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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 15.03.2002
Aktenzeichen: 11 TaBV 75/01
Rechtsgebiete: BetrVG, TV WeFö, ArbGG


Vorschriften:

BetrVG § 76 Abs. 2 S. 2
BetrVG § 76 Abs. 2 S. 3
BetrVG § 98 Abs. 1 S. 1
BetrVG § 117 Abs. 2 S. 1
TV WeFö § 4 Abs. 1 Unterabs. 3
TV WeFö § 7
TV WeFö § 12
TV WeFö § 12 Abs. 2
TV WeFö § 12 Abs. 3
TV WeFö § 12 Abs. 5
ArbGG § 98
ArbGG § 98 Abs. 2 S. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
LANDESARBEITSGERICHT KÖLN BESCHLUSS

Geschäftsnummer: 11 TaBV 75/01

Verkündet am: 15.03.2002

In dem Beschlussverfahren

hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln auf die mündliche Anhörung vom 22.02.2002 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Schunck als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Frenking und die ehrenamtliche Richterin Fromm

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der am 11.10.2001 verkündete Beschluss des Arbeitsgerichts Köln - 8 BV 185/01 - abgeändert:

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten um die Errichtung einer Einigungsstelle. Antragsgegner sind die D L AG und drei weitere ihr konzernmäßig verbundene Unternehmen der Luftfahrt. In Ausfüllung des § 117 Abs.2 S.1 BetrVG hat die einen "Tarifvertrag Personalvertretung für das Cockpitpersonal" (TV PV) abgeschlossen, der als Personalvertretungen die Gruppenvertretung für einzelne Mitarbeitergruppen innerhalb des Bordpersonals, die Gesamtvertretung bestehend aus Vertretern der Gruppenvertretungen und die Konzernvertretung vorsieht. Dieser TV gilt als Konzerntarifvertrag für die Unternehmen aller Antragsgegnerinnen. Im Rahmen dieses Konzerntarifvertrages haben die Antragsgegnerinnen einen Tarifvertrag über Wechsel und Förderung (TV WeFö) abgeschlossen, der Besetzungsrichtlinien für bestimmte Flugzeugmuster vorsieht. Demnach hat die Besetzung grundsätzlich nach Seniorität zu erfolgen, die in einer jährlich überarbeiteten Senioritätsliste festgelegt wird. Bei der Festsetzung hat das antragstellende Gremium mitzubestimmen. Bei diesem Gremium handelt es sich um das gemeinsame paritätische Gremium, das von § 12 TV WeFö ins Leben gerufen wurde und dessen Mitglieder von den Personalvertretungen der Konzernunternehmen (Antragsgegnerinnen) bestimmt werden. Dieses möchte mit den Antragsgegnerinnen eine Betriebsvereinbarung abschließen, die die Besetzung ("Bereederung") zweier Flugzeugmuster (A300 und B747-200) regeln soll, soweit Arbeitsplätze für Copiloten (FO-Positionen) betroffen sind. Da die Antragsgegnerinnen ein Mitbestimmungsrecht des Antragstellers in dieser Frage bestreiten, hat dieser die Einigungsstelle angerufen. Da die Antragsgegnerinnen keinen Vorsitzenden benennen, hat der Antragsteller das vorliegende Bestellungsverfahren nach § 76 Abs.2 S.2 und 3 BetrVG, § 98 ArbGG in Gang gesetzt. Das Arbeitsgericht hat dem Antrag auf Einsetzung eines Vorsitzenden und Festlegung der Beisitzeranzahl stattgegeben. Mit ihrer Beschwerde verfolgen die Antragsgegnerinnen ihren Zurückweisungantrag weiter.

Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens wird auf den angefochtenen Beschluß sowie auf den Inhalt der zweitinstanzlich gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II. Die Beschwerde der Antragsgegnerinnen ist begründet. Der Antrag auf Einsetzung eines Vorsitzenden und Festlegung der Beisitzerzahlen ist gem. § 98 Abs.1 S.1 BetrVG zurückzuweisen. Die geplante Einigungsstelle ist für die ihr zugedachte Regelungsmaterie offensichtlich unzuständig.

Die Einigungsstelle ist unzuständig, weil die zu regelnde Materie keinem Tatbestand zugeordnet werden kann, für den dem Antragsteller ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht zusteht. Der Sache nach will der Antragsteller mit den Antragsgegnerinnen für einen begrenzten Anwendungsbereich Auswahlrichtlinien vereinbaren. Bei der Erstellung von Auswahlrichtlinien hat der Antragsteller kein erzwingbares Mitbestimmungsrecht: Der Tarifvertrag, auf den er sich beruft und dem er seine Existenz verdankt (TV WeFö), führt ein solches Mitbestimmungsrecht nicht auf. Dabei handelt es sich nicht um eine ungewollte Regelungslücke. Das Mitbestimmungsrecht bei der Erstellung von Auswahlrichtlinien wird von den Tarifvertragsparteien ausdrücklich den Personalvertretungen zugewiesen nämlich im TV PV (§ 84), gerade auch der Unternehmensübergreifenden Konzernvertretung. Der TV WeFö enthält keine Bestimmung, die das gemeinsame paritätische Gremium an die Stelle der Personalvertretungen treten läßt - insbesondere nicht in § 12 Abs.3 und 5: Diese Textstellen schaffen keine Mitbestimmungsrechte, sondern setzen diese voraus - geschaffen werden sie an anderer Stelle des Tarifvertrags, z.B. in § 4 Abs.1 Unterabs.3 TV WeFö, wonach das gemeinsame paritätische Gremium bei der Festsetzung der Seniorität mitzubestimmen hat und notfalls die Einigungsstelle anrufen kann (§ 5 Abs.4 TV WeFÖ) oder in § 12 Abs.2 TV WeFö, nach dem das Gremium die Einigungsstelle anrufen kann, wenn es Bestimmungen des § 7 für verletzt hält. Darüber hinaus beschränkt der TV WeFö die Rechte des Gremiums auf Vorschläge, die an die Tarifpartner zu richten sind (§ 12 Abs.4 TV WeFö) und ein Anhörungsrecht bei der Festsetzung der Bedingungen, die ein Bewerber zu erfüllen hat (§ 7 Abs.5). Auch das zeigt, daß das gemeinsame paritätische Gremium nicht selber Auswahlrichtlinien soll erzwingen können.

Wenn vor diesem Hintergrund § 12 Abs.3 und 5 TV WeFö bestimmen, daß "Ansprüche aus diesem Tarifvertrag" nur dem Antragsteller zustehen bzw. Mitbestimmungsrechte "in allen Angelegenheiten dieses Tarifvertrages (...) alleinig und ausschließlich" vom Antragsteller wahrgenommen werden, so hat diese Regelung erkennbar keine rechtsbegründende Absicht zugunsten des Antragstellers, sondern im Gegenteil eine rechtsausschließende zu Lasten der Personalvertretungen: Sofern Mitbestimmungsrechte und Ansprüche des Antragstellers vom Tarifvertrag (andernorts) begründet werden, sollen diese nicht konkurrierend auch noch - etwa in Anwendung des TV PV - von den Personalvertretungen wahrgenommen werden können.

Die wiedergegebene Rechtslage ist auch offensichtlich, weil sie sich zwingend aus der Textlage ergibt.

Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben, § 98 Abs.2 S.4 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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