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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 25.09.2006
Aktenzeichen: 14 Sa 433/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 242
BGB § 280
1. Der Arbeitgeber kann eine mögliche Aufklärungspflicht über Verbesserungsmöglichkeiten bei einer Zusatzversorgung dadurch erfüllen, dass er auf eine sachverständige Abteilung bei dieser Zusatzversorgungskasse verweist.

2. Holt der Arbeitnehmer dort keine Erkundigungen ein, kann er den Arbeitgeber nicht wegen Verletzung von Aufklärungspflichten in Anspruch nehmen.


Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 07.02.2006 - 6 Ca 2821/05 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die einkommensabhänige Nachversicherung in der Abteilung B der B für die Zeit vom 01.01.2000 bis zum 28.02.2002 als Schadensersatz.

Der Kläger war vom 01.04.1981 an zunächst bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, dann bei der Beklagten als Kraftfahrer tätig. Aus gesundheitlichen Gründen wurde er erstmals ab dem 01.07.1992 ohne Bezüge beurlaubt, um bei der B , einer 100 %igen Tochtergesellschaft der Beklagten, im Bereich der Disposition tätig zu werden.

Der Kläger war bei der Beklagten in der Zusatzversicherung, der B , zusatzversichert.

Beurlaubungen wirken sich auf die Zusatzversorgung der Beklagten in der Weise aus, dass für die beurlaubten Arbeitnehmer die Pflichtversicherungen bestehen bleiben. Nachteile bei längerfristigen Beurlaubungen (mehr als 12 Monate) können durch Sonderzahlungen gemildert werden. Die Beklagte leistete entsprechende Sonderzahlungen auf der Basis des Verdienstes, den der Kläger bei der Beklagten als Kraftfahrer erzielt hatte.

Neben der Beurlaubung gab es nach den grundsätzlichen Hinweisen des Bundesverkehrsministeriums für die Beklagte auch die Möglichkeit, die Pflichtversicherung in der B Abteilung B für ihre Mitarbeiter dadurch fortzuführen, dass diese endgültig in ein Arbeitsverhältnis bei einer Konzerngesellschaft wechselten. Diese Möglichkeit bot für die Arbeitnehmer den Vorteil, dass die Weiterversicherung in der B auf der Basis des aktuellen höheren Verdienstes fortgeführt werden konnte.

Auf ein Schreiben des Klägers vom 01.02.2002 bestätigte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 14.02.2002 unter Bezugnahme auf einen Vermerk des Referates 24 vom 07.09.1999 diese Möglichkeit.

Der Kläger schied daraufhin bei der Beklagten zum 28.02.2002 endgültig aus und wechselte ab dem 01.03.2002 dauerhaft zur B .

Mit der vorliegenden Klage macht der Kläger Ansprühe aus der Verletzung arbeitgeberseitiger Aufklärungsfürsorge und Informationspflichten geltend. Er habe schon Ende 1999 darauf aufmerksam gemacht werden müssen, dass es eine zweite, günstigere Möglichkeit gegeben habe, in der B Abteilung B weiter versichert zu werden, nämlich den endgültigen Arbeitgeberwechsel. Daraus sei eine monatliche Rentendifferenz bei der Zusatzversorgung in Höhe von 70,83 € entstanden.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 07.02.2006 Aktenzeichen 6 Ca 2821/05 die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung darauf verwiesen, dass eine Hinweis- und Aufklärungspflicht in dem vom Kläger eingeforderten Umfang nicht bestanden habe. Mit der Abgabe der entsprechenden Merkblätter, zuletzt des Merkblattes anlässlich der letzten Beurlaubung des Klägers ab dem 01.07.2001 (Blatt 28 ff. d. A.) habe die Beklagte den ihr obliegenden Pflichten genügt (Urteil des Arbeitsgerichtes vom 07.02.2006 - Blatt 89 ff. d. A.).

Gegen dieses am 20.03.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.04.2006 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist auf den 20.06.2006 am 09.06.2006 begründet.

Der Kläger trägt vor, wenn er sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten bereits zum Jahreswechsel 1999/2000 beendet hätte und zur konzernangehörigen Gesellschaft B endgültig übergewechselt wäre, hätte er bereits ab diesem Zeitpunkt die Weiterversicherung bei der B Abteilung B basierend auf seinem aktuellen höheren Einkommen in Anspruch nehmen können. Die Beklagte habe ihn darüber bereits zu diesem Zeitpunkt aufklären müssen. Die Aufklärungspflicht ergebe sich nicht nur aus § 242 BGB sondern auch aus § 29 B Absatz 3 des Lohntarifvertrages in Verbindung mit § 95 der entsprechenden Satzung.

Zudem müsse eine erteilte Auskunft jedenfalls richtig sein. Hierzu sei festzustellen, dass das dem Kläger überlassene Merkblatt unrichtig bzw. unvollständig gewesen sei. In dem Hinweis werde auch nicht darauf hingewiesen, dass das Merkblatt nicht vollständig sei.

Berücksichtigt werden müsse ferner, dass der Kläger von dem Mitarbeiter der Beklagten Herrn S anlässlich eines Telefonates die Auskunft erhalten habe, dass keine Nachteile zu befürchten wären. Der Beklagten sei die Möglichkeit der günstigeren Weiterversicherung in der B Abteilung B durch vollständigen Arbeitgeberwechsel bereits seit 1999 bekannt, wie die Bezugnahme auf den Vermerk des Jahres 1999 zeige. Es sei auch bezeichnend, dass die Beklagte ein neues Merkblatt, das auf diese günstigere Möglichkeit Bezug nehme, im Jahr 2004 herausgegeben habe.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des am 07.02.2006 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Bonn, Aktenzeichen 6 Ca 2821/05 die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom 01.01.2000 bis zum 28.02.2002 in der Abteilung B der BVA einkommensabhängig nachzuversichern.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte beruft sich darauf, es habe keine Verpflichtung bestanden, den Kläger bereits 1999 ungefragt zu informieren. Eine Initiativinformationspflicht bestehe nicht. Das Merkblatt verweise zudem auf die zuständige Bezirksleitung der B . Zu berücksichtigen sei ferner, dass die Beurlaubung dem Kläger eine zusätzliche Sicherheit geboten hätte. Auf die Auskunft des Herrn S könne sich der Kläger nicht berufen, denn der Kläger habe Herrn S nur auf die Eigenanteile zur Sonderzahlung angesprochen. Im Übrigen sei im Merkblatt auf die Nachteile einer Beurlaubung hingewiesen worden.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist in der Sache nicht begründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht der Klage den Erfolg versagen müssen.

1. Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft gemäß § 64 ArbGG. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet worden.

2. In der Sache hatte die Berufung keinen Erfolg. Zutreffend geht das Arbeitsgericht davon aus, dass dem Kläger keine Anspruchsgrundlage für sein Begehren zur Seite steht.

1. Aus der arbeitgeberseitigen Fürsorgepflicht, die aus § 242 BGB abzuleiten ist, ergibt sich im vorliegendem Fall keine Informations- und Aufklärungspflicht. Grundsätzlich muss jede Vertragspartei - worauf das Arbeitsgericht bereits hingewiesen hat - selbst für die Wahrnehmung seiner Interessen sorgen, wobei die erkennbaren Informationsbedürfnisse des Arbeitnehmers einerseits und die Beratungsmöglichkeit des Arbeitgebers andererseits zu beachten sind. Gesteigerte Informationspflichten entstehen dann, wenn ein Arbeitgeber eine Maßnahme veranlasst, beispielsweise die Beendigung des Arbeitsverhältnisses betreibt: Dann muss der Arbeitgeber gegebenenfalls von sich aus über die Auswirkungen der Vertragsbeendigung auf den möglichen Arbeitslosengeldanspruch aufklären (siehe BAG-Urteil vom 10.03.1988 - 8 AZR 420/85 - , NZA 1988, Seite 837).

Von einer solchen gesteigerten Informations- und Aufklärungspflicht kann im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden, denn die Beurlaubung entsprach nicht nur dem Interesse der Beklagten sondern ebenso dem des Klägers, der aus gesundheitsbedingten Gründen seinen Arbeitsplatz wechseln musste und gegebenenfalls sonst vor der möglichen gesundheitsbedingten Beendigung des Arbeitsverhältnisses gestanden hätte. Zudem behielt der Kläger mittels der Beurlaubung einen sicheren Arbeitgeber und hatte damit eine Rückkehroption.

Auch unter Berücksichtigung dessen, dass die Beklagte ebenfalls ein erhebliches Interesse an der Beurlaubung des Klägers und dem Wechsel des Arbeitsplatzes hatte, hat sie ihre Informationspflichten jedenfalls durch die zur Verfügungstellung des Merkblattes erfüllt. Weitergehende Informationsansprüche lassen sich aus der Fürsorgepflicht nicht ableiten.

Die Beklagte hatte mit dem Merkblatt in allgemeiner Form ausreichend deutlich gemacht, dass eine Beurlaubung Nachteile haben werde. Es war zudem in Ziffer 5 des Merkblattes (Blatt 28 R d. A.) ausdrücklich aufgeführt, welche nachteiligen Wirkungen durch die Sonderzulage gemildert wurden. Es war zudem offen gelegt, nach welchem Modus die Sonderzahlung berechnet wurde, nämlich nach dem vorangegangenen Verdienst vor Beginn der Beurlaubung.

Damit war ausreichend klargestellt, dass trotz dieser Sonderzahlungen ein Nachteil verbleiben würde, nämlich dergestalt, dass nicht die zukünftigen, möglicherweise besseren Monatsvergütungen Berechnungsgrundlage waren, sondern die vorangegangenen Monatsverdienste vor Antritt des Sonderurlaubs. Damit hatte die Beklagte ihrer Fürsorgepflicht genüge getan.

2. Aus § 29 Absatz 3 des Lohntarifvertrages für Arbeiterinnen und Arbeiter des Bundeseisenbahnvermögens in Verbindung mit § 95 Absatz 1 der Satzung der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft Bahnsee in Verbindung mit § 142 der Anlage 7 Teil D ergibt sich ebenfalls kein weitergehender Aufklärungsanspruch. Zwar können spezialgesetzliche Vorschriften weitergehende Auskunfts- und Aufklärungspflichten begründen (vgl. dazu BAG Urteil vom 29.09.2005 - 8 AZR 571/04 - , NZA 05, Seite 1406 ff.).

Die vorgenannten Schriften enthalten jedoch, worauf die Beklagtenseite mit Recht hingewiesen hat, nur Verfahrensvorschriften jedoch keine Aufklärungs- und Informationspflichten, die der Arbeitgeber gegenüber den Arbeitnehmern zu erfüllen hätte.

3. Der Kläger kann seinen Anspruch auch nicht auf einen Schadensersatzanspruch gem. § 280 BGB stützen, mit der Begründung, die Beklagte habe eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht dadurch verletzt, dass sie ihm ein falsches Merkblatt ausgehändigt habe.

Denn das dem Kläger anlässlich seiner letzten Beurlaubung im Jahre 2001 ausgehändigte Merkblatt ist weder falsch noch unvollständig. Insbesondere erweckt das Merkblatt nicht den Eindruck, eine abschließende Information zu enthalten, so dass ein Arbeitnehmer nicht davon ausgehen konnte, dass es zur Rechtsverfolgung nicht notwendig sei, weitere Informationen und Auskünfte einzuholen.

Denn das Merkblatt enthielt in allgemeiner Form unübersehbare Hinweise darauf, dass die Beurlaubung mit Nachteilen verbunden war. In welchem Umfang Nachteile durch eine Sonderzahlung gemildert werden konnte, war in Ziffer 5 des Merkblattes (Blatt 28 R d. A.) im Detail dargetan. Bereits aus der dort aufgeführten Berechnungsweise ergab sich, dass als Nachteil aus der Beurlaubung jedenfalls verbleiben würde, dass eine Weiterversicherung bei der B Abteilung B jedenfalls nicht mit dem aktuellen höheren Monatsverdienst erfolgen würde.

Entscheidend ist zudem, dass Ziffer 8 (Blatt 29 d. A.) des Merkblattes ausdrücklich darauf hinwies, dass Auskünfte über die Auswirkungen einer Beurlaubung auf die Versorgungsrente von der B Abteilung B der zuständigen Bezirksleitung der B erteilt würden. Damit war einerseits unübersehbar deutlich gemacht, dass das Merkblatt insoweit nicht abschließend war. Andererseits war eine konkrete Stelle benannt, die sachverständig Auskunft geben konnte und auf die die Beklagte als sachkundige Auskunftsstelle auch verweisen durfte. Vor diesem Hintergrund musste der Kläger bei dieser vom Arbeitgeber benannten Stelle eine sachverständige und zweckmäßigerweise schriftliche Auskunft einholen, wenn er eine Verfahrensvariante finden wollte, die ihm eine bessere Rentenberechnung ermöglichte als diejenige, die die Beklagte in Ziffer 5 des Merkblattes (Blatt 28 R d. A.) genannt hatte.

Dass die Beklagte im Jahre 2004 ihr Merkblatt diesbezüglich geändert hat, ist kein Hinweis darauf, dass das Merkblatt im Jahre 2001, als es dem Kläger anlässlich seiner letzten Beurlaubung ausgehändigt wurde, falsch war. Der im Schreiben der Beklagten vom 14.02.2002 in Bezug genommene Vermerk vom 07.09.1999 enthielt die grundsätzlichen Hinweise des Bundesverkehrsministeriums dazu, dass die Fortführung der Pflichtversicherung in der B Abteilung B zulässig war. Auch wenn dies damit nach Auffassung der ministeriellen Aufsichtsbehörderechtlich möglich war, war eine ganz andere Frage, ob die Beklagte von dieser Möglichkeit zugunsten ihrer Arbeitnehmerin und Arbeitnehmer auch Gebrauch machen wollte, zumal die Eröffnung einer solchen Möglichkeit naturgemäß mit finanziellen Lasten für die Beklagte verbunden war.

Es ist nicht vorgetragen oder ersichtlich, dass die Beklagte bereits vor der letzten Beurlaubung des Klägers die Entscheidung gefällt hätte, von dieser Möglichkeit zu Gunsten ihrer Mitarbeiterin und Mitarbeiter Gebrauch machen und den Vermerk insoweit umsetzen zu wollen.

4. Schließlich kann eine Schadensersatzpflicht auch nicht aus § 280 BGB aufgrund einer falschen Auskunft des Herrn Schnurbus hergeleitet werden. Selbst wenn man soweit die Darstellung des Klägers über das Gespräch mit Herrn Schnurbus zugrunde legt, bleibt festzuhalten, dass sich der Kläger mit seinem Auskunftsbegehren nicht an die vom Arbeitgeber genannte sachkundige Stelle, nämlich die Bezirksleitung der B gewandt hat, sondern an einen Mitarbeiter der Beklagten. Da die Beklagte in ihrem Merkblatt einen konkreten sachkundigen Ansprechpartner genannt hatte, durfte sie sich auch darauf verlassen, dass Auskünfte dort eingeholt wurden. Für mögliche unzutreffende Auskünfte, die der Kläger von anderer Seite erhalten hat, kann die Beklagte angesichts dieses klaren Hinweises in dem Merkblatt nicht haftbar gemacht werden.

III. Nach allem hat die Klage keinen Erfolg. Die Berufung musste daher mit der Kostenfolge des § 97 Absatz 1 ZPO zurückgewiesen werden.

Die Revision konnte nicht zugelassen werden, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hatte, sondern auf der Anwendung des höchstrichterlich geklärter Rechtsgrundsätze beruhte.

Ende der Entscheidung

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