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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 14.05.2003
Aktenzeichen: 7 Sa 863/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 611
1. Von einer (mit)-gestaltenden Tätigkeit im kreativ-künstlerischen Bereich, die einen außergewöhnlich hohen Spezialisierungsgrad aufweist - hier: Tätigkeit als Notenkopist für den Komponisten Karl-Heinz Stockhausen, dessen Partituren ein "weltweit einzigartiger Charakter" zugeschrieben wird -, kann nicht gesagt werden, dass sie "typischerweise von Arbeitnehmern verrichtet" würde.

2. Haben die Parteien ihre vertraglichen Beziehungen, deren Gegenstand eine Tätigkeit war, die ihrer Art nach ebenso gut von einem freien Mitarbeiter wie von einem Arbeitnehmer ausgeübt werden kann, über mehr als zwei Jahrzehnte hinweg rechtlich als freie Mitarbeit behandelt, ohne dass ein Vertragspartner bis dahin daran Anstoß genommen hätte, so kommt eine nachträgliche "Umwidmung" in ein Arbeitsverhältnis nur dann in Betracht, wenn die sonstigen Umstände der gelebten Vertragswirklichkeit zweifelsfrei und eindeutig überwiegend nur als Arbeitsverhältnis charakterisiert werden können.


LANDESARBEITSGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 7 Sa 863/02

Verkündet am: 14.05.2003

In dem Rechtsstreit

hat die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 26.02.2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Czinczoll als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Hartwig und die ehrenamtliche Richterin Knoth

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 07.05.2002 in Sachen 12 Ca 11891/01 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob sich ihre seit ca. 22 Jahren praktizierte Zusammenarbeit als Arbeitsverhältnis oder als freie Mitarbeit darstellt. Ferner streiten die Parteien um Vergütungsforderungen des Klägers aus einem vermeintlich bestehenden Arbeitsverhältnis für den Zeitraum von März 2001 bis einschließlich Januar 2002.

Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz, den erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträgen und den Gründen, die das Arbeitsgericht Köln dazu bewogen haben, die Klage abzuweisen, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils vom 07.05.2002 Bezug genommen.

Das arbeitsgerichtliche Urteil wurde dem Kläger am 19.07.2002 zugestellt. Er hat hiergegen am 19.08.2002 Berufung einlegen und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 21.10.2002 - am 28.08.2002 und 21.10.2002 begründen lassen.

Der Kläger verfolgt sein Klagebegehren in vollem Umfang weiter. Er bezeichnet den Ansatz der arbeitsgerichtlichen Entscheidungsgründe als zutreffend, wonach seine kunstgestaltende Tätigkeit für den Beklagten unter Heranziehung der Grundsätze der Rechtsprechung für die programmgestaltende Tätigkeit im Bereich Fernsehen und Funk bewertet werden könne. Unzutreffend sei jedoch die Annahme des Arbeitsgerichts, dass der Beklagte von ihm eine ständige Dienstbereitschaft nicht erwartet hätte und ihm keine Zeitvorgabe für die Anfertigung der Notenkopien gemacht hätte. Das Arbeitsgericht habe die entgegenstehenden substantiierten Ausführungen nicht berücksichtigt, wonach der Beklagte in jedem Einzelfall bestimmt habe, wie lange er, der Kläger, tätig zu sein gehabt habe bzw. bis wann eine bestimmte Tätigkeit fertig zu sein hatte. Der Beklagte habe ihn sogar auch dann zur Tätigkeit angewiesen, wenn vorübergehende Freistellung/Suspendierung der Hauptleistungspflichten vereinbart gewesen sei.

Auch habe das Arbeitsgericht bei der Beurteilung der Frage, inwiefern die für ein Arbeitsverhältnis erforderliche spezifische persönliche Abhängigkeit vorgelegen habe, unterschätzt, dass er, der Kläger, in seiner Tätigkeit von Apparat und Team des Beklagten abhängig gewesen sei.

Auch der Umstand, dass er nach Stunden bezahlt worden sei, sei typisch für ein Arbeitsverhältnis. Schon ein Schreiben des Beklagten vom 16.11.1975 bestätige eindrucksvoll, dass der Beklagte ihm, dem Kläger, von Beginn an eine bestimmte Position als Editor sowie als Chefkopist in seinem Verlag habe zuweisen wollen und dann auch zugewiesen habe und ihn über nahezu 30 Jahre als Chefkopist beschäftigt habe.

Untypisch für ein freies Werkunternehmerverhältnis sei auch, dass der Werkunternehmer auf der Homepage des Beklagten aufgeführt werde.

Auch habe er, der Kläger, die für den Beklagten zu verrichtenden Arbeiten aufgrund seiner eigenen unzureichenden technischen Ausstattung nicht bei sich zu Hause ausführen können, sondern sei auf das vom Beklagten zur Verfügung gestellte Computer-Equipment angewiesen gewesen. Er, der Kläger, sei während der Dauer der Zusammenarbeit mit dem Beklagten nahezu ausschließlich für diesen tätig gewesen.

Der Kläger nimmt im übrigen auf seinen erstinstanzlichen Sachvortrag Bezug und beantragt nunmehr,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 07.05.2002 (12 Ca 11891/01) aufzuheben und

- festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht;

- den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 17.838,83 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz aus 1.783,88 € vom 01.04.2001 bis 30.04.2001, aus 3.567,76 € vom 01.05.2001 bis 31.05.2001, aus 5.351,65 € vom 01.06.2001 bis 30.06.2001, aus 7.135,53 € vom 01.07.2001 bis 31.07.2001, aus 8.919,41 € vom 01.08.2001 bis 31.08.2001, aus 10.703,29 € vom 01.09.2001 bis 30.09.2001, aus 12.487,17 € vom 01.10.2001 bis 31.10.2001, aus 14.271,06 € vom 01.11.2001 bis 30.11.2001, aus 16.054,94 € vom 01.12.2001 bis 31.12.2001 sowie aus 17.838,83 € seit dem 01.01.2002 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt die Feststellungen des arbeitsgerichtlichen Urteils. Er bestreitet, dass von dem Kläger jemals "ständige Dienstbereitschaft" verlangt worden sei und dass mit ihm zu irgendeinem Zeitpunkt eine "vorübergehende Freistellung/Suspendierung der Hauptleistungspflichten" vereinbart gewesen sei. Nicht in einem einzigen Fall könne der Kläger konkret angeben, wann ihm angeblich Weisungen in zeitlicher Hinsicht im Zusammenhang mit der Erfüllung eines Auftrags erteilt worden seien.

Der Kläger habe auch für andere Auftraggeber gearbeitet. Schon nach seinen eigenen Aufstellungen treffe es auch nicht zu, dass er im Zeitraum 1978 bis 2000 angeblich 10 Monate eines jeden Jahres für ihn, den Beklagten, zur Verfügung gestanden habe. Der Kläger habe selbständig gearbeitet. Da er, der Beklagte, überhaupt keine Noten mit einem Computer herstellen könne, habe er ihm Weisungen gar nicht erteilen können.

Schließlich vertritt der Beklagte die Auffassung, dass es dem Kläger jetzt auch aufgrund von Verwirkung verwehrt sei, seine behauptete Arbeitnehmereigenschaft gerichtlich noch zu verfolgen, nachdem er über 23 Jahre lang für den Beklagten Aufträge erfüllt habe, ohne sich auch nur ein einziges Mal andeutungsweise auf eine Arbeitnehmereigenschaft zu berufen. Der Kläger habe seine Arbeitsstunden selbst aufgeschrieben, diese mit gesetzlicher Mehrwertsteuer versehen abgerechnet und dem Finanzamt gegenüber als Einkünfte aus selbständiger Arbeit deklariert.

Schließlich nimmt auch der Beklagte ergänzend auf seinen erstinstanzlichen Sachvortrag Bezug.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft und wurde gemäß § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG fristgerecht eingelegt und begründet.

II. Die Berufung konnte jedoch keinen Erfolg haben. Das Arbeitsgericht ist in dem angegriffenen Urteil vom 07.05.2002 zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass der Bestand eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien nicht feststellbar sei und folglich auch nicht als Grundlage von noch offenen Zahlungsansprüchen in Frage komme.

Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung auch unter zutreffender Auswertung der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung überzeugend begründet. Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Aus der Sicht der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz gilt zusammenfassend und ergänzend folgendes:

1. Das Bundesarbeitsgericht stellt bei der Beurteilung sogenannter Statusklagen eine sogenannte typisierende Betrachtungsweise in den Vordergrund: In einem ersten Schritt ist zu fragen, ob die Tätigkeiten, die der potenzielle Arbeitnehmer für seinen vermeintlichen Arbeitgeber auf der Grundlage der vertraglichen Beziehungen der Parteien auszuführen hat, typischerweise von Arbeitnehmern verrichtet werden oder nicht (z.B. BAG NZA 1998,705 ff.; BAG NZA 2000,1102 ff.; BAG NZA 2001,551 ff.).

Bezogen auf diese Fragestellung hat das Arbeitsgericht die Tätigkeit, die der Kläger für den Beklagten ausgeführt hat, zu Recht als einzigartig bezeichnet. Dementsprechend hat auch der Kläger selbst schon in der Klageschrift den "außergewöhnlich hohen Spezialisierungsgrad" seiner Tätigkeit betont, was auf den "weltweit einzigartigen" Charakter der Partituren des Beklagten zurückzuführen sei. Eine Typizität der zu beurteilenden Tätigkeit des Klägers lässt sich somit von vorneherein nicht feststellen: Die Aussage, dass eine solche Tätigkeit ihrer Art nach typischerweise von Arbeitnehmern verrichtet würde, kann nicht getroffen werden.

2. Handelt es sich somit bei der hier zu beurteilenden Tätigkeit nicht um eine charakteristische typische Arbeitnehmertätigkeit, so kommt zunächst dem Gesichtspunkt eine herausgehobene und im Zweifel ausschlaggebende Bedeutung zu, welche vertragsrechtliche Gestaltung die Parteien ihrer Zusammenarbeit selbst unterlegt haben.

Während der Zeit ihrer Zusammenarbeit von 1978 bis zum Jahr 2000 haben die Parteien ihr Vertragsverhältnis rechtlich als eine freie Mitarbeit des Klägers behandelt. Zwar haben die Parteien keine schriftlichen Verträge abgeschlossen, in welchen die Tätigkeit des Klägers expressis verbis als freie Mitarbeit bezeichnet wird. Eine gleichbedeutende Aussagekraft kommt jedoch dem Umstand zu, dass die Parteien bis zum faktischen Ende ihrer Zusammenarbeit ihr Vertragsverhältnis einvernehmlich sowohl in steuerrechtlicher wie auch in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht als selbständige Tätigkeit des Klägers deklariert haben: Weder wurde der Kläger, wie dies bei einem Arbeitnehmer notwendig gewesen wäre, zur Sozialversicherung angemeldet, noch wurde die vereinbarte Vergütung in steuerrechtlicher Hinsicht als Arbeitsentgelt behandelt. Vielmehr pflegte der Kläger dem Beklagten die reinen Leistungsstunden zuzüglich Mehrwertsteuer in Rechnung zu stellen. Aus einer solchen steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Behandlung geht hervor, dass die Parteien ihr Vertragsverhältnis in dem subjektiven Rechtsbewusstsein praktiziert haben, dass es sich um eine freie Mitarbeit handelt.

3. Haben die Parteien ihre vertraglichen Beziehungen, deren Gegenstand eine Tätigkeit war, die ihrer Art nach ebenso gut von einem freien Mitarbeiter wie von einem Arbeitnehmer ausgeübt werden kann, über mehr als zwei Jahrzehnte hinweg rechtlich als freie Mitarbeit behandelt, ohne dass ein Vertragspartner bis dahin jeweils nach außen erkennbar daran Anstoß genommen hätte, so kommt eine nachträgliche "Umwidmung" solcher vertraglichen Beziehungen in ein Arbeitsverhältnis nur dann in Betracht, wenn die sonstigen Umstände der gelebten Vertragswirklichkeit zweifelsfrei und eindeutig überwiegend nur als Arbeitsverhältnis charakterisiert werden können. Dies ist vorliegend nicht der Fall.

a. Die vom Kläger in der Berufungsinstanz zur Begründung des Vorliegens eines Arbeitsverhältnisses herangezogenen Kriterien lassen sich überwiegend auch ohne weiteres in das Bild einer freien Mitarbeit einfügen. So kommt es für die Annahme eines Arbeitsverhältnisses nicht entscheidend darauf an, ob der Kläger ausschließlich für den Beklagten tätig gewesen ist. Eine solche Aussage würde zwar möglicherweise eine wirtschaftliche Abhängigkeit des Klägers vom Beklagten begründen können. Entscheidend für die Charakterisierung eines Vertragsverhältnisses als Arbeitsverhältnis ist jedoch nicht die wirtschaftliche, sondern die sogenannte persönliche Abhängigkeit.

b. Dass der Kläger seine Tätigkeit ganz überwiegend, wenn nicht ausschließlich in den Räumlichkeiten des Beklagten in K verrichtete und dabei vom Beklagten zur Verfügung gestellte Arbeitsgerätschaften verwandte, spricht aus verschiedenen Gründen ebenfalls nur vordergründig für die Annahme eines Arbeitsverhältnisses. Wie die außergerichtliche Korrespondenz der Parteien um die Jahreswende 2000/2001 zeigt, sah sich der Kläger sehr wohl in der Lage, einen mehr oder weniger großen Teil der von ihm zu verrichtenden Tätigkeit auch von seiner eigenen Wohnung aus zu verrichten. Jedenfalls stand dem nicht entgegen, dass der Kläger in seiner Arbeit von anderen Mitarbeitern des Beklagten, also dessen "Team" abhängig gewesen wäre. Dieser Gesichtspunkt spielt bei der damaligen außergerichtlichen Diskussion der Parteien über den zukünftigen Arbeitsort keine Rolle. Aus dem Vortrag des Klägers geht auch sonst nicht hervor, inwiefern er selbst in seiner eigenen Tätigkeit von der Mitarbeit oder Zuarbeit anderer "Teammitglieder" abhängig gewesen wäre.

c. Auch der Umstand, dass der Beklagte den Kläger angewiesen haben soll, "die Arbeit so zeitig auszuführen, dass die Termine für Aufführungen, Uraufführungen, Konzerte etc. eingehalten werden konnten", vermag kein trennscharfes Unterscheidungskriterium zwischen einem Arbeitsverhältnis und einer freien Mitarbeit darzustellen. Auch einem Werkunternehmer werden für das zu errichtende Objekt Fertigstellungstermine gesetzt. Gleiches gilt für selbständige Freiberufler im Verhältnis zu ihrem Auftraggeber. So muss sich beispielsweise der Architekt häufig und lange am Ort des unter seiner Leitung zu errichtenden Bauwerks aufhalten, ist dabei auf eine enge Abstimmung mit dem Bauherrn angewiesen und hat sich bei der Gestaltung des Bauwerks nach den Wünschen des Bauherrn zu richten. Auch kann der Bauherr bestimmte Fertigstellungstermine vorgeben, und zwar nicht nur für das Gesamtwerk, sondern auch für einzelne Zwischenarbeiten.

d. Gerade die Projektbezogenheit der Zusammenarbeit der Parteien zieht sich aber wie ein roter Faden durch den gesamten beiderseitigen Sachvortrag und die vorgelegte außergerichtliche Korrespondenz. Diese Projektbezogenheit spricht tendenziell wiederum gegen ein Arbeitsverhältnis. Dabei drängt sich der Eindruck auf, dass der große zeitliche Gesamtumfang des Einsatzes des Klägers für den Beklagten wesentlich mit der auch vom Kläger in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigten ungewöhnlichen schöpferischen Produktivität des Beklagten zusammenhängt. Der jeweilige Arbeitseinsatz des Klägers war davon abhängig, dass der Beklagte neue Partituren entwickelte und/oder bereits fertiggestellte Werke als überarbeitungsbedürftig deklarierte. Stellt man sich aber einmal vor, dass der Beklagte - vielleicht aus gesundheitlichen Gründen - eine längere schöpferische Pause eingelegt hätte, so wäre ohne weiteres zu erwarten, dass auch die Tätigkeit des Klägers eine entsprechende Unterbrechung gefunden hätte. Bei typischen in einem Arbeitsverhältnis zu verrichtenden Tätigkeiten handelt es sich aber in aller Regel um fortlaufend anfallende Daueraufgaben.

e. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass auch die vom Kläger praktizierte Abrechnung auf Stundenbasis nicht geeignet ist, ein Arbeitsverhältnis trennscharf vom Vertragsverhältnis eines freien Mitarbeiters zu unterscheiden. Auch ein Handwerker oder anderer typischer Werkunternehmer rechnet ebenso wie ein freier Dienstnehmer gegenüber seinem Auftraggeber auf Stundenbasis ab, falls nicht eine Pauschalvergütung vereinbart worden ist. Dagegen spricht es eher gegen als für ein Arbeitsverhältnis, dass es allein Sache des Klägers war, den Umfang der abzurechnenden Arbeitsstunden festzuhalten, und dass nur die reinen Leistungsstunden zur Abrechnung kamen. Dagegen erhielt der Kläger weder bezahlten Urlaub, noch Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.

f. Unstreitig war der Kläger bei der Ausführung seiner Arbeit auf eine Abstimmung mit den Wünschen des Beklagten angewiesen. Ebenso unstreitig hatte der Kläger sein Arbeitsergebnis nach den Wünschen des Beklagten auszurichten. Auch dies kommt jedoch nicht nur im Arbeitsverhältnis vor, sondern auch bei der Auftragserstellung geistiger Werke und bei der Leistung höherer Dienste. In methodischen Teilbereichen wie der Bearbeitung der Partituren mittels EDV war der Beklagte auch schon mangels eigenem technischen Know how nicht in der Lage, dem Kläger Einzelweisungen zu erteilen, sondern darauf beschränkt, seine Wünsche über das Ergebnis der vom Kläger zu erstellenden Arbeit vorzugeben.

g. Was die Charakteristik der persönlichen Zusammenarbeit der Parteien angeht, ist aber auch das Selbstverständnis von Bedeutung, mit welchem der Kläger an die Arbeit für den Beklagten herangegangen ist. Dieses Selbstverständnis spiegelt sich ebenfalls in der außergerichtlichen Korrespondenz, die die Parteien ausgetauscht haben, bevor zwischen ihnen die Frage nach dem Bestehen eines Arbeitsverhältnisses streitig wurde. So hat der Kläger selbst Komposition studiert und ist als Komponist in Erscheinung getreten. Wie z. B. aus dem Schreiben vom 09. Januar 2001 hervorgeht (Bl. 221 d. A.), verstand und versteht sich der Kläger als "geistiger, wenn nicht beruflicher" Nachfolger des Beklagten. Im gleichen Schreiben schildert der Kläger dem Beklagten seine Bemühungen, weitere Tätigkeitsfelder im musikalisch-kulturellen Bereich aufzutun. Im Schreiben vom 22.01.2001 formuliert er, er müsse bei der Tätigkeit für den Beklagten "eine gewisse Freiheit in meiner Zeitgestaltung behalten" (!). Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht hat der Kläger bestätigt, dass er seine Zusammenarbeit mit dem Beklagten als eine Mitarbeit an einem kreativen Prozess verstanden hat und versteht. Eine solche (mit)gestaltende Tätigkeit im kreativ-künstlerischen Bereich kann im Zweifel aber eher nicht als in der persönlichen Abhängigkeit eines Arbeitsverhältnisses geschuldet gelten.

h. Die gelebte Vertragswirklichkeit steht somit der rechtlich über mehr als zwei Jahrzehnte einvernehmlich praktizierten Charakterisierung als "freie Mitarbeit" nicht hinreichend aussagekräftig entgegen. Das jetzige Begehren des Klägers, das Vertragsverhältnis nachträglich rechtsverbindlich als Arbeitsverhältnis zu kennzeichnen, kann somit, wie bereits das Arbeitsgericht treffend erkannt hat, keinen Erfolg haben.

4. Liegt ein Arbeitsverhältnis somit nicht vor und ist eine Einigung der Parteien über eine projektbezogene weitere Zusammenarbeit im Jahre 2001 und darüber hinaus nicht zustande gekommen, so musste auch der Zahlungsantrag des Klägers abschlägig beschieden bleiben.

III. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 ZPO.

Ein gesetzlicher Grund für die Zulassung der Revision ist nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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