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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 27.11.2006
Aktenzeichen: 2 Sa 511/06
Rechtsgebiete: TzBfG


Vorschriften:

TzBfG § 14
TzBfG § 17
Die Befristung eines Arbeitsverhältnisses, welches saisonal anfallende Tätigkeiten zum Inhalt hat, ist nicht deshalb unwirksam, weil nach einer Unterbrechung dieselben Tätigkeiten erneut anfallen. Die Erwartung, einen weiteren Saisonarbeitsvertrag zu erhalten, ist nicht mit der Entfristungsklage, sondern mit dem Antrag auf Wiedereinstellung zu verfolgen.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 10.03.2006 - Aktenzeichen 2 Ca 10511/05 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob mit dem am 10.03.2005 abgeschlossenen Arbeitsvertrag ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist oder das Vertragsverhältnis durch wirksame Befristung mit dem 31.10.2005 geendet hat.

Die Beklagte betrieb bei der erstmaligen Beschäftigung des Klägers am 13.03.2000 einen sog. Themenpark, der regelmäßig in der Zeit am 01.04. eines jeden Jahres bis zum 31.10. eines jeden Jahres durchgehend geöffnet war. Dabei variierte der Öffnungsbeginn mit der Lage der Osterschulferien in Nordrhein-Westfalen ebenso wie die Schließung im Herbst von dem Ende der Herbstschulferien in Nordrhein-Westfalen abhängig war.

Der Kläger erhielt einen ersten befristeten Arbeitsvertrag ab 13.03.2000, welcher als Saisonarbeitsvertrag ausgestaltet war. Der Kläger wurde als Kartenabreißer sowie zur Reinigung und Ausgabe von 3 D-Brillen in einer der Attraktionen der Beklagten eingesetzt. In der Zeit vom 01.11.2000 bis 31.03.2001 war der Kläger aufgrund eines weiteren befristeten Vertrages mit Reparaturarbeiten beschäftigt worden. Am 01.04.2001 erfolgte erneut eine befristete Beschäftigung bis 31.10.2001 aufgrund eines Saisonarbeitsvertrages. Vom 01.11.2001 bis 31.03.2002 war der Kläger mit einem befristeten Reparaturvertrag beschäftigt. Am 30.03.2002 erhielt der Kläger einen erneuten befristeten Saisonarbeitsvertrag. Die Beklagte hat dazu ausgeführt, dass während der Zeit des sog. Reparaturvertrages der Kläger mit Aufräumarbeiten aber auch mit Hilfstätigkeiten bei den in der Winterzeit neu errichteten zusätzlichen Attraktionen beschäftigt worden ist.

Erstmals in der Wintersaison 2002/2003 öffnete die Beklagte den Themenpark auch im Winter, beginnend mit dem 1. Adventwochenende und endend mit den nordrhein-westfälischen Weihnachtsschulferien. In den Wochen vor Weihnachten war der Themenpark dabei nicht an allen Kalendertagen geöffnet, sondern an zumindest zwei Wochentagen geschlossen. In den Schulferien war der Park bis auf 2 Feiertage täglich geöffnet. Während dieses Einsatzes war der Kläger wiederum mit den Einlasstätigkeiten und der Ausgabe und Annahme der 3 D-Brillen beschäftigt. Im Anschluss an diese Tätigkeit erhielt der Kläger einen erneuten Reparaturvertrag vom 06.01.2003 bis 31.03.2003. Hieran schloss sich ab 01.04.2003 bis zum 02.11.2003 ein weiterer Saisonarbeitsvertrag an. Am 03.11.2003 schlossen die Parteien einen weiteren Saisonarbeitsvertrag hinsichtlich des sog. "Wintertraums", der am 06.01.2004 endete. Die Parteien vereinbarten sodann die Verlängerung dieses Vertrages bis zum 15.02.2004, wobei ausdrücklich geregelt wurde, dass der Kläger ab dem 09.01.2004 ohne Arbeitsleistung zur Abgeltung seiner Urlaubs- und Freizeitansprüche aus Überstunden freigestellt wurde. Für die Zeit vom 16.02.2004 bis zum 31.3.2004 konnte der Kläger keinen Arbeitsvertrag vorlegen.

Der Kläger arbeitete sodann unstreitig erneut während der Sommersaison 2004 aufgrund eines Saisonvertrages vom 30.03.2004 ab 01.04.2004 bis 31.10.2004 und während des "Wintertraums" aufgrund Saisonarbeitsvertrages vom 01.11.2004 bis 09.01.2005. Dieser Vertrag wurde ebenfalls wie im Vorjahr bis zum 15.02.2005 zur Abgeltung von Urlaubsansprüchen und Überstundenguthaben verlängert. Der Kläger griff diesen befristeten Arbeitsvertrag nicht an. Nach der Beendigung des befristeten Arbeitsvertrages war der Kläger bis zum 10.03.2005 nicht beschäftigt. An diesem Tag schloss er den hier zur Überprüfung anstehenden neuen befristeten Saisonarbeitsvertrag.

Der Kläger vertritt die Ansicht, dass die Befristung in dem letzten Arbeitsvertrag unwirksam sei, da er insgesamt ununterbrochen im Arbeitsverhältnis gestanden habe und es sich deshalb lediglich um einen Annex zu den vorherigen Arbeitsverhältnissen handele. Hieraus ergebe sich bereits, dass Dauerbedarf an der Arbeitsleistung gegeben sei.

Die Beklagte vertritt demgegenüber die Ansicht, es handele sich bei dem Themenpark um einen Saisonbetrieb. Zwar gebe es Arbeitnehmergruppen wie z.B. kaufmännische Angestellte oder die Leiter der Reparaturwerkstätten, die unbefristet beschäftigt werden. Dies beruhe darauf, dass trotz des Saisongeschäfts in einigen Arbeitsbereichen ganzjähriger Bedarf bestehe. Der Kläger sei aber während der Zeit der Saisonarbeitsverträge stets nur mit Tätigkeiten beschäftigt worden, die durch die saisonale Öffnung des Parks veranlasst gewesen seien. Soweit mit dem Kläger Reparaturverträge geschlossen worden seien, habe es während der Schließungszeit des Parks größere Umbau- und Neubaumaßnahmen gegeben, die nunmehr mit der Errichtung des PhantAsia-Hotels abgeschlossen seien. Diese Baumaßnahmen hätten ebenfalls keinen Dauerbedarf an Arbeitskräften gerechtfertigt. Im Übrigen seien diese befristeten Verträge mangels Klageerhebung nicht mehr zu überprüfen.

Wie unstreitig geblieben ist, erfolgte die Arbeitszeitverteilung und Urlaubsgewährung in dem letzten befristeten Arbeitsvertrag so, dass nach dem 31.10.2005 kein auszugleichendes Zeitguthaben mehr bestand. Die Beklagte beschäftigte den Kläger nicht über den 31.10.2005 hinaus und bot diesem auch keinen neuen Vertrag für den sog. "Wintertraum" an.

Das Arbeitsgericht hat den Klageantrag des Klägers dahingehend ausgelegt, dass er Entfristungsklage nach § 17 TzBfG erheben wollte. Diesem Antrag hat es entsprochen, da es die Unterbrechung in der Zeit vom 15.02.2005 bis 10.03.2005 für unerheblich hielt und im Übrigen eine fortdauernde Arbeitsaufgabe für gegeben ansah, weshalb es sich bei der Beklagten nicht um einen Saisonbetrieb handele.

Mit der Berufung vertritt die Beklagte erneut die Ansicht, die Befristung sei wirksam, da durch die Schließungszeiten während des gesamten Novembers und während der Zeit von der zweiten Januarwoche bis zum 1. April immer noch der Tatbestand eines Saisonbetriebes gegeben sei. Der Kläger sei auch mit Saisontätigkeiten nämlich mit Aufgaben im Publikumsbereich beschäftigt gewesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 10.03.2006, Aktenzeichen 2 Ca 10511/05 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er vertritt weiterhin die Ansicht, aufgrund der langen Beschäftigungszeit seit 13.03.2000 handele es sich nicht mehr um ein Saisonarbeitsverhältnis. Der Kläger habe darauf vertraut, dass an der geübten Praxis festgehalten werde und nach einem befristeten Arbeitsvertrag ein weiterer befristeter Arbeitsvertrag angeboten werde. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 313 ZPO auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige und fristgerechte Berufung der Beklagten ist begründet, sie führt zur Abweisung der zu Recht als Entfristungsklage im Sinne des § 17 TzBfG ausgelegten Klage.

Die Befristung des am 10.03.2005 geschlossenen Arbeitsverhältnisses ist gemäß § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 4 TzBfG sachlich gerechtfertigt.

Bei Abschluss des Vertrages am 10.03.2005 befand sich der Kläger nicht in einem bestehenden mit unveränderter Arbeitstätigkeit seit 2000 fortgeführten Arbeitsverhältnis, sondern war seit dem 15.02.2005 arbeitslos. Das bis zu diesem Zeitpunkt befristete vorherige Arbeitsverhältnis war beendet, ohne dass der Kläger die Wirksamkeit dieser Befristung durch Klage gemäß § 17 TzBfG angegriffen hätte. Gemäß § 17 S. 2 i.V. mit § 7 KSchG war das vorherige Arbeitsverhältnis damit aufgrund zulässiger Befristung wirksam beendet worden.

Tatsächlich stellt sich das neue Arbeitsverhältnis ab 10.03.2005 auch nicht als Annex zu dem am 15.02.2005 beendeten Arbeitsverhältnis dar. Denn die Arbeitsaufgaben aus dem vorherigen Arbeitsverhältnis waren bereits mit dem 09.01.2005 entfallen. In der Zeit vom 09.01.2005 bis zum 15.02.2005 war der Kläger, ohne dass er Arbeitspflichten zu erfüllen hatte, zur Abwicklung von Urlaubs- und Freizeitansprüchen im Arbeitsverhältnis verblieben. Dem Kläger war somit insbesondere in der Zeit vom 09.01.2005 bis 10.03.2005 keine Arbeitsaufgabe zugeordnet, die unverändert fortbestanden hätte und einen fortlaufenden Arbeitskräftebedarf begründet hätte.

Damit steht zur Überprüfung durch das Landesarbeitsgericht ausschließlich die Frage, ob das am 10.03.2005 begründete Arbeitsverhältnis deshalb zulässig befristet ist, weil die Arbeitgeberin bei Eingehung des Arbeitsvertrages zutreffend davon ausgehen durfte, dass die für den Kläger vorgesehene Arbeitsaufgabe mit Ablauf des Befristungszeitraumes entfallen würde. Der Kläger war in der Zeit des Arbeitsvertrages mit Tätigkeiten beschäftigt, die ausschließlich während der Parköffnungszeiten anfielen, nämlich mit Tätigkeiten, die nur dann gegeben waren, wenn der Park auch für Besucher geöffnet war. Diese Tätigkeiten entfielen mit Schließung des Parks am 31.10.2005. Dem Kläger waren keine Arbeiten zugewiesen worden, die unabhängig vom Publikumsverkehr anfielen und über die Schließungszeit fortdauerten.

Die Beklagte hat die Arbeitstätigkeiten während dieses letzten Arbeitsvertrages so ausgestaltet, dass auch kein Überstunden- oder Urlaubsguthaben mehr bestand, welches der Kläger bis zur nächsten Saisoneröffnung hätte abfeiern können. Die Beklagte war zu einer solchen Vertragsgestaltung auch nicht verpflichtet. Ebenso wenig war sie verpflichtet in der Sommersaison die Arbeitszeiteinteilung so vorzunehmen, dass das Arbeitszeitgesetz, welches grundsätzlich in der Kalenderwoche nur 48 Stunden durchschnittlicher Tätigkeit ermöglicht, überschritten wurde, um ein solches Arbeitszeitguthaben anzusparen.

Zusammengefasst liegt damit der Befristungsbeurteilung zugrunde, dass die Beklagte ein Unternehmen führt, welches in der Zeit vom 01.04. bis 31.10. eine jeden Jahres Arbeitsplätze bereitstellt, die darauf beruhen, dass in dieser Zeit Publikumsverkehr im Themenpark stattfindet. Gleiches gilt für die Zeit vom 01.12. bis Ende der 1. Kalenderwoche im Januar des Folgejahres. In der anderen Zeit und damit über ca. 3 1/2 Monate pro Jahr fallen diese Arbeitsaufgaben nicht an, da kein Publikumsverkehr gegeben ist. Der Kläger war mit Aufgaben betraut, die auf dem Publikumsverkehr beruhten.

Das Bundesarbeitsgericht hat in diesem Zusammenhang bereits entschieden, dass auch dann eine zulässige Befristung wegen Saisonarbeit gegeben ist, wenn ein Arbeitsplatz voraussehbar und regelmäßig in bestimmtem Turnus wieder zu besetzen ist und der einzelne Arbeitnehmer auch über viele Jahre stets wieder eingestellt wird (vgl. BAG vom 29.01.1987, AP BGB § 620 Saisonarbeit Nr. 1). Denn es gibt keine gesetzliche Grundlage, dass ein Arbeitgeber ein Arbeitszeitmodell einführen muss, welches es ermöglicht Arbeitszeitguthaben anzusparen und diese in Zeiten der Beschäftigungslosigkeit abzubauen. Die Beklagte war also nicht gehalten, dem Kläger anstelle eines Saisonarbeitsvertrages mit 173 Monatsstunden einen Dauerarbeitsplatz mit beispielsweise 130 Monatsstunden anzubieten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein solches Teilzeitarbeitsverhältnis auch Nachteile für den Kläger hat, denn während der Zeit ohne Arbeitsverhältnis kann der Kläger seine Arbeitskraft anderweitig verwerten bzw. Leistungen des Arbeitsamtes beanspruchen, während bei einem ganzjährigen Teilzeitarbeitsverhältnis mit Blockfreistellung keine Leistungen des Arbeitsamtes gewährt werden (vgl. BAG 11.02.2004 AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 256). Eben sowenig ist die Beklagte gezwungen, während der Schließung des Parks Kurzarbeit durch zu führen, oder die Vergütung fortzuzahlen, obwohl erkennbar in dieser Zeit kein Beschäftigungsbedarf für die publikumsabhängigen Tätigkeiten besteht.

Die Problematik des vorliegenden Falles liegt damit auch weniger in der Feststellung, dass die Arbeitsaufgaben, die dem Kläger mit befristetem Vertrag vom 10.03.2005 übertragen wurden am 31.10.2005 tatsächlich nicht mehr vorhanden war, sondern darin, dass die Beklagte trotz Wiederbeginn der Saison am 01.12.2005 dem Kläger kein erneutes Saisonarbeitsangebot gemacht hat. Dieses betrifft jedoch die Problematik eines Wiedereinstellungsanspruchs, welcher vom Kläger nicht geltend gemacht worden ist (vgl. APS/Backhaus, 2. Aufl., § 15 TzBfG, Rdnr. 125).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Revision wurde mangels allgemeiner Bedeutung des Rechtsstreits nicht zugelassen.

Ende der Entscheidung

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