Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 11.02.2005
Aktenzeichen: 12 Sa 1149/04
Rechtsgebiete: BGB, GewO


Vorschriften:

BGB § 315
GewO § 106 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 06.08.2004 - 2 Ca 14598/03 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand: Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Umsetzung und einer hilfsweise ausgesprochenen Änderungskündigung. Die am 07.09.1948 geborene Klägerin ist seit 01.04.1999 bei der Beklagten als Pflegehilfskraft beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis liegt der schriftliche Arbeitsvertrag vom 22.02.1999 zugrunde, wegen dessen Inhaltes im Einzelnen auf die bei den Akten befindliche Kopie (Bl. 4, 5) Bezug genommen wird. Die Klägerin wurde ausschließlich im Nachtdienst eingesetzt. Als Nachtwache hatte sie sich auch mit Schreiben vom 14.01.1999 beworben. Mit Schreiben vom 02.10.2003 wandte sie sich an die Beklagte unter dem Betreff "Neuregelung der Ruhepausen im Nachtdienst", in dem sie die bisher praktizierte Pausenregelung rügte und Bezahlung der Pausenzeiten für die letzten sechs Monate verlangte. Unter dem 27.11.2003 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass diese ab 01.01.2004 ausschließlich im Tagesdienst eingesetzt werde. Dagegen wendet die Klägerin sich im vorliegenden Rechtsstreit, im Wesentlichen mit der Begründung, ihr Einsatz ausschließlich im Nachtdienst sei Gegenstand der vertraglichen Vereinbarung. Im Verlauf des Rechtsstreits sprach die Beklagte vorsorglich eine Änderungskündigung mit Schreiben vom 05.02.2004 zum 30.06.2004 aus, die ebenfalls den Einsatz der Klägerin im Tagesdienst zum Gegenstand hat. Gegen diese Änderungskündigung wendet die Klägerin sich ebenfalls. Sie macht insbesondere geltend, die Änderungskündigung sei wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unwirksam. Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat vorgetragen: Die ausschließliche Tätigkeit der Klägerin im Nachtdienst sei nicht Inhalt des Arbeitsverhältnisses geworden, wie sich aus dem schriftlichen Arbeitsvertrag eindeutig ergebe. Dass ihr danach auch hinsichtlich der Arbeitszeit zustehende Direktionsrecht habe sie, so hat die Beklagte weiter geltend gemacht, sachgerecht ausgeübt. Nach dem Schreiben der Klägerin vom 02.10.2003 habe sie sich arbeitsrechtlich beraten lassen. Dabei sei sie auf eine Problematik aufmerksam gemacht worden, die sie bis dahin nicht in dieser Schärfe gesehen habe, nämlich die haftpflichtrechtliche Seite der Pausengewährung im Nachtdienst. Dieser sei bislang mit einer examinierten und einer nichtexaminierten Kraft wie der Klägerin besetzt worden. Dies habe bedeutet, dass während der Pausenzeit der examinierten Kraft (45 Minuten pro Nacht) nur eine nichtexaminierte Pflegekraft zur Verfügung gestanden habe. Wäre in dieser Zeit etwas passiert, wäre sie, die Beklagte, möglicherweise aus dem Gesichtspunkt des Organisationsverschuldens in der Haftung gewesen, weil für die Betreuung, Pflege und Versorgung der Bewohner durchgehend Fachkraftstandard zu fordern sei. Vor dem Hintergrund dieser Risiken habe sie, die Beklagte, sich entschlossen, in Zukunft im Nachtdienst durchgängig Fachkraftstandard herzustellen mit der Folge, dass die Klägerin im Nachtdienst nicht mehr eingesetzt werden könne. Aufgrund des Arbeitsvertrages könne die Klägerin im Tagesdienst, wie ab 01.01.2004 praktiziert, eingesetzt werden. Durch Urteil vom 06.08.2004 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte sei aufgrund des ihr zustehenden Direktionsrechtes berechtigt, die Klägerin auch im Tagesdienst einzusetzen. Inhalt des Arbeitsverhältnisses sei nämlich ein Einsatz der Klägerin ausschließlich als Nachtwache nicht geworden. Dies ergebe sich aus der Gestaltung des Vertrages. Das Arbeitsverhältnis habe sich nicht auf den Nachtdienst konkretisiert. Dazu reiche auch die hier in Rede stehende Dauer von knapp fünf Jahren nicht aus. Es müssen weitere Umstände hinzutreten, die tatsächlich nicht vorliegen. Bei der Ausübung des Direktionsrechtes habe die Beklagte billiges Ermessen im Sinne von § 315 BGB gewahrt. Wenn sie sich dazu entschließe, im Nachtdienst künftig nur noch examinierte Fachkräfte einzusetzen, und aus diesem Grund die Klägerin, die als Pflegehilfskraft diese Qualifikation unstreitig nicht aufweise, von dem Nacht- in den Tagesdienst umsetze, bleibe ihr dies im Hinblick auf die unternehmerische Entscheidungsfreiheit unbenommen. Dass die Klägerin möglicherweise eine Verdienstminderung wegen Wegfalls von Nachtschichtzulagen erleide, sei hinzunehmen. Diese Zulagen sollten lediglich die besonderen Belastungen der Mitarbeiter während des Nachtdienstes kompensieren, die tatsächlich nicht mehr anfielen. Über die Wirksamkeit der Änderungskündigung vom 05.02.2004 sei nicht mehr zu befinden, da diese lediglich vorsorglich für den Fall ausgesprochen worden sei, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen im Wege des Direktionsrechtes nicht durchsetzbar sein sollte. Wegen des weiteren Inhalts des erstinstanzlichen Urteils wird auf Bl. 60 bis 69 d. A. Bezug genommen. Gegen dieses ihr am 25.08.2004 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 23.09.2004 Berufung eingelegt und diese am 25.10.2004 begründet. Die Klägerin verbleibt dabei, dass sie aufgrund des abgeschlossenen Arbeitsvertrages Anspruch darauf habe, ausschließlich im Nachtdienst eingesetzt zu werden. Die gegenteilige Entscheidung des Arbeitsgerichts beruhe darauf, dass dieses den Sachverhalt nur unvollständig verwertet habe. Insbesondere habe es zu Unrecht nicht die Zeugin F vernommen, die dazu benannt worden sei, dass ein ausschließlicher Einsatz im Nachtdienst vereinbart worden sei. Schließlich habe das Arbeitsgericht auch zu Unrecht eine Konkretisierung des Arbeitsverhältnisses auf eben diese Tätigkeit verneint. Die Klägerin nimmt dazu Bezug auf die Grundsätze zum entstehen einer betrieblichen Übung, die hier entsprechend anzuwenden seien. Endlich weißt die Klägerin darauf hin, dass eine erhebliche qualitative Veränderung ihres Arbeitsinhaltes durch den Einsatz im Tagesdienst stattgefunden habe. Insoweit liege eine mitbestimmungspflichtige Versetzung vor. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 11.02.2005 weiter vorgetragen. Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 06.08.2004 der Klage stattzugeben. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Die Beklagte tritt dem angefochtenen Urteil unter Wiederholung und teilweiser Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags bei. Wegen des erst- und zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien im Übrigen und im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze, die zu den Akten gereichten Unterlagen sowie die Sitzungsniederschriften, insbesondere die vom 11.02.2005, verwiesen. Entscheidungsgründe: Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Die von der Beklagten mit Schreiben vom 27.11.2003 vorgenommene Umsetzung der Klägerin in den Tagesdienst ist rechtswirksam. 1. Nach § 106 Abs. 1 Gewerbeordnung kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen bestimmen, soweit diese nicht anderweitig, durch Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag oder gesetzlicher Regelung festgelegt sind. Eine solche anderweitige Festlegung hat das Arbeitsgericht hinsichtlich der Arbeitszeit zu Recht verneint. Deren Verteilung ist im Arbeitsvertrag nicht geregelt. Sondervereinbarungen gibt es nach § 7 des Arbeitsvertrages nicht. Dem Beweisangebot der Klägerin, die Zeugin F dazu zu vernehmen, dass im Dezember 1998 in einem Telefonat ein ausschließlicher Einsatz im Nachtdienst vereinbart worden sei, brauchte das Arbeitsgericht angesichts der Gestaltung des Arbeitsvertrages nicht nachzugehen. Dieser enthält, wie § 8 S. 1 zu entnehmen ist, eine abschließende Regelung. Der von der Klägerin reklamierte ausschließliche Einsatz im Nachtdienst hätte deshalb gesondert und ausdrücklich im Arbeitsvertrag, in § 7, geregelt werden müssen, was ersichtlich nicht geschehen ist. 2. Eine Konkretisierung des Arbeitsverhältnisses auf eine ausschließliche Nachtwachentätigkeit hat nicht stattgefunden. Dazu genügt nicht schon der bloße Zeitablauf, vielmehr müssen besondere Umstände hinzutreten, aus denen sich ergibt, dass der Arbeitnehmer nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll (BAG, Urteil vom 07.12.2000 - 6 AZR 444/99 - AP Nr. 61 zu § 611 BGB Direktionsrecht). Solche besonderen Umstände liegen hier nicht vor. Die Klägerin hat sich lediglich darauf berufen, dass sie jahrelang (vier Jahre und neun Monate) ausschließlich im Nachtdienst beschäftigt worden sei. Daraus konnte sie jedoch nicht entnehmen, sie werde in Zukunft nicht mehr in anderer Weise beschäftigt werden. Aus diesem Grund lässt sich der Anspruch der Klägerin auch nicht aus betrieblicher Übung herleiten. Unter einer solchen betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden. Ob sich der Arbeitgeber binden will oder nicht, ist danach zu beurteilen, inwieweit die Arbeitnehmer dies aus dem Erklärungsverhalten des Arbeitgebers unter Berücksichtigung von Treu und Glauben sowie aller Begleitumstände schließen durften. Insoweit ist schon fraglich, ob die Festlegung der Leistungspflicht im Wege des Direktionsrechtes überhaupt Gegenstand einer betrieblichen Übung sein kann. Auf jeden Fall reicht der Umstand, dass eine Regelung jahrelang unverändert belassen wird, nicht aus, ein entsprechendes Vertrauen der Arbeitnehmer zu begründen. Es bedarf auch hier weiterer Umstände (vgl. BAG, Urteil vom 07.12.2000 - 6 AZR 444/99 - a. a. O.), die hier nicht vorliegen. 3. Schließlich hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt, dass die Beklagte das ihr zustehende Direktionsrecht im Rahmen billigem Ermessens ausgeübt hat. Die Umsetzung der Klägerin in den Tagesdienst beruht auf anzuerkennenden betrieblichen Bedürfnissen. Soweit die Klägerin in der Berufung, mit Schriftsatz vom 11.02.2005, erstmals geltend macht, diese von der Beklagten angeführten Gründe lägen tatsächlich nicht vor, die Beklagte setze nach wie vor im Nachtdienst regelmäßig neben einer examinierten Pflegekraft auch Hilfskräfte, teilweise sogar Auszubildende ein, ist dieser Vortrag ersichtlich verspätet (§ 67 ArbGG) und deshalb nicht zu berücksichtigen. Im Übrigen hat die Klägerin ihr diesbezügliches Vorbringen jedenfalls teilweise korrigiert. Die von ihr benannte Zeugin K ist tatsächlich examinierte Altenpflegerin, also die von der Beklagten nach ihrem Vortrag nunmehr ausschließlich im Nachtdienst eingesetzte Fachkraft. Überwiegende Interesse auf Seiten der Klägerin sind nicht festzustellen. Soweit die Klägerin erstinstanzlich vorgetragen hat, die Nachtzulage habe ihren Lebensstandard geprägt, ist diese Behauptung ohne Substanz geblieben. Nach der vorliegenden Abrechnung von Oktober 2003 kann dies im Übrigen nicht der Fall gewesen sein. Dort ist eine Nachtzulage von lediglich 78,40 € ausgewiesen bei einem Gesamtmonatseinkommen von 2.122,43 € brutto. Der Vortrag der Klägerin persönlich in der Berufungsverhandlung zu den sich aus der Umsetzung in den Tagesdienst ergebenden gesundheitlichen Probleme muss als verspätet zurückgewiesen werden. Dieses Vorbringen hätte spätestens mit der Berufungsbegründung bei Gericht angebracht werden müssen. Warum dies nicht geschehen ist, ist nicht einmal ansatzweise entschuldigt. 4. Angesichts der vorstehenden Darlegungen bedarf es einer Auseinandersetzung mit der Wirksamkeit der Änderungskündigung vom 05.02.2004 nicht mehr. Die Berufung ist daher zurückzuweisen mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück