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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 10.12.2007
Aktenzeichen: 2 Sa 1069/07
Rechtsgebiete: TV arbeitnehmerähnliche Personen Deutschlandfunk


Vorschriften:

TV arbeitnehmerähnliche Personen Deutschlandfunk
Eine zehnjährige ununterbrochene Beschäftigung i. S. des TV für arbeitnehmerähnliche Personen setzt voraus, dass bei Zugang der Beendigungsmitteilung bereits 10 Kalenderjahre mit Urlaubsanspruch abgelaufen sind. Ein für das nächste Jahr beantragter Urlaub führt nicht dazu, dass dieses nach Zugang der Beendigungsmitteilung liegende Jahr mitzuzählen wäre.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 10.07.2007 - Az.: 8 Ca 3754/07 wird auf dessen Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darum, ob das Beschäftigungsverhältnis als arbeitnehmerähnliche Person mit dem 30.06.2007 geendet hat.

Der Kläger wurde am 09.08.1956 geboren. Er war bis zum 30.06.2007 bei der beklagten Rundfunkanstalt als arbeitnehmerähnliche Person beschäftigt. Schwerpunktmäßig gestaltete er eine Musiksendung am Samstagnachmittag. Auf das Vertragsverhältnis fand der Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen im D vom 09.06.1978 in der Fassung vom 18.06.1982 Anwendung. In diesem Tarifvertrag ist zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses Folgendes geregelt:

5.2.1

Beabsichtigt der DLF die Beendigung oder eine wesentliche Einschränkung der Tätigkeit des Mitarbeiters, so muss er ihm das durch die Honorar- und Lizenzabteilung vorher schriftlich mitteilen, wenn der Mitarbeiter im laufenden oder vorangegangenen Kalenderjahr einen Urlaubsanspruch gegen den DLF nach dem Urlaubstarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen berechtigt geltend gemacht hatte. Vor jeder Beendigungsankündigung muss eine Anhörung des Betroffenen durch den zuständigen Direktor erfolgen. Dabei muss insbesondere der Grund der beabsichtigten Beendigung der Beschäftigung genannt und die Möglichkeit einer anderen Beschäftigung geprüft werden. Der Betroffene kann eine Person seines Vertrauens hinzuziehen.

Die Mitteilungsfrist beträgt einen Monat. Für weitere unmittelbar anschließende Beschäftigungsjahre beträgt die Frist

...

12 Monate nach 10 Beschäftigungsjahren.

Das Kalenderjahr, in dem ein Urlaubsanspruch berechtigt geltend gemacht wird, gilt als Beschäftigungsjahr.

...

5.2.2

Ist ein Mitarbeiter zusammenhängend mindestens 15 Beschäftigungsjahre für den DLF tätig gewesen oder hat er das 50. Lebensjahr vollendet und ist zusammenhängend mindestens 10 Beschäftigungsjahre für den DLF tätig gewesen, so kann seine Tätigkeit vom DLF nur aus einem wichtigen Grund beendet werden.

Nach dem Urlaubstarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen im D vom 09.06.1978 besteht Urlaubsanspruch dann, wenn eine arbeitnehmerähnliche Person mehr als die Hälfte ihrer erwerbsmäßigen Gesamtentgelte in den letzten 6 Monaten vor Geltendmachung eines Anspruchs bei der Beklagten erzielt. Soweit ein Mitarbeiter künstlerische schriftstellerische oder journalistische Leistungen erbringt oder an deren Erbringung unmittelbar mitwirkt, genügt ein Drittel der erwerbsmäßigen Gesamtentgelte zur Anwendbarkeit der Urlaubsvorschriften.

Zusätzlich ist der Urlaubsanspruch von der sozialen Schutzbedürftigkeit der arbeitnehmerähnlichen Person abhängig. Diese ist im Hinblick auf den Urlaubsanspruch nur dann gegeben, wenn der Mitarbeiter in den letzten 6 Monaten vor Geltendmachung eines Urlaubsanspruchs mindestens an 42 Tagen für die Beklagte tätig war. Daneben sieht der Urlaubstarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen vor, dass ein so genannter Urlaubsergänzungsanspruch dann besteht, wenn der Anspruchsteller zwar nicht die Voraussetzungen für den Status der arbeitnehmerähnlichen Person ausschließlich beim D erfüllt, diese aber unter Addition von Tätigkeiten bei anderen Rundfunksanstalten, die zur A gehören, erfüllt werden. Der Tarifvertrag regelt unter Punkt 6.4 ausdrücklich, dass der Urlaubsergänzungsanspruch kein Urlaubsanspruch im Sinne der Beendigungsvorschriften des Tarifvertrages für arbeitnehmerähnliche Personen ist.

Der Kläger legte der Beklagten für die Jahre 1992 bis 1996 einschließlich eine Vergütungsmitteilung des W vor, wonach der Kläger von dieser Rundfunkanstalt Urlaubsentgelt erhalten hatte. Er erhielt von der Beklagten entsprechende Urlaubsergänzungsvergütung. Im Jahre 1997 erhielt der Kläger vom W K kein Urlaubsentgelt, da er die im dortigen Tarifvertrag geregelte Grenze für die soziale Schutzwürdigkeit überschritten hatte. Anstelle der Urlaubsvergütung erhielt er vom W ein außertarifliches Urlaubsentgelt. Einen Antrag bei der Beklagten stellte er nicht. Dementsprechend erhielt der Kläger im Kalenderjahr 1997 auch keine Urlaubsvergütung von Seiten der Beklagten. Ab dem Jahr 1998 erhielt der Kläger Urlaubsvergütung durch die Beklagte.

Am 22.08.2006 fand in Anwesenheit des Klägers, seines Prozessbevollmächtigten und des Mitarbeiters D der Beklagten ein Gespräch mit dem Programmdirektor D . M statt, zu dem der Kläger im Hinblick auf die beabsichtigte Beendigungsmitteilung eingeladen worden war. Der Kläger behauptet in der Berufung erstmals, in diesem Gespräch sei der Beendigungsgrund im Sinne der Ziffer 5.2.1 des Tarifvertrages für arbeitnehmerähnliche Personen nicht benannt worden. Vielmehr sei erklärt worden, dass das Beschäftigungsverhältnis mit dem Kläger ausschließlich deshalb beendet werden müsse, um den Tarifvertrag zu beseitigen und die Gewerkschaft an den Verhandlungstisch zu bringen. Am 09.08.2006 vollendete der Kläger sein 50. Lebensjahr. Am 08.09.2006 ging dem Kläger die Beendigungsmitteilung zum 30.06.2007 zu. Am 06.08.2006 stellte der Kläger einen Urlaubsantrag für das Kalenderjahr 2007. Am 12.12.2006 wurde der Urlaub für das Jahr 2007 bewilligt.

Der Kläger vertritt die Ansicht, dass das Urlaubsjahr 2007 zu den 10 Beschäftigungsjahren im Sinne von Ziffer 5.2.2 des Tarifvertrages für die arbeitnehmerähnlichen Personen dazu zählt, so dass er bei Ende des arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnisses 10 anrechenbare Beschäftigungs-jahre vorweisen könne. Weiterhin vertritt er die Ansicht, das Jahr 1997 zähle ebenfalls zu den Beschäftigungsjahren, da er in Wahrheit einen Urlaubsanspruch gehabt habe, diesen jedoch irrtümlich nicht geltend gemacht habe.

Zudem sei die Anhörung nicht ordnungsgemäß gewesen, da dem Kläger der Grund der beabsichtigten Beendigung der Beschäftigung nicht genannt worden sei. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen.

Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 10.07.2007 - 8 Ca 3754/07 - festzustellen,

dass das zwischen den Parteien bestehende arbeitnehmerähnliche Rechtsverhältnis über den 30.06.2007 hinaus fortbesteht.

Die Beklagten beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist hinsichtlich der Frage, ob das Jahr 1997 zu den Beschäftigungsjahren hinzuzählt, auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zu einem gleich lautenden Tarifvertrag bei R B (Az.: 9 AZR 726/97 vom 27.10.1998). Weiterhin tritt sie der Ansicht des Arbeitsgerichts Köln bei, dass die tarifvertragliche Voraussetzung von mindestens 10 Beschäftigungsjahren für den besonderen Beendigungsschutz bei Zugang der Beendigungsmitteilung erfüllt gewesen sein müsse. Auf die Urlaubsgewährung im Jahre 2007 komme es deshalb nicht an.

Zudem behauptet die Beklagte, in dem Anhörungsgespräch sei dem Kläger als Grund für die Beendigung des Vertragsverhältnisses genannt worden, dass das verfassungsgeschützte Abwechslungsbedürfnis, welches Teil der Rundfunkfreiheit ist, Grundlage für die Trennung vom Kläger sei. Andere Tätigkeiten kämen aus Sicht der Beklagten für den Kläger nicht in Betracht.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen D , des Prozessbevollmächtigten des Klägers und des Klägers als Partei über die Inhalte des Gesprächs vom 22.08.2006. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Sitzung vom 10.12.2007 Bezug genommen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 313 ZPO auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige und fristgerechte Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Vertragsverhältnis als arbeitnehmerähnliche Person wurde durch Beendigungsanzeige der Beklagten vom 08.09.2006 mit dem 30.06.2007 beendet.

Der Kläger genießt nicht den Schutz für langjährig Beschäftigte aus Ziffer 5.2.2 des Tarifvertrages für arbeitnehmerähnliche Personen, denn er war beim Zugang der Beendigungsmitteilung noch nicht mindestens 10 Jahre zusammenhängend für die Beklagte tätig gewesen. Maßgeblich ist dabei, dass bei Zugang der Beendigungsmitteilung der besondere Schutz des Tarifvertrages noch nicht erreicht war. Dies ergibt sich durch Auslegung des Tarifvertrages unter Berücksichtigung der ähnlich gelagerten Problematik im Rahmen des Kündigungsschutzes.

Die tarifliche Ausgestaltung der Mitteilungsverpflichtung und die ab Zugang der mit Beendigungsmitteilung laufenden Fristen belegen, dass der Tarifvertrag kündigungsschutzähnliche Rechte für die freien Mitarbeiter ausgestalten wollte. Im Rahmen des Kündigungsschutzrechts ist es unzweifelhaft so, dass die besonderen Voraussetzungen für das Eintreten des Kündigungsschutzes beim Zugang der Kündigung, d. h. hier der Beendigungsmitteilung, gegeben sein müssen. Insbesondere im Falle des § 23 KSchG reicht der Zugang der Kündigung innerhalb der ersten 6 Monate des Arbeitsverhältnisses aus, um den Kündigungsschutz nicht eintreten zu lassen. Unabhängig davon kann das tatsächliche Ende des Arbeitsverhältnisses länger als 6 Monate nach Beginn des Arbeitsverhältnisses liegen. Hätten die Tarifvertragsparteien eine andere Handhabung wählen wollen, hätten sie dies deutlich zum Ausdruck bringen müssen.

Damit ist der Sachverhalt darauf hin zu überprüfen, ob der Kläger bereits am 08.09.2006 zusammenhängend mindestens 10 Beschäftigungsjahre für die Beklagte tätig gewesen ist.

Das Jahr 1997 rechnet in diesem Zusammenhang nicht als Tätigkeitsjahr, denn der Kläger hatte in diesem Jahr keinen Urlaubsanspruch nach dem Urlaubstarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen geltend gemacht. Auf die Frage, ob der Kläger möglicherweise einen Urlaubsanspruch gehabt hätte, oder ob zum damaligen Zeitpunkt eine Beschäftigung von mindestens 42 Tagen im halben Jahr allein bei der Beklagten und eine Vergütung von mehr als der Hälfte bzw. mehr als einem Drittel der Gesamtentgelte im Jahr 1997 bei der Beklagten erzielt wurden, kommt es vorliegend nicht an. Das Gericht schließt sich insoweit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu der identischen Formulierung des Tarifvertrages für arbeitnehmerähnliche Personen bei R B an (Urteil vom 27.10.1998 - 9 AZR 726/97 -). Danach bezweckt die Bezugnahme auf den Urlaubstarifvertrag, die Voraussetzungen des besonderen Bestandsschutzes einfach und unproblematisch auch nach Ablauf langer Zeiträume nachvollziehen zu können. Auch nach 10 oder mehr Jahren kann dabei die Gewährung von Urlaub und die Bezahlung von Urlaubsgeld unproblematisch anhand der vorhandenen Gehaltsabrechnungen nachvollzogen werden. Die Voraussetzungen des besonderen Bestandsschutzes sind damit leicht auch für lange zurückliegende Zeiten zu überprüfen. Maßgeblich ist damit die tatsächliche, berechtigte Geltendmachung und damit die Urlaubserteilung und nicht das bloße Vorliegen eines möglicherweise nicht wahrgenommen Urlaubsanspruchs.

Damit steht fest, dass die zusammenhängenden Beschäftigungsjahre im Sinne der Ziffer 5.2.2 des Tarifvertrages für arbeitnehmerähnliche Personen erst mit dem Jahr 1998 begannen. Auch wenn man das Jahr 2006 als Beschäftigungsjahr hinzuzählt, obwohl es kalendarisch bei Zugang der Beendigungsmitteilung noch nicht vollständig abgelaufen war, ergeben sich für den Kläger lediglich 9 Beschäftigungsjahre und nicht mindestens 10.

Nach der Beweisaufnahme kommt das Gericht auch zu der Überzeugung, dass dem Kläger der Grund der beabsichtigten Beendigung der Beschäftigung im Sinne des § 5.2.1 des Tarifvertrages für arbeitnehmerähnliche Personen in der Anhörung genannt wurde und die Möglichkeit einer anderen Beschäftigung geprüft wurde.

Zwar hat der Klägerprozessbevollmächtigte nicht bestätigt, dass D . M in dem Gespräch am 22.08.2006 als Beendigungsgrund geäußert habe, das verfassungsgerichtlich abgesicherte Abwechslungsbedürfnis sei Grund für die Beendigung des Vertragsverhältnisses. Allerdings ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der Beweisaufnahme, insbesondere aus der Aussage des Klägers, dass der Prozessbevollmächtigte einen Beendigungsgrund im Sinne einer persönlichen Kritik am Kläger erwartet hat. Diesen Beendigungsgrund hat die Beklagte jedoch auch nach ihrem eigenen Vortrag nicht angeführt. Der Kläger hat, ohne dass dies im Protokoll seiner Vernehmung festgehalten wurde, im Laufe der Verhandlung auch erklärt, als er zu dem Gespräch geladen wurde, habe er hinsichtlich einer Kritik an seiner Person das Schlimmste befürchtet, jedenfalls sinngemäß erwartet, dass er sich gegen Angriffe gegen seine Person verteidigen müsse und seine Leistungen negativ bewertet würden. Eine solche Kritik hat, wie unstreitig ist, nicht stattgefunden. Auch die Tatsache, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers den durch den Zeugen D geschilderten Gesprächsteil zu der Frage, ob für die Beendigung des Vertragsverhältnisses bereits wichtige Gründe im Sinne der Ziffer 5.2.2 des Tarifvertrages erforderlich seien, erst auf Nachfragen geschildert und bestätigt hat, belegt dass der Prozessbevollmächtigte mit der Erwartung in das Gespräch gegangen ist, dass eine Kritik an der Person des Klägers im Sinne eines wichtigen Beendigungsgrundes erfolgen würde. In diesem Zusammenhang erscheint es nahe liegend, dass besonders die Tatsache in Erinnerung bleibt, dass keinerlei Kritik an der Person und seiner Moderation und Gestaltung der Sendung als solche erfolgt sind. Dies ist aber nicht damit gleichzusetzen, dass keinerlei Beendigungsgrund angegeben bzw. genannt wurde. Insbesondere die weitere Aussage des Klägers, wonach sein Prozessbevollmächtigter seine gesamte Vita vorgelesen habe und sich auf die vielseitige Einsetzbarkeit des Klägers berufen habe belegt, dass der Kläger im Gespräch Gelegenheit erhalten hat, seine Vorstellungen zur anderweitigen Beschäftigung einzubringen, was nur dann Sinn macht, wenn zuvor der "betriebsbedingte" Beendigungsgrund des rundfunkspezifischen Abwechslungsbedürfnisses genannt wurde. Auch hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers bestätigt, dass das Wort Programmvielfalt gefallen ist und die bundesverfassungsgerichtliche Entscheidung zur Rundfunkfreiheit angesprochen wurde. Auch der Kläger hat zu diesem Komplex in der Aussage bestätigt, dass sein Prozessbevollmächtigter erklärt habe, er sei vielseitig einsetzbar, wenn man denn schon ausweichen wolle. Insbesondere dieser letzte Halbsatz belegt, dass wenn auch eine konkrete Erinnerung nicht mehr vorhanden ist, die Beklagte das Abwechslungsbedürfnis, also das Recht des Hörers an abwechslungsreicher Unterhaltung als Grundlage der Beendigungsentscheidung seitens der Beklagten genannt hat. Ein Ausweichen ("wenn man denn schon ausweichen wolle") macht nur dann in dem Gesprächszusammenhang Sinn, wenn die Beklagte ein solches Bedürfnis als Beendigungsgrund genannt hat. Selbst eine Erklärung, der Kläger solle nicht beschäftigt werden, um die Programmvielfalt zu erhalten, würde die Nennung eines Grundes im Sinne der Ziffer 5.2.1 des Tarifvertrages ausfüllen.

Da im vorliegenden Fall das Kündigungsschutzgesetz nicht eingreift, müssen die Beendigungsgründe nicht Bedeutung und Tragfähigkeit der aufgrund des Kündigungsschutzgesetzes herausgearbeiteten anerkannten Kündigungsgründe aufweisen. Vielmehr muss der Beschäftigte in der Weise über den Beendigungsgrund informiert werden, dass er sich hiermit auseinandersetzen kann und im Anhörungsgespräch die faire Chance hat, seine Sicht des Sachverhalts darzustellen, um die Entscheidung zu beeinflussen. Diese Möglichkeit war dem Kläger in dem Anhörungsgespräch gegeben, wie sich bereits aus der von ihm geschilderten ausführlichen Darstellung seiner Vita und seiner Fähigkeiten ergibt.

Zwar ergibt sich aus der Beweisaufnahme auch, dass die Beklagte den Zeitpunkt der Beendigungsmitteilung deshalb gewählt hat, weil sie aufgrund des besonderen Beendigungsschutzes durch den Tarifvertrag damit rechnen musste, dass sie ihr Abwechslungsbedürfnis nach Eintritt des besonderen Beendigungsschutzes für möglicherweise weitere 15 Jahre nicht mehr zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses heranziehen kann. Ebenso wie beim Eintritt des Kündigungsschutzes nach Ablauf von 6 Monaten ist es deshalb nicht unzulässig, vor Eintritt des besonderen Beendigungsschutzes die Entscheidung zu fällen, ob vom Kläger perspektivisch derartige Flexibilität erwartet werden kann, dass auch unter Berücksichtigung der grundgesetzlich geschützten Rundfunkfreiheit eine letztlich langfristige Bindung auf weitere 15 Jahre sinnvoll ist oder ob die Beklagte den konkreten Zeitpunkt zum Anlass nimmt, jetzt bereits eine Änderung in der Moderation und Redaktion der Sendung vorzunehmen, um dem Hörer Abwechslung in Moderation und Inhalt zu bieten. Die Tatsache, dass die Beklagte also gleichzeitig auf dem Hintergrund der Rundfunkfreiheit vor der Entscheidung stand, sich jetzt vom Kläger zu trennen oder mit diesem das Vertragsverhältnis weitere 15 Jahre fortzusetzen, führt damit nicht dazu, dass anzunehmen wäre, die Beklagte habe von ihrer Beendigungsbefugnis missbräuchlich Gebrauch gemacht. Vielmehr hat auch der Kläger bestätigt, dass die Sendung nunmehr von anderen Redakteuren bearbeitet und moderiert wird. Die Beklagte hat damit das als Beendigungsgrund angeführte Abwechslungsbedürfnis hinsichtlich der vom Kläger hauptsächlich betreuten Sendung tatsächlich in die Tat umgesetzt. Die Einschätzung, ob die nunmehr eingesetzten Redakteure dem Publikumsgeschmack besser entsprechen als der Kläger, unterliegt nicht der Überprüfung durch das Arbeitsgericht.

Damit ergibt sich als zusammenfassendes Ergebnis der Beweisaufnahme, dass Kläger und sein Prozessbevollmächtigter im Wesentlichen darauf gerichtet waren, ein persönliches Kritikgespräch führen zu müssen und sich gegen möglicherweise unberechtigte Kritik verteidigen zu müssen. Dass die Beklagte nichts kritisiert hat, sondern auf den "betriebsbedingten" Beendigungsgrund des grundgesetzlich abgesicherten Abwechslungsbedürfnisses ausgewichen ist und dass insbesondere gar nicht die Voraussetzungen des wichtigen Grundes für die Beendigung vorliegen mussten, mag dazu geführt haben, dass aufgrund der Erwartungshaltung nicht alle Teile des Gesprächs so in Erinnerung geblieben sind, wie sie dem Zeugen D in Erinnerung geblieben sind, der das Gespräch von der anderen Seite aus vorbereitet und mitgesteuert hat. Jedenfalls reichen der erkennenden Kammer die Anhaltspunkte in der Aussage des Klägers und des Klägerprozessbevollmächtigten, die partiell die Aussage des Zeugen D bestätigen, um zu der sicheren Gewissheit zu kommen, dass jedenfalls ein Beendigungsgrund, der die Voraussetzungen der Ziffer 5.2.1 des Tarifvertrages für arbeitnehmerähnliche Personen erfüllt, genannt wurde.

Die Richtigkeit dieser Überzeugung wird auch durch das Schreiben des Klägerprozessbevollmächtigten vom 12.09.2006 und die Klageschrift vom 04.05.2007 bestätigt. Denn in beiden Schriftsätzen hat der Klägerprozessbevollmächtigte die Problematik, ob dem Kläger im Gespräch ein Beendigungsgrund genannt wurde, überhaupt nicht angesprochen. Es hätte nahe gelegen, bereits spätestens mit der Klageschrift diesen Vortrag in den Prozess einzuführen. Auch dies belegt, dass der Kläger und sein Prozessbevollmächtigter nicht darüber im Unklaren waren, mit welchem Beendigungsgrund die Beklagte das Beschäftigungsverhältnis lösen wollte.

Damit liegen die formellen Voraussetzungen für die Wirksamkeit der Beendigungsmitteilung ebenfalls vor.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Revision wurde nicht zugelassen, da der Rechtsstreit nicht von allgemeiner Bedeutung ist und zu einem wesentlichen Punkt auf der Wertung des Beweisergebnisses beruht.

Ende der Entscheidung

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