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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 08.03.2004
Aktenzeichen: 2 (12) Ta 213/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 127
ZPO § 124
Hinsichtlich der Erfolgsaussicht einer Klage ist der Zeitpunkt maßgeblich, zu dem die erforderlichen Unterlagen erstmals vollständig und prüffähig vorlagen. Entscheidet das Gericht zu diesem Zeitpunkt nicht, können nachträgliche Veränderungen für die Erfolgsaussichten nur i. R. d. § 124 ZPO berücksichtigt werden.
LANDESARBEITSGERICHT KÖLN BESCHLUSS

In Sachen

hat die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln am 08.03.2004 - ohne mündliche Verhandlung - durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Olesch

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Klägers gegen den prozesskostenhilfeversagenden Beschluss des Arbeitsgerichts Aachen vom 07.05.2003 - Az.: 2 Ca 198/03 - wird der angegriffene Beschluss wie folgt abgeändert:

Dem Kläger wird Rechtsanwältin K mit Wirkung vom 27.02.2003 gemäß § 11 a ArbGG beigeordnet hinsichtlich eines Streitwerts von 4.120,98 € brutto für den Antrag zu 1) und weiterer 196,58 € für den Antrag zu 2). Die Beiordnung erfolgt mit der Maßgabe, dass der Kläger mit 60,00 € monatlich zu den Prozesskosten beizutragen hat, da sich dies aus seiner persönlichen Leistungsfähigkeit ergibt.

Gründe:

Der Kläger hat zuletzt mit seinem Antrag zu 1) die Vergütung für die Zeit vom 01.01.2001 bis 18.02.2001 abzüglich geleisteter Zahlungen seiner Krankenkasse und einschließlich von zwölf Werktagen Urlaubsabgeltung begehrt sowie mit seinem Antrag zu 2) Schadensersatz wegen abhanden gekommener Gegenstände, die er in den Betrieb der Beklagten eingebracht haben will.

Maßgeblich für den Zeitpunkt der Beurteilung der Erfolgsaussichten oder der Mutwilligkeit im Falle einer Beiordnung nach § 11 a ArbGG ist der Zeitpunkt, zu dem der Prozesskostenhilfeantrag erstmals entscheidungsreif war (vgl. OVG Brandenburg vom 19.08.2002 Az.: 4 E 32/02, OVG Bremen vom 30.07.2002, 1 F 244/02). Spätere Veränderungen, insbesondere Erkenntnisse einer Beweisaufnahme bleiben danach auch im Beschwerdeverfahren unberücksichtigt, es sei denn sie wären nach § 124 Nr. 1 ZPO geeignet, die Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung zu begründen. Insoweit wird der Kläger bereits jetzt darauf hingewiesen, dass auch der vorliegende Beschluss noch der Abänderung nach § 124 ZPO unterliegt. Hiermit muss der Kläger insbesondere dann rechnen, wenn die Verurteilung in dem Strafverfahren vor dem Amtsgericht Aachen rechtskräftig werden sollte.

Für die vorliegende Beschwerdeentscheidung ist deshalb auf den Zeitpunkt der Entscheidungsreife über das erstinstanzliche PKH-Gesuch abzustellen. Insbesondere eine Verzögerung der erstinstanzlichen PKH-Entscheidung über den Zeitpunkt hinaus, zu dem die erforderlichen Unterlagen des Klägers vollständig vorlagen und die Erklärung des Prozessgegners zum Klagebegehren vorlag, ist unzulässig. Insbesondere wiederspricht es einem rechtsstaatlich fairen Verfahren, die PKH-Entscheidung trotz Entscheidungsreife bis zur Urteilsverkündung zu verzögern und danach die PKH-Versagung mit den mangelnden Erfolgsaussichten nach Klageabweisung zu begründen. Dies gilt insbesondere beim erstinstanlichen arbeitsgerichtlichen Verfahren, wenn dort der strengere Maßstab des § 11a ArbGG zur anwednung kommt.

Unter Berücksichtigung des Beklagtenvortrags mit Schriftsatz vom 26.02.2003 ergeben sich damit folgende zu diesem Zeitpunkt zumindest nicht mutwillige Forderungen des Klägers: In Höhe von 4.120,98 € brutto nebst Zinsen stehen dem Kläger noch unstreitige Vergütungsansprüche zu. Ob diese durch Aufrechnung nach § 394 BGB untergegangen sind, lässt sich erst dann feststellen, wenn dem Kläger eine vorsätzliche unerlaubte Handlung, also insbesondere eine Straftat zu Lasten der Beklagten nachgewiesen wurde oder feststeht, dass der Kläger vorsätzlich eine Vertragsverletzung begangen hat. Ob die nicht zeitgerechte Einbuchung der Umsätze in das Kassenbuch auf Grund einer arbeitgeberseitigen Anweisung erfolgte, wieso es der Beklagten bis zu diesem Zeitpunkt nicht aufgefallen war, dass trotz Übermittlung von Verkaufsquittungen der Kassenbarbestand erheblich höher war als von der Beklagten angewiesen, inwieweit der Kläger der einzige Mitarbeiter war, der zum fraglichen Zeitpunkt berechtigt und verpflichtet war, für den Transport von Kassenbeständen zur Sparkasse rechtzeitig Sorge zu tragen, lässt sich dem Akteninhalt zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife nicht entnehmen. Da die Beklagte für den Bestand der Gegenforderung und für die Tatsache ihrer Aufrechenbarkeit auch gegen pfändungsfreie Beträge darlegungs- und beweisbelastet war, konnte zu diesem Zeitpunkt, zu dem zumindest die Anklageschrift noch nicht vorlag und die Akte 9 Sa 738/01 LAG Köln noch nicht beigezogen war, zumindest nicht ausschließlich zu Lasten des Klägers beurteilt werden. Es mag sein, dass der Kläger der Beklagten schadensersatzpflichtig ist, ob er selbst das Geld unterschlagen und zur Verdeckung dieser Straftat einen Raubüberfall behauptet hat, steht nicht einmal heute mit Rechtskraft zu Lasten des Klägers fest. Ob die Lagerung von hohen Geldbeständen für die Beklagte unentdeckbar war oder ob diese einen hohen Barbestand in ihrer Filiale erkannt und in der Vergangenheit toleriert hat, war jedenfalls zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife unaufgeklärt und zumindest zweifelhaft.

Hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs ist allerdings eine Erfolgsaussicht nur in Höhe von 196,58 € gegeben. Der Kläger war insoweit darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass die Gegenstände, deren Abhandenkommen er nunmehr beklagt, von ihm tatsächlich in den Betrieb der Beklagten eingebracht worden sind und dass die Beklagte für deren Abhandenkommen die Verantwortung zu tragen hat. Da dieses bestritten war, reichte der Beweisantritt durch Aussage eines Zeugen, der einige wenige Gegenstände in einem Abfallcontainer gesehen haben soll, nicht aus. Denn dieser Zeuge ist nicht dazu benannt und kann nichts dazu sagen, wie und durch wen die Gegenstände dort hineingelangten. Allein hinsichtlich des von der Beklagten als von ihr beseitigt eingeräumten Aquariums kann sich ein Schadensersatzanspruch des Klägers ergeben. Allerdings waren nur die ersten sechs Positionen auf der vorgelegten Rechnung vom 13.07.1998 zu berücksichtigen und ein Abschlag von 50 % Zeitwert vorzunehmen. Letztlich hätte es jedenfalls ausgereicht, dass die Beklagte das Aquarium nebst Kies- und Lochgestein sowie die verendeten Fische und das alte Wasser ausgeschüttet hätte. Es ist nicht ersichtlich, dass die Vernichtung des gesamten Aquariums zur Abwehr von Gesundheitsgefahren erforderlich war.

Die Ratenzahlungsverpflichtung ergibt sich unter Berücksichtigung der dem Kläger bereits mitgeteilten Berechnungen der Bezirksrevisorin vom 27.10.2003.

Gegen diese Entscheidung ist ein weiteres Rechtsmittel nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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