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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 05.07.2002
Aktenzeichen: 11 Sa 559/01
Rechtsgebiete: BGB, RTV f. d. Gebäudereinigerhandwerk NRW


Vorschriften:

BGB § 615 S. 1
BGB § 615 S. 2
RTV f. d. Gebäudereinigerhandwerk NRW § 23
1. Arbeitsaufforderungen des Arbeitgebers beenden seinen durch eine unwirksame Kündigung entstandenen Annahmeverzug nur, wenn er zugleich seine Kündigung zurücknimmt und sein Arbeitsangebot nicht befristet - etwa auf die Dauer eines Kündigungsschutzprozesses. Nicht-Annahme des Angebots kann aber böswilliges Unterlassen anderweitigen Erwerbs i. S. v. § 615 S. 2 BGB sein.

2. Böswilliges Unterlassen anderweitigen Erwerbs i. S. v. § 615 S. 2 BGB erfordert positive Kenntnis des Arbeitnehmers von der Arbeitsmöglichkeit und seine vorsätzliche Untätigkeit; fahrlässige Unkenntnis reicht nicht aus. Grundsätzlich schließt den Vorwurf die Tatsache aus, dass sich der Arbeitnehmer beim Arbeitsamt als arbeitssuchend gemeldet hat.

3. Positive Kenntnis i. S. v. Zf. 2 beweist der Arbeitgeber grundsätzlich nicht schon durch den Beweis des Zugangs eines Arbeitsangebotsschreibens.

4. Die außergerichtliche Geltendmachung kündigungsakzessorischer Ansprüche kann durch Erhebung der Kündigungsschutzklage geschehen. Unschädlich ist, wenn die Geltendmachung auf diese Weise vor Fälligkeit erfolgt. Der Lauf eventuell vom Tarifvertrag vorgesehener weiterer Firsten setzt in diesem Fall mit der Fälligkeit ein.


LANDESARBEITSGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 11 Sa 559/01

Verkündet am: 05.07.2002

In dem Rechtsstreit

hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 12.04.2002 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Schunck als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Froitzheim und Büttner

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 29.11.2000 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln - 3 Ca 8324/99 - unter Zurückweisung der Berufung im übrigen - teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 28.654,60 DM brutto abzüglich 8.090,91 DM netto nebst 4 % Zinsen von 20.563,69 DM seit dem 15.12.1999 zu zahlen; im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt zu 7/10 die Beklagte, im übrigen die Klägerin.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien - nämlich die beklagte GmbH, die ein Gebäudereinigungsunternehmen betreibt und die am 06. 09. 1936 geborene Klägerin, die seit Juni 1988 bei ihr als Reinigungskraft beschäftigt ist - streiten um Lohn aus Annahmeverzug nach einer betriebsbedingten Kündigung vom 29. 03. 1999 zum 30. 06. 1999, die vom LAG Köln mit Urteil vom 21. 06. 2000 rechtskräftig als unwirksam erkannt worden ist. Mit vorliegender am 08. 10. 1999 eingegangener Klage hat die Klägerin Verzugslohn für die Monate Juli 1999 bis September 2000 in Höhe von insgesamt 38.834,16 DM brutto unter Abzug von insgesamt 9.225,92 DM netto für bezogenes Arbeitslosengeld gefordert; in der Gesamtsumme sind enthalten: 1.071,62 DM als Jahressondervergütung für 1999, 675,-- DM als Urlaubsgeld und 2.620,80 DM Urlaubsentgelt/Urlaubsabgeltung für 1999 (Bl. 13).

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter und beruft sich auf die Verfallfristen des RTV für das Gebäudereinigerhandwerk, die eine schriftliche Geltendmachung von zwei Monaten ab Fälligkeit verlangen. Zudem habe sie die Klägerin zweimal zur Arbeitsaufnahme aufgefordert - nämlich mit Schreiben vom 07. 09. 1999 (Bl. 77), das der Klägerin am 08. 09. 1999 persönlich zugestellt worden sei und mit Schreiben vom 18. 04. 2000 (Bl. 78), das der Klägerin am 19. 04. 2000 persönlich übergeben worden sei. Zudem habe die Klägerin von der Reinigungsfirma, die das Reinigungsobjekt "Gebäude" von ihr, der Beklagten, übernommen habe (Fa. , das Angebot erhalten, an vier Stunden täglich zu arbeiten; dies habe die Klägerin abgelehnt, weil sie wie bisher an sechs Stunden täglich habe arbeiten wollen. Ein Urlaubsabgeltungsanspruch für 1999 bestehe nicht mehr, da die Klägerin ihren gesamten Erholungsurlaub bis zum 30. 06. 1999 an einem Stück genommen habe. Die Jahressondervergütung und das zusätzliche Urlaubsgeld zahle sie aufgrund einer Betriebsvereinbarung monatlich im voraus. Die Klägerin habe diese Leistungen bereits bis zum 30. 06. 1999 vollständig erhalten gehabt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung abzuweisen.

Die Klägerin beantragt Zurückweisung der Berufung mit der Maßgabe, daß die Beklagte verurteilt bleiben soll, an sie 35.505,60 DM brutto abzüglich 10.111,50 DM Arbeitslosengeld nebst Zinsen wie Bl. 101 zu zahlen. Für Juli 1999 bis September 2000 habe sie nämlich Lohnansprüche in Höhe von insgesamt 34.501,36 DM erworben (Bl. 105) und Arbeitslosengeld in Höhe von insgesamt 10.111,50 DM bezogen (Bl. 106). Zu den Lohnansprüchen träten hinzu: die Ansprüche auf die Jahressonderzahlung (1.071,62 DM) und das Urlaubsgeld (675,-- DM) in Höhe von insgesamt 1.746,62 DM, die sich um 742,38 DM (= 6 x 123,73 DM) auf 1.004,24 DM verringerten, falls die in den Monaten Januar bis Juni 1999 abgerechneten "Betriebszulagen" Vorauszahlungen auf Jahressonderzahlung und Urlaubsgeld darstellten. Die Klägerin meint, die tarifliche Ausschlußfrist durch die Erhebung der Kündigungsschutzklage gewahrt zu haben. Urlaub habe sie bis einschließlich Juni 1999 nicht erhalten, wie sich aus den monatlichen Abrechnungen ergebe (Bl. 108 ff.); deshalb habe sie mit Schreiben vom 06. 09. 1999 (Bl. 114) gefordert, den Urlaub abzugelten. Da das Arbeitsverhältnis nicht zum 30. 06. 1999 beendet worden sei, gelte der Urlaub als im Annahmeverzugszeitraum in natura genommen - und zwar mit Rücksicht auf die Geltendmachung mit Schreiben vom 06. 09. 1999 frühestens im Abrechnuungszeitraum Oktober/November 1999. Die Einklagung unter dem 22. 12. 1999 sei damit fristgemäß. Arbeitsaufforderungen habe sie keine erhalten; zudem könne sie deutsch nicht lesen oder schreiben. Die der Beklagten im Reinigungsobjekt nachfolgende Firma habe ihr keinen Arbeitsvertrag angeboten. Sie, die Klägerin, habe die Firma nach einer Übernahme zu den bisherigen Bedingungen (u.a. sechs Stunden täglich) gefragt. Dies habe die Firma abgelehnt, mit dem Hinweis, alle Arbeitsplätze seien besetzt; eine vierstündige Tätigkeit sei möglich, ein Einsatzort oder weitere Einzelheiten des Arbeitsverhältnisses seien aber nicht genannt worden.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung, die zu den Akten gereichten Urkunden sowie ergänzend auf den vorgetragenen Inhalt der zweitinstanzlich zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist nur zum Teil begründet, im übrigen nicht.

I. Die Berufung ist begründet, soweit die Beklagte mit der angefochtenen Entscheidung zur Zahlung von mehr als 28.654,60 DM brutto abzüglich Arbeitslosengeld verurteilt worden ist.

1) Die Berufung ist insoweit begründet, als die Klägerin zweitinstanzlich ihre Klageforderung reduziert hat und statt der 38.834,16 DM brutto nur noch 35.505,60 DM brutto verlangt und diese Reduzierung noch dadurch erweitert, daß sie von der Brutto-Forderung nicht mehr nur 9.225,92 DM netto abzieht, sondern 10.111,50 DM netto.

2) Darüber hinaus ist die Berufung begründet, soweit die Lohnansprüche für die Monate Dezember 1999 und Januar 2000 in Höhe von (13.715,52 DM : 6 x 2 =) 4.571,84 DM brutto betroffen sind. Diese Ansprüche sind nach § 23 Abs. 2 des unstreitig anwendbaren RTV für das Gebäudereinigerhandwerk NRW verfallen. Die Vorschrift verlangt die gerichtliche Geltendmachung einer Forderung spätestens zwei Wochen und zwei Monate nach ihrer außergerichtlichen Geltendmachung i.S.v. § 23 Abs. 1 RTV - vorausgesetzt diese kam noch rechtzeitig. Da die Klägerin sich zu Recht darauf beruft, sämtliche kündigungsabhängigen Forderungen bereits durch Erhebung der Kündigungsschutzklage geltend gemacht zu haben, wodurch die zweiwöchige Überlegungsfrist für den Arbeitgeber und die zweimonatige Klagefrist mit Eintritt der Fälligkeit zu laufen begännen, kann der klageerweiternde Schriftsatz vom 11.05.2000, mit dem die gerichtliche Geltendmachung dieser Ansprüche erstmals erfolgt, nicht mehr rechtzeitig sein.

Denn nach eigenem Vortrag der Klägerin waren diese Ansprüche am 15. 01. und 15. 02. 2000 fällig; der Abstand zum Schriftsatz vom 11. 05. 2000 übersteigt 2,5 Monate.

2) Entsprechendes gilt für den Lohn für Juni 2000 in Höhe von (4.558,32 DM : 2 =) 2.279,16 DM brutto, fällig am 15. 07. 2000, da der klageerweiternde Schriftsatz vom 16. 10. 2000 die vorerwähnte Frist nicht mehr wahren konnte.

II. Im übrigen ist die Berufung nicht begründet. Die Klageforderung besteht in der zweitinstanzlich noch streitigen Höhe von 35.505,60 DM brutto abzüglich (4.571,84 DM + 2.279,16 DM =) 6.851,-- DM - mithin in Höhe von 28.654,60 DM brutto unter Berücksichtigung des noch abzuziehenden Arbeitslosengeldes zu Recht.

1) Die Einwände der Beklagten gegen die Berechnung der Klageforderung sind - soweit sie konkret und damit beachtlich sind - unschlüssig: Die Höhe der Forderung wird weder vom Streit der Parteien um die Urlaubsabgeltung noch von dem um den Rechtscharakter der Betriebszulage berührt:

a) Urlaubsabgeltung wird in Wahrheit gar nicht beansprucht, weil die Klägerin den Urlaub in natura erhalten zu haben bekennt ("Da das Arbeitsverhältnis ... nicht zum 30. 06. 1999 beendet worden ist, gilt der Urlaubsanspruch im den Annahmeverzugszeitraum als in natura genommen"); der entsprechende Vergütungsanspruch ist als Urlaubsentgelt in der Berechnung des Lohnanspruchs enthalten. Rechnerisch ist die Situation nicht anders, als hätte die Klägerin - was zulässig gewesen wäre - durchgehend nur Verzugslohn geltend gemacht und sowohl auf Urlaubsentgelt als auch auf Urlaubsabgeltung gänzlich verzichtet.

b) Die in den Monaten Januar bis Juni 1999 gezahlte Betriebszulage, um die die Beklagte die Klageforderung geschmälert wissen will, weil sie Vorauszahlung auf Jahressondervergütung und Urlaubsgeld darstelle, hat sich die Klägerin bei der Ermittlung ihres Anspruchs bereits freiwillig abgezogen: Den von ihr errechneten Betrag von 35.505,60 DM brutto erhält man nämlich nur, wenn man die Lohnansprüche von 34.501,36 DM zwar zunächst um die vollen Gratifikationen in Höhe von (1.71,62 DM + 675,-- DM =) 1. 746,62 DM erhöht, das Ergebnis dann aber anschließend um die (6 x 123,73 DM =) 742,38 DM wieder reduziert, die im ersten Halbjahr 1999 als Betriebszulage gezahlt worden sind. Die Klägerin mag zwar der Meinung sein, daß ihr Anspruch auf Jahressondervergütung und Urlaubsgeld nicht um die Betriebszulage zu mindern ist und um diese Ansicht ausführlich mit der Beklagten streiten; das Gericht kann sich jedoch aus diesem Streit heraushalten, weil die Klägerin ihre Ansicht jedenfalls nicht der Berechnung ihrer Klageforderung zugrundelegt.

2) Dem so berechneten Klageanspruch kann die Beklagte nicht entgegenhalten, daß die Klägerin im Vergütungszeitraum nicht gearbeitet hat (§§ 614, 320 BGB). Das ist unschädlich, weil sich die Beklagte in Annahmeverzug befand (§ 615 S. 1 BGB). In ihn war sie durch die von ihr ausgesprochene unwirksame Kündigung geraten (BAG, Urteil vom 19. 01. 1999 - 9 AZR 679/97 in AP Nr. 79 zu § 615 BGB).

a) Der Annahmeverzug ist nicht dadurch beendet worden, daß die Beklagte die Klägerin zur anderweitigen Arbeitsaufnahme aufgefordert hat. Arbeitsaufforderungen des Arbeitgebers beenden seinen durch eine unwirksame Kündigung entstandenen Annahmeverzug nur, wenn er zugleich seine Kündigung zurücknimmt und sein Arbeitsangebot nicht etwa für die Dauer des Kündigungsschutzprozesses befristet (BAG, Urteil vom 14. 11. 1985 - 2 AZR 98/84 in AP Nr. 39 zu § 615 BGB). Das ist nicht geschehen.

b) Allerdings kann darin, daß der Arbeitnehmer einer Arbeitsaufforderung des Arbeitgebers nicht nachkommt, ein seinen Entgeltanspruch minderndes böswilliges Unterlassen i.S.v. § 615 S. 2 BGB liegen - vorausgesetzt die Arbeitsaufnahme ist ihm zumutbar (BAG, Urteil vom 14. 11. 1985 a.a.O.). Eine Arbeitsaufforderung kann der Entscheidung jedoch nicht zugrunde gelegt werden: Die Klägerin hat bestritten, die Aufforderungsschreiben erhalten zu haben, die Beklagte hat den Erhalt nicht bewiesen. Der hierzu vom Gericht vernommene Zeuge N hat lediglich bekundet, die Aufforderungsschreiben in den mit Namen der Klägerin versehenen Briefkasten im Hausflur geworfen zu haben. Das reicht nicht aus. Denn das böswillige Unterlassen anderweitigen Erwerbs i.S.v. § 615 S. 2 BGB erfordert positive Kenntnis des Arbeitnehmers von der Arbeitsmöglichkeit und seine vorsätzliche Untätigkeit; fahrlässige Unkenntnis reicht nicht aus (Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 8. Aufl., § 95 II 4). Positive Kenntnis der Klägerin von den ihr angebotenen Arbeitsmöglichkeiten hat die Beklagte nicht dadurch bewiesen, daß sie den Zugang der Angebotsschreiben bewiesen hat. Es sind zahlreiche Sachverhaltsvarianten denkbar, in denen trotz Zugangs der Schreiben eine Kenntnisnahme der Klägerin von ihrem Inhalt unterblieben ist etwa die Nachlässigkeit Dritter, die mit der Leerung des Briefkastens während einer längeren Urlaubsabwesenheit beauftragt waren, Vandalismus oder Diebstahl, versehentliche Entsorgung der Schreiben zusammen mit zahlreichen Werbesendungen in Verkennung ihrer Natur und anderes mehr. Die Klägerin hat zwar all dieses nicht vorgetragen, obwohl es an sich zu ihrer Darlegungslast gehört. Im vorliegenden Fall ist dies jedoch unschädlich, weil die Beklagte immer vorgetragen hatte, die Schreiben seien der Klägerin persönlich übergeben worden; so lautet auch der Beweisbeschluß des Berufungsgerichts, der keinen Widerspruch der Beklagten hervorgerufen hat. Dementsprechend hatte die Klägerin überhaupt keinen Anlaß, nach dem Schicksal eines Briefkasteneinwurfs zu forschen und hierzu Stellung zu nehmen.

c) Auch das Angebot der Fa. , Nachfolgefirma im Reinigungsobjekt " Gebäude", begründet gegen die Klägerin nicht den Vorwurf, anderweitigen Erwerb böswillig unterlassen zu haben. Zum einen schließt diesen Vorwurf grundsätzlich die Tatsache aus, daß sich der Arbeitnehmer beim Arbeitsamt als arbeitssuchend gemeldet hat (LAG Hamm, Urteil vom 09. 04. 1975 - 2 Sa 92/75 in DB 1975, 987; ErfK/Preis, § 615 BGB Rn. 105; Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 8. Aufl., § 95 II 4). Das ist hier unstreitig geschehen. Zum anderen ist der Arbeitnehmer nur zur Annahme einer zumutbaren Beschäftigung verpflichtet (vgl. § 11 S. 1 Nr. 2 KSchG, der auch den Inhalt von § 615 S. 2 BGB bestimmt: KR-Spilger, 6. Aufl., § 11 KSchG Rn. 39). Die Zumutbarkeit einer möglichen Tätigkeit bei der Fa. kann nicht festgestellt werden, weil der Vortrag der Beklagten zu diesem Punkt ohne jede Substantiierung ist. Die Konditionen des Arbeitsverhältnisses sind dem Gericht auf diese Weise unbekannt geblieben - insbesondere was den Arbeitsort und die Entlohnung angeht. Da es sich um ein Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitszeitumfang gehandelt haben soll, der 1/3 hinter dem Arbeitsverhältnis der Parteien zurückblieb (vier statt sechs Tagesstunden), wäre die Zumutbarkeit - eine Substantiierung der Konditionen im übrigen vorausgesetzt - wohl eher zu verneinen; denn allein schon deshalb kann die Arbeit nur weitaus schlechter bezahlt gewesen sein, was der Arbeitnehmer nicht hinnehmen muß (KR-Spilger, 6. Aufl., § 11 KSchG Rn. 42).

3) Die Ansprüche der Klägerin sind - soweit nicht deren Verfall bereits unter Ziffer I 2 dargetan worden ist nicht durch den Ablauf tariflicher Ausschlußfristen untergegangen (§ 23 RTV für das Gebäudereinigerhandwerk NRW).

Für alle kündigungsakzessorischen Ansprüche ist die zweimonatige Ausschlußfrist für die außergerichtliche, privatschriftliche Geltendmachung durch die Erhebung der Klage gegen die Kündigung vom 29. 03. 1999 unter dem 20. 04. 1999 gewahrt worden. Die außergerichtliche Geltendmachung kündigungsakzessorischer Ansprüche kann durch Erhebung der Kündigungsschutzklage geschehen (BAG, Urteil vom 07. 11. 1991 in AP Nr. 114 zu § 4 TVG Ausschlußfristen). Unschädlich ist, daß auf diese Weise die Geltendmachung noch vor Fälligkeit erfolgte; das ist zulässig (BAG, Urteil vom 22. 02. 1978 in AP Nr. 63 zu § 4 TVG Ausschlußfristen). Da in einem solchen Fall die zweiwöchige Überlegungsfrist des Schuldners mit der sich anschließenden zweimonatigen Frist für die gerichtliche Geltendmachung erst mit Fälligkeit der Ansprüche zu laufen beginnt (BAG, Urteil vom 27. 03. 1996 - 10 AZR 668/95 in AP Nr. 134 zu § 4 TVG Ausschlußfristen), sind diese Fristen durch die vorliegende am 08. 10. 1999 eingegangene Zahlungsklage gewahrt worden, soweit die dort betroffenen Ansprüche - nämlich die Lohnansprüche für Juli bis September 1999 - in Rede stehen. Denn der älteste dieser Ansprüche - der Lohnanspruch für Juli 1999 - war nach Darstellung der Beklagten Ende Juli 1999, nach Darstellung der Klägerin erst am 15. 08. 1999 fällig. Eine damit beginnende Frist von zwei Wochen und zwei Monaten war am 08. 10. 1999 noch nicht abgelaufen.

Entsprechendes gilt für die Vergütungen für Oktober und November 1999 sowie die Gratifikationen 1999, die mit dem klageerweiternden Schriftsatz vom 22. 12. 1999 geltend gemacht worden sind.

Die Löhne für Februar bis Mai 2000 wurden mit dem Schriftsatz vom 11. 05. 2000 rechtzeitig geltend gemacht. Hier könnte für den Februarlohn Verfall zwar eingetreten sein - aber nur, wenn man die Behauptung der Beklagten zugrunde legte, die Ansprüche seien am Ende eines jeden Monats fällig; denn der klageerweiternde Schriftsatz vom 11. 05. 2000 ist erst am 15. 05. 2000 bei Gericht eingegangen. Es muß jedoch vom Vortrag der Klägerin ausgegangen werden, wonach der monatlich abgerechnete Lohn erst am 15. des Folgemonats fällig wird. Eine von der Tarifüblichkeit zugunsten der Klägerin abweichende Fälligkeitsvereinbarung hat die Beklagte nicht behauptet.

Auch die Löhne für Juni und Juli 2000 sind rechtzeitig geltend gemacht worden - und zwar mit dem Schriftsatz vom 31. 07. 2000.

Der Schriftsatz vom 16. 10. 2000 kam zwar für Juni 2000 zu spät (s. unter I. 2). Er kam jedoch rechtzeitig, um die Löhne für Juli bis September 2000 geltend zu machen.

III. Von ihrem begründeten Anspruch in Höhe von 28.654,60 DM brutto muß sich die Klägerin unstreitig das für die gleiche Zeit empfangene Arbeitslosengeld abziehen lassen - allerdings nicht in Höhe der von ihr eingesetzten 10.111,50 DM netto, sondern nur in Höhe von 8.090,91 DM netto. Denn der von der Klägerin eingesetzte Betrag bezieht sich auf alle von ihr geltend gemachten Monate. Demgegenüber muß sie sich kein Arbeitslosengeld abziehen lassen für Monate, für die sie von der Beklagten wegen Verfalls keinen Lohn beanspruchen kann - nämlich für Dezember 1999 in Höhe von 2.285,92 DM, für Januar 2000 in Höhe von ebenfalls 2.285,92 DM und für Juni 2000 in Höhe von 2.279,16 DM. Für diese Monate hat die Klägerin nach ihren unbestrittenen Angaben Arbeitslosengeld wie folgt bezogen: (31 x 21,63 DM =) 670,53 DM für Dezember 1999, (31 x 22,46 DM =) 696,26 DM für Januar 2000 und (30 x 22,46 DM =) 673,80 DM für Juni 2000. Insgesamt ergibt das einen Betrag von 2.040,59 DM netto an Arbeitslosengeld, um den der von der Klägerin selbst eingesetzte Betrag von 10.111,50 DM zu mindern ist (= 8.070,91 DM).

IV. Zinsen kann die Klägerin vom Brutto-Betrag fordern, den sie in einem von der Beklagten nicht bemängelten Verfahren ohne Umrechnung um den Netto-Abzugsbetrag reduziert (35.505,60 DM ./. 10.111,50 DM = 25.394,10 DM). Entsprechend dem Umfang der zugesprochenen Klage sind die Beträge auszutauschen: 28.654,60 DM ./. 8.090,91 DM = 20.563,69 DM. Zulässig - weil unbestritten - ist es auch, eine Verzinsung dieses Betrages von einem mittleren Datum an (15. 12. 1999) zu verlangen. Hierbei handelt es sich um die Gesamtforderung der Klägerin. Von welchem weiteren Betrag in Höhe von 5.834,70 DM die Klägerin zusätzlich noch Zinsen fordert, hat sich dem Gericht nicht erschlossen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92, 97 ZPO.

Weil der Rechtsstreit nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist, wurde die Revision nicht zugelassen. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72 a ArbGG wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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