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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 05.10.2007
Aktenzeichen: 11 Sa 257/07
Rechtsgebiete: BGB, KSchG


Vorschriften:

BGB § 613 a Abs. 5
BGB § 613 a Abs. 6
KSchG § 4
KSchG § 7
1. Die Widerspruchsfrist des § 613 a Abs. 6 BGB wird nur durch eine ordnungsgemäße Unterrichtung des Arbeitnehmers i. S. v. § 613 a Abs. 5 BGB ausgelöst (wie BAG, Urteil vom 13.07.2006 - 8 AZR 305/05, AP Nr. 312 zu § 613 a BGB; BAG, Urteil vom 14.12.2006 - 8 AZR 763/05, AP Nr. 318 zu § 613 a BGB; LAG Köln, Urteil vom 04.06.2007 - 14 Sa 1225/06).

2. Das Recht des Arbeitnehmers zur Ausübung des Widerspruchs gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber kann zwar nach den allgemeinen Grundsätzen von Treu und Glauben wegen Verwirkung ausgeschlossen sein. Fehlt es an dem für die Verwirkung erforderlichen Umstandsmoment, ist aber - je nach den Umständen des Einzelfalls - ein Widerspruch auch fast ein Jahr nach dem Vollzug des Betriebsübergangs noch möglich (im Anschluss an BAG, Urteil vom 13.07.2006 - 8 AZR 382/05, AP Nr. 1 zu § 613 a BGB Widerspruch; LAG Köln, Urteil vom 04.06.2007 - 14 Sa 1225/06).

3. Kündigt der Betriebserwerber nach einem erfolgten Betriebsübergang und vor der wirksamen Ausübung eines - rückwirkenden - Widerspruchs des Arbeitnehmers gegen den Betriebsübergang, wirkt diese Kündigung unmittelbar für und gegen den Betriebsveräußerer, sofern dieser die Kündigung zumindest konkludent genehmigt (Weiterentwicklung von BAG, Urteil vom 24.08.2006 - 8 AZR 574/05, NZA 2007, 328). Wird die Kündigung vom Arbeitnehmer nicht gemäß § 4 Satz 1 KSchG innerhalb von drei Wochen nach deren Zugang im Wege der Kündigungsschutzklage gerichtlich angegriffen, gilt sie gemäß § 7 KSchG als von Anfang an rechtswirksam.


Tenor:

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 14.12.2006 - 8 Ca 3461/06 - abgeändert.

a) Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien bis zum 31.03.2006 ein Arbeitsverhältnis bestanden hat.

b) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.063,34 € brutto (Monat März 2006) abzüglich bezogenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.452,90 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.610,44 € seit dem 01.04.2006 zu zahlen.

c) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits der ersten Instanz haben der Kläger zu 80 % und die Beklagte zu 20 % zu tragen. Die Kosten der Berufung haben der Kläger zu 77 % und die Beklagte zu 23 % zu tragen. Hiervon ausgenommen sind die Kosten, die durch die Anrufung des örtlich unzuständigen Arbeitsgerichts Hanau entstanden sind. Diese Kosten hat allein der Kläger zu tragen.

4. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um das Fortbestehen eines Arbeitsverhältnisses sowie um Zahlungsansprüche.

Der am 12.11.1955 geborene Kläger war seit dem 01.08.1985 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen beschäftigt. Zuletzt war er als Reisender an wechselnden Einsatzorten im Bundesgebiet tätig und dem Geschäftsbereich C zugeordnet. Dieser Geschäftsbereich wurde mit Wirkung vom 01.11.2004 auf die Firma A ausgegliedert. Hierüber informierte die Beklagte den Kläger zuvor mit Schreiben vom 22.10.2004, das auszugsweise lautet:

"Die A mit Sitz in L umfasst das gesamte bisherige C der Firma A , also die Geschäftsfelder Film, Finishing und Laborgeräte. Die A übernimmt das Vermögen von C . Hierzu gehören insbesondere Produktionsanlagen, Markenzeichen, Patente und technologisches Knowhow, Vorräte und Forderungen.

...

Das Unternehmen wird mit einem guten Eigenkapital ausgestattet und verfügt über hohe Liquidität, um unerwartet auftretende Risiken bewältigen, in neue Geschäfte investieren und Marktchancen besser nutzen zu können."

In einem Schreiben an die Beklagte vom 10.11.2005 wies der Kläger u.a. darauf hin, dass die Informationen im Schreiben vom 22.10.2004 nicht zutreffend gewesen seien und damit nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hätten, so dass der Lauf des Widerspruchsrechts nicht ausgelöst worden sei. Weiterhin forderte der Kläger die Beklagte in dem Schreiben auf, ihm innerhalb von zwei Wochen vollständige und wahrheitsgemäße Informationen über die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für ihn zu erteilen. Nach dem Eingang dieser Informationen werde er einer Entscheidung darüber treffen, ob er dem Betriebsübergang widersprechen werde.

Durch Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 22.12.2005 - 71 IN 590/05 - wurde über das Vermögen der Firma A das Insolvenzverfahren eröffnet. Mit Schreiben vom 28.12.2005 kündigte der Insolvenzverwalter dem Kläger zum 31.03.2006. Diese Kündigung wurde vom Kläger gerichtlich nicht angegriffen.

Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 28.02.2006 an die Beklagte erklärte der Kläger den Widerspruch gegenüber dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Firma A .

Mit seiner am 22.03.2006 beim Arbeitsgericht Hanau eingegangenen Klage vom 21.03.2006 hat der Kläger zunächst die Feststellung begehrt, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht, und die Beklagte zudem auf Zahlung von Arbeitsvergütung für den Monat Januar 2006 in Höhe von 4.063,34 € brutto in Anspruch genommen.

Durch Beschluss vom 13.04.2006 hat sich das Arbeitsgericht Hanau für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Köln verwiesen.

Mit am 21.07.2006 beim Arbeitsgericht Köln eingegangenem Schriftsatz vom 20.07.2006 hat der Kläger seine Klage um die Zahlung von Arbeitsvergütung für die Monate Februar 2006 bis einschließlich Mai 2006 jeweils abzüglich bezogenen Arbeitslosengeldes erweitert sowie die Klage hinsichtlich seiner Vergütungsforderung für den Monat Januar 2006 dahin geändert, dass er von der Beklagten nunmehr insoweit die Zahlung von 4.379,34 € abzüglich bezogenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.452,90 € netto begehrt.

Mit am 29.09.2006 beim Arbeitsgericht Köln eingegangenem Schriftsatz vom 28.09.2006 hat der Kläger seine Klage letztmals um die Zahlung von Arbeitsvergütung für die Monate Juni 2006 bis einschließlich August 2006 in Höhe von jeweils 4.379,34 € brutto abzüglich bezogenen Arbeitslosengeldes erweitert.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten bestehe weiterhin, da er dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Firma A wirksam widersprochen habe. Zum Zeitpunkt des Widerspruchs sei die Monatsfrist des § 613 a Abs. 6 Satz 1 BGB noch nicht abgelaufen gewesen, da die Unterrichtung der Beklagten durch das Informationsschreiben vom 22.10.2004 bereits deshalb nicht ordnungsgemäß erfolgt sei, weil darin auf die Rechtsfolge der gesamtschuldnerischen Haftung des Übernehmers und des Veräußerers nach § 613 a Abs. 2 BGB nicht hingewiesen worden sei. Die Informationen im Schreiben vom 22.10.2004 seien ferner fehlerhaft, weil darin keine Adresse der Erwerberin angegeben worden sei. Zudem sei, so hat der Kläger behauptet, von einem Vorstandsmitglied der Firma A bei einer Informationsveranstaltung am 19.08.2004 in Leverkusen betriebsöffentlich geäußert worden, die A starte mit ausreichender Liquidität, bereits am ersten Tag stünden dem Unternehmen Barmittel von mehr als 70 Mio. Euro für das Geschäft zur Verfügung, es bestehe weiterhin eine Kreditlinie von zunächst 50 Mio. Euro, die bei Bedarf deutlich erhöht werden könne, Verbindlichkeiten gegenüber der Firma A und Banken von insgesamt 160 Mio. Euro könnten ausschließlich durch übernommene Forderungen aus Leasing (ca. 185 Mio. Euro) getilgt werden. Auf Grund dieser Informationen sowie der Informationen im Schreiben der Beklagten vom 22.10.2004 sei er, der Kläger, davon ausgegangen, dass sein Arbeitsplatz sicher gewesen sei, und sich durch den Betriebsübergang nichts daran ändern würde, dass ihm ein solventer Arbeitgeber hafte. Zum Zeitpunkt der Ausübung des Widerspruchs sei sein Widerspruchsrecht, wie der Kläger der Meinung gewesen ist, mangels Vorliegens des sog. Umstandsmoments nicht verwirkt gewesen.

Die Kündigung durch den Insolvenzverwalter der Firma A sei ohne rechtliche Relevanz, da sein Arbeitsverhältnis auf Grund seines wirksamen Widerspruchs gegen den Betriebsübergang mit der Beklagten fortbestehe.

Zur Zahlung der Arbeitsvergütung für die Monate Januar 2006 und Februar 2006 sei die Beklagte aus Schadensersatzgesichtspunkten verpflichtet, da sie ihm im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang wissentlich unzutreffende Informationen erteilt habe. Die Arbeitsvergütung für die Monate März 2006 bis einschließlich August 2006 könne er von der Beklagten wegen Annahmeverzugs verlangen. Sein Bruttomonatsverdienst, den ihm die Beklagte für diese Monate zu zahlen habe, betrage insgesamt 4.379,34 €, bestehend aus dem Tarifentgelt in Höhe von 3.878,00 €, einer Mehrarbeitspauschale in Höhe von 143,16 €, dem Arbeitgeberanteil "Vermögensbildung" in Höhe von 39,88 € sowie dem Auslagenersatz für Kontoführung in Höhe von 2,30 €. Außerdem stehe ihm für den Monat April 2006 ein Urlaubsgeldanspruch in Höhe von 613,50 € zu. Von den jeweiligen Forderungen abzuziehen seien die an ihn während der streitbefangenen Zeiträume geleisteten Arbeitslosen- und Überbrückungsgelder.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht;

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.379,34 € brutto (Monat Januar 2006) abzüglich bezogenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.452,90 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.601,44 € seit dem 01.02.2006 zu zahlen;

3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.379,34 € brutto (Monat Februar 2006) abzüglich bezogenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.452,90 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.926,44 € seit dem 01.03.2006 zu zahlen;

4. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.379,34 € brutto (Monat März 2006) abzüglich bezogenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.452,90 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.926,44 € seit dem 01.04.2006 zu zahlen;

5. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.992,84 € (4.379,34 € + 613,40 €) brutto (Monat April 2006) abzüglich bezogenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.452,90 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3.539,94 € seit dem 01.05.2006 zu zahlen;

6. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.379,34 € brutto (Monat Mai 2006) abzüglich bezogenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.452,90 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.926,44 € seit dem 01.06.2006 zu zahlen;

7. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.379,34 € brutto (Monat Juni 2006) abzüglich bezogenen Arbeitslosengeldes und Überbrückungsgeldes in Höhe von zusammen 1.909,36 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.469,67 € seit dem 01.07.2006 zu zahlen;

8. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.379,34 € brutto (Monat Juli 2006) abzüglich bezogenen Überbrückungsgeldes in Höhe von 2.462,67 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.916,67 € seit dem 01.08.2006 zu zahlen;

9. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.379,34 € brutto (Monat August 2006) abzüglich bezogenen Überbrückungsgeldes in Höhe von 2.462,67 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.916,67 € seit dem 01.09.2006 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, das Arbeitsverhältnis, das zwischen ihr und dem Kläger bestanden habe, sei mit Wirkung vom 01.11.2004 auf die Firma A übergegangen. Dem Betriebsübergang habe der Kläger nicht fristgemäß nach § 613 a Abs. 6 Satz 1 BGB widersprochen. Die Informationen über den Betriebsübergang durch das Schreiben vom 22.10.2004 seien vollständig und fehlerfrei nach Maßgabe des § 613 a Abs. 5 BGB erfolgt. Bei der Mitteilung, dass das Unternehmen mit einem guten Eigenkapital ausgestattet gewesen sei und über hohe Liquidität verfügt habe, um unerwartet auftretende Risiken bewältigen, in neue Geschäfte investieren und Marktchancen besser nutzen zu können, habe es sich nicht um eine Tatsacheninformation i.S. von § 613 a Abs. 5 BGB, sondern allein um eine Bewertung gehandelt. Eine Verpflichtung zur Information über die Verteilung der Haftung zwischen dem Betriebsveräußerer und dem Betriebserwerber i.S. von § 613 a Abs. 2 BGB habe nicht bestanden. Hieraus könnte der Kläger auch keine Rechte herleiten, da es auf diese Frage im Hinblick darauf, dass der Kläger seinen Widerspruch gegen den Betriebsübergang erst nach Ablauf der Jahresfrist erklärt habe, nicht ankommen könne. Die Widerspruchsfrist nach § 613 a Abs. 6 Satz 1 BGB sei damit spätestens Ende November 2004 abgelaufen. Selbst bei unzutreffender oder unvollständiger Information über den Betriebsübergang gelte in analoger Anwendung des § 5 Abs. 3 Satz 2 KSchG eine Höchstfrist von sechs Monaten seit dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs, die vom Kläger nicht gewahrt worden sei. Jedenfalls sei das Recht zum Widerspruch gegen den Betriebsübergang zum Zeitpunkt der Ausübung dieses Widerspruchsrechts durch den Kläger mit Schreiben vom 28.02.2006 verwirkt gewesen.

Selbst wenn ein Widerspruch des Klägers gegen den Betriebsübergang zu diesem Zeitpunkt noch rechtlich möglich gewesen sein sollte, hätte das Arbeitsverhältnis des Klägers nur in einem gekündigten Zustand auf sie zurückkehren können. Denn die zum 31.03.2006 ausgesprochene Kündigung durch den Insolvenzverwalter der Firma A sei auch im Rahmen des Bestandes eines etwaigen Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien zu berücksichtigen. Das Nichtangreifen dieser Kündigung sei zudem als Verzichtserklärung hinsichtlich der Ausübung des Widerspruchsrechts anzusehen.

Für die Monate Januar und Februar 2006 könne der Kläger von ihr nicht die Zahlung von Arbeitsvergütung aus Schadensersatzgesichtspunkten verlangen, da sie insoweit keine Pflichtverletzung begangen habe. Unabhängig davon seien die Rechtsfolgen von etwaigen Verstößen des Arbeitgebers gegen die Informationspflichten nach § 613 a Abs. 5 BGB in § 613 a Abs. 6 BGB abschließend geregelt. Zumindest fehle es mangels diesbezüglichen Vortrags des Klägers an dem Erfordernis der haftungsbegründenden und -ausfüllenden Kausalität zwischen einer etwaigen Pflichtverletzung und einem Schaden.

Mit Urteil vom 14.12.2006 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung - zusammengefasst - ausgeführt, die Beklagte sei seit dem 01.11.2004 gemäß § 613 a BGB aus ihrer Arbeitgeberstellung des mit dem Kläger bestandenen Arbeitsvertrags ausgeschieden, da sie den Kläger im Schreiben vom 22.10.2004 hinreichend über die nach § 613 a Abs. 5 BGB maßgeblichen Umstände informiert habe, und der am 28.02.2006 erklärte Widerspruch des Klägers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Firma A damit verfristet gewesen sei. Jedenfalls wäre ein etwaiges Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auf Grund der vom Insolvenzverwalter der insolventen Arbeitgeberin ausgesprochenen Kündigung zum 31.03.2006 ausgelaufen. Zur Zahlung der Arbeitsvergütung für die Monate Januar bis einschließlich August 2006 sei die Beklagte weder vertraglich noch nach den §§ 280 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB verpflichtet.

Gegen das ihm am 09.02.2007 zugestellte erstinstanzliche Urteil hat der Kläger mit am 06.03.2007 beim Landesarbeitsgericht Köln eingegangenem Schriftsatz vom 05.03.2007 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 09.05.2007 mit am 07.05.2007 vorab per Telefax beim Landesarbeitsgericht Köln eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag begründet.

Der Kläger ist nach wie vor der Auffassung, er sei durch das Schreiben vom 22.10.2004 nicht ordnungsgemäß von dem Betriebsübergang unterrichtet worden, so dass damit die Widerspruchsfrist des § 613 a Abs. 6 Satz 1 BGB nicht in Gang gesetzt worden sei. Zum Zeitpunkt dieses Schreibens habe - wie sich aus dem im Insolvenzantragsverfahren der Firma A erstellten Gutachten des Fachanwalts für Insolvenzrecht Dr. R ergebe - festgestanden, dass die geplante Liquidität und Finanzierung nicht hätte erreicht werden können. Dem Unterrichtungsschreiben vom 22.10.2004 fehlten nicht nur Informationen zur Haftungsverteilung zwischen dem Betriebsveräußerer und dem Betriebserwerber nach § 613 a Abs. 2 BGB, sondern auch Informationen zu § 613 a Abs. 4 BGB. Auf Grund der sonach fehlerhaft erfolgten Unterrichtung gemäß § 613 a Abs. 5 BGB sei damit die Monatsfrist des § 613 a Abs. 6 Satz 1 BGB nicht wirksam in Gang gesetzt worden. Zum Zeitpunkt seines Widerspruchs gegen den Betriebsübergang mit Schreiben vom 28.02.2006 sei sein Recht zur Ausübung des Widerspruchs nicht verwirkt gewesen.

Da sein Widerspruch vom 28.02.2007 auf den Zeitpunkt des Betriebsübergangs zurückwirke, sei das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch die Kündigung des Insolvenzverwalters der Firma A zum 31.03.2006 beendet worden.

Zur Zahlung der Arbeitsvergütung für die Monate Januar 2006 und Februar 2006 sei die Beklagte aus Schadensersatzgesichtspunkten verpflichtet, da sie ihm wissentlich unzutreffende Informationen im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang erteilt habe. Die Vergütungsansprüche für die Folgemonate rechtfertigten sich aus § 615 BGB. Seinen Bruttomindestverdienst habe er mit einem Betrag in Höhe von 4.379,34 € zutreffend errechnet. Der aus den vorgelegten Entgeltabrechnungen ersichtliche Abzug in Höhe von 316,00 € brutto für die Pkw-Nutzung entfalle bei der Berechnung des Annahmeverzugsverdienstes, da ihm ein Pkw zur Nutzung nicht überlassen worden sei.

Auf die Verfallfrist des § 17 MTV Chemie könne sich die Beklagte schließlich nicht berufen, da seine Bestandsschutzklage zugleich die Geltendmachung von davon abhängigen Vergütungsansprüchen umfasse.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 14.12.2006 - 8 Ca 3461/06 - abzuändern und

1. festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht;

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.063,34 € brutto (Monat Januar 2006) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2006 zu zahlen;

3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.063,34 € brutto (Monat Februar 2006) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2006 zu zahlen;

4. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.379,34 € brutto (Monat März 2006) abzüglich bezogenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.452,90 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.926,44 € seit dem 01.04.2006 zu zahlen;

5. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.992,84 € (4.379,34 € + 613,40 €) brutto (Monat April 2006) abzüglich bezogenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.452,90 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3.539,94 € seit dem 01.05.2006 zu zahlen;

6. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.379,34 € brutto (Monat Mai 2006) abzüglich bezogenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.452,90 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.926,44 € seit dem 01.06.2006 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags das angefochtene Urteil. Insbesondere sei das Arbeitsverhältnis der Parteien nach Ansicht der Beklagten zum 01.11.2004 auf die Firma A übergegangen, da sie den Kläger im Schreiben vom 22.10.2004 zutreffend und vollständig i.S. des § 613 a Abs. 5 BGB unterrichtet habe, so dass der Widerspruch des Klägers vom 28.02.2006 verfristet und zudem ein etwaiges Widerspruchsrecht zu diesem Zeitpunkt verwirkt gewesen sei. Jedenfalls habe das Arbeitsverhältnis auf Grund der Kündigung des Insolvenzverwalters der Firma A zum 31.03.2006 sein Ende gefunden.

Zur Zahlung der Arbeitsvergütung für die Monate Januar 2006 bis einschließlich Mai 2006 sei sie bereits dem Grunde nach nicht verpflichtet, da während dieser Zeit zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis bestanden habe. Hinsichtlich der Monate Januar 2006 und Februar 2006 habe zudem noch kein Widerspruch des Klägers gegen den Betriebsübergang vorgelegen. Bis zu der Ausübung des Widerspruchsrechts habe es ferner an der Leistungsbereitschaft und -willigkeit des Klägers gefehlt. Hinsichtlich einer Haftung aus Schadensersatzgesichtspunkten fehle es an einem Fehlverhalten von ihr, da die Unterrichtung über den Betriebsübergang vollständig und fehlerfrei gewesen sei. Im Übrigen fehle es an einer unter geeigneten Beweis gestellten Darlegung des Klägers für die haftungsbegründende und -ausfüllende Kausalität zwischen einer etwaigen Pflichtverletzung und einem eingetretenen Schaden. Weiterhin sei die tarifliche Ausschlussfrist des § 17 MTV Chemie vom Kläger jedenfalls hinsichtlich der Vergütungsforderungen bis einschließlich März 2006 nicht gewahrt worden. Der Höhe nach stehe dem Kläger lediglich ein Bruttomonatsverdienst von 4.063,34 € zu. Bei den Vergütungsforderungen für die Monate Januar 2006 und Februar 2006 habe der Kläger das von ihm bezogene Arbeitslosengeld nicht in Abzug gebracht. Bei den Zinsforderungen habe der Kläger schließlich einen unzulässigen Brutto-Netto-Abzug vorgenommen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze, die eingereichten Unterlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 1 und Abs. 2 ArbGG statthaft und wurde gemäß §§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 und 5 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO frist- und formgerecht eingelegt und - innerhalb der verlängerten Begründungsfrist - begründet.

II. Das Rechtsmittel hat in der Sache teilweise Erfolg.

1. Das bis zum 31.10.2005 bestandene Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ist nicht mit Wirkung vom 01.11.2005 gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Firma A übergegangen, weil der Kläger mit Schreiben vom 28.02.2006 dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf diese Firma wirksam widersprochen hat.

a) Der mit Schreiben vom 28.02.2006 erklärte Widerspruch des Klägers war - anders als vom Arbeitsgericht angenommen - nicht verspätet, da die Widerspruchsfrist des § 613 a Abs. 6 Satz 1 BGB, wonach der Arbeitnehmer dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung i.S. von § 613 a Abs. 5 Satz 5 BGB widersprechen kann, mangels ordnungsgemäßer Unterrichtung nicht in Gang gesetzt wurde.

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die Berufungskammer anschließt, setzt nur eine ordnungsgemäße Unterrichtung i.S. von § 613 a Abs. 5 BGB die Widerspruchsfrist des § 613 a Abs. 6 Satz 1 BGB in Gang. Die Frist zur Erklärung eines Widerspruchs gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses gemäß § 613 a Abs. 6 BGB wird weder bei einer unterbliebenen noch bei einer nicht ordnungsgemäßen Unterrichtung ausgelöst (BAG, Urteil vom 13.07.2006 - 8 AZR 305/05, AP Nr. 312 zu § 613 a BGB; zu II. 1. a) der Gründe; BAG, Urteil vom 14.12.2006 - 8 AZR 763/05, AP Nr. 318 zu § 613 a BGB, zu II. 1. a) der Gründe m.w. Nachw.; ebenso LAG Köln, Urteil vom 04.06.2007 - 14 Sa 1225/06, zu II. 1. a) der Gründe, zitiert nach juris).

Dies ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 613 a Abs. 5 BGB. Auf Grund der im Rahmen des § 613 a Abs. 5 BGB zu erteilenden Informationen soll sich der Arbeitnehmer über die Person des Übernehmers und über die in § 613 a Abs. 5 BGB genannten Umstände ein Bild machen können. Er soll durch die Unterrichtung eine ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung oder Nichtausübung seines Widerspruchsrechts erhalten (BAG, Urteil vom 14.12.2006 - 8 AZR 763/05, a.a.O., zu II. 1. a) der Gründe unter Hinweis auf BT-Drucks. 14/7760, S. 19). Im Hinblick auf diesen Sinn und Zweck von § 613 a Abs. 5 BGB ist es folgerichtig, den Beginn des Laufs der Widerspruchsfrist nicht nur dann zu verneinen, wenn überhaupt keine Unterrichtung erfolgt ist, sondern auch dann, wenn keine ordnungsgemäße Unterrichtung vorliegt (BAG, Urteil vom 14.12.2006 - 8 AZR 763/05, a.a.O., zu II. 1. a) der Gründe m.w. Nachw.).

Der Inhalt der Unterrichtung richtet sich nach dem Kenntnisstand des Veräußerers und Erwerbers zum Zeitpunkt der Unterrichtung. Die erteilten Informationen müssen zutreffend sein. Ob die Unterrichtung ordnungsgemäß ist, kann vom Gericht überprüft werden. Darlegungs- und beweispflichtig für die Erfüllung der Unterrichtungspflicht sind der Veräußerer und der Erwerber (BAG, Urteil vom 14.12.2006 - 8 AZR 763/05, a.a.O., zu II. 1. a) der Gründe).

Entspricht eine Unterrichtung zunächst formal den Anforderungen des § 613 a Abs. 5 BGB und ist sie nicht offensichtlich fehlerhaft, ist es Sache des Arbeitnehmers, einen Mangel näher darzulegen. Hierzu ist er im Rahmen einer abgestuften Darlegungslast nach § 138 Abs. 3 ZPO verpflichtet. Die Unterrichtungsverpflichteten müssen sodann Einwände des Arbeitnehmers mit entsprechenden Darlegungen und Beweisantritten entkräften (BAG, Urteil vom 13.07.2006 - 8 AZR 305/05, a.a.O.; zu II. 1. a) der Gründe; BAG, Urteil vom 14.12.2006 - 8 AZR 763/05, a.a.O., zu II. 1. a) der Gründe).

bb) Diesen Anforderungen genügt die Unterrichtung der Beklagten nicht.

(1) Die Beklagte hat in ihrem Schreiben vom 22.10.2004 jedenfalls nicht ausreichend über die rechtlichen Folgen des Betriebsübergangs für die Arbeitnehmer informiert (§ 613 a Abs. 5 Nr. 3 BGB).

(a) Was hierunter zu verstehen ist, richtet sich ebenfalls nach dem Zweck der Unterrichtungspflicht. Der Inhalt der Unterrichtungspflicht richtet sich auch insoweit nach dem Kenntnisstand der Unterrichtungsverpflichteten zum Zeitpunkt der Unterrichtung (BAG, Urteil vom 13.07.2006 - 8 AZR 305/05, a.a.O.; zu II. 1. b) ff) (1) der Gründe; BAG, Urteil vom 14.12.2006 - 8 AZR 763/05, a.a.O., zu II. 1. b) ff) (1) der Gründe). Da die Unterrichtungspflicht gemäß § 613 a Abs. 5 BGB die Nachweispflicht gemäß § 2 Abs. 1, § 3 NachwG im Arbeitsverhältnis zum Betriebserwerber bezogen auf den Betriebsübergang ergänzt, spricht die Tatsache, dass es infolge des Betriebsübergangs zu einer Änderung wesentlicher Arbeitsbedingungen kommt, für eine diesbezügliche Mitteilungspflicht nach § 613 a Abs. 5 Nr. 3 BGB (BAG, Urteil vom 13.07.2006 - 8 AZR 305/05, a.a.O.; zu II. 1. b) ff) (1) der Gründe; BAG, Urteil vom 14.12.2006 - 8 AZR 763/05, a.a.O., zu II. 1. b) ff) (1) der Gründe jeweils m.w. Nachw.).

Zu den rechtlichen Folgen gehören zunächst die sich unmittelbar aus dem Betriebsübergang selbst ergebenden Rechtsfolgen. Dies umfasst u.a. einen Hinweis auf den Eintritt des Übernehmers in die Rechte und Pflichten aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis (§ 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB), auf die Gesamtschuldnerschaft des Übernehmers und des Veräußerers und die anteilige Haftung nach § 613 a Abs. 2 BGB sowie grundsätzlich auch auf die kündigungsrechtliche Situation, so denn Kündigungen im Raum stehen (BAG, Urteil vom 13.07.2006 - 8 AZR 305/05, a.a.O.; zu II. 1. b) ff) (1) der Gründe; BAG, Urteil vom 14.12.2006 - 8 AZR 763/05, a.a.O., zu II. 1. b) ff) (1) der Gründe jeweils unter Hinweis auf BT-Drucks. 14/7760, S. 19).

Die Hinweise über die rechtlichen Folgen müssen präzise sein und dürfen keine juristischen Fehler enthalten. Es genügt grundsätzlich nicht, dass die Belehrung über die rechtlichen Folgen "im Kern richtig" ist und lediglich eine "ausreichende" Unterrichtung erfolgt, wenn damit auf die Erfordernisse nach der früheren Rechtsprechung (vgl. BAG, Urteil vom 22.04.1993 - 2 AZR 313/92, AP Nr. 102 zu § 613 a BGB) abgestellt wird. Diese Sichtweise lässt sich unter der Geltung des § 613 a Abs. 5 und 6 BGB nicht mehr aufrechterhalten (BAG, Urteil vom 13.07.2006 - 8 AZR 305/05, a.a.O.; zu II. 1. b) ff) (1) der Gründe; BAG, Urteil vom 14.12.2006 - 8 AZR 763/05, a.a.O., zu II. 1. b) ff) (1) der Gründe). Eine Unterrichtung über komplexe Rechtsfragen ist im Rahmen des § 613 a Abs. 5 BGB dann nicht fehlerhaft, wenn der Arbeitgeber bei angemessener Prüfung der Rechtslage, die ggf. die Einholung von Rechtsrat über die höchstrichterliche Rechtsprechung umfasst, rechtlich vertretbare Positionen gegenüber dem Arbeitnehmer kundtut (BAG, Urteil vom 14.12.2006 - 8 AZR 763/05, a.a.O., zu II. 1. b) ff) (1) der Gründe).

(b) Die im Streitfall vorgenommene Unterrichtung war schon deshalb nicht fristauslösend, weil das Schreiben der Beklagten vom 22.10.2004 unstreitig keine Angaben zu der in § 613 a Abs. 2 BGB geregelten Haftungsverteilung enthält, die - wie bereits erwähnt - zu den rechtlichen Folgen eines Betriebsübergangs i.S. von § 613 a Abs. 5 Nr. 3 BGB gehört (BAG, Urteil vom 13.07.2006 - 8 AZR 305/05, a.a.O.; zu II. 1. b) ff) (2) der Gründe; BAG, Urteil vom 14.12.2006 - 8 AZR 763/05, a.a.O., zu II. 1. b) ff) (2) der Gründe). Gemäß § 613 a Abs. 2 Satz 1 BGB haftet der bisherige Arbeitgeber neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach § 613 a Abs. 1 BGB, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Insoweit fehlt im Schreiben der Beklagten vom 22.10.2004 ein Hinweis darauf, dass sie auch für vor dem Betriebsübergang entstandene Ansprüche haftet, die vor Ablauf von einem Jahr nach dem Betriebsübergang fällig werden und auf die dann bestehende Gesamtschuldnerschaft zwischen ihr und der Firma A als Erwerberin. Ebenso fehlt ein Hinweis auf die in § 613 a Abs. 2 Satz 2 BGB enthaltene Beschränkung dieser Haftung bezüglich der Ansprüche, die nach einem Jahr fällig werden, auf den Teil des Bezugszeitraums, der vor dem Betriebsübergang liegt.

(c) Dem Kläger ist entgegen der Auffassung der Beklagten in der Berufungserwiderung vom 11.06.2007 der Einwand der unterbliebenen Unterrichtung über die sich aus § 613 a Abs. 2 BGB ergebenden rechtlichen Folgen des Betriebsübergangs im Rahmen von § 613 a Abs. 5 BGB und die sich daraus ergebende Nichtauslösung der Frist zur Erklärung des Widerspruchs gegen den Betriebsübergang nach § 613 a Abs. 6 Satz 1 BGB auch nicht unter dem Gesichtspunkt nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB verwehrt, dass während der Zeit des faktischen Vollzugs des Arbeitsverhältnisses zwischen dem Kläger und der Firma A Haftungs- bzw. Haftungsverteilungsfragen den Angaben der Beklagten zufolge nicht zum Tragen gekommen seien. Hätten es nämlich der Betriebsveräußerer und der Betriebserwerber in der Hand, den Arbeitnehmer über solche rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Betriebsübergangs i.S. von § 613 a Abs. 5 Nr. 3 BGB zu nicht informieren, die sich nach dem Betriebsübergang objektiv nicht realisiert haben, oder sich gar nach subjektiver Einschätzung der Unterrichtungsverpflichteten nicht realisieren würden, liefe dies gewissermaßen auf ein Vorprüfungsrecht der Unterrichtungsverpflichteten hinaus, das weder mit dem insoweit unmissverständlichen Wortlaut des § 613 a Abs. 5 BGB, noch mit dem Sinn und Zweck der danach bestehenden Unterrichtungspflicht, dem Arbeitnehmer die Möglichkeit zu verschaffen, sachgerecht über die Ausübung des Widerspruchs zu befinden, zu vereinbaren ist. Gerade weil es sich bei der Haftungsverteilung nach § 613 a Abs. 2 BGB um eine "zusätzliche Absicherung", wie sie die Beklagte in der Berufungserwiderung vom 11.06.2007 selbst bezeichnet hat, des Arbeitnehmers handelt, stellt diese eine essentiale rechtliche Folge des Betriebsübergangs i.S. von § 613 a Abs. 5 Nr. 3 BGB dar, auf die der vom Betriebsübergang betroffene Arbeitnehmer im Rahmen der nach § 613 a Abs. 5 BGB vorzunehmenden Unterrichtung zwingend hinzuweisen ist. Ob diese dem Arbeitnehmer letztlich Vor- oder Nachteile verschafft, ist dabei unerheblich, da in § 613 a Abs. 5 BGB eine diesbezügliche Differenzierung nicht vorgenommen wird.

(d) Ebenso wenig vermag sich das Berufungsgericht der Annahme des Arbeitsgerichts anzuschließen, eine abstakte Belehrung über alle im Zusammenhang mit Betriebsübergängen möglichen Haftungsfälle und deren Lösung sei zumindest dann nicht erforderlich, wenn eine Übergangsbetriebsvereinbarung zur Regelung der alle Arbeitsverhältnisse gleichermaßen betreffenden Rechtsfragen in individualrechtlicher und kollektivrechtlicher Hinsicht und der tatsächlichen Abläufe - hier die Überleitungsbetriebsvereinbarung "zur Klärung der rechtlichen Auswirkungen auf die Arbeitsverhältnisse betroffener Arbeitnehmer, auf die kollektivrechtlichen Regelungen sowie auf die betriebsverfassungsrechtlichen Strukturen" vom 28.09.2004, auf die die Beklagte im Schreiben vom 22.10.2004 hingewiesen hat - geschlossen worden sei. Dass in dem Fall die Unterrichtung der vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer über die Haftungsverteilung nach § 613 a Abs. 2 BGB (ausnahmsweise) entbehrlich ist, findet in § 613 a Abs. 5 BGB keinen Halt und würde zudem den eben genannten Zwecken dieser Vorschrift zuwiderlaufen.

(2) Wegen der damit nicht vollständigen Unterrichtung über die rechtlichen Folgen des Betriebsübergangs i.S. von § 613 a Abs. 5 Nr. 3 BGB und der sich hieraus ergebenden Nichtauslösung der Frist zur Erklärung des Widerspruchs gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses von der Beklagten auf die Firma A gemäß § 613 a Abs. 6 Satz 1 BGB kann es dahin gestellt bleiben, ob - wofür hier vieles spricht - die dem Kläger von der Beklagten erteilten Informationen weiterhin aus den von der 14. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln in der bereits erwähnten Entscheidung vom 04.06.2007 dort im Einzelnen genannten Gründen, insbesondere im Hinblick darauf, dass in dem Informationsschreiben vom 22.11.2004 der Eindruck erweckt worden sei, es finde ein Betriebsübergang auf ein solventes, mit mehr als ausreichendem Eigenkapital ausgestattetes Unternehmen statt, die Beklagte auf den Mitarbeiterversammlungen am 19.08. und 21.09.2004 u.a. in vorgelegten Charts ausgeführt habe, der Betriebserwerberin würden bereits am ersten Tag Barmittel von mehr als 70 Millionen Euro zur Verfügung stehen und eine Kreditlinie von zunächst 50 Millionen Euro könne bei Bedarf deutlich erhöht werden, während sich dagegen aus dem Bericht zur Gläubigerversammlung am 11.10.2005 ergebe, dass diese Informationen mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmten (LAG Köln, Urteil vom 04.06.2007 - 14 Sa 1225/06, a.a.O., zu II. 1. b) der Gründe), unzutreffend waren und deshalb auch insoweit die Widerspruchsfrist des § 613 a Abs. 6 Satz 1 BGB nicht in Gang gesetzt wurde.

b) Der Widerspruch des Klägers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Firma A war auch nicht deshalb verspätet, weil er nicht unter analoger Anwendung von § 5 Abs. 3 Satz 2 KSchG innerhalb von sechs Monaten erfolgt ist. Denn eine analoge Anwendung dieser Vorschrift kommt hier - anders als von der Beklagten in der Klageerwiderung vom 24.07.2006 angenommen - unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Entstehungsgeschichte des § 613 a Abs. 6 BGB nicht in Betracht.

Da im Gesetzgebungsverfahren Vorschläge auf Aufnahme einer generellen Höchstfrist von drei bzw. sechs Monaten nicht aufgegriffen worden sind, kann bereits aus dieser Erwägung auf eine feststehende Monatsfrist nicht abgestellt werden (BAG, Urteil vom 15.02.2007 - 8 AZR 431/06, AP Nr. 320 zu § 613 a BGB, zu II. 3. b) (3) der Gründe m.w. Nachw. der Lit. sowie unter Hinweis auf BR-Drucks. 831/1/01, S. 2 und BT-Drucks. 14/8128, S. 4; ähnlich LAG Köln, Urteil vom 04.06.2007 - 14 Sa 1225/06, a.a.O., zu II. 1. c) der Gründe). Hinzu kommt, dass es an einer für eine Analogie erforderlichen planwidrigen Regelungslücke fehlt, weil der Gesetzgeber bewusst die Entscheidung getroffen hat, in § 613 a Abs. 6 BGB von einer zeitlichen Höchstgrenze abzusehen (so zu Recht LAG Köln, Urteil vom 04.06.2007 - 14 Sa 1225/06, a.a.O., zu II. 1. c) der Gründe). Der Aspekt der Rechtssicherheit steht dem ebenfalls nicht entgegen. Hierzu hat die 14. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln wörtlich ausgeführt: "Wer die Früchte der kurzen Widerspruchsfrist des § 613 a Abs. 6 Satz 1 BGB in Anspruch nehmen will, muss nach der gesetzgeberischen Entscheidung seinerseits seine Unterrichtungspflichten vollständig und wahrheitsgemäß erfüllen. Wer dies nicht tut, oder wer durch unzureichende oder falsche oder unterlassene Informationen die gesetzliche Unterrichtungspflicht nicht einhält, kann nicht damit rechnen, nach einer etwas längeren Frist doch die Vorteile des Verfalls des Widerspruchsrechts in Anspruch nehmen zu können." (LAG Köln, Urteil vom 04.06.2007 - 14 Sa 1225/06, a.a.O., zu II. 1. c) der Gründe). Diesen zutreffenden und überzeugenden Ausführungen schließt sich auch die erkennende Kammer vollinhaltlich an.

c) Der Kläger hat sein Widerspruchsrecht auch ordnungsgemäß ausgeübt.

Das als Anlage zur Klageschrift vom 21.03.2005 eingereichte Schreiben seines Prozessbevollmächtigten genügt dem Schriftformerfordernis des § 613 a Abs. 6 Satz 1 BGB. Ausweislich dieses Schreibens und wie von der Beklagten insoweit nicht in Abrede gestellt wurde, ist dieses Schreiben der Beklagten zunächst per Telefax und später im Original übersandt worden. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Berufungskammer ebenfalls folgt, genügt das Widerspruchsschreiben auch dann dem Schriftformerfordernis, wenn es von einem Vertreter des Erklärenden mit eigenem Namen unterzeichnet worden ist, sofern in der Urkunde die Stellvertretung zum Ausdruck kommt (BAG, Urteil vom 14.12.2006 - 8 AZR 763/05, a.a.O., zu II. 1. c) der Gründe m.w. Nachw.). Das Schreiben vom 28.02.2006 enthält einleitend unter Bezug auf die beigefügte Vollmacht die Mitteilung der rechtlichen Interessenwahrnehmung des Klägers.

Weitere Anforderungen zur rechtwirksamen Ausübung des Widerspruchsrechts sieht das Gesetz nicht vor. Auf die Frage, ob der Kläger sofort widersprochen hätte, wenn er ordnungsgemäß über die haftungsrechtlichen Folgen des Betriebsübergangs unterrichtet worden wäre, kommt es nicht an. Das Gesetz verlangt keine Kausalität zwischen der fehlerhaften Information und der Ausübung des Widerspruchsrechts (BAG, Urteil vom 14.12.2006 - 8 AZR 763/05, a.a.O., zu II. 1. c) der Gründe).

d) Der Kläger hat sein Recht zur Ausübung des Widerspruchs gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Firma A entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht verwirkt.

aa) Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung. Mit der Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat. Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist (BAG, Urteil vom 13.07.2006 - 8 AZR 305/05, a.a.O.; zu II. 1. b) dd) (1) der Gründe; BAG, Urteil vom 14.12.2006 - 8 AZR 763/05, a.a.O., zu II. 1. d) aa) der Gründe; BAG, Urteil vom 15.02.2007 - 8 AZR 431/06, AP Nr. 320 zu § 613 a BGB, a.a.O., zu II. 3. b) (2) der Gründe jeweils m.w. Nachw.).

Schon nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vor dem Inkrafttreten des § 613 a Abs. 5 und 6 BGB konnte das Widerspruchsrecht wegen Verwirkung ausgeschlossen sein (vgl. BAG, Urteil vom 19.03.1998 - 8 AZR 139/97, AP Nr. 177 zu § 613 a BGB). An dieser Rechtsprechung hat das Bundesarbeitsgericht im Einklang mit der herrschenden Auffassung im Schrifttum auch nach der neuen Rechtslage in mehreren Entscheidungen unlängst ausdrücklich festgehalten (siehe etwa BAG, Urteil vom 14.12.2006 - 8 AZR 763/05, a.a.O., zu II. 1. d) der Gründe; BAG, Urteil vom 14.12.2006 - 8 AZR 763/05, a.a.O., zu II. 3. b) (2) der Gründe jeweils m.w. Nachw. der Lit.). Der Umstand, dass der Gesetzgeber nunmehr eine Widerspruchsfrist vorgesehen hat, schließt eine Anwendung der allgemeinen Grundsätze nicht aus, denn jedes Recht kann nur unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben ausgeübt werden (BAG, Urteil vom 14.12.2006 - 8 AZR 763/05, a.a.O., zu II. 1. d) der Gründe; BAG, Urteil vom 15.02.2007 - 8 AZR 431/06, a.a.O., zu II. 3. b) (2) der Gründe).

bb) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat der Kläger im Streitfall sein Widerspruchsrecht nicht verwirkt, da vorliegend weder das Zeitmoment noch das Umstandsmoment erfüllt sind.

(1) Ein ausreichendes Zeitmoment liegt angesichts der inhaltlich unvollständigen Informationen, die die Beklagte in ihrem Schreiben vom 22.10.2004 erteilt hatte, nicht vor, zumal die Beklagte auch nach diesem Schreiben keine Anstrengungen unternommen hat, die darin enthaltenen Unterrichtungsdefizite zu korrigieren. Die regelmäßige Verjährungsfrist, die einen Anhalt für das Zeitmoment zu geben vermag, war hier ebenfalls bei weitem noch nicht erreicht (vgl. LAG Köln, Urteil vom 04.06.2007 - 14 Sa 1225/06, a.a.O., zu II. 1. c) der Gründe).

(2) Unabhängig von den vorangegangenen Ausführungen fehlt es jedenfalls an dem für die Verwirkung erforderlichen Umstandsmoment.

Die bloße Weiterarbeit des Klägers bei der Betriebserwerberin, der Firma A , vermag für sich allein die Annahme dieses Umstandsmoments nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der Berechtigte unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erwecken, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle. Erst nach einer solchen längeren Untätigkeit kann Verwirkung in Betracht kommen (LAG Köln, Urteil vom 04.06.2007 - 14 Sa 1225/06, a.a.O., zu II. 1. d) der Gründe). Eine Verwirkung ist daher selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn das Widerspruchsrecht fast ein Jahr nach dem Vollzug des Betriebsübergangs ausgeübt wird (BAG, Urteil vom 13.07.2006 - 8 AZR 305/05, a.a.O.; zu II. 1. b) dd) (2) der Gründe; LAG Köln, Urteil vom 04.06.2007 - 14 Sa 1225/06, a.a.O., zu II. 1. d) der Gründe).

Hinzu kommt, dass der Kläger in seinem Schreiben an die Beklagte vom 10.11.2005 auf die Widersprüche zwischen den von ihr zunächst erteilten Informationen, die von ihr weder im Jahre 2004 noch im Jahre 2005 korrigiert wurden, und der realen Lage hingewiesen und sich die Entscheidung über den Widerspruch gegen den Betriebsübergang vorbehalten hat. Spätestens seit diesem Zeitpunkt lag keine Untätigkeit des Klägers mehr vor, so dass die Beklagte auch nicht darauf vertrauen konnte, der Kläger werde von seinem Widerspruchsrecht keinen Gebrauch mehr machen.

Die Entscheidung des LAG München vom 12.10.2006, wonach der Arbeitnehmer, der dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses erst acht Monate nach der Unterrichtung über den Betriebsübergang widersprochen habe, sein Widerspruchsrecht gemäß § 613 a Abs. 6 BGB auch dann verwirke, wenn die Unterrichtung unvollständig gewesen sei (LAG München, Urteil vom 12.12.2006 - 2 Sa 990/05, BB 2007, 502 ff.), vermochte keine andere Beurteilung zu rechtfertigen. Denn diese Entscheidung beruht auf der Besonderheit, dass sich der dortige Arbeitnehmer zunächst auch gerichtlich darauf berufen hatte, er habe nur ein Arbeitsverhältnis zum Betriebserwerber. Letzteres hat aber der Kläger im vorliegenden Streitfall gerade nicht getan.

Ein Umstandsmoment ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger nicht die Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen zunächst der Firma A und später der Firma A bzw. die diesbezüglichen Insolvenzeröffnungsbeschlüsse zum Anlass für einen Widerspruch gegen den Betriebsübergang genommen hat. Auf Grund des Insolvenzantrags über das Vermögen der Firma A , der Produktionsgesellschaft, im Mai 2005 musste der Kläger noch nicht die Hoffnung aufgeben, dass eine Sanierung der Firma A noch gelingen könne und insoweit eine Insolvenz nicht unmittelbar bevorgestanden habe. Hierin konnte sich der Kläger dadurch bestärkt fühlen, dass er von der Firma A auch nach dem im Oktober 2005 gestellten Insolvenzantrag über deren Vermögen weiterhin bis Dezember 2005 beschäftigt und bezahlt wurde. Unabhängig davon hat der Kläger bereits wenige Wochen später, nämlich mit Schreiben vom 10.11.2005, von der Beklagten weitere Informationen verlangt und sich den Widerspruch gegen den Betriebsübergang vorbehalten.

e) Das (gerichtliche) Nichtangreifen der vom Insolvenzverwalter der Firma A mit Schreiben vom 28.12.2005 ausgesprochenen Kündigung kann - anders als von der Beklagten in der Klageerwiderung vom 24.07.2006 angenommen - nicht als Verzicht auf das Widerspruchsrecht gegen den Betriebsübergang gewertet werden.

Ein Verzicht auf das Widerspruchsrecht gegen einen Betriebsübergang wird zwar von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts durchaus für möglich erachtet (BAG, Urteil vom 15.02.2007 - 8 AZR 431/06, a.a.O., zu II. 3. b) (3) der Gründe m.w. Nachw.). Ohne Hinzutreten von besonderen Umständen, die hier weder vorgetragen noch erkennbar sind, hat ein Untätigbleiben des Arbeitnehmers nach einer vom Betriebserwerber ausgesprochenen Kündigung allerdings nur u.U. die Fiktionswirkung des § 7 KSchG zur Folge (siehe dazu sogleich unter 2.), ohne dass dem zugleich nach Maßgabe der allgemeinen Auslegungsgrundsätze der §§ 133, 157 BGB und insbesondere unter Berücksichtigung des allgemeinen Grundsatzes, dass Schweigen im allgemeinen Rechtsverkehr kein rechtsgeschäftlicher Erklärungswert zukommt, die Bedeutung beigemessen werden kann, der Kläger habe damit auf sein Widerspruchsrecht verzichtet, zumal er sich zuvor in seinem Schreiben an die Beklagte vom 10.11.2005 einen Widerspruch gegen den Betriebsübergang ausdrücklich vorbehalten hat.

f) Der nach alledem vom Kläger mit Schreiben vom 28.02.2006 wirksam ausgeübte Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Firma A führte dazu, dass sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten über den 31.10.2004 hinaus zunächst fortbestand. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und überwiegender Auffassung im Schrifttum wirkt der Widerspruch auf den Zeitpunkt des Betriebsübergangs zurück (siehe statt vieler BAG, Urteil vom 13.07.2006 - 8 AZR 305/05, a.a.O.; zu II. 2. b) der Gründe; BAG, Urteil vom 14.12.2006 - 8 AZR 763/05, a.a.O., zu II. 2. der Gründe jeweils m. zahlr. Nachw. der früheren Rechtspr. und der Lit.).

2. Das zwischen den Parteien zunächst über den 31.10.2004 hinaus fortbestandene Arbeitsverhältnis endete jedoch auf Grund der vom Insolvenzverwalter der Firma A mit Schreiben vom 28.12.2005 ausgesprochenen Kündigung zum 31.03.2006, da diese Kündigung vom Kläger unstreitig nicht nach § 4 Satz 1 KSchG innerhalb von drei Wochen nach deren Zugang im Wege der Kündigungsschutzklage gerichtlich angegriffen worden ist, so dass die Kündigung gemäß § 7 KSchG als von Anfang an rechtwirksam gilt.

a) Obwohl der Widerspruch des Klägers gegen den Übergang seines mit der Beklagten bestandenen Arbeitsverhältnisses auf die Firma A mit Schreiben vom 28.02.2006 - wie bereits im Einzelnen ausgeführt - wirksam erfolgt ist und damit der Widerspruch auf den Zeitpunkt des am 01.11.2004 erfolgten Betriebsübergangs zurückwirkte, so dass der Insolvenzverwalter der Firma A im Hinblick auf die Arbeitgeberstellung und das sich daraus ergebende Kündigungsrecht an sich Nichtberechtigter war, wirkte die von ihm mit Schreiben vom 28.12.2005 ausgesprochene Kündigung unmittelbar für und gegen die Beklagte, da er insoweit als ihr Vertreter gehandelt hat.

b) Nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 24.08.2006 wirkt ein gerichtlicher Beendigungsvergleich, den ein Arbeitnehmer mit dem Betriebsveräußerer im Rahmen einer (Änderungs-)Kündigungsschutzklage geschlossen hat, hinsichtlich der Beendigung zumindest dann für und gegen den Betriebserwerber, wenn dieser die Beendigungsvereinbarung ausdrücklich oder konkludent genehmigt (BAG, Urteil vom 24.08.2006 - 8 AZR 574/05, NZA 2007, 328 - Orientierungssatz).

c) Im Hinblick auf die insoweit bestehende Ähnlichkeit der Interessenlage kann aber nichts anderes gelten, wenn im umgekehrten Fall der Betriebserwerber nach einem erfolgten Betriebsübergang und vor der wirksamen Ausübung eines - rückwirkenden - Widerspruchs des Arbeitnehmers gegen den Betriebsübergang das Arbeitsverhältnis kündigt, sofern der Betriebsveräußerer diese Kündigung zumindest konkludent genehmigt.

Ebenso wie eine Beendigungsvereinbarung ist eine Kündigung, auch wenn diese vom Insolvenzverwalter der Firma A zunächst ohne Vertretungsmacht ausgesprochen wurde, nach § 177 Abs. 1, § 184 Abs. 1, § 180 Satz 2 BGB genehmigungsfähig (so ausdrücklich BAG, Urteil vom 21.09.2000 - 2 AZR 385/99, AP Nr. 111 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu B. III. der Gründe m.w. Nachw.), wobei die Genehmigung zu einem formbedürftigen Rechtsgeschäft (§ 623 BGB) selbst formlos erteilt werden kann und nicht der Form bedarf, die für das genehmigungsbedürftige Rechtsgeschäft bestimmt ist, § 182 Abs. 2 BGB (BAG, Urteil vom 24.08.2006 - 8 AZR 574/05, a.a.O., zu II. 2. b) (4) der Gründe).

Eine solche Genehmigung hat hier die Beklagte schlüssig dadurch erteilt, dass von ihr bereits in der Klageerwiderung vom 24.08.2006 (dort auf Seite - 18 -) geltend gemacht wurde, auf Grund der Kündigung des Insolvenzverwalters der Firma A sei ein etwaiges Arbeitsverhältnis des Klägers mit ihr zum 31.03.2006 beendet worden.

Da die wirksame Genehmigung rückwirkende Kraft hat (vgl. BAG, Urteil vom 24.08.2006 - 8 AZR 574/05, a.a.O., zu II. 2. b) (4) der Gründe) und der Kläger die vom Insolvenzverwalter der Firma A mit Schreiben vom 28.12.2005 ausgesprochene Kündigung unstreitig nicht innerhalb von drei Wochen nach deren Zugang im Wege der Kündigungsschutzklage gerichtlich angegriffen hat (§ 4 Satz 1 KSchG), so dass diese Kündigung gemäß § 7 KSchG als von Anfang an rechtswirksam gilt, endete damit das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zum 31.03.2006.

3. Für die Monate Januar und Februar 2006 kann der Kläger von der Beklagten nicht die Zahlung von Arbeitsvergütung in der geltend gemachten Höhe verlangen.

a) Ein solcher Anspruch ergibt sich zunächst nicht aus § 611 Abs. 1 BGB, da der Kläger für die Beklagte während dieser Zeit unstreitig keine Arbeitsleistungen erbracht hat (vgl. § 614 Satz 1 BGB - "ohne Arbeit kein Lohn").

b) Zur Zahlung der Arbeitsvergütung für die Monate Januar und Februar 2006 ist die Beklagte auch nicht aus Annahmeverzugsgesichtspunkten nach § 615 Satz 1 BGB verpflichtet.

Nach einer Entscheidung der 12. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln vom 11.06.2004 hat der Arbeitnehmer nach den Grundsätzen des faktischen Arbeitsverhältnisses für die Zeit zwischen dem Betriebsübergang und der Erklärung des Widerspruchs, der hier seitens des Klägers erst mit Schreiben vom 28.02.2006 erfolgt ist, einen Anspruch auf Vergütung allein gegen den Betriebserwerber. Ein Anspruch gegen den Veräußerer aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs ist dagegen nicht gegeben (LAG Köln, Urteil vom 11.06.2004 - 12 Sa 374/04, LAGE § 613 a BGB 2002 Nr. 5 - Leitsätze 2 und 3; ähnlich LAG Köln, Urteil vom 04.06.2007 - 14 Sa 1225/06, a.a.O., zu II. 3. der Gründe). Dem schließt sich auch die erkennende Berufungskammer an.

4. Hinsichtlich des Monats März 2006 kann der Kläger von der Beklagten die Zahlung von Arbeitsvergütung in Höhe von 4.063,34 € brutto abzüglich bezogenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.452,90 € netto verlangen.

a) Der Anspruch ergibt sich dem Grunde nach aus § 615 Satz 1 BGB.

Nach dem vom Kläger mit Schreiben vom 28.02.2006 erklärten - wirksamen - Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Firma A hätte die Beklagte dem Kläger zur Vermeidung der Annahmeverzugsfolgen des § 615 Satz 1 BGB einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen müssen. Dass dies hier geschehen ist, wurde von der Beklagten nicht behauptet.

b) Der Höhe nach ist die Forderung jedoch nicht in dem vom Kläger geltend gemachten Umfang von 4.379,34 € brutto (abzüglich bezogenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.452,90 € netto), sondern nur im - von der Beklagten in der Berufungserwiderung vom 11.06.2007 auch eingeräumten - Umfang von 4.063,34 € brutto (abzüglich bezogenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.452,90 € netto) berechtigt.

Soweit der Kläger im Schriftsatz vom 19.07.2007 erstmals vorgetragen hat, ihm sei ein Pkw zur Nutzung nicht überlassen worden, so dass sein Bruttomonatsverdienst insgesamt 4.379,34 € betrage, fehlt es hier an einer fristgemäßen Berufungsbegründung i.S. von § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, weil er diesen Umstand - soweit ersichtlich - weder erstinstanzlich, noch während der mit Beschluss vom 23.03.2007 bis zum 09.05.2007 verlängerten Berufungsbegründungsfrist dargetan hat.

Dieses Vorbringen des Klägers konnte auch nicht nach § 67 Abs. 4 Satz 2 ArbGG berücksichtigt werden. Voraussetzung hierfür wäre, dass dieser Umstand erst nach der Berufungsbegründung entstanden wäre oder das verspätete Vorbringen die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern oder nicht auf einem Verschulden des Klägers beruhen würde. All dies ist hier nicht der Fall.

Dass der vom Kläger erstmals im Schriftsatz vom 19.07.2007 behauptete Umstand der Nichtüberlassung des Pkws an ihn und die sich daraus möglicherweise ergebende Zahlungsforderung erst nach der Berufungsbegründung entstanden ist, hat der Kläger nicht behauptet. Die Zulassung dieses klägerischen Vorbringens hätte auch die Erledigung des Rechtsstreits erheblich verzögert, da der Beklagten zu diesem neuen Tatsachenvortrag Gelegenheit zur Stellungnahme hätte gegeben werden müssen, was einen neuen Verhandlungstermin, ggf. sogar noch einen weiteren Beweistermin erfordert hätte. Vom Kläger wurde ebenfalls nicht dargetan, dass die Verspätung dieses Vorbringens nicht auf seinem Verschulden beruhte.

c) Der damit bestehende Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Zahlung von Arbeitsvergütung für den Monat März 2006 in Höhe von 4.063,34 € brutto abzüglich bezogenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.452,90 € netto ist - anders als von der Beklagten angenommen - nicht gemäß § 17 Nr. 2 des Manteltarifvertrags für die chemische Industrie verfallen.

Danach müssen zwar die Ansprüche beider Seiten aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung ausgeschlossen, wobei dies ausnahmsweise dann nicht gilt, wenn die Berufung auf die Ausschlussfrist wegen des Vorliegens besonderer Umstände eine unzulässige Rechtsausübung ist. Bei einstufigen Verfallfristen, um die es hier geht, erfasst aber eine Bestandsschutzklage zugleich die Geltendmachung der davon abhängigen Vergütungsansprüche (LAG Köln, Urteil vom 04.06.2007 - 14 Sa 1225/06, a.a.O., zu II. 3. der Gründe unter Hinweis auf BAG, Urteil vom 07.11.1991 - 2 AZR 34/91, AP Nr. 114 zu § 4 TVG Ausschlussfristen), so dass die vorliegende, der Beklagten ausweislich der Zustellungsurkunde am 29.03.2006 zugestellten Klage, mit der der Kläger die Feststellung geltend gemacht hat, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht, auch die Geltendmachung des Vergütungsanspruchs für den Monat März 2006 umfasst, wodurch die in § 17 Nr. 2 des Manteltarifvertrags für die chemische Industrie enthaltene Ausschlussfrist gewahrt wurde.

5. Für die Monate April und Mai 2006 hat der Kläger keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Arbeitsvergütung im jeweils geltend gemachten Umfang, da - wie unter 2. im Einzelnen ausgeführt - das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Insolvenzverwalters der Firma A vom 28.12.2005 zum 31.03.2006 wirksam beendet worden ist.

III. Die Entscheidung über die Zinsforderung rechtfertigt sich aus §§ 286, 288 BGB, wobei dem Kläger hinsichtlich der in der Sache begründeten Klageforderung Zinsen aus dem Differenzbetrag zwischen der als Arbeitsvergütung für den Monat März 2006 geltend gemachten Bruttoforderung und der Nettoabzugsposition wegen erhaltenen Arbeitslosengeldes zuzusprechen war (vgl. BAG GS, Beschluss vom 07.03.2001 - GS 1/00, AP Nr. 4 zu § 288 BGB; BAG, Urteil vom 06.05.2003 - 1 AZR 241/02, AP Nr. 21 zu § 3 TVG Verbandszugehörigkeit, zu B. V. der Gründe).

IV. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V. mit § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 48 Abs. 1 ArbGG i.V. mit § 17 b Abs. 2 Satz 2 GVG.

Mit Rücksicht auf den Grad des Obsiegens bzw. Unterliegens der Parteien in den jeweiligen Verfahrensabschnitten waren - abgesehen von den Kosten, die durch die Anrufung des örtlich unzuständigen Arbeitsgerichts Hanau entstanden sind - die Kosten erster Instanz dem Kläger zu 80 % und der Beklagten zu 20 %, die Kosten zweiter Instanz dem Kläger zu 77 % und der Beklagten zu 33 % aufzuerlegen (zum Erfordernis der Änderung der Kostenentscheidung der Vorinstanz durch das Rechtsmittelgericht von Amts wegen nach § 308 Abs. 2 ZPO siehe BGH, Urteil vom 24.11.1980 - VIII ZR 208/79; LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.01.2007 - 6 Sa 1443/06, jeweils zitiert nach juris).

Die durch die Anrufung des örtlich unzuständigen Arbeitsgerichts Hanau entstandenen Kosten waren nach § 48 Abs. 1 ArbGG i.V. mit § 17 b Abs. 2 Satz 2 GVG allein dem Kläger aufzuerlegen.

V. Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache, insbesondere wegen der hier auch entscheidungserheblichen und - soweit ersichtlich - höchstrichterlich bislang noch nicht abschließend geklärten Frage der rechtlichen Konsequenzen der Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Betriebserwerber vor Ausübung eines wirksamen und rückwirkenden Widerspruchs des Arbeitnehmers gegen einen erfolgten Betriebsübergang, zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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