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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 14.06.2004
Aktenzeichen: 2 Sa 259/04
Rechtsgebiete: BetrAVG, SGB VI


Vorschriften:

BetrAVG § 7
SGB VI § 46
SGB VII § 65
Auslegung einer Altersversorgungsordnung der Horten AG. Der Ausschluss von Hinterbliebenen durch eine sog. Späteheklausel ist nicht gleichheitswidrig.
LANDESARBEITSGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2 Sa 259/04

Verkündet am 14. Juni 2004

In Sachen

hat die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 14.06.2004 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Olesch als Vorsitzende sowie die ehrenamtlichen Richter König und Kastner

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 30.10.2003 - 15 Ca 1442/03 - wird auf deren Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darum, ob der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin eine Witwenrente zu zahlen.

Die Klägerin ist am geboren und Witwe des Herrn H S . Dieser wurde am geboren und verstarb am . Die Klägerin und Herr S hatten im Jahre 1998 geheiratet, nach Vollendung des 50. Lebensjahres des Herrn S . Herr S trat am 01.05.1956 in die Dienste der Firma H ein. Im Wege mindestens eines Betriebsüberganges ging das Arbeitsverhältnis auf die J. Gg. R GmbH über. Das Arbeitsverhältnis endete am 31.07.2000. Mit Ausscheiden aus den Diensten der Beklagten erhielt der ehemalige Mitarbeiter Altersrente seitens der BfA sowie ab 01.08.2000 eine Firmenpension von der Beklagten in Höhe von 308,00 DM.

Nach dem Tod des Mitarbeiters erhielt die Klägerin laut Erklärung des Insolvenzverwalters über das Vermögen der ehemaligen Arbeitgeberin bis einschließlich November 2001 Witwenrente. Am 01.04.2002 wurde das Insolvenzverfahren über die ehemalige Arbeitgeberin eröffnet. Hierdurch wurde der Beklagten für Ansprüche aus dem BetrAVG, die gegenüber der ehemaligen Arbeitgeberin bestanden, eintrittspflichtig.

Die Parteien haben übereinstimmend vorgetragen, dass sich die Ansprüche der Klägerin nach der Pensionsordnung der H E GmbH vom 25.04.1991 in der für die bis zum 30.06.1980 in die H AG eingetretenen Betriebsangehörigen geltenden Fassung richten. Die Pensionsordnung hat unter Nr. 3 c) Witwenpensionen folgenden Wortlaut:

Witwenpensionen erhalten die Ehefrauen der nach dieser Pensionsordnung pensionsberechtigten Betriebsangehörigen oder Firmenpensionäre unter folgenden Voraussetzungen:

aa) Die Ehe muss vor Eintritt der Invalidität des Ehegatten geschlossen worden sein. Ist die Ehe nach Vollendung des 50. Lebensjahres des Ehemannes geschlossen worden, so muss sie mindestens zehn Jahre bestanden haben. Die Ehefrau darf nicht mehr als 20 Jahre jünger als der Pensionsberechtigte sein.

bb) Die Zahlung der Witwenpensionen ist für den Fall, dass der Ehemann sozialversichert war, davon abhängig, dass der Witwe eine Rente aus der Sozialversicherung des Ehemannes gezahlt wird. War der Ehemann nicht sozialversichert, so werden Witwenpensionen gezahlt, wenn an die Witwe im Falle der Versicherung bei einer Sozialversicherung Witwenrente gezahlt würde.

cc) Regelungen für den Fall der Scheidung.

dd) Der Verstorbene muss den Unterhalt seiner Familie überwiegend bestritten haben (Haupternährereigenschaft).

Die Witwenpensionen betragen 50 % der Leistung gemäß Ziffer 3 a), Abs. 3. Bei Tod des Mannes infolge eines Betriebsunfalles gelten die Einschränkungen Ziffer 3 b), letzter Absatz.

Geht die Witwe eine neue Ehe ein, ...

Daneben war in der Firma H E GmbH eine weitere Pensionsordnung vom 25.04.1991 anwendbar für diejenigen Mitarbeiter, die erst ab 01.07.1980 in die Firma eingetreten sind oder die vor dem 01.07.1980 eingetreten waren aber aus der Pensionsordnung der Firma H AG in der Fassung vom 30.01.1974 keine Ansprüche herleiten konnten. In dieser Pensionsordnung ist unter § 7 a) zur Witwenpension folgendes geregelt:

Eine Witwenpension erhält die Ehefrau eines Mitarbeiters oder Firmenpensionärs, wenn der Verstorbene den Unterhalt seiner Familie überwiegend bestritten hat (Haupternährereigenschaft).

Eine Witwenpension wird nicht gezahlt, wenn:

a) Die Wartezeit nach § 4 der Pensionsordnung nicht erfüllt ist.

b) Die Ehe nicht vor Eintritt der Invalidität des Ehegatten geschlossen wurde oder

c) die Ehe nach Vollendung des 50. Lebensjahres des Ehegatten geschlossen wurde und vor Eintritt des Versorgungsfalles nicht mindestens zehn Jahre bestanden hat oder

d) die Witwe mehr als 20 Jahre jünger als der Ehegatte ist und kein minderjähriges Kind hat, für das Waisenpension nach der Pensionsordnung gezahlt wird oder

e) aus den Umständen zu entnehmen ist, dass die Ehe nur geschlossen wurde, um dem Hinterbliebenen eine Versorgung zu sichern.

Der Beklagte lehnt die Zahlung von Witwenpension an die Klägerin ab, da die Ehe mit einem über 50 Jahre alten Firmenangehörigen geschlossen wurde und nach der Eheschließung bis zum Eintritt des Versorgungsfalles der Klägerin keine zehn Jahre Bestand hatte.

Die Klägerin vertritt die Ansicht, die Regelung unter 3 c) aa) beziehe sich nur auf eine Witwenpension nach vorhergehender Invalidität. Die Witwenpension nach dem Tod eines Betriebsrentners sei ausschließlich in 3 c) bb) geregelt.

Zudem hält die Klägerin die Spätehenklausel in Kombination mit der Ehedauerklausel für unzulässig. Sie folgert aus dem Wortlaut, dass die Witwe bei der Alterspension bessergestellt werden sollte als bei der Invalidenpension. Der Beklagte hält die angegriffenen Klauseln für wirksam. Er legt die Pensionsordnung dahingehend aus, dass die einzelnen Bestandteile der Regelung 3 c) aa) isoliert nebeneinander stehen, so dass die Regelung über die Spätehenklausel auch auf die Alterspension Anwendung finde. Dies werde auch durch die gleichzeitig abgeschlossene klarer ausgestaltete Pensionsordnung für die später eingetretenen Mitarbeiter verdeutlicht, in der kein Zweifel daran besteht, dass die Spätehenklausel auf jede Form der Witwenpension Anwendung findet.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Berufung beantragt die Klägerin

unter Abänderung des am 30.10.2003 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Köln, AZ.: - 15 Ca 1442/03 - festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ab Eintritt des Versicherungsfalles an die Klägerin eine Witwenpension zu zahlen in Höhe von 50 % der Alterspension nach Ziffer 3 a) der Pensionsordnung (gültig für die bis zum 30.06.1980 in die Horten AG eingetretenen Betriebsangehörigen) bezogen auf ihren verstorbenen Ehegatten und weiter verpflichtet ist, rückständige Zahlungen mit 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz der EZB ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt zu verzinsen;

hilfsweise

unter Abänderung des am 30.10.2003 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Köln - 15 Ca 1442/03 - die Beklagte zu verurteilen, an sie eine monatlich vorauszahlbare Betriebsrente in Höhe von 78,74 € ab Januar 2002 nebst jeweils 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB gemäß § 1 des Diskontsatzüberleitungsgesetzes auf die jeweils monatlich fällig werdende Rente zu zahlen;

die Beklagte darüber hinaus zu verurteilen, im Wege der Stufenklage Auskunft darüber zu erteilen, ob es zwischenzeitlich eine Erhöhung der Betriebsrente gegeben hat. Für den Fall der positiven Auskunft für die Klägerin wird dann beantragt, den sich monatlich ergebenden Differenzbetrag an die Klägerin nachzuzahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige und fristgerechte Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen, da sich ein Anspruch der Klägerin auf Witwenpension nicht aus der Pensionsordnung der H E GmbH vom 25.04.1991, in der für die bis zum 30.06.1980 in die Horten AG eingetretenen Arbeitnehmer geltenden Fassung ergibt. Dies ergibt sich durch Auslegung der Pensionsordnung gemäß §§ 133, 157 BGB.

Bei der Auslegung geht die Kammer zunächst vom Wortlaut der Regelung aus. Danach ergibt sich, dass die unter 3 c) aa) geregelten Ausschlusstatbestände jeweils in einzelnen Sätzen geregelt sind, die durch einen Punkt voneinander getrennt sind. Weder sind die Voraussetzungen mittels "und" noch mittels "oder" miteinander verknüpft. Eindeutig für eine Kumulierung der einzelnen Anspruchsvoraussetzungen würde nur eine Verknüpfung der einzelnen Bestandteile des Abschnitts aa) sprechen, die mittels des Wortes "und" vorgenommen ist. Die Abtrennung der einzelnen Anspruchsteile durch Punkt und der Beginn eines neuen Satzes spricht deshalb dafür, dass die Ausschlusstatbestände getrennt nebeneinander stehen. Da der zweite Ausschlusstatbestand (Ehe nach Vollendung des 50. Lebensjahres des Ehemannes und Ehedauer unterhalb von zehn Jahren) vorliegend gegeben ist, spricht somit zunächst der Wortlaut der Regelung dafür, dass die einzelnen Ausschlusstatbestände unabhängig voneinander den Anspruch ausschließen.

Auch aus dem Zusammenhang der Abschnitte aa) und bb) kann nicht geschlossen werden, dass sich der Abschnitt aa) nur auf die Witwenpension nach dem Tod eines Invaliden bezieht. Zwar regelt Abschnitt bb) die Voraussetzung, dass an die Witwe eine Sozialversicherungsrente aus der Sozialversicherung des Ehemannes gezahlt wird. Diese Regelung spricht aber nicht dafür, dass für Witwen von Altersrentnern nur die in der Sozialversicherung ebenfalls geregelte Ehedauerklausel als einschränkende Voraussetzung Anwendung finden sollte. Insoweit kann berücksichtigt werden, dass in § 46 Abs. 2 a SGB VI für Witwen von Altersrentnern eine Mindestehedauer von einem Jahr Anspruchsvoraussetzung ist. Zudem ist das eigene Lebensalter der Hinterbliebenen für die Dauer und Höhe der Witwenpension maßgeblich. Eine gleiche Klausel findet sich aber auch für die Hinterbliebenenversorgung von Invaliden. Nach § 65 Abs. 6 SGB VII ist die Hinterbliebenenversorgung ausgeschlossen, wenn die Ehe nach Eintritt der Invalidität geschlossen wurde und der Tod innerhalb von einem Jahr nach Eheschließung eintritt. Die Sozialversicherungsregelungen enthalten damit sowohl für den Fall der Hinterbliebenenversorgung von Altersrentnern als auch der Hinterbliebenenversorgung von Invaliden Klauseln, die geeignet sind, den Anspruch auf Sozialversicherungsrente auszuschließen. Allerdings bleiben diese Klauseln weit hinter den Ausschlusstatbeständen, die in der Pensionsordnung unter 3 c) aa) geregelt sind, zurück. Für die erkennende Kammer ist nicht ersichtlich, warum die Arbeitgeberin nur im Falle der Heirat eines Invaliden eine ganz besonders weit reichende Ausschlussklausel formulieren wollte, während sie, so die Interpretation der Klägerin, hinsichtlich der Hinterbliebenenversorgung von Altersrentnern nur die gesetzlichen Ausschlusstatbestände ausreichen lassen will. Dann hätte es nahe gelegen, auch für die Hinterbliebenen von Invaliden ausschließlich auf die gesetzliche Regelung zu verweisen.

Maßgeblich für das Auslegungsergebnis ist aber vor allem, dass die Interpretation der Klägerin keinen Sinn ergibt. Die Ausschlusstatbestände, die in der Pensionsordnung geregelt sind, haben für den Arbeitgeber bestimmte Hintergründe. Zum einen will er vermeiden, dass Ehen mit Invaliden nur zu dem Zweck geschlossen werden, dass die Honorierung von Pflegeleistungen durch die spätere Hinterbliebenenrente, die vom Arbeitgeber geleistet werden muss, erbracht wird. Im Falle einer Heirat nach Eintritt der Invalidität aber auch einer Heirat, die erst im hohen Lebensalter geschlossen wird, besteht ein erhebliches Missbrauchsrisiko. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Ehe ausschließlich geschlossen wird, um durch die Hinterbliebenenrente eine schon bestehende Versorgungslücke eines der Ehepartner zu schliessen, ist bei der sog. Spätehe erheblich wahrscheinlicher als bei Eheschließung in jungen Jahren. Heiraten Eheleute in jungem Alter, so beruht die Versorgungslücke eines der Ehepartner im Regelfall auf der zwischen den Eheleuten während der Ehezeit durchgeführten Arbeitsteilung. Zudem ist auch im Normalfall davon auszugehen, dass bei einer im hohen Lebensalter geschlossenen Ehe jeder der Ehepartner bereits ausreichende Chancen hatte, für sein Alter Vorsorge zu betreiben. Die Tatbestände, die zum Entstehen von eigenen Versorgungsansprüchen führen, liegen in der Vergangenheit. Die Arbeitgeberin durfte deshalb auch davon ausgehen, dass bei in etwa gleich alten Ehepaaren, die erst nach Vollendung des 50. Lebensjahres des Ehemannes die Ehe eingehen, in ausreichender Weise eine Eigenversorgung der Ehefrau gewährleistet ist. Auch die Altersdifferenzklausel kann ihre Berechtigung daraus ableiten, dass bei einem erheblichen Altersunterschied zwischen den Ehepartnern das Rentenrisiko nebst den erforderlichen Rückstellungen für die Arbeitgeberin nicht mehr kalkulierbar ist. Während bei Zusage der Betriebsrente an den Arbeitnehmer selbst dessen Alter bekannt ist und damit aus den einschlägigen Sterbetafeln zu entnehmen ist, mit welcher betrieblichen Belastung zu rechnen ist, ist die Versorgung der Hinterbliebenen während des Bestands der Pensionszusage für eine Arbeitgeberin erheblich schlechter kalkulierbar.

Da eine Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Hinterbliebenenversorgung nicht besteht, kann bei der Auslegung deshalb zunächst deren Interesse unterstellt werden, das Kalkulationsrisiko möglichst gering zu halten. Der hinter den Ausschlussklauseln stehende Sinn der Regelung und der damit durch die Arbeitgeberin verfolgte Zweck der Missbrauch- und Risikobegrenzung ist aber im Falle einer Hinterbliebenenversorgung von Hinterbliebenen von Invaliden derselbe wie bei der Hinterbliebenenversorgung von Hinterbliebenen von Altersrentnern. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Arbeitgeberin nur die Ehefrauen von Invaliden besonders stark aus der Versorgungsordnung ausgrenzen wollte, während sie die Ehefrauen von Nichtinvaliden bzw. Altersrentnern nach der Interpretation der Klägerin vollumfänglich abgesichert hätte und hier nur eine einjährige Ehedauer nach § 46 Abs. 2 a SGB VI zur Voraussetzung des Rentenanspruchs gemacht hätte. Zudem sieht diese Regelung im Sozialgesetzbuch VI noch die Möglichkeit vor, durch die Hinterbliebene den Gegenbeweis des Missbrauchs zu erbringen. In diesem Fall wäre sogar bei noch kürzerer Ehedauer eine Hinterbliebenenversorgung geschuldet. Da wie oben dargestellt die Interessen der Arbeitgeberin, Missbrauchsfälle auszuschließen und ihr Risiko zu minimieren aber für beide Kategorien von Hinterbliebenen gleichgewichtig sind, spricht dies dafür, dass die einzelnen Anspruchsvoraussetzungen unter 3 c) aa) isoliert nebeneinander stehen.

Weiterhin kann zur Auslegung die Historie der Pensionsordnung herangezogen werden. Diese ist im vorliegenden Fall jedoch nicht ergiebig. Der Kammer liegt die vorgehende Pensionsordnung der Horten AG nicht vor. Die gleichzeitig für einen anderen Personenkreis abgeschlossene weitere Pensionsordnung der Horten AG regelt zwar im Wesentlichen dieselben Ausschließungstatbestände deutlicher in der von der Beklagten favorisierten Interpretation. Warum es bei gleichzeitigem Abschluss dieser beiden Pensionsordnungen jedoch zu verschiedenen Formulierungen kam, insbesondere, ob die auf die Klägerin anwendbare Pensionsordnung deshalb im vorliegenden Abschnitt nicht geändert wurde, weil bereits eine vorherige Pensionsordnung denselben Wortlaut beinhaltete und dieser nicht unnötig abgeändert werden sollte, ist nicht dargestellt.

Auch zur Auslegung herangezogen werden kann die Tatsache, dass die ehemalige Arbeitgeberin an die Klägerin Rente gezahlt hat. Auch hieraus lässt sich aber nicht ein eindeutiges Auslegungsergebnis gewinnen. Es mag sein, dass die Arbeitgeberin auf Grund eines Irrtums gezahlt hat. Es mag sein, dass die Arbeitgeberin eine völlig andere Pensionsordnung auf die Klägerin angewendet hat. Es kann aber auch sein, dass die Arbeitgeberin der Klägerin im Sinne einer Härtefallregelung die Witwenpension gleichwohl leisten wollte. Handelte es sich um eine Härtefallregelung nach Nr. 11 der Pensionsordnung, so besteht hierdurch kein Rechtsanspruch der den Beklagten binden würde. Selbst wenn man die Zahlung der Pension an die Klägerin als eine Verbesserung der Rentenzusage ansehen würde, würde dieses angesichts § 7 Abs. 5 Satz 3 BetrAVG den Beklagten nicht binden, da die Zusageverbesserung frühestens mit dem Tod des Versorgungsberechtigten am 08.09.2000 eingetreten sein kann, der Sicherungsfall aber spätestens am 01.04.2002 eingetreten ist. Die Verbesserung hätte danach keine zwei Jahre bis zum Sicherungsfall Bestand gehabt.

Zudem bestehen erhebliche Bedenken, die Verbesserung einer Versorgungszusage noch für möglich zu halten, wenn der Zusageempfänger, der Arbeitnehmer, bereits aus dem Betrieb ausgeschieden und sogar bereits verstorben ist. Damit ergibt sich, dass die tatsächliche Zahlung durch die ehemalige Arbeitgeberin keinen zwingenden Schluss darauf zulässt, dass ein Anspruch auf Grund der unmittelbaren Geltung der Versorgungsordnung für die Klägerin bestand.

Unter Abwägung aller zur Auslegung herangezogenen Überlegungen, kommt die Kammer deshalb zu dem Ergebnis, dass ein verständiger Erklärungsempfänger die Regelung nur dahingehend verstehen durfte, dass die Arbeitgeberin in allen Versorgungsfällen Spätehen von der Hinterbliebenenversorgung ausschließen wollte, soweit die Ehe nicht selbst zehn Jahre lang Bestand hatte.

Diese Klausel ist auch nicht unwirksam. Hier folgt die erkennende Kammer den Überlegungen des BAG in den Entscheidungen vom 19.02.2002 - 3 AZR 99/01 - vom 19.12.2000 - 3 AZR 186/00 - vom 26.08.1997 - 3 AZR 235/96 - und vom 11.08.1997 - 3 AZR 6/96 -. In allen diesen Entscheidungen hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, dass weder Späteheklauseln noch Ehemindestdauerklauseln unzulässig sind. Denn ein Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, eine Hinterbliebenenversorgung zu schaffen. Er ist grundsätzlich berechtigt, sie von zusätzlichen Voraussetzungen abhängig zu machen. Insbesondere widerspricht eine Spätehenklausel nicht dem Verbot des Art. 6 Abs. 1 GG die Ehe zu schädigen oder sonst zu beeinträchtigen. Auf die Ehepartner ist kein unzulässiger Zwang ausgeübt worden. Insbesondere entsteht den Ehepartnern kein Nachteil, den sie ohne die Heirat nicht gehabt hätten. Im Gegenteil kann gesagt werden, dass die Versorgungsordnung darauf hinwirkt, dass Partner einer Lebensgemeinschaft angehalten werden, die Ehe frühzeitig zu schließen, um nicht unter die Ausschlusstatbestände der Späteheklausel zu fallen. Jedenfalls ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, eine Eheschließung durch Einräumung von Ansprüchen zu fördern.

Auch der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht verletzt. Zwar werden Witwen unterschiedlich behandelt. Wie bereits oben dargestellt, gibt es hierfür aber sachlich vertretbare Gründe. Eine Frau, die einen Betriebsangehörigen erst nach der Vollendung von dessen 50. Lebensjahr heiratet, hat im Wesentlichen dessen Berufsarbeit nicht mitgetragen. Die Möglichkeit der Missbrauchsfälle, insbesondere der Wunsch durch eine Scheinehe bereits eingetretene Versorgungslücken der Ehefrau auf Kosten einer Betriebsrentenzusage abzudecken, ist in späteren Lebensjahren besonders hoch. Die Versorgungslücke beruht in den Fällen der Spätehe üblicherweise auch nicht auf einer zu Beginn der Ehe und Lebensarbeitszeit getroffenen einvernehmlichen Entscheidung der Ehepartner, wie die Arbeitsteilung in Familie und Beruf bewerkstelligt werden soll. Ist auch die Ehefrau beim Zustandekommen der Ehe bereits älter, so kann erwartet werden, dass diese schon vor der Ehe ausreichende Versorgungsansprüche für sich erworben hat.

Insbesondere in der Entscheidung vom 19.12.2000 (3 AZR 186/00) hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, dass der Arbeitgeber nicht jede Ehe von Anfang an gleichbehandeln muss. Er kann vielmehr sein Interesse, den Aufwand für die Hinterbliebenenversorgung zu begrenzen dadurch verfolgen, dass er nach von ihm aufgestellten Kriterien den Kreis der möglichen Versorgungsberechtigten einschränkt.

Das Bundesarbeitsgericht hat auch erwogen, dass Eheklauseln dann möglicherweise unwirksam sein können, wenn sie in unzulässiger Weise die Bindung des Arbeitnehmers über § 1 BetrAVG hinaus bewirken sollen. Auch eine solche gesetzeswidrige Bleibebedingung zum Nachteil des verstorbenen Ehemanns enthält die Versorgungsordnung nicht. Denn der Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung wird nicht durch einen längeren Bestand des Arbeitsverhältnisses nach Eheschließung erworben, sondern die Ehe selbst muss eine erhebliche Dauer aufweisen.

Die Begründung für die Abweisung des Hauptantrags trägt auch die Abweisung der Hilfsanträge.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Revision wurde zugelassen, da die Absicherung der gefundenen Auslegung durch höchstrichterliche Rechtsprechung wegen der Vielzahl der denkbaren Anwendungsfälle wünschenswert ist.

Ende der Entscheidung

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