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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 22.03.2005
Aktenzeichen: 9 Sa 1296/04
Rechtsgebiete: MVG vom 06.11.1992


Vorschriften:

MVG vom 06.11.1992 § 42 lit. b
1. Für die ordnungsgemäße Beteiligung der Mitarbeitervertretung vor der Kündigung gelten grundsätzlich dieselben Maßstäbe, die das Bundesarbeitsgericht für das Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG entwickelt hat.

2. Danach ist nach "Rücknahme" einer Kündigung die Mitarbeitervertretung vor Ausspruch einer weiteren Kündigung erneut zu beteiligen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das vorherige Beteiligungsverfahren fehlerhaft war oder wenn sich neue Gründe ergeben haben, die den nach § 41 Abs. 2 MVG zulässigen Zustimmungsverweigerungsgründen zuzuordnen sind.


Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 30. Juli 2004 - 5 Ca 3282/04 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Tatbestand: Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis durch ordentliche Kündigung der Beklagten vom 19. März 2004 zum 30. September 2004 beendet worden ist. Die Klägerin, geboren am 28. Juli 1954, geschieden, ist bzw. war bei der Beklagten seit dem 1. Dezember 1994 als hauswirtschaftliche Mitarbeiterin beschäftigt zu einem monatlichen Gehalt von zuletzt etwa EUR 1.400,00 brutto. Für die Beklagte sind in der Regel mehr als 5 Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden tätig. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Manteltarifvertrag Arbeiter - Kirchliche Fassung (MTArb-KF) Anwendung. Mit Schreiben vom 20. Februar 2001 mahnte die Beklagte die Klägerin ab, weil sie gemeinsam mit einem Zivildienstleistenden während des Dienstes Alkohol getrunken hatte. Mit Schreiben vom 18. März 2003 mahnte die Beklagte die Klägerin ab, weil sie eine Banane aus den Lebensmittelbeständen des Krankenhauses verzehrt hatte. Eine weitere Abmahnung erfolgte mit Schreiben vom 9. Mai 2003, weil die Klägerin am 9. März 2003 nicht zum Dienst erschienen sei, obwohl sie gemäß Dienstplan Frühdienst hätte verrichten müssen. Mit weiterem Schreiben vom 9. Mai 2003 mahnte die Beklagte die Klägerin ab, weil sie am 14. April 2003 eigenmächtig Frühdienst geleistet habe, obwohl sie nach einer Anweisung der Hauswirtschaftsleiterin an diesem Tag Spätdienst habe leisten sollen. Am 28. Juni 2003 erschien die Klägerin nicht zur Arbeit, obwohl sie von der Hauswirtschaftsleiterin wegen des krankheitsbedingten Ausfalls anderer Mitarbeiter für die Spätschicht eingeteilt worden war. Die Klägerin hatte zuvor selbst bis zum 24. Juni 2003 längere Zeit krankheitsbedingt gefehlt. Mit Schreiben vom 12. November 2003 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis aus verhaltensbedingten Gründen zum 30. September 2004. Die bei der Beklagten nach dem Kirchengesetz über Mitarbeitervertretungen in der Evangelischen Kirche in Deutschland vom 6. November 1992 (im weiteren: MVG) gebildete Mitarbeitervertretung hatte vorher die Zustimmung zu der Kündigung verweigert. Die Zustimmung war durch Beschluss der zuständigen Schlichtungsstelle vom 6. November 2003 ersetzt worden. Die Klägerin, für die ein Grad der Behinderung von 30 anerkannt ist, hatte vor Zugang der Kündigung die Gleichstellung als Schwerbehinderte beantragt und dies vor der Schlichtungsstelle dem Beklagten mitgeteilt. Die Gleichstellung erfolgte nach Zugang der Kündigung, die daraufhin von der Beklagten mit Schreiben vom 17. Dezember 2003 "zurückgenommen" wurde, nachdem die Klägerin Kündigungsschutzklage erhoben hatte. Die Beklagte beantragte am 7. Januar 2004 die Zustimmung des Integrationsamtes zu einer auf den gleichen Sachverhalt gestützten erneuten Kündigung. Durch Bescheid vom 16. März 2004 erteilte das Integrationsamt die Zustimmung mit dem Hinweis auf den verhaltensbedingten Kündigungsgrund, der nicht im Zusammenhang mit der Behinderung der Klägerin stehe. In dem Bescheid wird ausgeführt, die Mitarbeitervertretung sowie die Schwerbehindertenvertretung hätten dem Antrag nicht zugestimmt, da sie die ordnungsgemäße Abwägung der Interessen der Klägerin bezweifelten. Daraufhin kündigte die Beklagte erneut das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 19. März 2004 zum 30. September 2004, ohne ein weiteres Verfahren auf Zustimmung bzw. Ersetzung der Zustimmung der Mitarbeitervertretung durchgeführt zu haben. Mit der vorliegenden Klage, die am 29. März 2004 beim Arbeitsgericht Köln eingegangen ist, wendet sich die Klägerin, die auch gegen den Zustimmungsbescheid des Integrationsamtes Widerspruch einlegte, gegen die Kündigung. Sie hat erstinstanzlich geltend gemacht, die Kündigung sei bereits unwirksam, weil vor Ausspruch nicht erneut das Verfahren auf Zustimmung der Mitarbeitervertretung durchgeführt worden sei. Zudem sei die Kündigung nicht aus verhaltensbedingten Gründen sozial gerechtfertigt. Sie sei nicht wiederholt eigenmächtig dem Dienst ferngeblieben. Die Abmahnungen vom 20. Februar 2001 und vom 18. März 2003 seien bereits nicht einschlägig. Sie habe am 12. März 2003 eine Banane verzehrt, die ihr ein Heimbewohner geschenkt habe. Die Abmahnungen vom 9. Mai 2003 seien unberechtigt. Die Hauswirtschaftsleiterin habe sie für den 9. März 2003 vom Dienst frei gestellt. Zwar habe sie die Anweisung erhalten, am 14. April 2003 Spätdienst zu verrichten. Als sie aber später festgestellt habe, dass sie im Dienstplan für den Frühdienst am 14. April 2003 eingeteilt gewesen sei, habe sie den Frühdienst angetreten. Danach habe sie abgelehnt, an diesem Tag auch noch den Spätdienst zu verrichten. Nach dem Dienstplan habe sie vom 27. Juni 2003 bis zum 29. Juni 2003 keinen Dienst zu verrichten gehabt. Sie habe deshalb ihre Tochter zu Besuch gehabt. Dennoch habe sie am 27. Juni 2003 Frühdienst verrichtet. Die Anweisung, auch am 28. Juni 2003 und 29. Juni 2003 Spätdienst zu verrichten, habe sie abgelehnt. Die Klägerin hat beantragt, 1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 19. März 2004 zum 30. September 2004 beendet worden ist, sondern unverändert fortbesteht, 2. im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1) die Beklagte zu verurteilen, sie ab dem 1. Oktober 2004 zu unveränderten Arbeitsbedingungen als hauswirtschaftliche Mitarbeiterin weiterzubeschäftigen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat erstinstanzlich vorgetragen, eines erneuten Verfahrens auf Zustimmung bzw. Ersetzung der Zustimmung der Mitarbeitervertretung habe es nicht bedurft, da der Kündigungssachverhalt sich nicht geändert habe. Die Kündigung sei auch aus verhaltensbedingten Gründen sozial gerechtfertigt. In den von ihr erteilten Abmahnungen seien zutreffend wiederholte Vertragsverstöße der Klägerin gerügt worden. Aufgrund der Erkrankung anderer Mitarbeiterinnen sei die Klägerin für den Dienst am 28. Juni 2003 einteilt worden. Eine andere Kraft habe nicht zur Verfügung gestanden. Nach § 8 Abs. 5 MTArb-KF sei die Klägerin verpflichtet gewesen, die angeordneten Überstunden zu leisten. Das Arbeitsgericht Köln hat durch Urteil vom 30. Juli 2004 der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, zwar sei die Kündigung nicht wegen unterbliebener Anhörung der Mitarbeitervertretung unwirksam. Es wäre eine bloße Förmelei, eine erneute förmliche Anhörung der Mitarbeitervertretung zu verlangen. Die Kündigung sei aber aus sachlichen Gründen nicht gerechtfertigt. Zwar sei die Klägerin nach tariflichen Bestimmungen verpflichtet gewesen, am 28. Juni 2003 zu arbeiten. Da sich die Klägerin aber auf ein arbeitsfreies Wochenende mit ihrer Tochter eingerichtet habe, hätte die Beklagte auch unter Berücksichtigung der bereits erteilten Abmahnungen eine erneute Abmahnung aussprechen müssen. Die Abmahnungen vom 20. Februar 2001 und vom 18. März 2003 enthielten andere Vertragsverstöße als die Dienstverweigerung, die Anlass für die Kündigung gewesen sei. Außerdem lägen sämtliche Abmahnungen bereits länger zurück. Der Weiterbeschäftigungsanspruch bestehe nach höchstrichterlicher Rechtsprechung. Das Urteil ist der Beklagten am 2. Oktober 2004 zugestellt worden. Sie hat hiergegen am 26. Oktober 2003 Berufung einlegen und diese zugleich begründen lassen. Die Beklagte wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen zu den vorangegangenen Abmahnungen. Die beiden Abmahnungen vom 9. Mai 2003 hätten bei Ausspruch der verhaltensbedingten Kündigung berücksichtigt werden dürfen. Der Vertragsverstoß der Klägerin am 28. Juni 2003 wiege schwer. Sie - die Beklagte - habe die Klägerin erst für den Dienst eingeteilt, nachdem sie sich zuvor vergebens bemüht habe, die Dienste an dem Wochenende anderweitig zu besetzen. Obwohl der Klägerin die personelle Notlage bekannt gewesen sei und sie sich nach anfänglichem Weigern dann doch bereit erklärt habe, am 28. Juni 2003 Frühdienst zu verrichten, sei sie nicht zur Arbeit erschienen. Eine andere Arbeitnehmerin habe deshalb die angefallene Arbeit allein erledigen müssen. Dies zeige, dass die Klägerin uneinsichtig sei und sich hartnäckig weigere, Anordnungen des Arbeitgebers zu befolgen. Die Beklagte beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 30. Juli 2004 - 5 Ca 3282/04 - abzuändern und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen. Sie wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen, die Abmahnungen seien nicht einschlägig bzw. nicht zutreffend. Sie habe dienstfrei vom 27. Juni 2003 bis zum 29. Juni 2003 gehabt. Kurzfristig habe sie sich bereit erklärt, dennoch am 27. Juni 2003 Frühdienst zu verrichten. Die weitere Anordnung, am 28. und 29. Juni 2003 Spätdienst zu verrichten, habe sie abgelehnt, weil sie am Wochenende ihre in Karlsruhe lebende schwerkranke Tochter zu Besuch gehabt habe. Die Beklagte habe trotz dieses schwerwiegenden Grundes nicht sie, sondern eine andere Mitarbeiterin für den 28. Juni 2003 vom Dienst freigestellt. Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren. Entscheidungsgründe: I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 2 c ArbGG statthaft und wurde innerhalb der in § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG vorgeschriebenen Fristen eingelegt und begründet. II. Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. 1) Durch die Kündigung vom 19. März 2004 ist das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht zum 30. September 2004 beendet worden. Die Kündigung ist unwirksam, weil die Zustimmung der Mitarbeitervertretung vor Ausspruch der Kündigung nicht erneut eingeholt und damit auch nicht erteilt bzw. ersetzt worden ist. Dies ist mit den Parteien in der Berufungsverhandlung am 22. März 2005 eingehend erörtert worden. a) Nach § 42 lit. b MVG hat die Mitarbeitervertretung bei ordentlichen Kündigungen nach Ablauf der Probezeit ein - eingeschränktes - Mitbestimmungsrecht. Nach § 41 Abs. 2 MVG darf die Mitarbeitervertretung ihre Zustimmung nur verweigern, wenn die Kündigung gegen eine Rechtsvorschrift, eine arbeitsrechtliche Regelung, eine andere bindende Bestimmung oder gegen eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung verstößt. Für das Verfahren bei der eingeschränkten Mitbestimmung gilt § 38 MVG entsprechend (§ 41 Abs. 3 MVG). Nach § 38 Abs. 1 MVG darf eine Maßnahme, die der Mitbestimmung der Mitarbeitervertretung unterliegt, erst vollzogen werden, wenn die Zustimmung der Mitarbeitervertretung vorliegt oder durch die Schlichtungsstelle ersetzt worden ist. Eine der Mitbestimmung unterliegende Maßnahme ist unwirksam, wenn die Mitarbeitervertretung nicht beteiligt worden ist. b) Entgegen der Ansicht der Beklagten war eine erneute Beteiligung der Mitarbeitervertretung nach § 42 lit. b MVG nicht aufgrund der früher erfolgten Ersetzung der Zustimmung zu der Kündigung vom 12. November 2003 durch die Schlichtungsstelle entbehrlich. Die erneute Beteiligung der Mitarbeitervertretung stellte auch keine bloße "Förmelei" dar, wie das Arbeitsgericht meint. aa) Für die ordnungsgemäße Beteiligung der Mitarbeitervertretung vor der Kündigung gelten grundsätzlich dieselben Maßstäbe, die das Bundesarbeitsgericht für das Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG entwickelt hat (vgl. LAG Köln, Urteil vom 18. Januar 1995 - AP Nr. 75 zu § 102 BetrVG 1972). Das Vorliegen einer Zustimmung reicht daher nicht aus. Die Wirksamkeit der Kündigung setzt vielmehr voraus, dass das Mitbestimmungsverfahren fehlerfrei verlaufen ist. bb) Nach § 102 BetrVG ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung zu hören. Deshalb gebietet schon der Wortlaut dieser gesetzlichen Vorschrift, den Betriebsrat vor Ausspruch einer erneuten Kündigung auch erneut anzuhören, nachdem die vorherige Kündigung durch einverständliche "Rücknahme" gegenstandslos geworden ist. Jedoch gebieten auch der erkennbare Sinn und Zweck der Vorschrift die erneute Anhörung des Betriebsrats. Dem Betriebsrat soll durch die Anhörung Gelegenheit gegeben werden, auf den Kündigungsentschluss des Arbeitgebers Einfluss zu nehmen. Wird eine Kündigung gegenstandslos, so steht der Arbeitgeber vor der Entscheidung, ob er erneut kündigt oder ob er dies unterlässt. Auf diese neu zu treffende Entscheidung soll der Betriebsrat Einfluss nehmen können. Es gibt keine Anhörung gleichsam auf Vorrat (vgl. dazu: BAG, Urteil vom 16. September 1993 - 2 AZR 267/93 -). Eine Ausnahme von diesem allgemeinen Grundsatz einer Anhörungspflicht vor jeder Kündigung kann angenommen werden, wenn der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört worden ist und er der Kündigung ausdrücklich und vorbehaltlos zugestimmt hatte, die Kündigung wegen fehlenden Zugangs an den Kündigungsgegner unwirksam war und in engem zeitlichen Zusammenhang eine erneute Kündigung ausgesprochen wird, die auf denselben Sachverhalt gestützt wird (vgl. BAG, Urteil vom 16. September 1993 - 2 AZR 267/93 -). Eine solche Ausnahme liegt nicht vor, wenn die erste Kündigung zugegangen ist und damit das einseitige Gestaltungsrecht ausgeübt und "verbraucht" ist (vgl. BAG, Urteil vom 16. September 1993 - 2 AZR 267/93 -). cc) Auch das Mitbestimmungsverfahren nach § 42 lit. b MVG erfordert eine erneute Beteiligung der Mitarbeitervertretung bei Ausspruch einer neuen Kündigung. Zwar ist nicht ausdrücklich bestimmt, dass bei "jeder" Kündigung die Mitarbeitervertretung ein Mitbestimmungsrecht hat. Jedoch gebieten auch hier Sinn und Zweck der Vorschrift eine erneute Beteiligung der Mitarbeitervertretung. Sie muss Gelegenheit haben, auf den erneut gefassten Kündigungsentschluss des Arbeitgebers Einfluss zu nehmen. Dies muss jedenfalls dann gelten, wenn das vorherige Beteiligungsverfahren fehlerhaft war oder wenn sich neue Gründe ergeben haben, die den nach § 41 Abs. 2 MVG zulässigen Zustimmungsverweigerungsgründen zuzuordnen sind. Die Mitarbeitervertretung muss die Gelegenheit haben, mit diesen neuen Gründen auf den Kündigungsentschluss des Arbeitgebers einzuwirken und sie ggf. auch in einem erneuten Schlichtungsverfahren vorzubringen. dd) Danach war die Beklagte zur Durchführung eines erneuten Beteiligungsverfahrens verpflichtet. Die erste Kündigung vom 12. November 2003 war durch die einvernehmliche "Rücknahme" gegenstandslos und verbraucht. Zu der ordnungsgemäßen Unterrichtung der Mitarbeitervertretung gehörte nunmehr auch die Mitteilung über die anerkannte Gleichstellung der Klägerin als Schwerbehinderte, die im vorangegangenen Beteiligungsverfahren nicht erfolgen konnte, weil die Gleichstellung damals noch nicht vorlag (vgl. zum Umfang der Unterrichtungspflicht: BAG, Urteil vom 16. September 1993 - 2 AZR 267/93 - und Fey/Rehren, MVG-EKD, § 42 Rdn. 20 a). Zudem ergab sich aufgrund der Gleichstellung ein neuer Zustimmungsverweigerungsgrund für die Mitarbeitervertretung. Nach § 41 Abs. 2 MVG kann die Zustimmung wegen Verstoßes gegen arbeitsrechtliche Schutzvorschriften verweigert werden, wozu sowohl die Bestimmungen über den besonderen Schutz der schwerbehinderten Menschen (§§ 85 ff. und § 91 SGB X) als auch die Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes gehören, die u. a. auch bei verhaltensbedingten Kündigungen eine Abwägung der Interessen des Arbeitgebers mit denen des Arbeitnehmers vorsehen (vgl. KR-Etzel, 6. Aufl., § 1 KSchG Rdn. 409). Dass bei der Interessenabwägung eine anerkannte Gleichstellung als Schwerbehinderter zu berücksichtigen ist, die der Förderung der Beschäftigung dient (§ 2 Abs. 3 SGB IX), braucht nicht weiter ausgeführt zu werden. Da die Beklagte die Mitarbeitervertretung, die ausweislich des Bescheides des Integrationsamtes insbesondere eine hinreichende Berücksichtigung der Interessen der Klägerin bezweifelte, nicht erneut beteiligt hat, ist die Kündigung unwirksam. 2) Die Beklagte hat sich in der Berufungsbegründung nicht gesondert mit dem Ausspruch des erstinstanzlichen Gerichts "über den unveränderten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses" und über den Weiterbeschäftigungsanspruch auseinandergesetzt. Daraus ist zu schließen, dass keine weiteren Beendigungsgründe vorliegen und weder die genannte zusätzliche Feststellung noch das Verlangen des Klägers auf Weiterbeschäftigung bereits während des Kündigungsrechtsstreits gesondert angegriffen werden. Die Berufung ist daher mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

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