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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 09.08.2005
Aktenzeichen: 2 Ta 242/05
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 4
KSchG § 5
Im Verfahren über die nachträgliche Zulassung ist nur über die Frage des Verschuldens bei unterstellter Verspätung der Klage zu entscheiden. Da die Rechtzeitigkeit der Klageerhebung Tatbestandvoraussetzung für die Begründetheit der Kündigungsschutzklage ist, ist insoweit der Vollbeweis zu erbringen und im Hauptsacheverfahren zu klären, ob eine unterschriebene Klage bei Gericht eingegangen ist. Gleiches gilt auch, wenn das Zugangsdatum der Kündigung streitig ist. Der Streit der Parteien geht in diesem Fall nicht darum, ob die Verspätung verschuldet ist, sondern darum ob überhaupt Verspätung gegeben ist.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 28.04.2005 - 8 Ca 12934/04 - wird zurückgewiesen.

Gründe: I. Mit Schreiben vom 15.11.2004 kündigte die Beklagte der Klägerin zum 30.11.2004. Am 20.12.2004 ging beim Arbeitsgericht Köln die Kündigungsschutzklage des Prozessbevollmächtigten der Klägerin ein. In der Akte abgeheftet wurde ein Exemplar der Klageschrift, welches den Eingangsstempel trägt und nicht unterzeichnet ist. Der Klageschrift waren zwei Doppel beigefügt. Der Klägerprozessbevollmächtigte hat glaubhaft gemacht, dass wenigstens eine dieser Durchschriften von ihm unterzeichnet gewesen sei. Eine Nachprüfung konnte nicht mehr erfolgen, da die Beklagte mitgeteilt hat, die Klageschrift weggeschmissen zu haben. Unter den 23.12.2004, einem Datum, zu dem die Klageschrift und die Durchschriften noch bei der Akte befindlich sein mussten, terminierte die Vorsitzende die Güteverhandlung. Am 11.01.2005 wurde die Akte erneut mit dem Eingang der Klageerwiderung vorgelegt. Erst am 25.01.2005 vermerkte die Vorsitzende, die Klage sei ohne Unterschrift eingegangen. Hierüber wurde der Klägerprozessbevollmächtigte in der Güteverhandlung am 25.01.2005 informiert. Er beantragte am 31.01.2005 die nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage. Mit dem angegriffenen Beschluss wurde diese abgelehnt. Der Beschluss wurde dem Klägerprozessbevollmächtigten am 09.06.2005 zugestellt. Am 23.06.2005 ging die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen diesen Beschluss ein. Der Prozessbevollmächtigte verweist auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und die herrschenden Meinung in der Literatur, wonach es für die Wahrung der Schriftform nach § 253 Abs. 1, 130 Nr. 6 ZPO ausreichend ist, wenn wenigstens eine der Klagedurchschriften bei Eingang der Klage unterzeichnet ist, selbst wenn diese Abschrift nicht in der Gerichtsakte verbleibt. II. Die zulässige und fristgerechte sofortige Beschwerde der Klägerin ist nicht begründet. Da Gegenstand des Verfahrens nach § 5 KSchG allein die Klärung der Frage ist, ob die unterstellte verspätete Klageerhebung vom Antragsteller verschuldet war oder nicht, war vorliegend allein zu prüfen, ob die Klage nachträglich zugelassen werden kann, wenn weder Original noch Durchschriften der Klageschrift vom Prozessbevollmächtigte der Klägerin unterzeichnet waren. Für diesen Fall ist nicht ersichtlich, dass die Klage unverschuldet erstmals in unterzeichneter Form am 31.01.2005 und damit verspätet beim Arbeitsgericht eingereicht wurde. Denn auch das Anwaltsverschulden muss sich die Klägerin, wie das Arbeitsgericht bereits zu Recht zitiert hat, zurechnen lassen. Wenn kein Exemplar der Klageschrift unterzeichnet war, handelt es sich um Anwaltsverschulden, welches der Klägerin zuzurechnen ist. Nicht Gegenstand des Verfahrens auf nachträgliche Zulassung und damit auch nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist allerdings die Frage, ob die Klage überhaupt verspätet war oder ob am 20.12.2004 eine ordnungsgemäße, rechtzeitige Klageerhebung gegeben war (vgl. KR Friedrich, 7. Auflage, § 5 KSchG Rn. 157; Küttner/Eisemann, Personalbuch 2005 Kündigungsschutz Rn. 42). Die Frage, ob die Klage rechtzeitig oder verspätet eingegangen ist, erwächst auch durch das durchgeführte Beschwerdeverfahren nicht in Rechtskraft. Diese Frage ist vielmehr im Urteilsverfahrens abschließend zu beurteilen. Da die rechtzeitige Klageerhebung auch materielle Anspruchsvoraussetzung des Kündigungsschutzanspruchs ist, reicht die Glaubhaftmachung insoweit nicht aus. Vielmehr trägt die Klägerin die volle Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen. Bereits hieraus folgt, dass die Frage des rechtzeitigen Zugangs wenigstens eines unterschriebenen Exemplars der Klageschrift nicht von der Rechtskraft der Entscheidung im Verfahren auf nachträgliche Zulassung der Klage erfasst wird. Denn das Mittel der Glaubhaftmachung ist (bei feststehender Verspätung) nur hinsichtlich der Verschuldensfrage zugelassen. Vorsorglich wird die Klägerin bereits jetzt auf folgendes hingewiesen: Nach ständiger Rechtsprechung des BAG wird sie im vorliegenden Fall keine Ansprüche aus Annahmeverzug geltend machen können. Denn die Beschäftigung beim Betriebsübernehmer ist regelmäßig zumutbar. Die Klägerin hat es in der Hand gehabt, ihren Beschäftigungsanspruch gegen den Betriebserwerber im Klagewege durchzusetzen. Dies hat sie dadurch vereitelt, dass sie dem Betriebsübergang widersprochen hat, obwohl ersichtlich war, dass eine Beschäftigungsmöglichkeit bei der Beklagten im Gegensatz zur Beschäftigung bei der Betriebsübernehmerin nicht möglich war. Die Klägerin mag erwägen, ob sie das Verfahren aus diesem Grund und weil sie die volle Beweislast für den rechtzeitigen Zugang wenigstens eines unterzeichneten Exemplars der Klageschrift trägt, gleichwohl weiterführen will. Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben. Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung im Hauptsacheverfahren vorbehalten.

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