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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 31.03.2006
Aktenzeichen: 11 Sa 1637/05
Rechtsgebiete: KSchG, TzBfG


Vorschriften:

KSchG § 1
TzBfG § 4
Ein Interessenausgleich, der ohne sachliche Rechtfertigung die Entfernung von Teilzeitbeschäftigten aus dem Unternehmen zum Gegenstand hat, verstößt gegen § 4 TzBfG und ist daher nichtig. Eine verbundene Namensliste entfaltet keine Vermutungswirkung i. S. d. § 1 Abs. 5 KSchG.
Tenor:

1) Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 18.08.2005 - 1 Ca 1267/05 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2) Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Kündigung.

Die Klägerin ist 1955 geboren und alleinstehend. Sie ist Diplom-Mathematikerin und seit dem 01.11.1982 bei der Beklagten als Technical Expert beschäftigt in der Abteilung "F E & A ", die zum Bereich "D D " gehört. Die Abteilung besteht aus 6 Arbeitnehmern. Zuletzt erhielt die Klägerin ein monatliches Entgelt in Höhe von 4.612,00 EUR.

Auf Wunsch der Klägerin und veranlasst durch gesundheitliche Probleme infolge eines Verkehrsunfalls war für sie die wöchentliche Arbeitszeit mit Wirkung vom 01.08.2004 von 39 Stunden auf 30 Stunden reduziert worden. In Ziffer 1.3 des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages zur Stundenreduzierung heißt es: "Eine Veränderung der Arbeitszeit (z.B. Rückkehr zur Vollarbeitszeit) ist im Einvernehmen mit G möglich." Bei der Beklagten herrscht ein Gleitzeitmodell von 6:00 Uhr bis 20:00 Uhr. Eine Kernzeit gibt es nicht. Der Gleitzeitkorridor beträgt somit täglich 14 Stunden. Die regelmäßige Arbeitszeit bei der Beklagten für tarifliche Angestellte beträgt 35 Stunden pro Woche.

Mit Schreiben vom 23.03.2005 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31.01.2006. Zuvor war zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat ein Interessenausgleich/Sozialplan abgeschlossen worden. In der in Bezug genommenen Namensliste (Bl. 43) findet sich der Name der Klägerin. Ziffer 1 des Interessenausgleichs lautet auszugsweise:

"1. Gegenstand

Im Bereich der G wird es künftig keine Sekretariats- und Assistenzfunktionen in Teilzeitform mehr geben. Des weiteren wird es im Aufgabenbereich D D keine Sachbearbeiter-/Spezialistenfunktionen in Teilzeitform mehr geben."

Im Aufgabenbereich D D ist die Klägerin unter den Spezialisten die einzige Teilzeitkraft. Alle 6 Arbeitnehmer in der Abteilung "F E & A " sind hinsichtlich ihrer Tätigkeit miteinander vergleichbar. Nach der zwischen dem Betriebsrat und der Beklagten im Rahmen des Interessenausgleichs vereinbarten Auswahlrichtlinie hat die Klägerin unter den 6 Arbeitnehmern die höchste Punktzahl, es ist also keiner sozial schutzwürdiger als sie. Ziffer 1.6 des Interessenausgleichs lautet:

"Die Abteilung "F E & A " wird von sechs Mitarbeitern auf fünf um einen Mitarbeiter reduziert. Die Berechnungsanalyse von Faltenbalgspannungen wurde automatisiert und an die Gesellschaften weitergegeben. Zukünftig wird diese Arbeit in den Gesellschaften weitergeführt. Dadurch entfällt ein Arbeitsplatz, nämlich die Funktion Technical Expert F -A Teilzeit)."

Aufgrund der Regelungen des Sozialplans steht der Klägerin für den Fall der Wirksamkeit der Kündigung eine Abfindung zu in Höhe von 143.786,00 EUR.

Mit der seit dem 13.04.2005 anhängigen Klage hat sich die Klägerin gegen die ihr gegenüber ausgesprochene Kündigung gewandt. Sie hat vorgetragen, die unternehmerische Entscheidung, die in Ziffer 1 des Interessenausgleichs zum Ausdruck gekommen sei, nämlich Sachbearbeiter- und Spezialistenfunktionen nur noch von Vollzeitkräften ausführen zu lassen, sei nicht akzeptabel. Sie sei willkürlich und offenbar sachwidrig. Nach ihrer Auffassung stelle die Regelung einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot von Teilzeitkräften dar. Im Übrigen seien alle Teilzeitkräfte bei der Beklagten Frauen. Mithin drohe auch eine mittelbare Diskriminierung derselben. Die Begründung, die die Beklagte für ihre Entscheidung Teilzeitarbeit abzuschaffen vortrage, nämlich personenbezogene Kontinuität zu gewährleisten und Störungen des Betriebsablaufs zu vermeiden, sei vorgeschoben. Sie habe eine tägliche Arbeitszeit von 6 Stunden. Gegenüber der tariflichen Arbeitszeit von 7 Stunden sei ein Unterschied in der personenbezogenen Kontinuität nicht ersichtlich.

Soweit die Beklagte die Entscheidung, keine Teilzeit mehr zuzulassen, darauf stütze, es müsse bis 8:00 eine Stunde J erreichbar sein und ab 14:00 Uhr eine Stunde die U , so sei dieses Erfordernis von ihren Arbeitszeiten abgedeckt, denn nach den betrieblichen Regelungen gebe es eine 3/4 Stunde Zwangsmittagspause. Außerdem werde nur mit den U telefoniert und nicht mit J . Dorthin werde mit e-mail kommuniziert.

Die konkrete auf ihren Arbeitsplatz bezogene Begründung für den Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses im Interessenausgleich treffe im Kern nicht zu. Es sei zwar richtig, dass für die Berechnungsanalyse ein Programm entwickelt worden sei. Die Analyse sei aber nicht generell auf die Konzerngesellschaften übertragen worden, sondern nur auf 4 bestimmte Gesellschaften. Die Gesellschaften in O , S und J würden weiterhin bei der Beklagten berechnen lassen. Im Übrigen sei das Programm noch nicht voll einsatzfähig. Die verbleibenden Arbeitnehmer der Gruppe "F E & A " könnten ihre Aufgaben derzeit nur durch überobligatorische Leistung erfüllen. Es sei daher von einer Leistungsverdichtung auszugehen.

Die in der Namensliste getroffene Sozialauswahl sei grob fehlerhaft. Wenn zugunsten der Beklagten der Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses für eine Person in der Abteilung als richtig unterstellt werde, sei es nicht akzeptabel, dass ausgerechnet diejenige Mitarbeiterin gehen müsse, die die höchste Punktzahl habe. Gemessen an der tariflichen Arbeitszeit von 35 Stunden sei der Unterschied zwischen ihrer Teilzeit (30 Stunden) und der tariflichen Vollzeit so marginal, dass die Sozialauswahl an diesem Unterschied nicht scheitern könne. Alle Zwischenzeugnisse zeichneten sie als hochqualifizierte und motivierte Mitarbeiterin aus. Es sei daher davon auszugehen, dass ihre Leistung, wenn auch in Teilzeit mit 30 Stunden, der Leistung eines durchschnittlichen Vollzeitmitarbeiters entspreche.

Nicht zuletzt berufe sie sich auf den Grundsatz von Treu und Glauben. Aus diesem ergebe sich, dass die Beklagte verpflichtet gewesen sei, sie im Vorfeld auf den Plan hinzuweisen, Teilzeitkräfte aus dem Unternehmen zu entfernen. Sie hätte dann von ihrem Teilzeitwunsch Abstand genommen.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 23.03.2005 nicht aufgelöst ist;

2. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin zu unveränderten Arbeitsbedingungen bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses auf dem bisherigen Arbeitsplatz weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, das Beschäftigungsbedürfnis für die Klägerin sei entfallen durch zwei unternehmerische Entscheidungen, die sich gegenseitig ergänzten: Zum einen die Organisationsentscheidung, die Abteilung "F E & mit weniger Arbeitnehmern fortzuführen als bisher, und zum zweiten die Entscheidung, in dieser Abteilung nur noch Vollzeitarbeitnehmer einzusetzen. Beide Entscheidungen seien weder willkürlich noch unsachlich noch unvernünftig. Im Hinblick auf den Interessenausgleich mit Namensliste in Verbindung mit § 1 Abs. 5 KSchG vertrete sie die Auffassung, dass beide Entscheidungen über diese Willkürprüfung hinaus nicht der gerichtlichen Kontrolle unterlägen.

Im Interessenausgleich seien die einzelnen arbeitsplatzbezogenen Maßnahmen konkret bezeichnet und festgelegt. In Ziffer 1.6 finde sich die Entscheidung, das Personalvolumen dem zukünftig notwendigen Arbeitsvolumen anzupassen und in Ziffer 1 finde sich der Beschluss, in den dort genannten Abteilungen und Funktionen die Teilzeitarbeit abzuschaffen.

Tatsächlich sei das notwendige Arbeitsvolumen in der Zwischenzeit zurückgegangen. Entgegen der Darlegung der Klägerin sei das Computerprogramm BASYS bereits voll einsatzfähig. Auch die Klägerin bestreite nicht, dass ein Teil der Aufgaben an die Gesellschaften abgegeben worden sei. Die verbliebenen Mitarbeiter in der Abteilung müssten daher auch keine Mehrarbeit leisten. Eine Leistungsverdichtung finde nicht statt.

Der Grundsatzentscheidung in Ziffer 1 des Interessenausgleich liege das Konzept zugrunde, in Zukunft auf Arbeitsplätzen mit Außenkontakt nur noch Vollzeitkräfte einzusetzen. Da die Abteilung F E & A auch Berechnungsleistungen für die Standorte in Übersee erbrächten, müsse sie für die dortigen Kollegen ständig erreichbar und ansprechbar sein. Dies erfordere eine Vollzeittätigkeit. Nach J bestehe ein Zeitunterschied von 8 Stunden. Wenn dort der Arbeitstag zu Ende gehe, beginne hier erst der Arbeitstag. Telefongespräche mit den Kollegen bzw. Kunden in J seien daher nur in einem kleinen Zeitfenster möglich. In die U sei ein Zeitunterschied von 6 Stunden zu überbrücken. Dort beginne der Arbeitstag erst, wenn es in Europa bereits 14:00 Uhr sei. Es brauche somit eine tägliche Arbeitszeit von 8:00 bis 15:00 Uhr, um für beide Länder eine Sprechzeit von gerade einer Stunde zu ermöglichen. Teilzeitmitarbeiter seien nicht in der Lage, diese Zeitfenster zu bedienen. Ziel des Konzepts sei eine personenbezogene Kontinuität der täglichen Arbeitsleistung zu gewährleisten und Störungen des Betriebsablaufs zu vermeiden.

Freie vergleichbare Arbeitsplätze seien nicht vorhanden. Die ausgeschriebenen Stellen hätten ein technisches Studium zur Voraussetzung oder kaufmännische Ausbildungen. Beide Voraussetzungen könne die Klägerin nicht erfüllen.

Eine Sozialauswahl habe nicht durchgeführt werden müssen. Die Klägerin sei mit den anderen Mitarbeitern nicht vergleichbar, weil sie Teilzeitmitarbeiterin sei. Die ordnungsgemäße BR-Anhörung ergebe sich aus Ziffer 3 des Interessenausgleichs.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 18.08.2005 stattgegeben. Der Beschluss, den Personalbestand in der Abteilung zu reduzieren, um diesen dem zukünftigen Arbeitsvolumen anzupassen, sei nicht offenbar unsachlich oder willkürlich. Sie sei daher als freie Unternehmerentscheidung zu akzeptieren. Für den Entschluss, in der Abteilung einen (den einzigen) Teilzeitarbeitsplatz abzubauen, fehle es aber an einem nachvollziehbaren Konzept. Es sei daher eine Sozialauswahl vorzunehmen gewesen unter den fachlich vergleichbaren Mitarbeitern der Abteilung. Da diese teilweise nur halb so viele Punkte nach der Auswahlrichtlinie erreichten wie die Klägerin, sei von einer offensichtlich fehlerhaften Sozialauswahl auszugehen. Hier sei auch die teilzeitbeschäftigte Klägerin mit den vollzeitbeschäftigten Kollegen vergleichbar.

Gegen das ihr am 25.11.2005 zugestellte erstinstanzliche Urteil hat die Beklagte am 23.12.2005 Berufung eingelegt, die nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 10.02.2005 am 09.02.2005 begründet worden ist.

Sie trägt vor, das Arbeitsgericht habe nach ihrer Auffassung die Tragweite des § 1 Abs. 5 KSchG verkannt und sowohl bei der Prüfung der Unternehmerentscheidung als auch bei der Betrachtung der Sozialauswahl einen fehlerhaften Prüfungsmaßstab zugrunde gelegt, der die unternehmerische Entscheidungsfreiheit in unzulässigem Maße einschränke. Ob die geltend gemachten unternehmerischen Entscheidungen sachlich gerechtfertigt, zweckmäßig und notwendig seien, dürfe nicht Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung werden, die auf die Missbrauchskontrolle beschränkt sei. Nach ihrer Auffassung könne von Willkür der Unternehmerentscheidung nur dann ausgegangen werden, wenn aus konkreten Tatsachen eine gezielte Umgehung des gesetzlichen Kündigungsschutzes abgeleitet werden könne. Solche Tatsachen seien hier nicht ersichtlich. Die Organisationsentscheidung, für bestimmte Arbeiten nur Vollzeitbeschäftigte vorzusehen, sei ebenso privilegiert wie jede andere einer Kündigung vorgelagerte Unternehmerentscheidung. Während das Arbeitsgericht bei der Prüfung des Vollzeitkonzepts auf "offensichtlich nicht unsachliche Gründe" abstelle, sei der Rechtsprechung folgend jede Organisationsentscheidung hinzunehmen, die "nicht offenkundig unsachlich, d.h. missbräuchlich" sei.

Die Beklagte beantragt,

das am 18.08.2005 verkündete und am 25.11.2005 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg - 1 Ca 1267/05 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

Sie verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten haben die Parteien auf den Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 Abs. 3 ZPO).

II. In der Sache hatte die Berufung der Beklagten jedoch keinen Erfolg. Zu recht hat das Arbeitsgericht Siegburg der Klage stattgegeben.

1. Die Klage ist mit dem zulässigen Antrag zu 1 begründet, denn die streitige Kündigung hat das Arbeitsverhältnis nicht beendet. Sie ist sozial ungerechtfertigt und daher gemäß § 1 Abs. 1 KSchG rechtsunwirksam. Die Beklagte hat bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Kriterien nicht ausreichend berücksichtigt.

a. Die Entscheidung der Beklagten in den Sekretariats- und Assistenzfunktionen sowie im Aufgabenbereich D D die Teilzeitform abzuschaffen, kann die Kündigung nicht begründen. Sie stellt kein dringendes betriebliches Erfordernis im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG dar.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 17.06.1999 - 2 AZR 141/99 - AP Nr. 101 zu § 1 KSchG 1969 betriebsbedingte Kündigung unter II 1 b der Gründe m.w.N.) können sich betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG aus innerbetrieblichen Umständen oder durch außerbetriebliche Gründe ergeben. Diese betrieblichen Erfordernisse müssen "dringend" sein und eine Kündigung im Interesse des Betriebes notwendig machen. Diese weitere Voraussetzung ist erfüllt, wenn es dem Arbeitgeber nicht möglich ist, der betrieblichen Lage durch andere Maßnahmen auf technischem, organisatorischem oder wirtschaftlichem Gebiet als durch eine Kündigung zu entsprechen. Bei Kündigungen aus innerbetrieblichen Gründen muss der Arbeitgeber darlegen, welche organisatorischen oder technischen Maßnahmen er angeordnet hat und wie sich die von ihm behaupteten Umstände unmittelbar oder mittelbar auf die Beschäftigungsmöglichkeit für den gekündigten Arbeitnehmer auswirken. Von den Arbeitsgerichten voll nachzuprüfen ist, ob eine derartige unternehmerische Entscheidung tatsächlich vorliegt. Eine solche unternehmerische Entscheidung ist selbst nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist. Voraussetzung ist aber, dass die Unternehmerentscheidung gesetzmäßig ist. Sie unterliegt damit einer Rechtskontrolle.

aa. Die Beklagte kann sich nicht auf die Vermutungswirkung des § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG berufen. Nach dieser Vorschrift wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist, wenn die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet sind. Vorliegend fehlt hierfür ein wirksamer Interessenausgleich.

Die Regelung in Ziffer 1 des Interessenausgleichs vom 16.03.2005 ist unwirksam, denn sie verstößt gegen § 4 TzBfG, der eine Schlechterbehandlung teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer verbietet, es sei denn, dass sachliche Gründe für die Ungleichbehandlung vorliegen. Diese Vorschrift ist eine Spezialnorm gegenüber dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz und enthält typisierte Beispiele sachwidriger Gruppenbildung (Preis in ErfK § 4 TzBfG Rn 4). Es handelt sich um zwingendes Recht und steht nicht zur Disposition der Tarif- oder Betriebsparteien. § 4 TzBfG ist ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB. Die Gerichte für Arbeitssachen haben Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen daraufhin zu überprüfen, ob sie gegen höherrangiges Recht verstoßen. Auch die Tarifvertrags- und Betriebsparteien können nicht gegen die fundamentale Gerechtigkeitsnorm verstoßen, die der Gleichheitssatz der Verfassung (Art. 3 Abs. 1 GG) darstellt und der in § 4 TzBfG nur einen einfachgesetzlichen Ausdruck gefunden hat (so wörtlich zur Vorgängernorm § 2 BeschFG BAG Urteil vom 24.05.2000 - 10 AZR 629/99 - AP NR. 79 zu § 2 BeschFG unter II 2 a der Gründe).

(1) Die Ziffer 1 des Interessenausgleichs vom 16.03.2005 stellt im Sinne des § 4 TzBfG eine Ungleichbehandlung "wegen" Teilzeitarbeit dar. Dies ist immer dann der Fall, wenn die Dauer der Arbeitszeit das Kriterium darstellt, an das die Differenzierung hinsichtlich der unterschiedlichen Behandlung knüpft (BAG Urteil vom 24.09.2003 - 10 AZR 675/02 - AP Nr. 4 zu § 4 TzBfG unter II 2 b der Gründe). Dies haben die Betriebsparteien vorliegend im Interessenausgleich ausdrücklich getan, indem sie die Kündigung von Teilzeitbeschäftigten vorrangig vor der Kündigung von Vollzeitbeschäftigten vereinbart haben. Dabei ist hervorzuheben, dass der Interessenausgleich eine andere Sprache spricht, als die Beklagte, die im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits zuerst die technische Organisationsentscheidung hinsichtlich der Berechnungsanalyse in der Abteilung der Klägerin in den Vordergrund rückt und sich nur in zweiter Linie - nachfolgend - auf die Organisationsentscheidung hinsichtlich der Arbeitszeit bezieht. Der Text des Interessenausgleichs ist davon abweichend eindeutig. Er nennt als seinen "Gegenstand" in Ziffer 1 die Abschaffung der Teilzeitform und bezeichnet in den dann folgenden Ziffern neben den betriebstechnischen Organisationsentscheidungen ausdrücklich die zu streichenden Teilzeitstellen (Ziffer 1.4; 1.6; 1.8; 1.10; 1.15; 1.22; 1.23; 1.24; 1.25).

(2) Die so schlechter gestellten Teilzeitarbeitnehmer sind mit den anderen in Vollzeit beschäftigten Arbeitnehmern auch vergleichbar. Diese Vergleichbarkeit ist Voraussetzung für die Anwendung des § 4 TzBfG. Die Regelung verbietet als Konkretisierungsnorm des allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes nur die Ungleichbehandlung von im wesentlichen vergleichbaren Tatbeständen. Für die Vergleichbarkeit ist nicht erforderlich, dass eine Identität der gesamten Arbeitsbedingungen vorliegt. Das Gesetz gibt hier einen weiteren Rahmen vor. Vergleichbar sind gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 TzBfG vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer des Betriebes mit derselben Art des Arbeitsverhältnisses und der gleichen oder einer ähnlichen Tätigkeit. Hinsichtlich der vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer in der Abteilung der Klägerin ist dies zwischen den Parteien unstreitig. Hinsichtlich der in Ziffer 1 des Interessenausgleichs genannten Beschäftigten in Sekretariats- und Assistenzfunktionen ergibt sich dies aus dem Zusammenhang.

(3) Diese schlechtere Behandlung von Teilzeitarbeitnehmern ist nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt. Eine unterschiedliche Behandlung von Teilzeitbeschäftigten kann nur gerechtfertigt sein, wenn sich ihr Grund aus dem Verhältnis von Leistungszweck und Umfang der Teilzeitarbeit herleiten läßt (BAG Urteil vom 24.09.2003 - 10 AZR 675/02 - AP Nr 4 zu § 4 TzBfG unter II 3 a der Gründe). Dieser strenge Maßstab ist darauf zurückzuführen, dass in der Ungleichbehandlung Teilzeitbeschäftigter regelmäßig zugleich eine mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts liegt (Hanau/Gilberg BB 1995, 1238,1239) und damit zugleich eine Überprüfung am europäischen Gleichbehandlungsgebot des Art 141 EG bzw. an §§ 611a, 612 Abs. 3 BGB erforderlich wäre. In Anlehnung an die Rechtsprechung des EuGH (Entscheidung vom 13.05.1986 AP Nr. 10 zu Art. 119 EWG-Vertrag) ist eine Ungleichbehandlung im Sinne des § 4 Abs. 1 TzBfG sachlich gerechtfertigt, wenn hierfür objektive Gründe gegeben sind, die einem wirklichen Bedürfnis des Unternehmens dienen und für dieses Ziel geeignet und erforderlich sind (Preis in ErfK § 4 TzBfG Rn. 41). Dieser Prüfungsmaßstab geht weit über denjenigen hinaus, den die Beklagte für gerechtfertigt hält. An dieser Stelle geht es nicht nur um eine Willkür- oder Missbrauchskontrolle sondern um die Prüfung von sachlichen Gründen, die eine Regelung trotz eines grundsätzlich bestehenden Verbots als wirksam erscheinen lassen können. Es ist unerheblich, dass der genannte Maßstab von Rechtsprechung und Literatur insbesondere im Rahmen von ungleicher Bezahlung der Arbeitsleistung diskutiert wird, es hier aber um die Verteilung des noch vorhandenen Arbeitsvolumens geht. Das Benachteiligungsverbot des § 4 TzBfG gilt im gesamten Arbeitsrecht. Auch eine betriebliche Regelung, die aufgrund Abstammung, Rasse, Sprache, aufgrund des Glaubens oder der politischen Anschauung die Betroffenen diskriminiert, ist nicht in dem Sinne privilegiert, dass sie nur auf Willkür und Missbrauch überprüfbar wäre. Die allgemeine Handlungsfreiheit aus Art 2 Abs. 1 GG und damit die unternehmerische Freiheit, die sich auch in Vereinbarungen mit dem Betriebsrat ausdrückt, findet ihre verfassungsimmanente Schranke in Art 3 GG. Ein für den Arbeitgeber erleichterter Maßstab ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung zu dem "betrieblichen Grund" im Sinne des § 8 TzBfG, der dem Wunsch des Arbeitnehmers auf Verringerung der Arbeitszeit entgegen stehen kann. Wenn dort von "freier unternehmerischen Entscheidung" und davon die Rede ist, dass der Arbeitgeber lediglich ein nachvollziehbares unternehmerisches Konzept darzulegen habe, hat dies nichts mit verbotener Diskriminierung zu tun. Der Arbeitnehmer, der den Teilzeitwunsch äußert ist Vollzeitarbeitnehmer und wird durch die Ablehnung seines Wunsches - ohne Hinzutreten weitere Tatsachen - nicht diskriminiert. Außerdem geht es in § 8 TzBfG um die Frage, ob der Arbeitgeber verpflichtet ist, einen (Änderungs-)vertrag abzuschließen, also um die seltene Ausnahme eines Kontrahierungszwanges. Hier aber geht es um die Frage, ob der Arbeitgeber - zusammen mit dem Betriebsrat - berechtigt ist, von ihm eingegangene, bestehende und grundsätzlich zu haltende Rechtsverhältnisse entgegen einem Diskriminierungsverbot von Verfassungsrang zu ändern oder zu beenden.

Nach den vorgenannten Maßstäben ist ein die Ungleichbehandlung rechtfertigender Grund nicht vorgetragen. Die Notwendigkeit, für die Gesprächspartner in J und den U vor 8:00 Uhr und nach 14:00 Uhr telefonisch erreichbar zu sein, ist als Differenzierungsgrund nicht nachvollziehbar. Die Beklagte hat nicht einmal vorgetragen, dass alle Vollzeitbeschäftigten mit Außenkontakt tatsächlich ihre Arbeitszeit in dem 14-Stunden-Gleitzeitkorridor so legen müssen oder wenigstens freiwillig so legen, dass sie regelmäßig morgens gerade noch eine Stunde mit J telefonieren und nachmittags eine Stunde mit den U . Es mag als "wirkliches Bedürfnis" des Unternehmens unterstellt werden, dass die Mitarbeiter für die Gesprächspartner in J und den U erreichbar sind (oder - wie die Beklagte selbst formuliert - dass die Beschäftigten für die Kollegen aus Übersee ständig erreichbar und ansprechbar sind). Die Entfernung der Teilzeitbeschäftigten aus dem Unternehmen ist dafür aber weder geeignet noch erforderlich. Ein Vollzeitarbeitnehmer, der sich verhält, wie die Beklagte es sich vorstellt, ist für die Gesprächspartner in Übersee real nicht erreichbar. Er ist nämlich 6/8 seiner Arbeitszeit außerhalb der Gesprächszeiten tätig. Würde dagegen ein solcher Vollzeitmitarbeiter durch zwei Teilzeitmitarbeiter ersetzt, von denen einer früh morgens erscheint und der andere spät nachmittags, könnte ernsthaft von einer ("ständigen") Erreichbarkeit der Abteilungsmitarbeiter aus Übersee gesprochen werden. Die weiteren genannten Differenzierungsgründe "personenbezogene Kontinuität" und "Vermeidung von Störungen des Betriebsablaufs" stellen lediglich Schlagworte dar und können mangels weiterer Konkretisierung nicht die Ungleichbehandlung rechtfertigen.

Als Folge der somit sachwidrigen Ungleichbehandlung der Voll- und Teilzeitbeschäftigten durch die Betriebsparteien im Interessenausgleich ist dieser insoweit nichtig, als er die Entfernung der Teilzeitmitarbeiter aus dem Unternehmen zum Gegenstand hat. Eine Vermutungswirkung gemäß § 1 Abs. 5 KSchG hat der Interessenausgleich damit nicht.

bb. Ohne die Vermutungswirkung des § 1 Abs. 5 KSchG kann sich die Beklagte zur Rechtfertigung der Kündigung erst recht nicht auf die Unternehmerentscheidung berufen, in den Sekretariats- und Assistenzfunktionen sowie im Aufgabenbereich D D die Teilzeitform abzuschaffen. Wie dargestellt handelt es sich bei § 4 TzBfG um ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB. Eine Unternehmerentscheidung Teilzeit abzuschaffen, die deckungsgleich ist mit der Entscheidung, Teilzeitbeschäftigte gegenüber Vollzeitbeschäftigten dergestalt zu diskriminieren, dass sie aus dem Unternehmen entfernt werden, stellt einen Verstoß gegen das Verbotsgesetz dar. Ein derartiger Verstoß ist ein sonstiger Unwirksamkeitsgrund gemäß § 13 Abs. 3 KSchG (BAG Urteil vom 03.12.1998 - 2 AZR 341/98 - AP Nr. 39 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl unter II 4. a dd der Gründe).

b. Die Unternehmerentscheidung, in der Abteilung F E & A einen Arbeitsplatz einzusparen, führt zwar zum Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses für einen Beschäftigten und stellt damit ein dringendes betriebliches Erfordernis i.S.d. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG dar. Die Wirksamkeit der Kündigung scheitert aber an § 1 Abs. 3 KSchG und damit an einer fehlerhaften Sozialauswahl.

aa. Es kann zu Gunsten der Beklagten unterstellt werden, dass die Entscheidung, die Berechnungsanalyse von Faltenbalgspannungen zu automatisieren und an die Gesellschaften weiterzugeben, zum Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses für einen Arbeitsplatz in der Abteilung der Klägerin geführt hat. Es kann deshalb offen bleiben, ob der Interessenausgleich in diesem Punkt noch eine Vermutungswirkung entfalten kann, was angesichts der dargestellten Teilnichtigkeit fraglich sein dürfte. Offen bleiben kann deshalb auch, ob die Unternehmerentscheidung und der kausale Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses nicht unstreitig ist, nachdem die Beklagte ohne substantiierten Gegenvortrag der Klägerin dargelegt hat, dass die Abteilung inzwischen mit nur noch 5 Beschäftigten ohne überobligatorische Mehrarbeit ihre Aufgaben erfüllt.

bb. Die Kündigung ist gemäß § 1 Abs. 3 KSchG unwirksam, weil die Beklagte bei der Auswahl der Klägerin soziale Gesichtspunkte nicht ausreichend berücksichtigt hat. Nach dem Punkteschema der Auswahlrichtlinie ist die Klägerin nämlich unstreitig die schutzwürdigste Beschäftigte in der Abteilung. Wenn die sozial Schutzwürdigste das Unternehmen verlassen soll, stellt sich die Sozialauswahl als evident fehlerhaft dar.

(1) Eine Beschränkung der Prüfung auf "grobe Fehlerhaftigkeit" der Sozialauswahl gemäß § 1 Abs. 5 KSchG kommt nicht in Betracht, da wie gezeigt der Interessenausgleich im Hinblick auf den Beschluss Teilzeitarbeit im Unternehmen abzuschaffen unwirksam ist und diese Unwirksamkeit sich unmittelbar auf die Namensliste auswirkt.

(2) Nach den Maßstäben des § 1 Abs. 3 KSchG wurde die Sozialauswahl durch die Beklagte fehlerhaft vorgenommen. Die Klägerin ist mit den 5 anderen Mitarbeitern in der Abteilung vergleichbar. Die Tatsache, das sie mit 30 Wochenstunden in Teilzeit beschäftigt ist, steht dem nicht entgegen.

Die soziale Auswahl nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG erstreckt sich innerhalb eines Betriebes auf die Beschäftigten, die miteinander vergleichbar sind. Vergleichbar sind die Arbeitnehmer, die austauschbar sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bestimmt sich der Kreis der vergleichbaren Arbeitnehmer in erster Linie nach arbeitsplatzbezogenen Umständen, also vor allem nach der ausgeübten Tätigkeit. Unstreitig ist die Klägerin mit den anderen 5 Mitarbeitern der Abteilung nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen vergleichbar, denn sie übt die gleiche Tätigkeit aus.

An einer Vergleichbarkeit fehlt es, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht einseitig auf den anderen Arbeitsplatz um- oder versetzen kann, d.h. wenn eine anderweitige Beschäftigung des Arbeitnehmers nur nach einer Änderung der bisherigen Arbeitsbedingungen und damit nur durch Änderungsvereinbarung oder Änderungskündigung erfolgen kann (vgl. z.B. BAG Urteil vom 03.12. 1998 - 2 AZR 341/98 - BAGE 90, 236; Urteil vom 17.02.2000 - 2 AZR 142/99 - AP Nr. 46 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl; Urteil vom 15.08. 2002 - 2 AZR 195/01 - BAGE 102, 197; Urteil vom 05.12. 2004 - 2 AZR 697/01 - AP Nr. 60 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl). Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, eine Vergleichbarkeit der Arbeitnehmer dadurch herbeizuführen, dass er einem sozial schutzwürdigeren Arbeitnehmer eine Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen anbietet, um ihm dadurch einen Arbeitsplatz zu verschaffen, der zur Zeit mit einem sozial bessergestellten Arbeitnehmer besetzt ist, dem dann nach sozialen Gesichtspunkten gekündigt werden müsste.

(aa) Die Auswahl der Klägerin stellt sich nicht deshalb als richtig dar, weil ein Arbeitsvolumen von exakt 30 Stunden entfallen wäre. Aus den Darlegungen der Beklagten ergibt sich nicht eine genau bestimmbare eingesparte Arbeitszeit. Nach dem Vortrag der Beklagten ist aufgrund der Organisationsentscheidung - die Berechnungsanalyse von Faltenbalgspannungen zu automatisieren und an die Gesellschaften weiterzugeben - "ein Arbeitsplatz entfallen". Ohne Berücksichtigung der von der Beklagten geltend gemachten Organisationsentscheidung zur Arbeitszeitgestaltung hätte also auch ein anderer "Arbeitsplatz" (eines Arbeitnehmers mit 35 oder 39 Stunden) frei gemacht werden können, ohne dass dadurch die anfallende Arbeitsmenge von den verbleibenden Beschäftigten nicht mehr hätte bewältigt werden können und ohne dass das Stundenpensum der Klägerin hätte geändert werden müssen. Nur am Rande ist darauf hinzuweisen, dass ihr Vortrag unwidersprochen blieb, ihre Leistungen seien in 30 Wochenstunden mit den Leistungen eines durchschnittlichen Kollegen in 35 Stunden vergleichbar.

(bb) Die Auswahl der Klägerin stellt sich auch nicht deshalb als richtig dar, weil grundsätzlich Teilzeitarbeitnehmer nicht mit Vollzeitarbeitnehmern vergleichbar wären. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist im Grundsatz das Gegenteil der Fall: Reduziert sich auf Grund einer arbeitgeberseitigen Organisationsentscheidung lediglich das Arbeitsvolumen bzw. das Stundenkontingent im Betrieb, so sind teilzeit- und vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer im Rahmen der Sozialauswahl miteinander vergleichbar (BAG Urteil vom 22.04.2004 - 2 AZR 244/03 - AP Nr. 67 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl; BAG Urteil vom 03.12.1998 - 2 AZR 341/98 - BAGE 90, 236; Urteil vom 12.08.1999 - 2 AZR 12/99 - AP Nr. 44 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl m.w.N.). Eine andere Lösung, die eine Differenzierung des Auswahlkreises bei der sozialen Auswahl von Teilzeitbeschäftigten einerseits und Vollzeitbeschäftigten andererseits ohne Vorliegen von sachlichen Gründen vornähme, würde auf eine nach § 4 Abs. 1 TzBfG unzulässige Diskriminierung hinauslaufen (BAG Urteil vom 22.04.2004 - 2 AZR 244/03 - AP Nr. 67 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl).

(cc) Weder zum Nachweis einer fehlenden Vergleichbarkeit mit den anderen Abteilungsbeschäftigten noch zur Begründung eines berechtigten betrieblichen Interesses im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG (diese anderen Beschäftigten nicht in die Sozialauswahl einzubeziehen), kann sich die Beklagte auf eine Organisationsentscheidung zur Arbeitszeitgestaltung berufen, denn der von ihr behaupteten Organisationsentscheidung fehlt es an einer sachlichen Rechtfertigung.

Eine solche Organisationsentscheidung zur Arbeitszeitgestaltung schließt dann die Vergleichbarkeit aus und ist gerichtlich nicht weiter überprüfbar, wenn sie "nicht offenkundig unsachlich d.h. missbräuchlich" ist (Urteil vom 15.07.2004 - 2 AZR 376/03 - AP Nr. 68 zu § 1 KSchG soziale Auswahl unter III 2 a der Gründe). Im zitierten Urteil hat das Bundesarbeitsgericht ausdrücklich an dem gleichlautenden Maßstab im Urteil vom 03.12.1998 (- 2 AZR 341/98 - BAGE 90, 236) festgehalten. Die erkennende Berufungskammer geht deshalb davon aus, dass es sich um einen Tipp- oder Diktatfehler handelt, wenn der gleiche Senat 3 Monate zuvor im gleichen Kontext auf "offensichtlich nicht unsachliche Gründe" abstellt (Urteil vom 22.04.2004 - 2 AZR 244/03 - AP Nr. 67 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl unter B II 3 b der Gründe). Denn das ist etwas ganz anderes: "offensichtlich nicht unsachlich" ist eine Entscheidung erst dann, wenn die sachlichen Gründe offen zu Tage treten, "nicht offenkundig unsachlich" ist die Entscheidung dagegen schon dann, wenn es an Anhaltspunkten für eine Unsachlichkeit fehlt. Die unterschiedlichen Formulierungen legen auch unterschiedliche Darlegungslasten nahe. Losgelöst von diesen sprachlich-semantischen Fragen und unter Berücksichtigung des bereits dargelegten Spannungsverhältnisses zwischen unternehmerischen Freiheit einerseits und Diskriminierungsverbot andererseits ist von einer rechtfertigenden Arbeitgeberentscheidung jedenfalls dann nicht auszugehen, wenn die Arbeitnehmerin nach den Maßstäben des § 8 Abs. 4 TzBfG einen Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung hätte. Dieser Gleichklang der Maßstäbe an die notwendige Unternehmerentscheidung gebietet das Bedürfnis nach Rechtssicherheit.

Die Klägerin hätte - eine Vollzeitbeschäftigung unterstellt - gemäß § 8 Abs. 4 TzBfG einen Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit. Gegenüber diesem Begehren könnte die Beklagte keine betrieblichen Gründe im Sinne des § 8 Abs. 4 S. 1 und 2 TzBfG geltend machen. Nach den Vorschriften aus diesen beiden Absätzen hat der Arbeitgeber der Verringerung der Arbeitszeit zuzustimmen, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen (S. 1). Ein betrieblicher Grund liegt insbesondere vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder aber die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht (S. 2). Es genügt, dass der Arbeitgeber rational nachvollziehbare Gründe hat. Dringende betriebliche Gründe sind nicht erforderlich. Die Gründe müssen jedoch hinreichend gewichtig sein (zu den Voraussetzungen im Einzelnen BAG, Urteil vom 30.09.2003 - 9 AZR 665/02 - AP Nr. 5 zu § 8 TzBfG, unter III 1. der Gründe). Der Arbeitgeber kann daher die Ablehnung nicht allein mit einer abweichenden unternehmerischen Vorstellung von der "richtigen" Arbeitszeitverteilung begründen. Ob hinreichend gewichtige betriebliche Gründe zur Ablehnung berechtigen, ist gerichtlich festzustellen. Dazu gilt folgende dreistufige Prüfungsfolge: In der ersten Stufe ist festzustellen, ob überhaupt und wenn ja welches betriebliche Organisationskonzept der vom Arbeitgeber als erforderlich angesehenen Arbeitszeitregelung zugrunde liegt. Organisationskonzept ist das Konzept, mit dem die unternehmerische Aufgabenstellung im Betrieb verwirklicht werden soll. Die Darlegungslast dafür, dass das Organisationskonzept die Arbeitszeitregelung bedingt, liegt beim Arbeitgeber. Die Richtigkeit seines Vortrages ist arbeitsgerichtlich voll überprüfbar. Die dem Organisationskonzept zugrunde liegende unternehmerische Aufgabenstellung und die daraus abgeleiteten organisatorischen Entscheidungen sind jedoch hinzunehmen, soweit sie nicht willkürlich sind. Voll überprüfbar ist dagegen, ob das vorgetragene Konzept auch tatsächlich im Betrieb durchgeführt wird. In einer zweiten Stufe ist zu prüfen, inwieweit die Arbeitszeitregelung dem Arbeitszeitverlangen des Arbeitnehmers tatsächlich entgegensteht. Dabei ist auch der Frage nachzugehen, ob durch eine dem Arbeitgeber zumutbare Änderung von betrieblichen Abläufen oder des Personaleinsatzes der betrieblich als erforderlich angesehene Arbeitszeitbedarf unter Wahrung des Organisationskonzeptes mit dem individuellen Arbeitszeitwunsch des Arbeitnehmers zur Deckung gebracht werden kann. Ergibt sich, dass das Arbeitszeitverlangen des Arbeitnehmers nicht mit dem organisatorischen Konzept und der daraus folgenden Arbeitszeitregelung in Übereinstimmung gebracht werden kann, ist in einer dritten Stufe das Gewicht der entgegenstehenden betrieblichen Gründe zu prüfen, nämlich die Frage, ob durch die vom Arbeitnehmer gewünschte Abweichung die in § 8 Abs. 4 S. 2 TzBfG genannten besonderen betrieblichen Belange oder das betriebliche Organisationskonzept und die ihm zugrunde liegende unternehmerische Aufgabenstellung wesentliche beeinträchtigt werden.

Nach Durchführung dieser dreistufigen Prüfung ergibt sich, dass keine betrieblichen Gründe einer Teilzeitbeschäftigung entgegenstehen. Schon im Rahmen der ersten Prüfungsstufe zeigt sich, dass sich aus den Darlegungen der Beklagten betriebliche Gründe im Sinne der Regelung nicht ergeben. Zur Abgrenzung der freien Unternehmerentscheidung und gleichzeitiger richtiger tatbestandlicher Erfassung der entgegenstehenden betrieblichen Gründe im Sinne des § 8 Abs. 4 TzBfG ist es aufgrund der Parallelen zur Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im Kündigungsrecht zur "Unternehmerentscheidung" naheliegend, die dortigen Rechtsprechungsgrundsätze zu übertragen. Danach muss der Arbeitgeber, je näher die eigentliche Organisationsentscheidung an den Kündigungsentschluss rückt, um so mehr durch Tatsachenvortrag verdeutlichen, dass ein Beschäftigungsbedürfnis für den gekündigten Arbeitnehmer entfallen ist. Sind die Organisationsentscheidungen des Arbeitgebers und sein Kündigungsentschluss ohne nähere Konkretisierung praktisch deckungsgleich, greift die ansonsten vom Bundesarbeitsgericht angenommene Vermutung, die Unternehmerentscheidung sei aus sachlichen Gründen erfolgt, nicht von vornherein ein, sondern der Arbeitgeber muss darlegen, in welchem Umfang die fraglichen Arbeiten zukünftig im Vergleich zum bisherigen Zustand anfallen und wie diese Arbeiten von dem verbliebenen Personal ohne überobligatorische Leistungen erledigt werden können (BAG, Urteil vom 17.06.1999 - 2 AZR 141/99 - NZA 1999, 1098, 1100). Überträgt man diese Rechtsprechung auf die Darlegungspflicht des Arbeitgebers im Rahmen des § 8 Abs. 4 TzBfG so bedeutet dies, dass eine Entscheidung des Arbeitgebers, bestimmte Arbeitsplätze nur mit Vollzeitkräften zu besetzen, deckungsgleich mit der Ablehnung des Teilzeitwunsches ist. Es bedarf daher in einem solchen Fall immer zusätzlicher Erläuterungen des Arbeitgebers, warum diese Organisationsentscheidung nicht unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist. Hier muss ein schlüssiges Konzept zugrunde liegen (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.04.2002 - 3 Sa 161/02 - NZA 2002, 856, 857) und der Arbeitgeber muss eine stimmige, plausible und damit nachvollziehbare Begründung für gerade dieses Konzept geben, in bestimmten Betriebsbereichen ausschließlich Vollzeitkräfte zu beschäftigen (ErfK-Preiss, § 8 TzBfG, Rz. 27; LAG Köln, Urteil vom 09.02.2003 - 3 Sa 975/02 - LAGE, § 8 TzBfG Nr. 11 b; LAG Köln, Urteil vom 03.02.2006 - 11 (13) Sa 1246/05 -).

Ein derartiges hinter der Organisationsentscheidung stehendes Konzept hat die Beklagte nicht dargelegt. Der von ihr geäußerte Wille, eine erhöhte Erreichbarkeit für die Kollegen in Übersee zu gewährleisten, ist eine gerichtlich nicht überprüfbare und daher anzuerkennende Motivation. Wieso diese Motivation aber zum Ausschluss von Teilzeitarbeit führen soll, ist nicht ersichtlich. Der generelle und im Übrigen nicht spezifizierte Beschluss, bei Tätigkeiten mit Außenkontakt keine Teilzeit zuzulassen, ist deckungsgleich mit dem Entschluss, Teilzeitbegehren der Arbeitnehmer abzulehnen. Aus den oben dargestellten Grundsätzen und der gezogene Parallele zur Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im Hinblick auf solche Unternehmerentscheidungen, die sich mit Kündigungsentscheidungen decken, folgt, dass hier die Ansprüche an die Darlegung des unternehmerischen Konzeptes besonders hoch sind. Diesen Ansprüchen wird die Darlegung der Beklagten nicht gerecht. Wie bereits bei der Prüfung des Interessenausgleichs ausgeführt wurde, widerspricht der Wunsch nach Erreichbarkeit aus Übersee nicht der Teilzeitarbeit. Im Gegenteil: gerade der gezielte Einsatz von Teilzeitbeschäftigten wäre geeignet die Erreichbarkeit früh morgens und spät Nachmittags zu erhöhen.

Da es wie gezeigt an einem nachvollziehbaren Konzept fehlt, kann auch auf der zweiten Prüfungsstufe nicht festgesellt werden, dass ein Organisationskonzept tatsächlich durchgeführt wird. Von einer Durchführung ist aber auch aus einem anderen Grund nicht auszugehen: Trotz entsprechender Rüge durch die Klägerin hat die Beklagte nicht dargelegt, wie sie mit den verbleibenden Vollzeitbeschäftigten tatsächlich die Erreichbarkeit im von ihr gewollten Sinne gewährleistet oder gar erhöht. Weder wurde vorgetragen, dass die Arbeitnehmer freiwillig genau zu den Übersee-Zeitfenstern am Arbeitsplatz sind, noch wurde vorgetragen, dass entsprechende Weisungen erteilt worden seien.

Selbst wenn aber das Prinzip "Ein Mitarbeiter - 8 bis 15 Uhr erreichbar" als Organisationskonzept anerkannt und selbst wenn dieses Konzept auch tatsächlich bei der Beklagten durchgesetzt würde, scheitert die Anerkennung des betrieblichen Bedürfnisses auf der dritten Prüfungsebene. Eine wesentliche Beeinträchtigung des Konzepts durch eine nur teilzeitige Tätigkeit der Klägerin ist nicht erkennbar. Ihr Vortrag auch sie decke mit ihrer täglichen - verringerten - Arbeitszeit und der darin enthaltenen obligatorischen Mittagspause die beiden Zeitfenster ab, blieb unbestritten.

Zusammengefasst liegen keine betrieblichen Gründe im Sinne des § 8 TzBfG vor und damit erst recht kein Arbeitszeitkonzept, dass der Vergleichbarkeit der Klägerin mit ihren Abteilungskollegen entgegenstünde.

2. Da somit die angegriffene Kündigung das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht beendet hat und andere Tatsachen, die ein überwiegendes Interesse der Beklagten an der Nichtbeschäftigung der Klägerin begründen könnten, nicht ersichtlich sind, ist die Klage auch mit dem Antrag zu 2) begründet.

Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Siegburg war nach alledem richtig und die Berufung der Beklagten war zurückzuweisen.

III. Als unterliegende Partei ist die Beklagte nach §§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO verpflichtet, die Kosten der Berufung zu tragen. Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen, weil die Rechtsfrage, ob ein Verstoß gegen § 4 TzBfG zur Unwirksamkeit eines Interessenausgleichs und damit zur Unanwendbarkeit des § 1 Abs. 5 KSchG führt, grundsätzliche Bedeutung hat.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil kann von der Beklagten

Revision

eingelegt werden.



Ende der Entscheidung

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