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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 22.03.2005
Aktenzeichen: 9 Sa 1262/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 315
1. Mit Bonus und Jahresabschlussgratifikation werden typischerweise Leistungen bezeichnet, mit denen Arbeitnehmer am jährlichen Erfolg des Unternehmens beteiligt werden sollen, deren Gewährung also zunächst ein positives Geschäftsergebnis voraussetzt. Bei der Bemessung kann der Arbeitgeber zusätzlich den Anteil des Arbeitnehmers an der Erwirtschaftung des Ergebnisses mitberücksichtigen, also die geleistete Arbeit des Arbeitnehmers anerkennen und ihn belohnen.

2. Setzt das Gericht nach § 315 Abs. 3 S. 2 BGB an Stelle des Arbeitgebers die Höhe der variablen Vergütung fest, so hat es sich "tunlich in der Mitte" zu halten.


Tenor:

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 12. Mai 2004 - 12 Ca 468/04 - wie folgt abgeändert:

a) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 16.819,94 € brutto nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. April 2003 zu zahlen.

b) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

c) Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 4 % und die Beklagte zu 96 %.

1. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

2. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Zahlung eines Bonus für das Jahr 2002.

Der Kläger war bei der Beklagten aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 29. März 1995 seit dem 1. Juli 1995 als Sachverständiger für u. a. die Erstellung von Wertgutachten für Wohn- und Gewerbeimmobilien beschäftigt.

In dem schriftlichen Arbeitsvertrag wurde bestimmt, dass der Kläger ein monatliches Grundgehalt einschließlich sozialer Zulagen und vermögenswirksamer Leistungen in Höhe von DM 6.500,00 und eine monatliche Vorauszahlung auf eine Jahresleistung in Höhe von DM 650,00 erhielt. Des weiteren wurde vereinbart, dass die Beklagte an den Kläger 10 % des jährlich erzielten Deckungsbeitrags aus der Erstellung von Gutachten zahlte. Zudem sollten ab der 101. Objektbesichtigung bzw. des Bautenstandsberichtes für Objekte ohne Wertgutachten im Kalenderjahr 50,00 DM pro Besichtigung bzw. Bautenstandsbericht gewährt werden.

Eine weitere Vereinbarung über die Zahlung eines variablen Einkommens lautet wie folgt:

"Herr J erhält ein für 2 Jahre garantiertes variables Einkommen von DM 10.000,00 p. a."

Die Beklagte gewährte dem Kläger jeweils mit Begleitschreiben einen "Bonus" für das Jahr 1996 in Höhe von DM 15.000,00 und eine "einmalige Sonderzahlung" für das Jahr 1996 in Höhe von DM 20.000,00, einen "Bonus" für das Jahr 1997 in Höhe von DM 30.000,00, eine "Sonderzahlung" für das Jahr 1998 in Höhe von DM 10.000,00 und einen "Bonus" für das Jahr 1998 in Höhe von DM 30.000,00, einen "Bonus" für das Jahr 1999 in Höhe von DM 40.000,00, einen "Bonus" für das Jahr 2000 in Höhe von DM 35.000,00 sowie eine "Jahresabschlussgratifikation" für das Jahr 2001 in Höhe von EUR 14.000,00.

Mit einem an alle Mitarbeiter gerichteten Rundschreiben vom 5. Juni 2003 teilte die Beklagte dem Kläger mit, aufgrund der bekannten außerordentlich schwierigen wirtschaftlichen Situation der Beklagten seien umfangreiche Stützungsmaßnahmen ihrer Aktionäre erforderlich, um den Fortbestand zu gewährleisten. Vor diesem Hintergrund sei eine Tantiemezahlung für das Geschäftsjahr 2002 leider nicht möglich. Sie gehe davon aus, dass durch die inzwischen weit fortgeschrittene Restrukturierung eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation bereits im Jahr 2003 erreicht werden könne, es bei einem einmaligen Ausfall der Tantieme bleibe und die Leistung der Mitarbeiter künftig auch wieder finanziell anerkannt werden könne.

Der Kläger ist zum 30. Juni 2003 bei der Beklagten ausgeschieden.

Mit der vorliegenden Klage, die am 14. Januar 2004 beim Arbeitsgericht Köln eingegangen ist, verlangt der Kläger von der Beklagten Zahlung eines Bonus für das Kalenderjahr 2002 in Höhe von EUR 17.298,60 brutto nach dem Durchschnitt der Leistungen in den Jahren 1996 bis 2001 nebst Zinsen.

Hilfsweise begehrt er eine Leistungsbestimmung durch das Gericht, da die Entscheidung der Beklagten, keinen Bonus für das Jahr 2002 zu zahlen, nicht billigem Ermessen entspreche.

Die Parteien stimmen darin überein, dass die Beklagte arbeitsvertraglich verpflichtet ist, für jedes Kalenderjahr nach billigem Ermessen über die Gewährung einer variablen Vergütung an den Kläger zu entscheiden. Streit besteht darüber, ob sie dabei ausschließlich auf die Leistung des Klägers abzustellen hat - so der Kläger - oder ob sie auch auf ihr Geschäftsergebnis abstellen darf - so die Beklagte -. Zudem besteht Streit über das von der Beklagten im Kalenderjahr 2002 erzielte Geschäftsergebnis.

Wegen der näheren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz und den erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträgen und den Gründen, die zur Abweisung der Klage geführt haben, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils vom 12. Mai 2004 verwiesen.

Das arbeitsgerichtliche Urteil ist dem Kläger am 22. September 2004 zugestellt worden. Er hat hiergegen am 20. Oktober 2004 Berufung einlegen lassen und diese am 22. November 2004 begründen lassen.

Der Kläger trägt vor, in allen Begleitschreiben sei als Grund für Bonus, Sonderzahlung und Jahresabschlussgratifikation sein "besonderer Einsatz" bzw. sein "besonderes Engagement" bzw. sein "überdurchschnittlicher Arbeitseinsatz" genannt worden. Auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Beklagten sei nie in den Begleitschreiben abgestellt worden. Abgesehen davon habe die Beklagte nicht substantiiert dargetan, dass ihr im Geschäftsjahr 2002 erzieltes Ergebnis eine Bonuszahlung nicht zulasse.

In der mündlichen Verhandlung am 22. März 2005 hat der Kläger erklärt, die Begleitschreiben seien ihm jeweils ohne weitere Erläuterungen von einem Vorstandsmitglied der Beklagten ausgehändigt worden. Zudem hat er einen Auszug aus dem Geschäftsbericht der Beklagten für das Jahr 2002 überreicht. In diesem wird unter der Rubrik Ertragslage ein Jahresüberschuss für das Jahr 2000 in Höhe von 99,3 Mio. EUR, für das Jahr 2001 in Höhe von 0,1 Mio. EUR und für das Jahr 2002 in Höhe von 24,8 Mio. EUR ausgewiesen. Des weiteren hat er ein Rundschreiben der Beklagten an die Mitarbeiter vom 6. Mai 2002 überreicht, in dem mitgeteilt wird, die Ratings der Beklagten seien von einer Rating-Agentur herabgestuft worden. Im Jahr 2001 sei eine Reihe von Sondereinflüssen wie die weltweit schwache Konjunkturlage, hohe Volatilitäten an den Geld- und Kapitalmärkten, die Aufnahme des Verschmelzungsverlustes in der Bilanz sowie eine weiterhin hohe Kreditrisikovorsorge aus bereits bestehenden Engagements in den neuen Bundesländern zu verkraften gewesen, die sich im Jahresergebnis 2001 niedergeschlagen hätten. Diese Sondereffekte belasteten das Ergebnis für das Jahr 2002 nicht mehr. Bei einer Bilanzsumme von 91 Milliarden EUR belaufe sich der Zins- und Provisionsüberschuss auf 78,4 Millionen EUR. Das Ergebnis vor Steuern (nach Verwaltungsaufwand und Bewertungen) betrage zum 31. März 2002 24,3 Millionen EUR, was eine signifikante Steigerung gegenüber dem anteiligen Vorjahreswert bedeute.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 12. Mai 2004 - 12 Ca 468/04 wie folgt zu erkennen:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 17.298,70 brutto nebst von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Mai 2003 (richtig: 1. April 2003) zu zahlen,

2. hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Bonus für das Kalenderjahr 2002 zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, einen Betrag von EUR 17.298,70 brutto nebst 8 % Prozent-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Mai 2003 (richtig: 1. April 2003) aber nicht unterschreiten sollte.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie trägt vor, bei der ihr obliegenden Leistungsbestimmung habe sie die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt und dabei berechtigterweise ihr Geschäftsergebnis einbezogen. Das Ergebnis sei derart katastrophal gewesen, dass ihr Hauptaktionär einen Stützungsbeitrag von rund 280 Millionen EUR habe leisten müssen. Darüber sei auch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung am 22. Januar 2004 berichtet worden. Folge derartiger Berichte in renommierten Tageszeitungen sei, dass sich ihr Rating weiter verschlechtere und sie deshalb neues Kapital nur zu einem höheren Zins erlangen könne. Sie habe ihre Niederlassung in Köln schließen müssen und mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich und Sozialplan abgeschlossen, der eine Reduzierung der Zahl der Mitarbeiter von 600 auf unter 360 vorsehe. Auch die anderen Mitarbeiter hätten - wie der Kläger - für das Jahr 2002 keine Tantieme bekommen, sofern ihnen nicht arbeitsvertraglich eine Tantieme für dieses Geschäftsjahr garantiert gewesen sei. Es sei auf keinen Fall gerechtfertigt, dem Kläger eine Tantieme nach dem Durchschnitt der in den Jahren 1996 bis 2001 erfolgten Zahlungen zuzusprechen, den sie im Übrigen - rechnerisch richtig - mit EUR 16.819,94 beziffere. Es müsse berücksichtigt werden, dass sie in dem Anstellungsvertrag eine variable Vergütung nur in Höhe von DM 10.000,00 für die beiden ersten Jahre garantiert habe. Zudem habe sie bereits für das Geschäftsjahr 2001 mit EUR 14.000,00 weniger als den Durchschnittsbetrag der Vorjahre gezahlt.

Der Beklagtenvertreter hat in der mündlichen Verhandlung am 22. März 2005 erklärt, das vom Kläger vorgelegte Rundschreiben vom 6. Mai 2002 sei ihm nicht bekannt. Er habe von der Beklagten in anderen Verfahren die Anweisung erhalten, die Stützungsleistungen der Aktionäre nicht bekannt zu geben. Es sei klar, dass ohne die Angabe dieser Stützungsleistungen eine genaue Darstellung der Geschäftslage der Beklagten nicht möglich sei.

Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung ist zulässig.

Sie ist gemäß § 64 Abs. 2 b ArbGG statthaft und wurde innerhalb der in § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG vorgeschriebenen Fristen eingelegt und begründet.

II. Die Berufung hat in der Sache auch überwiegend Erfolg.

1. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung einer variablen Vergütung in Höhe von EUR 16.819,94 brutto für das Geschäftsjahr 2002.

a. Zwischen den Parteien ist nicht strittig, dass bei Berücksichtigung der arbeitsvertraglichen Regelung über eine variable Vergütung und der in den Jahren 1996 bis 2001 gewährten Sonderleistungen die Beklagte verpflichtet war, auch für das Geschäftsjahr 2002 über die Zahlung einer variablen Vergütung an den Kläger nach billigem Ermessen zu entscheiden.

Das Leistungsbestimmungsrecht der Beklagten bestimmt sich nach Maßgabe des § 315 BGB. Nach § 315 BGB schadet jede fehlende Billigkeit. Zudem trifft die berechtigte Partei (hier also die Beklagte) bei § 315 BGB die Darlegungs- und Beweislast für die Billigkeit der von ihr getroffenen Bestimmung (vgl. BGH, Urteil vom 30. Mai 2003 - V ZR 216/02 -; juris).

Eine Leistungsbestimmung entspricht der Billigkeit, wenn sie alle wesentlichen Umstände und die Interessen beider Parteien angemessen berücksichtigt (vgl. BAG, Urteil vom 15. August 2000 - 1 AZR 458/99 -). Dabei ist zu beachten, dass mit dem Begriff der Billigkeit die Austauschgerechtigkeit im Einzelfall erreicht werden soll (vgl. MK-Gottwald, BGB, 3. Aufl., § 315 Rdn. 19).

Die Abwägung der wechselseitigen Interessen hat nach den verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen wie der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit zu erfolgen. Die Berücksichtigung der Billigkeit gebietet eine Berücksichtigung und Verwertung der Interessen unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalles. Hierzu gehören im Arbeitsrecht die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse wie familiäre und Unterhaltsverpflichtungen (vgl. BAG, Urteil vom 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 -).

Das einseitige Leistungsbestimmungsrecht der Beklagten verstößt nicht gegen zwingende Kündigungsvorschriften, da der kündigungsrechtlich geschützte Kernbereich des Arbeitsverhältnisses nicht angetastet wird. Das Bundesarbeitsgericht hat die variable Ausgestaltung von Lohnbestandteilen auch in Größenordnungen von 25 - 30 % als zulässig angesehen (vgl. BAG, Urteil vom 15. August 2000 - 1 AZR 458/99 -).

b. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die von ihr getroffene Entscheidung, keinen Bonus zu zahlen, der Billigkeit entspricht.

Die Beklagte hat ihre Leistungsbestimmung mit ihrem Geschäftsergebnis für das Jahr 2002 begründet.

Zwar ist die Beklagte grundsätzlich berechtigt, bei der Leistungsbestimmung das Geschäftsergebnis zu berücksichtigen. Dies folgt schon aus dem Umstand, dass die Leistung zusätzlich zu einem hohem Festgehalt als variables Einkommen des Klägers vereinbart wurde und der Beklagten ein nicht näher beschriebenes Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt wurde. Die variable Bemessung war weder im Arbeitsvertrag noch in den späteren Mitteilungen über die Gewährung der zusätzlichen Vergütungsleistung allein von der Arbeitsleistung des Klägers abhängig gemacht worden. Mit "Bonus" und "Jahresabschlussgratifikation" werden typischerweise Leistungen bezeichnet, mit denen Mitarbeiter am jährlichen Erfolg des Unternehmens beteiligt werden sollen, deren Gewährung also zunächst ein positives Geschäftsergebnis voraussetzt. Bei der Bemessung kann der Arbeitgeber dann zusätzlich den Anteil des Arbeitnehmers an der Erwirtschaftung des Ergebnisses mitberücksichtigen, also die geleistete Arbeit des Arbeitnehmers anerkennen und ihn belohnen. Letzteres hat die Beklagte mit "dem Dank und der Anerkennung" der vom Kläger geleisteten Arbeit und der Hervorhebung seines "besonderen Einsatzes" in den Mitteilungen über die Gewährung der zusätzlichen Vergütungsleistungen zum Ausdruck gebracht.

Jedoch hat die Beklagte nicht substantiiert dargetan, dass sie im Jahr 2002 ein negatives Geschäftsergebnis erzielt hat.

In dem Geschäftsbericht der Beklagten für das Geschäftsjahr 2002 wird ein Jahresüberschuss in Höhe von 24,8 Mio. EUR ausgewiesen. Er liegt weit über dem Jahresüberschuss für das Jahr 2001 in Höhe von 0,1 Mio. EUR, der Anlass für die Beklagte war, dem Kläger eine Jahresabschlussgratifikation in Höhe von EUR 14.000,00 mit Hinweis auf "eine weiterhin erfolgreiche Entwicklung der Bank" zu zahlen. Im Einklang mit dem erheblich verbesserten Geschäftsergebnis für 2002 steht die bereits mit dem Rundschreiben vom 6. Mai 2002 erfolgte positive Einschätzung der Ertragslage. Das pauschale Vorbringen der Beklagten, dieses Ergebnis habe nur durch Unterstützungsleistungen ihrer Aktionäre erzielt werden können, und ihr Hinweis auf einen Zeitungsbericht sind nicht geeignet, die Aussagekraft des veröffentlichten Geschäftsberichts zu relativieren. Nachdem der Kläger bereits erstinstanzlich die negative Ertragslage bestritten hatte, oblag es der Beklagten, im Einzelnen dazu vorzutragen. Unterstützungsleistungen können aus vielfachen Gründen gewährt werden, z. B. auch um Investitionen zur Ausweitung des Geschäftsvolumens zu ermöglichen oder zur Finanzierung eines aus Rentabilitätsgründen für erforderlich gehaltenen Personalabbaus, also nicht nur zur "Verschönerung" der Ertragslage und zur Verhinderung einer weiteren Verschlechterung des Ratings. Es ist zudem allgemein bekannt, dass derzeit Personalabbau nicht nur in notleidenden Unternehmen erfolgt, sondern auch Unternehmen betrifft, die sich einer guten Ertragslage erfreuen. Wenn es bei der Beklagten anders ist, so hätte sie dies für das Gericht überprüfbar darlegen müssen. Zu einer genauen Darstellung der Geschäftslage unter Angabe auch der Stützungsleistungen ist sie aber nicht bereit.

Da die Beklagte keine anderen Abwägungsgründe anführt, insbesondere keine Verschlechterung der Arbeitsleistung des Klägers, entspricht ihre Leistungsbestimmung nicht billigem Ermessen.

b. Entspricht die Leistungsbestimmung nicht der Billigkeit, kann von der klagenden Partei die gerichtliche Leistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 S. 2 BGB begehrt werden. Ob im Falle einer Leistungsklage auf Grund vorausgegangener Leistungsbestimmung durch den Bestimmungsberechtigten für eine solche richterliche Gestaltung eine eindeutige Willensentschließung der klagenden Partei erforderlich ist, kann dahinstehen. Die Klägerin hat mit ihrem Klagebegehren zum Ausdruck gebracht, dass sie hilfsweise ein Gestaltungsurteil anstrebt (vgl. dazu: BGH, Urteil vom 30. Mai 2003 - V ZR 216/02 - m.w.N.).

Während der Bestimmungsberechtigte bis an die durch die Billigkeit gekennzeichnete Grenze seines Ermessensspielraums gehen kann, hat sich der Richter, der auf Grund des § 315 Abs. 3 S. 2 BGB an Stelle des Bestimmungsberechtigten die Rechtsgestaltung durch Urteil vornimmt, "tunlich in der Mitte" zu halten (vgl. MK-Gottwald, BGB, 3. Aufl., § 315 Rdn. 18).

Die gerichtliche Leistungsbestimmung ist danach entsprechend dem Begehren des Klägers dahin zu treffen, dass nach dem Durchschnitt der seit 1996 gezahlten Leistungen der Bonus für das Jahr 2002 mit EUR 16.819,94 (unrichtig: EUR 17.298,70) festzusetzen ist.

Es ist nicht davon auszugehen, dass in den Vorjahren der Bonus in einer bestimmten - prozentualen - Relation zum Geschäftsergebnis gestanden hatte. Dies ergibt sich schon daraus, dass bei einem Jahresüberschuss in Höhe von 99,3 Mio. EUR für das Jahr 2000 ein Bonus in Höhe von DM 35.000,00 und bei einem kaum noch vorhandenen Jahresüberschuss im Jahr 2001 (0,1 Mio. EUR) ein Bonus in Höhe von immerhin EUR 14.000,00 gezahlt worden sind. Auch kann nicht von einer dynamischen Entwicklung des Bonus ausgegangen werden. Nach einem Anstieg der variablen Vergütung in den Jahren 1998 und 1999 auf DM 40.000,00, erfolgte in den Jahren 2000 und 2001 eine wesentliche Reduzierung auf DM 35.000,00 und EUR 14.000,00. Da die Leistung des Klägers gleichgeblieben ist, kann mit ihr eine Erhöhung oder Minderung des Bonus für das Jahr 2002 nicht begründet werden.

Es entspricht daher geradezu einer Notwendigkeit, mangels anderer abwägungsrelevanter Anhaltspunkte die durchschnittliche Höhe der variablen Vergütung als maßgeblichen Entscheidungsmaßstab zugrunde zu legen (vgl. dazu auch: LAG Düsseldorf, Urteil vom 5. Juni 2003 - 11 Sa 292/03 -; juris).

2. Der Zinsanspruch ist nach § 288 Abs. 1 BGB gerechtfertigt. Der Kläger hat dargelegt, dass die variable Vergütung spätestens am 1. April 2003 fällig war. Zinsen sind nur in Höhe von 5 Prozentpunkten zuzusprechen, weil der höhere Zinssatz von 8 Prozentpunkten nach § 288 Abs. 2 BGB nur bei Geschäftsvorgängen zwischen Unternehmen oder zwischen Unternehmen und öffentlichen Stellen in Ansatz zu bringen ist (vgl. BAG, Urteil vom 23. Februar 2005 - 10 AZR 600 bis 603/03 -; Pressemitteilung).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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