Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 13.06.2006
Aktenzeichen: 9 Sa 1508/05
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 520 Abs. 3 S. 2
BGB § 253 Abs. 2
BGB § 611 a
1. Verfolgt die klagende Partei mit der Berufung nur noch einen Teilbetrag ihrer Entschädigungsansprüche, ohne klarzustellen, wie sich dieser auf die einzelnen Ansprüche verteilt, so liegt eine unzulässige Berufungsbegründung vor.

2. Zur Geeignetheit von Umständen als Hilfstatsachen, die eine Benachteiligung wegen des Geschlechts bei der Besetzung einer Führungsstelle vermuten lassen: prozentualer Anteil der Frauen in Führungspositionen, Ausschreibung von Auszubildendenstellen, Gestaltung der Internet-Startseite mit Bildern von Frauen in verführerischer Pose sowie die Darstellung von Frauen in sog. typischen Frauenberufen und von Männern in Karriere-Berufen.

3. Die bloße Missachtung des Gleichbehandlungsgebots begründet keinen Schmerzensgeldanspruch nach § 253 Abs.2 BGB.

4. Eine Ausgleichsklausel in einem gerichtlichen Vergleich, wonach sämtliche gegenseitigen Ansprüche aus der Beendigung des Arbeitsverhältnisses endgültig abgegolten und erledigt sind, kann der Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs nach § 611 a BGB entgegenstehen.


Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 21. September 2005 - 4 (7) Ca 1358/05 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin von der Beklagten Zahlung von 100.000,00 € wegen Benachteiligungen der Klägerin wegen ihres Geschlechts während ihrer Beschäftigung verlangen kann.

Die Klägerin, geboren am 22. September 1956, war bei der Beklagten seit dem 1. April 1997 bei der Betriebsvorgängerin und seit dem 1. April 2002 bei der Beklagten als Gruppenleiterin in der Niederlassung B beschäftigt. Als AT-Mitarbeiterin erhielt die in die Vergütungsgruppe 9 eingestufte Klägerin neben einem Jahresgehalt in Höhe von 59.361,81 € auch einen Bonus, dessen Höhe sowohl von ihrer Leistung als auch vom Unternehmensergebnis abhängig war.

Bei der Beklagten sind knapp 30 % aller Stellen und 7,5 % der Führungspositionen mit Frauen besetzt. In der Niederlassung in B werden 55 Mitarbeiter, davon 3 Frauen beschäftigt. Bis März 2005 waren dort 7 Führungskräfte tätig, davon 2 Frauen.

Mit Schreiben vom 24. März 2005 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis unter Hinweis auf betriebsbedingte Gründe zum 30. Juni 2005. Dagegen erhob die Klägerin am 16. April 2005 Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Bonn. In der Güteverhandlung am 8. Juli 2005 vor dem Arbeitsgericht Bonn schlossen die Parteien einen gerichtlichen Vergleich, wonach das Arbeitsverhältnis zum 30. September 2005 beendet wurde, die Klägerin für die Monate Juli 2005 bis September 2005 von der Arbeit freigestellt wurde, die Beklagte an sie eine Abfindung in Höhe von 100.000,00 € zu zahlen und die Kosten einer Outplacemaßnahme zu übernehmen hatte und die Klägerin auch Eigentum an dem ihr zur Verfügung gestellten dienstlichen Notebook erwarb. In dem Vergleich heißt es zudem wie folgt:

"Mit Erfüllung dieses Vergleichs sind sämtliche gegenseitigen Ansprüche aus der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, gleich aus welchem Rechtsgrund, gleichgültig, ob bekannt oder unbekannt, gleichgültig, ob geltend gemacht oder nicht, endgültig abgegolten und erledigt."

Die Parteien schlossen den Vergleich ausdrücklich nur zur Erledigung des Kündigungsrechtsstreits und nicht der am 9. Mai 2005 von der Klägerin beim Arbeitsgericht Bonn eingereichten vorliegenden Klage ab.

Die Klägerin hat mit der vorliegenden Klage geltend gemacht, sie sei mehrfach wegen ihres Geschlechts von der Beklagten benachteiligt worden, was die folgenden Zahlungsansprüche begründe:

a. Sie habe neben ihrem Jahresgehalt einen 25-%igen Bonus erhalten, insgesamt 74.202,26 €. Ihre männlichen Kollegen mit vergleichbarer Tätigkeit und Qualifikation hätten demgegenüber Jahresbezüge in Höhe von 94.796,00 € (rechnerisch wohl richtig: 88.871,25 €) bezogen, bestehend aus einem Gehalt in Höhe von 71.097,00 € und einem 25 %igen Bonus bezogen. Nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz stehe ihr für die Zeit vom 1. Februar 2002 bis zum 30. April 2005 ein Differenzanspruch in Höhe von 66.929,66 € zu. Da sie wegen ihres Geschlechts benachteiligt worden sei, verlange sie zudem nach § 611 a BGB eine angemessene Entschädigung zum Ausgleich für immaterielle Schäden in Höhe eines Jahresbezugs von 75.000,00 €.

b. Wegen ihres Geschlechts sei sie auch benachteiligt worden, als die Beklagte ohne sachlichen Grund im August 2004 zunächst den Serverbetrieb von B nach D verlagert habe und anschließend sowohl die von ihr geführte Abteilung CIC (First und Second Level Onsite Support - CIC Customer Interaction Center) als auch die von dem Arbeitnehmer Kaufmann geführte Abteilung CSS (Third Level Applikationssupport - CSS Costumer Specific Services) dem Serverbetrieb zugeordnet habe. Fachlich sinnvoll wäre es nur gewesen, die Abteilungen CIC und CSS nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers Kaufmann zusammenzuführen und von ihr - der Klägerin - in B leiten zu lassen statt alle 3 Abteilungen nunmehr dem Arbeitnehmer W zu unterstellen, der früher nur den Serverbetrieb geleitet habe. Die von ihr vorgeschlagene Zuordnung sei unternehmensweit auch üblich.

c. Ab Oktober 2004 habe sie nur noch Personalverantwortung für 8 Mitarbeiter und 2 externe Arbeitskräfte gehabt. Vorher sei ihr die Personalverantwortung für 15 Mitarbeiter und 7 externe Arbeitskräfte zugewiesen gewesen. Zudem sei ihr die Verantwortung für ein Budget im 7-stelligen Bereich entzogen worden. Mit dieser Maßnahme sei sie ohne sachlichen Grund zur Teamleiterin degradiert worden. Da sie wegen ihres Geschlechts benachteiligt worden sei, verlange sie eine angemessene Entschädigung zum Ausgleich für immaterielle Schäden in Höhe eines Jahresbezugs von weiteren 75.000,00 €.

d. Sie habe sich am 13. Oktober 2004 auf sechs Gruppenleiterstellen der Vergütungsgruppe 9 beworben. Sie habe für alle Stellen die in den Ausschreibungen gestellten Anforderungen ausweislich ihrer Arbeitsplatzbeschreibung erfüllt. Die Bewerbungen um die Stelle als Gruppenleiterin CSS/CCT, als Gruppenleiterin CSS/Entwicklung, als Gruppenleiterin Prozessmanagement, als Gruppenleiterin Release Management und als Gruppenleiterin Second Level Work Benches seien ohne Angabe von Gründen abschlägig beschieden worden. In drei Fällen sei sie nicht einmal zu einem Vorstellungsgespräch geladen worden. Die Gruppenleiterstellen CSS/CCT, CSS/Entwicklung und Prozessmanagement seien mit den Mitbewerbern Herr T , Herr V und Herr G besetzt worden, die die gleichen Voraussetzungen wie sie mitgebracht hätten. Die Gruppenleiterstellen Release Management und Second Level Work Benches seien mit den Mitbewerbern Herr P und Herr B besetzt worden, die als System Engineer ausweislich des tariflichen Anforderungsprofils nur zu höchstens 40 % die in der Ausschreibung gestellten Anforderungen erfüllt hätten. Die Bewerbung um die Stelle als Gruppenleiterin Call Center sei mit der Begründung zurückgewiesen worden, sie habe keine ausreichende Erfahrung im Supportbereich, obwohl sie bisher bereits in diesem Bereich tätig gewesen sei. Sie sei für diese Stelle die einzige Bewerberin gewesen. Die Aufgaben des Gruppenleiters habe zunächst der zuständige Bereichsleiter kommissarisch übernommen. Nach dessen Ausscheiden erledige ein anderer männlicher Mitarbeiter diese Aufgaben.

Wäre eine dieser Stellen mit ihr besetzt worden, so wäre das Arbeitsverhältnis nicht betriebsbedingt gekündigt worden. Eine Fortführung des Arbeitsverhältnisses mit einer Vergütung, die der Eingruppierung der männlichen Gruppenleiter entspreche, hätte eine Erhöhung ihres Rentenanspruchs um 16.881,41 € zur Folge gehabt (vgl. Berechnung: Bl. 10 d. A.). Auch diesen voraussichtlichen Rentenschaden habe ihr die Beklagte zu ersetzen.

Zudem verlange sie als Entschädigung zum Ausgleich für immaterielle Schäden für jede Ablehnung einen Betrag in Höhe eines Jahresbezugs von 75.000,00 €, also 450.000,00 €. Dabei sei neben die wirtschaftlichen Leistungskraft der Beklagten auch der präventive Charakters des Entschädigungsanspruchs zu berücksichtigen.

Dass die genannten Benachteiligungen wegen ihres Geschlechts erfolgt seien, ergebe sich aus folgenden Umständen: Bei der Beklagten seien 92,52 % der Führungspositionen mit Männern besetzt, nachdem in den Jahren 2003 und 2004 der Anteil der Frauen in den Führungspositionen massiv abgebaut worden sei. Seit dem 1. Juli 2005 seien die verbliebenen 4 Führungspositionen in der Niederlassung B ausschließlich mit Männern besetzt. Dass dies auf einer negativen Einstellung gegenüber Frauen beruhe, ergebe sich auch aus der Werbung der Beklagten und aus einer Anzeige, mit der sie Auszubildende suche. Auf ihren Internet-Seiten stelle die Beklagte Frauen in verführerischer und erotischer Pose und nur in sog. typischen Frauenberufen (z. B. als Telefonistin) dar. Hingegen würden Männer entweder als Geschäftsleute oder als Techniker gezeigt. Die Stellenanzeige, mit der die Beklagte Auszubildende für die Bereiche Fachinformatik, Bürokommunikation und Systemelektronik suche, sei nicht geschlechtsneutral abgefasst. Auch die von ihr beanstandeten Maßnahmen (Minderlohn, Umorganisation, Degradierung, fehlende Berücksichtigung bei Stellenbewerbungen), könnten nicht mit einem sachlichen Grund, sondern nur mit der bei der Beklagten bestehenden Benachteiligung von Frauen erklärt werden.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie als Ersatz für materielle Schäden 83.811,07 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie einen angemessenen Ausgleich für immaterielle Schäden zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bestreitet, die Klägerin wegen ihres Geschlechts benachteiligt zu haben. Es sei ihr nicht möglich, zu dem nicht substantiierten Vorbringen der Klägerin über eine angebliche Benachteiligung bei der Vergütung Stellung zu nehmen. Es gebe männliche Führungskräfte mit vergleichbarer Aufgabenstellung, die niedriger als die Klägerin eingestuft seien oder deutlich geringere Bezüge als die Klägerin erhielten. Die 3 Abteilungen seien im Zuge einer Umstrukturierungsmaßnahme zusammengelegt worden und nicht, um die Klägerin als Frau zu benachteiligen. Dabei sei es auch zu den Veränderungen hinsichtlich der Personal- und Budgetverantwortung gekommen, die aber nicht die Stellung der Klägerin als Gruppenleiterin betroffen hätten. Die Bewerbungen der Klägerin hätten keinen Erfolg gehabt, weil sie nicht über die in den Stellenprofilen vorausgesetzten Erfahrungen und Kenntnisse verfügt habe. Die Berechnung der angeblichen Schäden, insbesondere des Rentenverlustes, sei nicht nachvollziehbar. Im Übrigen sei die Geltendmachung der angeblichen Ansprüche durch die im gerichtlichen Vergleich vom 8. Juli 2005 vereinbarte Erledigungsklausel ausgeschlossen.

Das Arbeitsgericht Bonn hat durch Urteil vom 21. September 2005 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, ein Anspruch auf Zahlung eines höheren Lohnes für die Beschäftigungszeit nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz scheide aus, da die Klägerin nicht einmal konkret dargelegt habe, welche männlichen Mitarbeiter besser vergütet worden seien. Aus diesem Grund scheide auch ein Anspruch auf Ausgleich von Rentennachteilen aus. Dieser Anspruch sei ohnehin nicht nachvollziehbar dargelegt worden. Die Klägerin könne aber auch keine Entschädigung zum Ausgleich von immateriellen Schäden verlangen. Es sei nicht nachvollziehbar dargelegt, wieso es sich bei der Umstrukturierung und der Kompetenzveränderung um geschlechtsbezogene Maßnahmen gehandelt habe. Die Klägerin habe sich ferner nicht um Beförderungsstellen beworben, sondern um Positionen, die ihrer bisherigen Stelle entsprochen hätten. Auch aus dem von ihr dargelegten Anteil der weiblichen Mitarbeiter an der Gesamtzahl der Mitarbeiter in Führungspositionen und den Internet-Seiten der Beklagten lasse sich nicht schließen, dass die Klägerin wegen ihres Geschlechts benachteiligt worden sei.

Das Urteil ist der Beklagten am 28. Oktober 2005 zugestellt worden. Sie hat hiergegen am 23. November 2005 Berufung einlegen lassen und dabei angekündigt, sie werde beantragen, nach ihren erstinstanzlichen Schlussanträgen zu erkennen.

Die Berufung hat sie - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 15. Februar 2006 - am 15. Februar 2006 begründen lassen und dabei ausgeführt, da es sich bei den geschlechtsbezogenen Diskriminierungen um "ein in sich geschlossenes Gesamtkonglomerat" handle und sie als ein "fortgesetzter Handlungsstrang" zu sehen seien, mache sie nunmehr einen Gesamtbetrag in Höhe von 100.000,00 € zum Ausgleich für materielle und immaterielle Schäden geltend.

Zu den einzelnen Ansprüchen ergänzt sie ihr erstinstanzliches Vorbringen wie folgt:

a. Aus vertraulichen Informationen von männlichen Mitarbeitern wisse sie, dass die Beklagte ihr ein deutlich geringeres Gehalt als den in die Vergütungsgruppe 9 eingestuften Kollegen gezahlt habe. Sie werde die Namen dieser männlichen Mitarbeiter nicht nennen, um sie vor Nachteilen zu schützen. Der Beklagten obliege es, eine Gehaltsübersicht vorzulegen, aus der sich die Höhe der Bezüge dieser Mitarbeiter ergebe.

b. und c. Durch die Zusammenlegung der Abteilungen und die Veränderungen im Verantwortungsbereich sei sie wegen ihres Geschlechts benachteiligt worden, da an anderen Standorten eine derartige Maßnahme nicht erfolgt sei. An den anderen Standorten seien von den Umstrukturierungen keine weiblichen Führungskräfte betroffen gewesen. Im Übrigen ergebe sich die geschlechtsbezogene Diskriminierung bereits daraus, dass durch die Umstrukturierung der Arbeitsplatz einer Frau weggefallen sei in einem Betrieb, in dem Arbeitsplätze weit unterdurchschnittlich mit Frauen besetzt seien.

d. Ausweislich der ihr unter dem 30. September 2004, 28. Dezember 2004 und 4. März 2005 erteilten Zwischenzeugnisse und nach den tariflichen Einstufungsmerkmalen für eine Gruppenleiterin habe sie alle Anforderungen erfüllt, die in der 6 Stellenausschreibungen genannt worden seien. Ihre Leistungen seien in dem Zwischenzeugnis vom 30. September 2004 mit "immer voll zufrieden", im Zwischenzeugnis vom 28. Dezember 2004 mit "immer sehr zufrieden" und im Zwischenzeugnis vom 4. März 2005 mit "stets zu unserer vollsten Zufriedenheit" bewertet worden. Die fehlende Berücksichtigung bei den Bewerbungen stelle daher eine Benachteiligung wegen ihres Geschlechts dar. Dies habe für sie schwerwiegende Auswirkungen, die von der Beklagten auszugleichen seien. Wäre eine der 6 Stellen mit ihr besetzt worden, so wäre sie noch heute bei der Beklagten beschäftigt, und zwar in einer Position, die näher an der Unternehmensführung angesiedelt sei und deshalb verbesserte Beförderungschancen geboten hätte. Diese Diskriminierung werde für sie auch nach der Verrentung negative Folgen haben.

Neben den materiellen Schäden habe die Beklagte auch die immateriellen Schäden zu ersetzen, die sie weiterhin mit mindestens 75.000,00 € für jede Benachteiligung durch Zahlung einer geringeren Vergütung, durch die für sie nachteilige Umstrukturierung und die damit verbundenen Veränderungen im Verantwortungsbereich sowie durch die fehlende Berücksichtigung bei der Besetzung von 6 Stellen in Ansatz bringt. Lediglich vor dem gemeinsamen Hintergrund der Diskriminierungsfälle, die alle darauf abgezielt hätten, sie aus dem Arbeitsverhältnis zu drängen, und im Hinblick auf die angeblich schlechte Finanzlage der Beklagten habe sie lediglich ein Bruttomonatsgehalt (richtig: Bruttojahresgehalt) angesetzt und dieses wegen der Dauer der Diskriminierung um ein Drittel erhöht.

Zu der Entwicklung des Anteils der Frauen und der Männer bei der Besetzung von Führungspositionen im Unternehmen der Beklagten hat sie mit der Berufungsbegründung Übersichten vorgelegt, auf die verweisen wird. Daraus ergebe sich, dass sich der Anteil der Frauen in Führungspositionen um 42,86 % verringert habe, wohingegen sich der Anteil der Männer um 22,22 % erhöht habe. Bereits in der Vergangenheit hätten zwei andere weibliche Führungskräfte das Unternehmen verlassen, nachdem sie - wie später auch die Klägerin - zunächst in den Bereich Business Line versetzt worden seien.

Der gerichtliche Vergleich in dem Kündigungsschutzverfahren enthalte keine Regelung hinsichtlich der mit dieser Klage geltend gemachten Ansprüche.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Bonn vom 21. September 2005 - 4 (7) Ca 1358/05 - die Beklagte zu verurteilen, an sie 100.000,00 € als Ersatz für materielle und immaterielle Schäden zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, die Berufung sei bereits unzulässig. Mit der Berufungsbegründung habe die Klägerin die Berufung teilweise zurückgenommen, ohne klarzustellen, auf welche Forderungen und in welcher Höhe sie den zuletzt mit 100.000,00 € geltend gemachten Zahlungsanspruch stütze. Es handle sich um eine unzulässige Teilklage. Im Übrigen habe sich die Klägerin in der Berufungsbegründung auch nicht den Gründen des erstinstanzlichen Urteils auseinandergesetzt, sondern mehr oder weniger nur ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt. Sie bestreitet weiterhin, dass die Klägerin von ihr - wegen ihres Geschlechts - benachteiligt worden ist. Die Klägerin sei bei der Besetzung der ausgeschriebenen Stellen nicht berücksichtigt worden, weil die Mitbewerber für die jeweilige Position fachlich besser qualifiziert gewesen seien. Das Vorbringen der Klägerin über die Entwicklung des Anteils der Frauen und Männer in Führungspositionen sei weder nachvollziehbar noch für die geltend gemachten Ansprüche erheblich. Im Übrigen stehe die Ausgleichsklausel in dem gerichtlichen Vergleich vom 8. Juli 2005 der Geltendmachung der Ansprüche entgegen.

Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung ist bereits unzulässig.

Sie ist gemäß § 64 Abs. 2 b ArbGG statthaft und innerhalb der in § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG vorgeschriebenen Frist eingelegt worden.

Die Berufung ist zwar fristgerecht, aber nicht in der gesetzlichen Form begründet worden.

Nach § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 ArbGG muss die Berufungsbegründung enthalten die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge).

Mangelt es an diesem Erfordernis, so ist die Berufung bereits unzulässig (§ 522 Abs. 1 S. 2 ZPO).

Das Arbeitsgericht Bonn hat die Klage auf Zahlung einer höheren Vergütung für die Zeit von Februar 2002 bis zum 30. April 2005 in Höhe von 66.929,66 € ("materieller Schaden"), auf Ausgleich eines künftigen Rentenschadens in Höhe von 16.881,41 € (materieller Schaden) sowie auf Entschädigung für immaterielle Schäden aus Benachteiligungen wegen des Geschlechts bei der Vergütung, bei einer Umstrukturierung und einer Änderung im Verantwortungsbereich sowie bei der Besetzung von 6 verschiedenen Stellen mit einem Gegenstandswert von insgesamt 683.811,07 € als unbegründet abgewiesen.

Nachdem die Klägerin zunächst bei der Einlegung der Berufung angekündigt hatte, sie werde sich insgesamt gegen das erstinstanzliche Urteil wenden und die erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgen, hat sie mit der Berufungsbegründung ihr Begehren beschränkt auf die Zahlung von 100.000,00 € als "Ersatz für materielle und immaterielle Schäden".

Dieser Antrag, den die Klägerin auch in der Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 13. Juni 2006 gestellt hat, lässt entgegen § 520 Abs. 3 Nr. 1 ZPO nicht erkennen, "inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden".

Zwar braucht die nach § 520 Abs. 3 Nr. 1 ZPO erforderliche Erklärung nicht notwendig in einem förmlichen, vom übrigen Inhalt der Berufungsbegründungsfrist abgesetzten, bestimmt gefassten Antrag niedergelegt zu werden. Vielmehr genügt es, dass die innerhalb der Berufungsbegründungsfrist eingereichten Schriftsätze des Berufungsklägers ihrem Inhalt nach auch ohne einen besonderen Antrag eindeutig erkennen lassen, in welchem Umfang das Urteil angefochten werden soll (vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 1987 - IX ZR 36/86 -).

Jedoch lässt der Inhalt der Berufungsbegründungsfrist der Klägerin nicht eindeutig erkennen, in welchen Grenzen der Rechtsstreit von neuem verhandelt werden soll und inwieweit das Urteil durch den Berufungsantrag nicht angefochten werden soll.

Aus der Berufungsbegründung ergibt sich, dass die Klägerin das erstinstanzliche Urteil insgesamt für unrichtig hält, d. h. sowohl hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs auf höhere Vergütung, des Anspruchs auf Ausgleich von Rentennachteilen, als auch der Entschädigungsansprüche wegen immaterieller Schäden. Anstelle des sich danach errechnenden Gesamtbetrages in Höhe von 683.811,07 € (83.811,07 € und 8 x 75.000,00 €) macht sie einen Teilbetrag in Höhe von 100.000,00 € geltend. Dabei ist auch aus den Ausführungen im Zusammenhang mit dieser Beschränkung nicht zu schließen, dass sie einzelne Ansprüche fallengelassen hat. Der Hinweis auf "einen sowohl zu ersetzenden materiellen wie auch einen zu ersetzenden immateriellen Schaden" kann nur dahin verstanden werden, dass sie alle Ansprüche weiterverfolgt. Wie sie aber die Klagesumme von 100.000,00 € auf diese einzelnen Ansprüche verteilt, hat sie nicht klargestellt. Sie hat auch nicht die Ansprüche derart in ein Abhängigkeitsverhältnis zueinander gebracht, dass bestimmte Ansprüche in einer genau bezifferten Höhe als Hauptanspruch und die übrigen in ganz bestimmter Reihenfolge als Hilfsansprüche geltend gemacht werden. Offensichtlich soll es dem Gericht überlassen werden, aufgrund welcher Ansprüche es dem Berufungsantrag zuspricht.

Auf die Unzulässigkeit der Berufung ist die Klägerin sowohl von der Beklagten in der Berufungsbeantwortung als auch im Rahmen der Erörterung in der mündlichen Verhandlung am 13. Juni 2006 hingewiesen worden. Das Gericht hat darauf hingewiesen, dass nicht erkennbar sei, wie die Klägerin die Klagesumme in Höhe von 100.000,00 € auf die einzelnen Ansprüche verteile.

II. Die Berufung ist aber auch unbegründet.

1. Sollte die Beschränkung des Berufungsantrags auf einen Teilbetrag in Höhe von 100.000,00 € zugleich eine teilweise Klagerücknahme darstellen, so ist die Klage bereits nach § 253 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO unzulässig.

a. Bei einer teilweisen Klagerücknahme von Zahlungsansprüchen muss die klagende Partei eindeutig klarstellen, auf welchen einzelnen Forderungen oder Forderungsteile und in welche Höhe der noch verbliebene Anspruch gestützt wird (vgl. dazu: BGH, Urteil vom 18. Dezember 1986 - VII ZR 388/85 -).

b. Für eine teilweise Klagerücknahme sprechen die Ausführungen der Klägerin, im Hinblick auf einen "einheitlichen Handlungsstrang" und die schlechte Finanzlage der Beklagten begrenze sie ihren "Schmerzensgeldanspruch", also den Entschädigungsanspruch wegen immaterieller Schäden, auf 100.000,00 €.

Dabei hat sie - wie bereits ausgeführt - entgegen § 253 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO nicht klargestellt, wie sie diese Summe auf die insgesamt 8 Entschädigungsansprüche, die jeweils von ihr mit 75.000,00 € bemessen worden sind, verteilt. Zudem findet sich keine Erklärung hinsichtlich der von ihr geltend gemachten Ansprüche auf Ersatz von "materiellen Schäden", womit der Anspruch auf eine höhere Vergütung und der Anspruch auf Ausgleich von Rentennachteilen gemeint sind.

2. Die Klage ist zudem unbegründet, da der Klägerin keiner dieser Ansprüche zusteht.

a. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung einer höheren Vergütung für die Zeit vom 1. Februar 2002 bis zum 30. April 2005.

aa. Nach § 611 a Abs. 1 S. 1 BGB darf ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme, insbesondere bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses, beim beruflichen Aufstieg, bei einer Weisung oder einer Kündigung, nicht wegen seines Geschlechts benachteiligen. Mit Vereinbarungen und Maßnahmen sollen weitestgehend alle Benachteiligungen tatsächlicher oder rechtlicher Art im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis untersagt werden. Erfasst werden damit alle arbeitgeberseitig gesetzten Arbeitsbedingungen (vgl. HWK-Thüsing, Arbeitsrechtskommentar, § 611 a BGB Rdn. 16). Eine Vereinbarung oder Maßnahme, die gegen das Benachteiligungsverbot verstößt, ist nichtig gemäß § 134 BGB. Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch darauf, genauso günstig behandelt zu werden wie der Arbeitnehmer des anderen Geschlechts, mit dem er Gleichbehandlung anstrebt (vgl. HWK-Thüsing, a.a.O., § 611 a BGB Rdn. 60).

Nach § 611 a Abs. 1 S. 3 ArbGG hat im Streitfall der Arbeitnehmer Tatsachen glaubhaft zu machen, die eine Benachteiligung wegen des Geschlechts vermuten lassen. Sodann trägt der Arbeitgeber die Beweislast dafür, dass nicht auf das Geschlecht bezogene, sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen oder das Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für die auszuübende Tätigkeit ist.

bb. Die Klägerin hat bereits nicht substantiiert dargetan, dass sie im Klagezeitraum eine niedrigere Vergütung als die in vergleichbarer Position beschäftigten männlichen Arbeitnehmer erhalten hat. Obwohl die Beklagte vorgetragen hat, im Gegenteil seien männliche Führungskräfte mit vergleichbarer Aufgabenstellung niedriger als die Klägerin eingestuft gewesen oder hätten deutlich geringere Bezüge erhalten, bezieht sie sich weiterhin auf behauptete Informationen aus dem Kollegenkreis, ohne die angebliche Ungleichbehandlung bei dem festen und/oder variablen Vergütungsbestandteil im Einzelnen darzulegen. Ihrem erkennbar auf eine Ausforschung angelegten Antrag, der Beklagten die Vorlage von Vergütungsübersichten aufzugeben, hat das Arbeitsgericht zurecht nicht stattgegeben.

b. Ein Anspruch auf Ersatz von immateriellen Schäden wegen geschlechtsspezifischer Ungleichbehandlung bei der Vergütung muss aus diesem Grunde ebenfalls von vornherein ausscheiden. Soweit die Klägerin ihr Begehren auf § 611 a BGB stützt, ist zudem festzustellen, dass der Entschädigungsanspruch nach §§ 611 a Abs. 2, 5 BGB nur für Diskriminierungen bei der Einstellung und beim beruflichen Aufstieg gilt, d. h. bei Maßnahmen, die - anders als die Vergütung - nicht einklagbar sind und bei denen eine Naturalrestitution ausgeschlossen ist. Ein Schmerzensgeldanspruch kann nach § 253 Abs. 2 BGB nur in Frage kommen, wenn die Ungleichbehandlung bei der Vergütung zugleich eine schwerwiegende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellt. Die bloße Missachtung des Gleichbehandlungsgebots stellt aber nicht einmal eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts, geschweige denn eine schwerwiegende dar (vgl. HWK-Thüsing, a.a.O., § 611 a BGB Rdn. 61). 63 c. Ein Entschädigungsanspruch nach § 611 a BGB wegen der Zusammenlegung von 3 Abteilungen und der Veränderungen im Verantwortungsbereich scheidet aus, da es bei diesen organisatorischen Maßnahmen der Beklagten weder um die Einstellung noch um die Beförderung der Klägerin ging. Die Klägerin blieb nach diesen organisatorischen Änderungen weiterhin Gruppenleiterin. Im Übrigen hat die Klägerin nicht Tatsachen glaubhaft gemacht, die eine Benachteiligung wegen des Geschlechts vermuten lassen. Durch die Zusammenlegung der Abteilungen ist auch eine Abteilungsleiterstelle entfallen, die mit einem männlichen Mitarbeiter besetzt war. Ein Schmerzensgeldanspruch scheidet nach § 253 Abs. 2 BGB aus, da durch die organisatorischen Maßnahmen nicht das Persönlichkeitsrecht der Klägerin beeinträchtigt worden ist.

d. Der Klägerin steht weiterhin kein Entschädigungsanspruch nach § 611 a Abs. 2, 5 BGB wegen der abschlägigen Bescheidung ihrer 6 Bewerbungen vom 13. Oktober 2004 um Gruppenleiterpositionen zu. Dabei kann dahinstehen, ob ein beruflicher Aufstieg, also eine Beförderung der Klägerin im Sinne des § 611 a Abs. 5 BGB in Frage stand. Das Arbeitsgericht Bonn hat darauf hingewiesen, dass die Klägerin bereits Gruppenleiterin war, als sie sich um die 6 anderen Gruppenleiterpositionen bewarb, und deshalb die Ansicht vertreten, es habe sich nicht um Beförderungsstellen gehandelt. Sofern unter Berücksichtigung der von der Klägerin vorgetragenen Gesichtspunkte, insbesondere verbesserter Aufstiegschancen und einer damit verbundenen Aussicht auf eine Erhöhung der Vergütung, doch die ausgeschriebenen Positionen als Beförderungsstellen anzusehen sind, scheidet gleichwohl ein Entschädigungsanspruch aus.

aa. Zwar hat die Klägerin die Fristen für die Geltendmachung des Anspruchs beachtet. Hierzu gehört die nach § 611 a Abs. 4 BGB vorgesehene Ausschlussfrist. Die Klägerin hat innerhalb von 6 Monaten nach Ablehnung ihrer Bewerbungen vom 13. Oktober 2004 ihren Anspruch mit vorgerichtlichen Schreiben vom 9./11. Februar 2005 gegenüber der Beklagten geltend gemacht. Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 3. März 2005 die Erfüllung des Anspruchs abgelehnt hatte, hat die Klägerin die nach § 61 b Abs. 1 ArbGG einzuhaltende Klagefrist von 3 Monaten eingehalten. Die Klage ist am 9. Mai 2005 beim Arbeitsgericht Bonn eingegangen.

bb. Jedoch kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin bei der fehlenden Berücksichtigung ihrer Bewerbungen wegen ihres Geschlechts im Sinne des § 611 a Abs. 1 S. 1 BGB benachteiligt wurde.

Die Klägerin hat nicht gemäß § 611 a Abs. 1 S. 3 BGB Tatsachen glaubhaft gemacht, die eine Benachteiligung wegen ihres Geschlechts vermuten lassen.

Dabei ist die Vorschrift dahin zu verstehen, dass der klagende Arbeitnehmer eine Beweislast des Arbeitgebers dadurch herbeiführen kann, dass er Hilfstatsachen darlegt und ordnungsgemäß unter Beweis stellt, die eine Benachteiligung wegen des Geschlechts vermuten lassen. Hierzu genügt die Überzeugung des Gerichts von der überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Kausalität zwischen Geschlechtszugehörigkeit und Nachteil. Solche Vermutungstatsachen können in Äußerungen des Arbeitgebers bzw. anderen Verfahrenshandlungen begründet sein, die die Annahme einer Benachteiligung wegen des Geschlechts nahe legen. Es genügen Indizien, die aus einem regelhaft einem Geschlecht gegenüber geübten Verhalten auf eine solchermaßen motivierte Entscheidung schließen lassen. Ist die Benachteiligung aus geschlechtsspezifischen Gründen nach diesen Grundsätzen überwiegend wahrscheinlich, muss nunmehr der Arbeitgeber den vollen Beweis führen, dass die Benachteiligung aus rechtlich zulässigen Gründen erfolgte (vgl. BAG, Urteil vom 5. Februar 2004 - 8 AZR 112/03 -).

Als Indiz, welches zur Begründung einer Geschlechterdiskriminierung herangezogen werden kann, scheiden im vorliegenden Fall die Stellenausschreibungen aus. Die Stellen sind ausdrücklich für Männer und Frauen ausgeschrieben worden. Angesichts dessen kann dem Umstand, dass auf einer Internet-Seite der Beklagten Auszubildendenstellen nicht geschlechtsneutral ausgeschrieben worden sind, im vorliegenden Fall keine Bedeutung zukommen. Auch die Gestaltung der Internet-Startseite mit Bildern von Frauen in verführerischer Pose sowie die Darstellung von Frauen in sog. typischen Frauenberufen und von Männern in Karriere-Berufen ist im vorliegenden Fall nicht aussagekräftig. Die Internet-Seiten sind in erster Linie an außenstehende Personen gerichtet und besagen nichts darüber, nach welchen Kriterien bei der Beklagten Beförderungsstellen an interne Bewerberinnen und Bewerber vergeben werden.

Auch die von der Klägerin vorgetragene Besetzung von Führungsstellen bei der Beklagten mit weit mehr Männern als Frauen begründet nicht eine überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass die Bewerbungen der Klägerin wegen ihres Geschlechts nicht berücksichtigt worden sind. Es ist der Beklagten unbenommen, sich jeweils für die Bewerberin oder den Bewerber zu entscheiden, der nach ihrem Dafürhalten die besten persönlichen und fachlichen Voraussetzungen für die Führungsaufgabe mitbringt. Sie ist dagegen nicht verpflichtet, in einem bestimmten Verhältnis (Quote) die Arbeitsplätze mit Frauen und Männern zu besetzten. Auch kann sich aus dem Fehlen von Bewerbungen weiblicher Mitarbeiter ergeben, dass der Männeranteil in bei bestimmten Positionen überwiegt. In dem erstinstanzlichen Urteil ist dazu bereits ausgeführt worden, in IT-Betrieben überwiege typischerweise der Männeranteil.

Angesichts dessen kann die Klägerin nicht mit bloßen statistischen Angaben glaubhaft machen, sie sei bei den Bewerbungen wegen ihres Geschlechts diskriminiert worden.

Die Klägerin sieht die von ihr beanstandeten Maßnahmen (Zusammenlegung der Abteilungen, Beschränkung des Verantwortungsbereichs, fehlende Berücksichtigung bei Stellenbewerbungen) als ein Handeln der Beklagten an, mit dem von vornherein auf die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses abgezielt worden sei. Selbst wenn das stimmen sollte, folgt daraus nicht, dass die Klägerin wegen ihres Geschlechts gekündigt worden ist. Vielmehr können - wie von der Beklagten vorgetragen - genauso gut fachliche Gründe dafür ausschlaggebend gewesen sein, dass männliche Mitarbeiter sowohl bei der Neuordnung der Abteilungen als auch bei der Besetzung der ausgeschriebenen Stellen bevorzugt worden sind. Allein aus der guten bis sehr guten Beurteilung in den 3 Zwischenzeugnissen vom 30. September 2004, 28. Dezember 2004 und 4. März 2005, die auch zur Vorlage bei externen Bewerbungen bestimmt sind, kann nicht gefolgert werden, dass die Mitbewerber, mit denen die 5 Stellen besetzt worden sind, nicht besser geeignet sind als sie. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass für die fachliche Eignung durchaus die bisherige Tätigkeit in einem bestimmten Bereich und das dabei erworbene Fachwissen ausschlaggebender sein können als die bisherige Stellung in der betrieblichen Hierarchie. Ebenso kann aus der Beurteilung nicht geschlossen werden, die Klägerin erfülle die von der Beklagten erwarteten spezifischen Fähigkeiten einer Callcenterleiterin.

e. Da von einer geschlechtsspezifischen Benachteiligung der Klägerin durch die fehlende Berücksichtigung bei der Besetzung der 6 ausgeschriebenen Stellen nicht ausgegangen werden kann, scheidet auch der Anspruch auf Ersatz des geltend gemachten Rentenschadens aus.

f. Im Übrigen scheidet die Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen, soweit sie damit begründet werden, die fehlende Berücksichtigung bei den Bewerbungen habe die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Folge gehabt, auch deshalb aus, weil die Parteien in dem gerichtlichen Vergleich vom 8. Juli 2005 vereinbart haben, dass mit Erfüllung des Vergleichs sämtliche gegenseitigen Ansprüche aus der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, gleich aus welchem Rechtsgrund, gleichgültig ob bekannt oder unbekannt, gleichgültig ob geltend gemacht oder nicht, endgültig abgegolten und erledigt seien.

Zwar haben die Parteien bei Abschluss des Vergleichs vereinbart, dass damit der vorliegende Rechtsstreit nicht prozessrechtlich beendet sein sollte. Über die materiell-rechtlich Auswirkung der Ausgleichsklausel auf die im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachten Ansprüche haben sie aber in dem Vergleich keine Regelung getroffen.

Mit dem Vergleich sollten sämtliche Ansprüche geregelt sein, die sich aus der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ergaben. Dazu gehörte ein finanzieller Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes im Sinne der §§ 9, 10 KSchG, wobei dieser Ausgleich die Vermögens- und Nichtvermögensschäden umfasste (vgl. HWK-Pods, a.a.O., § 10 KSchG Rdn. 5). Dabei haben die Parteien nicht allein auf die Nachteile durch die Kündigung als solche abgestellt, sondern durch die weitgefasste Ausgleichsklausel ("gleich aus welchem Rechtsgrund") auch andere Maßnahmen einbezogen, die sich als beendigungsrelevant erweisen konnten. Dazu gehört nach dem Vorbringen der Klägerin insbesondere die fehlende Berücksichtigung bei der Besetzung von 6 Stellen. Sie hat vorgetragen, das Arbeitsverhältnis als Gruppenleiterin bestände fort, wenn einer dieser Stellen mit ihr besetzt worden sei. Mangels entgegenstehender Umstände muss davon ausgegangen werden, dass das sich dadurch ergebende Prozessrisiko mit dem Vergleich abschließend geregelt werden sollte.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen, auch soweit sie sich dadurch ergeben, dass sie bei der Einlegung der Berufung angekündigt hatte, sie werde ihr erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiterverfolgen.

Die Revision war nicht zuzulassen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung. Die dabei zu beantwortenden Rechtsfragen sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt.

Ende der Entscheidung

Zurück