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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 16.02.2009
Aktenzeichen: 2 Sa 824/08
Rechtsgebiete: HGB, BGB


Vorschriften:

HGB § 87
HGB § 65
BGB §§ 305 ff.
Die Vereinbarung einer ausschließlich erfolgsorientierten Provisionsvergütung ist auch im Arbeitsverhältnis nicht stets unzulässig. Die Wirksamkeit der Vergütungsabrede ist nicht nach AGB-Recht zu überprüfen, da es sich um die Regelung der Hauptleistungspflicht handelt, die gesetzlich in § 65 HGB vorgesehen ist. Eine sittenwidrige Verlagerung des arbeitgeberseitigen Beschäftigungsrisikos liegt erst dann vor, wenn das zur Verfügung gestellte Adressenmaterial oder eine andere geschuldete Mitwirkung des Arbeitgebers nicht ausreichend ist, um in der eingesetzten Zeit einen angemessenen Verdienst zu erzielen.
Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn - Az.: 2 Ca 3439/07 - wird auf dessen Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe:

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Die fristgerechte und zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet.

Wie bereits das Arbeitsgericht ausgeführt hat, kommt es für die Entscheidung nicht darauf an, ob das Vertragsverhältnis der Parteien als Arbeitsverhältnis einzuordnen ist. Denn nach dem rechtskräftig gewordenen Verweisungsbeschluss des Landgerichts Bonn folgt die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte aus § 5 Abs. 3 ArbGG, da der Beklagte zum Zeitpunkt der Verweisung unter Berücksichtigung des streitigen Rückforderungsanspruchs unterhalb der Mindestverdienstgrenze des § 5 Abs. 3 ArbGG geblieben ist.

Der Rückzahlungsanspruch der Klägerin besteht unabhängig von der Frage, ob der Beklagte als selbstständiger Makler für diese tätig geworden ist oder ob das Vertragsverhältnis als Arbeitsverhältnis einzustufen ist.

Geht man von einem freien Dienstverhältnis aus, bestehen an der Wirksamkeit der Vereinbarung einer ausschließlich erfolgsbezogenen Vergütung keinerlei Bedenken. Nach § 87 HGB ist die Provision regelmäßig die ausschließliche Vergütung für den Handelsvertreter, der als selbstständiger Gewerbetreibender damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln (§ 84 HGB).

Das Landesarbeitsgericht folgt auch der Auslegung, die das Arbeitsgericht zu § 4 des Vertrages der Parteien vorgenommen hat. Danach ist zwischen diesen lediglich ein Provisionsvorschuss nicht aber eine Garantieprovision für die ersten 6 Monate des Vertragsverhältnisses vereinbart worden. Bereits die Verwendung des Wortes Vorschuss ist eindeutig, denn danach ergibt sich, dass die Zahlung nicht der Erfüllung einer bestehenden Zahlungspflicht dienen soll, sondern lediglich der vorübergehenden Verbesserung der persönlichen Liquidität des Beklagten. Der Vertrag spricht in § 4.1 ausdrücklich davon, dass der Vorschuss mit den Provisionserträgen verrechnet wird. Damit ergibt sich, dass die Leistungspflicht der Klägerin ausschließlich in der Bezahlung der vereinbarten verdienten Provision bestand und nur während eines beschränkten Zeitraumes im Vorgriff auf die bei der Immobilienvermittlung nicht kurzfristig abzuschließenden Verträge ein Vorschuss gezahlt werden sollte. Bei dem grundsätzlich auf eine längerfristige Zusammenarbeit angelegten Vertrag sind die Parteien deshalb davon ausgegangen, dass die gesamten Vorschussleistungen während des Bestandes des Vertragsverhältnisses durch den Beklagten verdient werden können. Die Tatsache, dass der Vertrag nicht ausdrücklich eine Rückzahlungspflicht regelt besagt deshalb nicht, dass der Beklagte nicht zur Rückzahlung verpflichtet sein sollte. Denn das Wesen des Vorschusses ist gerade, dass auf eine noch nicht entstandene oder noch nicht fällige aber als zukünftig entstehend erwartete Forderung bereits Vorausleistungen getätigt werden. Kommt es entgegen der Erwartung der Parteien nicht dazu, dass die Forderung, auf die der Vorschuss gezahlt wird, entsteht, ergibt sich die Rückzahlungspflicht bereits aus der Vorschussvereinbarung. Die Tatsache, dass die Verrechnungsmöglichkeit nicht entsteht führt dazu, dass der Vorschuss einem Darlehen ähnlich zurückzuzahlen ist.

Diese Rückzahlungspflicht besteht auch dann, wenn das Vertragsverhältnis der Parteien tatsächlich als Arbeitsverhältnis zu werten wäre. Auch in diesem Fall führt die Auslegung des Vertrages zum selben Ergebnis. Die Regelung der Vorschusszahlung ist klar und eindeutig und in keiner Weise missverständlich. Die Frage, ob die Hauptpflichten des Vertrages, insbesondere die Vergütungsverpflichtung des Arbeitgebers als ausschließliche Provisionsverpflichtung zulässigerweise vereinbart wurde, regelt sich nicht nach AGB-Recht (§ 305 ff. BGB), da es sich um die Regelung der Hauptleistungspflicht handelt.

Der Rückzahlungsanspruch der Klägerin ist auch nicht etwa deshalb untergegangen, weil die gesamte Vergütungsregelung, die eine ausschließliche Provisionsvergütung beinhaltet, sittenwidrig wäre. Zwar kann im Einzelfall eine ausschließlich provisionsbezogene Vergütungsvereinbarung dann sittenwidrig sein, wenn in unzulässiger Weise das arbeitgeberseitige Beschäftigungsrisiko auf den Arbeitnehmer abgewälzt wird. Im vorliegenden Fall hat der Beklagte nichts dafür vorgetragen, dass das ihm zur Bearbeitung zur Verfügung stehende Adressenmaterial nicht werthaltig war bzw. dass nicht in ausreichender Weise Adressen an den Beklagten abgegeben worden wären, so dass dieser nicht in der Lage gewesen wäre, entsprechende Vertragsabschlüsse herbeizuführen. Von diesen Ausnahmefällen abgesehen, ergibt sich jedoch bereits aus § 65 HGB, dass auch die ausschließliche Provisionsvereinbarung mit einem Handlungsgehilfen, also einem Arbeitnehmer zulässig ist (vgl. Beck-Online-Kommentar, § 65 HGB, Randnummer 6; Münchner Kommentar zum Arbeitsrecht, 4. Auflage 2005, § 611 Randnummer 742 und Beck-Online-Kommentar, § 611 Randnummer 68).

Da die tatsächlich vom Beklagten erzielte Provision mit ca. 1.000,00 € weder sittenwidrig niedrig ist, noch der Beklagte dargelegt hat, dass die Klägerin ursächlich für fehlende Verdienstmöglichkeiten des Beklagten war, folgt hieraus, dass der Beklagte auch dann, wenn man das Vertragsverhältnis als Arbeitsverhältnis qualifizieren wollte, den nicht durch Vertragsabschlüsse verdienten Vorschuss an die Klägerin zurückzuzahlen hat. Die Forderung ist rechnerisch unstreitig.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens gemäß § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Revision wurde mangels allgemeiner Bedeutung des Rechtsstreits nicht zugelassen.

Ende der Entscheidung

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