbundene Beschäftigungsbedarf nicht weggefallen. Schließlich habe der Beklagte das auch in einem Kleinbetrieb erforderliche Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme nicht walten lassen; denn wenn der Vorstand aus Wirtschaftlichkeitserwägungen gehandelt habe, habe er abwägen müssen, ob die Stelle der Vorstandssprecherin oder die Stelle der Geschäftsführerin aufgegeben werden könne. Bei genauer Betrachtung hätte er zu dem Ergebnis kommen müssen, dass eine Kündigung der Geschäftsführerin wesentlich näher gelegen hätte.

Die Klägerin und Berufungsklägerin beantragt nunmehr,

das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 12.03.2008 abzuändern und

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung des Beklagten vom 26.07.2007, zugegangen am 28.07.2007, nicht aufgelöst worden ist;

2. den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin als Vorstandssprecherin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden und einem Bruttogehalt von monatlich 1.626,01 € weiter zu beschäftigen.

Der Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts vom 12.03.2008.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das arbeitsgerichtliche Urteil vom 12.03.2008 ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 2 c) ArbGG statthaft und wurde innerhalb der in § 66 Abs. 1 ArbGG vorgeschriebenen Fristen eingelegt und begründet.

II. Die Berufung der Klägerin konnte jedoch keinen Erfolg haben. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass das Anstellungsverhältnis der Parteien gemäß Anstellungsvertrag vom 15.06.2001 durch die Kündigung des Beklagten vom 26.07.2007 fristgerecht zum 30.09.2007 rechtswirksam aufgelöst worden ist.

Die von der Klägerin in der Berufungsinstanz angeführten Gründe, warum die streitgegenständliche Kündigung des Beklagten vom 26.07.2007 rechtsunwirksam sein soll, gehen allesamt fehl.

Im Einzelnen ist aus der Sicht der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz und unter Anknüpfung an die überzeugenden Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils vom 12.03.2008 zusammenfassend und ergänzend Folgendes auszuführen:

1. Die ordentliche Kündigung des Beklagten vom 26.07.2007 wurde fristgerecht ausgesprochen. Die in § 622 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB vorgeschriebene Kündigungsfrist von zwei Monaten zum Ende eines Kalendermonats wurde eingehalten.

2. Die Frage nach der sozialen Rechtfertigung der Kündigung im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG stellt sich nicht. Die Regeln des Kündigungsschutzgesetzes sind auf das Anstellungsverhältnis der Parteien nicht anwendbar, da der Beklagte als Arbeitgeber unstreitig nicht die in § 23 Abs. 1 KSchG als Anwendungsvoraussetzung vorgesehene Mindestbetriebsgröße erreicht.

3. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Kündigung vom 26.07.2007 auch nicht aus formalen Gründen nichtig. Die Kündigung verstößt nicht gegen die Satzung des beklagten Vereins. Sie bedurfte nicht der Zustimmung der Mitgliederversammlung.

a. Der Verein wird gemäß § 26 Abs. 2 BGB gerichtlich und außergerichtlich durch seinen Vorstand vertreten. Der Vorstand hat die Stellung eines gesetzlichen Vertreters des Vereins. Beschäftigt der Verein Arbeitnehmer, so fällt die Ausübung der Arbeitgeberstellung in die Kompetenz des gesetzlichen Vertreters, also des Vorstands. Dementsprechend ist es auch grundsätzlich Sache des Vorstands, über die Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern zu beschließen.

b. Gemäß § 26 Abs. 2 S. 2 BGB kann die Satzung eines Vereins den Umfang der Vertretungsmacht des Vorstandes mit Wirkung gegenüber Dritten beschränken. Da die Klägerin vorliegend in ihrer Rechtsstellung als Arbeitnehmerin und nicht in ihrer Rechtsstellung als Vereinsmitglied betroffen ist, ist sie Dritte im Sinne der Norm.

c. Die Satzung des beklagten Vereins enthält aber keine derartige Einschränkung der Vertretungsmacht des Vorstands bei der Ausübung der Arbeitgeberstellung gegenüber Arbeitnehmern des Vereins. Die (Allein-) Entscheidungsbefugnis der Mitgliederversammlung des beklagten Vereins ist in § 8 Abs. 3 der Vereinssatzung abschließend geregelt. Die Einstellung und/oder Entlassung von Arbeitnehmern des Vereins ist in diesem Kompetenzkatalog der Mitgliederversammlung nicht aufgeführt, weder ausdrücklich noch konkludent. Für die Ausübung der Arbeitgeberstellung gegenüber Arbeitnehmern des Vereins bleibt es somit bei der gesetzlichen Vertretungsmacht und Entscheidungskompetenz des Vorstands.

d. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 7 Abs. 5 S. 5 Vereinssatzung. Diese Satzungsvorschrift lautet bekanntlich: "Die Vorstandsmitglieder sind an vom Vorstand oder der Mitgliederversammlung gefasste Beschlüsse gebunden."

aa. Das Arbeitsgericht hat diese Satzungsklausel zutreffend ausgelegt. Diese Satzungsklausel betrifft die Rechtstellung des einzelnen Vorstandsmitgliedes im Verhältnis zum Vorstand einerseits, zur Mitgliederversammlung andererseits, dagegen nicht das Verhältnis des Vorstands als Institution gegenüber der Mitgliederversammlung.

bb. Die Klägerin berücksichtigt bei ihrer gegenteiligen Rechtsauffassung nicht den unmittelbaren Regelungszusammenhang. § 7 Abs. 5 S. 4 der Vereinssatzung lautet nämlich: "Der Vorstand kann sich im Übrigen durch einstimmigen Beschluss eine Geschäftsordnung geben und, soweit die Mitgliederversammlung bei der Wahl der Vorstandsmitglieder nichts anderes bestimmt hat, einzelne Aufgaben unter sich verteilen." Hieran schließt sodann unmittelbar die in ihrer Bedeutung streitige Satzungsbestimmung an. Der Regelungszusammenhang lautet somit: Die Mitgliederversammlung kann bereits bei der Wahl der Vorstandsmitglieder eine Festlegung treffen, welche Aufgaben bestimmte Vorstandsmitglieder zu verrichten haben. Macht die Mitgliederversammlung hiervon keinen Gebrauch, kann der Vorstand als Gremium einzelne Aufgaben unter sich verteilen. § 7 Abs. 5 S. 5 bedeutet dann: Das einzelne Vorstandsmitglied ist an diese durch die Mitgliederversammlung oder den Vorstand als Gremium getroffene Aufgabenverteilung gebunden, nicht mehr und nicht weniger.

cc. Selbst wenn man jedoch geneigt wäre, aus dieser unmittelbar auf die Aufgabenverteilung innerhalb des Vorstands bezogenen Regel einen allgemeinen Grundsatz dahingehend abzuleiten, dass das einzelne Vorstandsmitglied sich an Vorstandsbeschlüsse und Beschlüsse der Mitgliederversammlung zu halten hat, ändert sich nichts daran, dass damit nur die Rechtstellung des einzelnen Vorstandsmitglieds betroffen ist, nicht aber das Verhältnis des Vorstands als Gremium zur Mitgliederversammlung.

e. Aber auch dies kann letztlich dahingestellt bleiben. Es kann zugunsten der Klägerin unterstellt werden, dass entweder aufgrund von Satzungsvorschriften oder aus allgemeinen vereinsrechtlichen Erwägungen heraus der Vorstand sich in seinem Handeln grundsätzlich an Beschlüsse der Mitgliederversammlung zu halten hat. Es kann sogar auch dahingestellt bleiben, ob ein solcher Grundsatz geeignet sein kann, die gesetzliche Vertretungsmacht des Vorstands mit Wirkung gegenüber Dritten zu beschränken, obwohl doch § 26 Abs. 2 S. 2 BGB eine Beschränkung der Vertretungsmacht im Außenverhältnis nur durch Satzung zulässt.

aa. Ein Beschluss der Mitgliederversammlung des beklagten Vereins, der es dem Vorstand verboten hätte, das Anstellungsverhältnis mit der Klägerin zu kündigen, existiert nämlich nicht.

bb. Ebenso wenig existiert ein Beschluss der Mitgliederversammlung, welcher besagt, dass der Vorstand des beklagten Vereins das Anstellungsverhältnis mit der Klägerin nur aufgrund eines Beschlusses der Mitgliederversammlung sollte kündigen dürfen.

cc. Ein solcher Sinn kann auch nicht in die Beschlüsse der Mitgliederversammlung vom 31.03.2001 hineingelesen werden.

aaa. Die Mitgliederversammlung vom 31.03.2001 hat ausweislich des vorgelegten Protokolls lediglich den Anträgen des damaligen Vorstandes per einstimmigen Beschluss zugestimmt, eine weitere bezahlte Stelle einzurichten und die zum damaligen Zeitpunkt noch als ehrenamtliches Vorstandsmitglied tätige Klägerin in ein entsprechendes Arbeitsverhältnis mit dem beklagten Verein einzustellen.

bbb. Dabei war ausweislich des Protokolls der Mitgliederversammlung zugleich auch klar, dass an der Satzungsbestimmung des § 7 Abs. 7 festgehalten werden sollte, wonach die Tätigkeit des Vorstandes ehrenamtlich zu erfolgen hat, soweit die Mitgliederversammlung nichts anderes beschließt. Rahmenbedingung des damaligen Vorstandsantrags an die Mitgliederversammlung war nämlich auch, "dass die Arbeit im Vorstand in Form von Ehrenamt bestehen bleiben soll." Dementsprechend findet sich im Protokoll im unmittelbaren Zusammenhang mit der Wiedergabe des Beschlusses der Mitgliederversammlung über die Anstellung der Klägerin die Ankündigung, dass die Klägerin "ab dem Zeitpunkt der Anstellung aus dem Vorstand zurücktreten" werde.

ccc. Die Schaffung einer bezahlten Stelle und die Anstellung einer bestimmten Person auf diese Stelle sind jedoch gänzlich andere Regelungstatbestände als eine mögliche spätere Entlassung der Person aus dem bestehenden Anstellungsverhältnis. Irgendeinen Anhaltspunkt dafür, dass die Mitgliederversammlung des beklagten Vereins mit ihrem zustimmenden Votum für die Anstellung der Klägerin in ein Arbeitsverhältnis dieser zugleich den Status einer Art Unkündbarkeit verleihen wollte, es sei denn, eine spätere Mitgliederversammlung träfe einen gegenteiligen Beschluss, sind schlechthin nicht ersichtlich. Eine solche Festlegung wäre im Arbeitsleben auch derart ungewöhnlich, dass man hierüber eine ausdrückliche und klare Aussage in dem Beschluss der Mitgliederversammlung hätte erwarten können. Schon gar nicht kann ohne eine solche Klarstellung unterstellt werden, dass es in der Intention des damals antragstellenden Vorstandes gelegen hätte, von der Mitgliederversammlung eine solche Festlegung auf eine Unkündbarkeit der Klägerin zu treffen.

ddd. Dabei sind auch die Umstände zu bedenken, unter denen es seinerzeit zu den Beschlüssen der Mitgliederversammlung, das Anstellungsverhältnis der Klägerin betreffend, gekommen ist: Da die Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern nicht zu den in § 8 Abs. 3 der Vereinssatzung allein der Mitgliederversammlung zugewiesenen Entscheidungsgegenständen gehörte, hätte der damalige Vorstand wegen der beabsichtigten Einstellung der Klägerin keinen Beschluss der Mitgliederversammlung herbeiführen müssen. Er machte vielmehr seinerzeit aus freiem Ermessen von der ihm in § 8 Abs. 3 h) Vereinssatzung zugebilligten Möglichkeit Gebrauch, die Mitgliederversammlung hierüber um eine Entscheidung zu bitten.

eee. § 8 Abs. 3 h) der Vereinssatzung verfolgt erkennbar den Zweck, dem Vorstand die Möglichkeit zu geben, sich in Angelegenheiten, die er vereinspolitisch für besonders bedeutsam oder für besonders heikel hält, die Rückendeckung der Mitgliederversammlung zu holen bzw. seine Entscheidung an dem Mehrheitsvotum der Mitgliederversammlung auszurichten. Es ist jedoch dem Vorstand in seiner Eigenschaft als gesetzlichem Vertreter des Vereins überlassen, nach eigenem Ermessen zu entscheiden, um welche Angelegenheiten es sich dabei konkret handeln soll.

fff. Dass der damalige Vorstand des Beklagten im Jahr 2001 die Mitgliederversammlung über die Einstellung der Klägerin beschließen ließ, hatte erkennbar folgende Gründe:

- Es sollte eine neue Stelle geschaffen werden, die es bisher nicht gab.

- Mit der Schaffung einer solchen zusätzlichen bezahlten Stelle ging der Verein nicht unerhebliche finanzielle Dauerverpflichtungen ein.

- Für die neu zu schaffende bezahlte Stelle war mit der Klägerin ein damals noch amtierendes Vorstandsmitglied vorgesehen, obwohl § 7 Abs. 7 der Vereinssatzung die ehrenamtliche Tätigkeit des Vorstands vorsieht.

Mit der beantragten Beschlussfassung der Mitgliederversammlung einerseits, der Ankündigung andererseits, dass die Klägerin mit erfolgter Anstellung aus dem Vorstand zurücktreten werde, sollte dem Anschein entgegen getreten werden, dass sich der Vorstand gegenseitig lukrative Beschäftigungsmöglichkeiten zuschiebe.

ggg. Diese tatsächlichen Hintergründe bestätigen, dass sich die Bedeutung der damaligen Beschlussfassung auf die Schaffung der Stelle und die Einstellung der Klägerin bezog, darüber hinaus aber keine zukunftsbezogene Festlegung über das gesamte weitere Schicksal des Anstellungsverhältnisses mit ihr enthalten sollte.

4. Die Kündigung des Beklagten vom 26.07.2007 verstößt auch nicht gegen das sog. Maßregelungsverbots des § 612 a BGB.

a. Nach dieser Rechtsvorschrift darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. § 612 a BGB soll verhindern, dass ein Arbeitgeber z. B. einen Arbeitnehmer im Arbeitsalltag schikaniert, weil dieser einen Kündigungsschutzprozess angestrengt hat, oder dass er einen Arbeitnehmer z. B. von Vergünstigungen ausschließt, nur weil dieser an einem rechtmäßigen Streik teilgenommen hat.

b. § 612 a BGB verbietet es dem Arbeitgeber aber nicht, eine arbeitsrechtliche Maßnahme, deren Unwirksamkeit sich aus formellen Gründen im Rahmen eines vom Arbeitnehmer angestrengten Prozesses herausgestellt hat, nunmehr in formell einwandfreier Weise zu wiederholen.

c. Genauso liegt der Fall aber auch hier. Als der Beklagte mit Schreiben vom 15.05.2007 eine vermeintliche "Änderungskündigung" aussprach, übersah er, dass es sich bei einer Änderungskündigung im arbeitsrechtlichen Sinne zunächst um eine Beendigungskündigung handelt, die jedoch mit dem Angebot der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten inhaltlichen Bedingungen verbunden ist. Gerade weil der Beklagte sich in seiner Maßnahme vom 15.05.2007 nur darauf beschränkte, einseitig die von ihm gewünschten Vertragsänderungen durchsetzen zu wollen, ohne die Beendigungskündigung des Arbeitsverhältnisses auszusprechen, erwies sich die Maßnahme als formell rechtswidrige bloße Teilkündigung. Hätte der Beklagte vielmehr bereits am 15.05.2007 eine formell ordnungsgemäße Änderungskündigung ausgesprochen, hätte die Klägerin schon damals vor der Situation gestanden, im Falle der Ablehnung der Änderungswünsche im Zweifel die fristgerechte Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Kauf nehmen zu müssen.

5. Schließlich verstößt die Kündigung des Beklagten vom 26.07.2007 auch nicht gegen Treu und Glauben und ist deshalb auch nicht gemäß § 242 BGB rechtsunwirksam.

a. § 242 BGB schützt auch den Arbeitnehmer in einem sog. Kleinbetrieb, auf den wegen § 23 Abs. 1 KSchG das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, vor Willkür und sittenwidriger Behandlung durch den Arbeitgeber. § 242 BGB darf aber nicht so ausgelegt werden, dass dadurch die zu § 1 Abs. 2 und 3 KSchG entwickelten Kündigungsschutzgrundsätze in gleicher Intensität auch auf Arbeitnehmer eines Kleinbetriebes angewandt werden. Wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend herausgestellt hat, entspricht es dem gesetzgeberischen Sinn und Zweck des § 23 Abs. 1 KSchG, dass sich der Arbeitgeber eines sog. Kleinbetriebes unter einfacheren Bedingungen von einem Arbeitsverhältnis trennen kann als ein Arbeitgeber, auf den die Regeln des Kündigungsschutzgesetzes Anwendung finden.

b. Die streitgegenständliche Kündigung des Beklagten vom 26.07.2007 erscheint weder willkürlich noch sittenwidrig. Hieran besteht für das Berufungsgericht kein Zweifel. Der Beklagte handelte vielmehr mit dem Ausspruch der streitigen Kündigung innerhalb des ihm durch § 23 Abs. 1 KSchG eröffneten erweiterten Spielraums in Wahrnehmung berechtigter Interessen.

aa. Zum Ausspruch der streitigen Kündigung haben in erster Linie die vom Beklagten angestrebten Änderungen der Arbeitsvertragsbedingungen geführt.

Bei dem Bestreben des Beklagten, durch Absenken der Arbeitsvergütung und Steigerung des Umfangs der Arbeitsverpflichtung das wirtschaftliche "Preis-Leistungs-Verhältnis" zugunsten des Arbeitgebers zu verbessern, ist zu berücksichtigen, dass es sich zum Einen um der Höhe nach maßvolle Veränderungen handelte, die zum Anderen nach dem unwidersprochen gebliebenen Sachvortrag des Beklagten bewirken sollten, die Vergütung der Klägerin an die Verhältnisse des TVöD anzugleichen. Dabei kann nicht außer Acht gelassen werden, dass der Verein gemäß § 3 seiner Satzung "selbstlos tätig" ist, "ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige und mildtätige Zwecke" verfolgt und in § 3 Abs. 4 der Satzung vorsieht, dass "keine Person durch Zuwendungen, die nicht dem Vereinszweck entsprechen, oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütung begünstigt werden" darf.

bb. Auch das weitere Anliegen des beklagten Vereins, die Bezeichnung des Arbeitsplatzes der Klägerin zu ändern, erscheint durch die Wahrnehmung berechtigter Interessen gedeckt.

aaa. Die Bezeichnung eines Arbeitsplatzes als "Vorstandssprecher/-in" erscheint im Rechts- und Geschäftsleben in der Tat missverständlich. Der Begriff ist eher im Wirkungskreis von Aktiengesellschaften geläufig und bezeichnet dort gemeinhin den Vorstandsvorsitzenden einer Aktiengesellschaft oder ein anderes Vorstandsmitglied, das innerhalb des Vorstandes als eine Art ,primus inter pares' im buchstäblichen Sinne "das Sagen hat". Im Vereinsrecht ist dagegen eine Titulierung als Vorstandssprecher weniger geläufig. Es liegt aber die Gefahr nahe, dass das Publikum mit dem Begriff der Vorstandssprecherin ohne nähere Kenntnis der inneren Verhältnisse des Beklagten eine ähnliche Assoziation verbindet, wie sie aus dem sonstigen Geschäftsleben bekannt ist, und somit die Klägerin als ein herausgehobenes Vorstandsmitglied des Vereins anzusehen geneigt sein kann. Dieser Umstand ist geeignet, Kompetenzkonflikte zwischen der Klägerin und dem Vorstand zu verstärken.

bbb. Dabei ist zu beachten, dass die Klägerin bekanntlich seit dem Jahr 2001 nicht mehr Mitglied des Vorstands des Beklagten ist und sich überdies aus freien Stücken dazu entschlossen hat, für den Beklagten im Rahmen eines sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisses tätig zu werden. Ein solches sozialversicherungsrechtliches Arbeitsverhältnis ist aber geradezu dadurch definiert, dass der Arbeitnehmer in einer persönlichen Abhängigkeit von seinem Arbeitgeber in dem Sinne steht, dass der Arbeitgeber im Rahmen der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen Ort, Zeit und nähere Umstände der Arbeit bestimmt und die Weisungsbefugnis über den Inhalt der Arbeitsleistung auszuüben hat. Bei einem Verein steht diese Weisungsbefugnis letztlich dem gesetzlichen Vertreter, also dem Vorstand, zu.

ccc. Die nicht zuletzt von der Klägerin selbst im Rahmen des vorliegenden Prozesses vorgelegte umfangreiche außergerichtliche Korrespondenz der Parteien belegt jedoch, dass es in der Vergangenheit in der Tat nicht unerhebliche Konflikte über Zuständigkeiten und Befugnisse zwischen der Klägerin einerseits, dem Vorstand andererseits gegeben hat. Gerade weil aber, wie die Klägerin selbst betont, ihre Stelle für die Arbeit des Vereins von herausgehobener Bedeutung ist, erscheint eine harmonische Zusammenarbeit zwischen dem herausgehoben wichtigen Arbeitnehmer einerseits, dem Arbeitgeber, vertreten durch seinen gesetzlichen Vertreter andererseits, von erheblicher Bedeutung.

ddd. Der Beklagte hat sich auch über geraume Zeit hinweg Bemühungen, die Streitigkeiten einvernehmlich beizulegen, nicht verschlossen, bzw. diese sogar gefördert. Den Parteien ist es dabei jedoch nicht gelungen, sich auf die Art und Weise einer für beide Seiten gedeihlichen einvernehmlichen Weiterbeschäftigung zu verständigen. Wessen Verhalten dabei letztlich für das Scheitern der Bemühungen den Ausschlag gegeben haben mag, ist rechtlich unerheblich. Die vorgelegte außergerichtliche Korrespondenz belegt, dass das Scheitern der Einigungsbemühungen jedenfalls nicht einseitig und ausschließlich nur von dem Beklagten zu vertreten oder von diesem sogar provoziert worden wäre.

cc. Wenn der Vorstand des Beklagten, der als gesetzlicher Vertreter des Vereins letztlich die Verantwortung für die Arbeitsorganisation trägt, sich in einer solchen Situation zur Beendigung des Anstellungsverhältnisses mit der Klägerin entschließt, liegt hierin jedenfalls kein Verstoß gegen § 242 BGB.

dd. Erst Recht kann das Verhalten des Beklagten nicht als sittenwidrig bezeichnet werden.

c. Schließlich kann der in der Berufungsinstanz von der Klägerin zur Sprache gebrachte Gedanke, dass der Vorstand statt ihrer die Kündigung der Geschäftsführerin hätte in Erwägung ziehen müssen, nur als fernliegend bezeichnet werden. Abgesehen davon, dass die Grundsätze der Sozialauswahl ohnehin keine Anwendung finden, geht es vorliegend nicht um eine betriebsbedingte Maßnahme wegen Wegfalls des Beschäftigungsbedarfs.

III. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ein gesetzlicher Grund für die Zulassung der Revision ist bei der Beurteilung des vorliegenden Einzelfalls nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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