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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 19.12.2007
Aktenzeichen: 3 Sa 1123/07
Rechtsgebiete: TzBfG, ZPO, BGB


Vorschriften:

TzBfG § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8
ZPO § 278 Abs. 6
BGB § 242
1) Gerichtlicher Vergleich im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG ist auch ein Vergleich nach § 278 Abs. 6 Satz 1 1. Alternative BGB, bei dem die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten und das Gericht das Zustandekommen und den Inhalt des Vergleichs durch Beschluss feststellt.

2) Ein Arbeitnehmer handelt treuwidrig, wenn er bei einem bestehenden Streit über die Wirksamkeit einer Befristung einer weiteren Anschlussbefristung zustimmt, mit dem Arbeitgeber vereinbart, dies im Wege eines gerichtlichen Vergleichs zu tun und sich anschließend auf das Fehlen eines Sachgrundes im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr._8 TzBfG beruft.


Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 24.08.2007 - 5 Ca 3567/06 d - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsvertrages.

Der Kläger war bei der Beklagten vom 11.02.2002 zunächst bis zum 30.06.2005 im Rahmen von insgesamt 13 zunächst ohne und sodann mit Sachgrund befristeten Arbeitsverträgen als Zusteller beschäftigt. Seine durchschnittliche monatliche Vergütung betrug zuletzt 1.750,00 € brutto.

Die Wirksamkeit der letzten am 21.04.2005 für den Zeitraum vom 01.05.2005 bis 30.06.2005 vereinbarten Befristung hat der Kläger beim Arbeitsgericht Aachen unter dem Aktenzeichen - 8 Ca 2608/05 d - zur gerichtlichen Überprüfung gestellt. Nach zunächst gescheitertem Gütetermin unterbreitete die Beklagte der Prozessbevollmächtigten des Klägers im vorgenannten Verfahren mit Schreiben vom 21.07.2005 außerprozessual nach telefonischer Absprache einen Vergleichsvorschlag mit der Bitte, diesen bei Einverständnis dem Arbeitsgericht zu übermitteln, damit sodann nach § 278 Abs. 6 ZPO verfahren werden könne. Dem kam die Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 27.07.2005 nach. Am 29.07.2005 leitete das Gericht den Schriftsatz an die Beklagte zur Stellungnahme weiter.

Am 12.08.2005 schlossen die Parteien einen schriftlichen befristeten Arbeitsvertrag für den Zeitraum vom 15.08.2005 bis 14.08.2006. Als Sachgrund wurde dabei eine "Beschäftigung für zwölf Monate aufgrund eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs" angegeben. Mit Schriftsatz vom 15.08.2005, der an diesem Tag um 08:06 Uhr beim Arbeitsgericht Aachen einging, erklärte die Beklagte ihr Einverständnis mit dem Vergleich. Noch am 15.08.2007 stellte daraufhin das Arbeitsgericht durch Beschluss das Zustandekommen eines Vergleichs folgenden Inhalts fest:

"Die Parteien sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund wirksamer Befristung zum 30. Juni 2005 sein Ende gefunden hat.

Die Beklagte wird den Kläger mit Wirkung vom 15. August 2005 für die Dauer von 12 Monaten - somit bis zum 14. August 2006 - zu ansonsten unveränderten Bedingungen wieder einstellen.

Damit ist der Rechtsstreit 8 Ca 2608/05 d erledigt."

Mit seiner am 17.08.2006 erhobenen Klage wendet sich der Kläger gegen die Wirksamkeit dieser Befristung. Er hat die Auffassung vertreten, diese sei unwirksam, da zum Zeitpunkt des Abschlusses des schriftlichen Arbeitsvertrages noch kein gerichtlicher Vergleich vorgelegen habe, der einen Sachgrund hätte darstellen können.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien aufgrund der Befristung vom 12./15.08.2005 nicht zum 14.08.2006 beendet ist und über den 14.08.2006 unbefristet fortbesteht.

2. die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Zusteller weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Befristung aufgrund des gerichtlichen Vergleichs für wirksam erachtet und darauf hingewiesen, dass die Unterzeichnung des schriftlichen Arbeitsvertrages bereits am 12.08.2005 allein im Interesse des Klägers gelegen habe. Arbeitsbeginn sei jedenfalls erst der 15.08.2005 gewesen.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 24.08.2007 die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Befristung sei nach § 14 Abs. 1 Nr. 8 TzBfG wirksam, da sie auf einen gerichtlichen Vergleich beruhe. Es sei nicht erforderlich, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschluss der zwischen den Parteien außerprozessual vereinbarte Vergleich bereits vom Gericht nach § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt worden sei. Der Beschluss habe vielmehr nur deklaratorische Funktion. Im Übrigen sei die Vorgehensweise des Klägers, selbst wenn man seiner Rechtsauffassung folgen wolle, dass die Befristung im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 12.08.2005 wegen des noch nicht erlassenen Feststellungsbeschlusses unwirksam sei, rechtsmissbräuchlich, da sie gegen Treu und Glauben verstoße. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des vorgenannten Urteils (Bl. 54 ff. d. A.) Bezug genommen.

Gegen dieses ihm am 03.09.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10.09.2007 Berufung eingelegt und diese am 26.10.2007 begründet.

Der Kläger meint weiterhin, die am 12.08.2005 für die Zeit vom 15.08.2005 bis 14.08.2006 mit dem Sachgrund "arbeitsgerichtlicher Vergleich" vereinbarte Befristung, sei nicht wirksam zustande gekommen, weil es im Zeitpunkt des Abschlusses dieses Arbeitsvertrages an dem im Vertrag selbst genannten Sachgrund gefehlt habe. Denn die Feststellung im Wege des arbeitsgerichtlichen Beschlusses sei unstreitig erst am 15.08.2005 getroffen worden. Der Befristungsgrund müsse jedoch immer bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages vorliegen. Darüber hinaus fehle es auch an dem genannten Sachgrund selbst, da § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG voraussetze, dass die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruhe, vorliegend jedoch gar kein arbeitsgerichtlicher Vergleich gegeben sei, da das Gericht lediglich das Zustandekommen eines zwischen den Parteien außergerichtlich vereinbarten Vergleiches festgestellt habe. Zu keinem Zeitpunkt habe das Gericht inhaltlich an dem Vergleichsschluss mitgewirkt.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Aachen vom 24.08.2007 - 5 Ca 3567/06 d -

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien aufgrund der Befristung vom 12./15.08.2005 nicht zum 14.08.2006 beendet worden ist und über den 14.08.2006 unbefristet fortbesteht;

2. die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Zusteller weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie tritt der erstinstanzlichen Entscheidung bei und ist der Auffassung, der Beschluss des Arbeitsgerichts Aachen stelle einen hinreichenden Sachgrund für die Befristung dar. Über die in § 278 Abs. 6 ZPO vorgesehene Beteiligung des Gerichts am Vergleichsabschluss hinaus seien keine weitergehenden Anforderungen an die Mitwirkung des Richters zu stellen. Letztlich würde es die Gefahr von Rechtsunsicherheit mit sich bringen, wenn man einen konkreten Grad der gerichtlichen Beteiligung fordern würde. Darüber hinaus sei es in rechtlicher Hinsicht unschädlich, dass der schriftliche Arbeitsvertrag bereits drei Tage vor der gerichtlichen Vergleichsfeststellung abgeschlossen sei. Schon aus dem Wortlaut des § 278 Abs. 6 ZPO ergebe sich, dass der gerichtliche Beschluss rein deklaratorischer Natur sei. Im Übrigen sei die Aufzählung in § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG nicht abschließend, so dass selbst bei Vorliegen eines geringfügigen Formfehlers unter Berücksichtigung der Gesamtumstände jedenfalls von einem sachlichen Grund im Hinblick auf die Befristungsvereinbarung auszugehen sei. In jedem Fall aber missbrauche der Kläger mit seinem Klagebegehren das Vertrauen der Beklagten, die von der Wirksamkeit des gerichtlichen Vergleichs ausgegangen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II. Das Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Befristung des Arbeitsvertrages vom 12.08.2005 ist rechtswirksam. Das Arbeitsverhältnis der Parteien wurde mit Ablauf des 14.08.2006 beendet.

1. Die vereinbarte Befristung ist durch den Sachgrund des gerichtlichen Vergleichs (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG) gerechtfertigt. Nach dieser Vorschrift liegt ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrags insbesondere dann vor, wenn die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.

a) Bereits vor Inkrafttreten des TzBfG hat das Bundesarbeitsgericht die Befristung eines Arbeitsverhältnisses in einem gerichtlichen Vergleich für wirksam erachtet, soweit die Parteien darin zur Beendigung eines Kündigungsschutzverfahrens oder eines sonstigen Feststellungsrechtsstreits über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses eine Einigung erzielt hatten (vgl. BAG, Urteil vom 03.08.1961 - 2 AZR 117/60 -, AP-Nr. 19 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; BAG, Urteil vom 24.01.1996 - 7 AZR 496/95 -, AP Nr. 179 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; Gräfl, in: Gräfl/Arnold u. a., TzBfG, § 14 Rz. 189 m. w. N. aus der Rechtsprechung). Diese Rechtsprechung hat der Gesetzgeber übernommen und bei dem Sachgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG zu Grunde gelegt (Bundestags-Drucksache XIV/4374, Seite 19). Dementsprechend unterliegt der gerichtliche Vergleich, mit dem die Parteien zur Beilegung einer Rechtsstreitigkeit ein befristetes Arbeitsverhältnis vereinbaren, keiner weiteren Befristungskontrolle. Deren Funktion erfüllt das Arbeitsgericht durch seine ordnungsgemäße Mitwirkung beim Zustandekommen des Vergleichs.

Gerichtlicher Vergleich im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG ist auch ein Vergleich im Sinne von § 278 Abs. 6 ZPO. Dies hat das Bundesarbeitsgericht für die bis zum 31.08.2004 geltende Fassung der vorgenannten Vorschrift zuletzt bestätigt (BAG, Urteil vom 23.11.2006 - 6 AZR 394/06 -, NZA 2007, 466). Nach dieser früheren Fassung des § 278 Abs. 6 ZPO konnte ein gerichtlicher Vergleich auch dadurch geschlossen werden, dass die Parteien einen schriftlichen Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz gegenüber dem Gericht annahmen. Das Zustandekommen und den Inhalt des so geschlossenen Vergleiches stellte das Gericht durch Beschluss fest. Nach der ab dem 01.09.2004 geltenden und auch im vorliegenden Fall anwendbaren Fassung des § 278 Abs. 6 ZPO kann ein gerichtlicher Vergleich auch dadurch geschlossen werden, dass die Parteien dem Gericht einen Vergleichsvorschlag unterbreiten und das Gericht sodann das Zustandekommen und den Inhalt dieses Vergleichs durch Beschluss feststellt. Ob auch ein derartiger Vergleich ein gerichtlicher Vergleich im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG ist, hat das Bundesarbeitsgericht in der vorgenannten Entscheidung ausdrücklich offen gelassen. Dies könnte insofern zweifelhaft sein, als dem Vergleich kein Vorschlag des Gerichts mehr zu Grunde liegt, sondern dieser ausschließlich durch den übereinstimmenden Vergleichsvorschlag der Parteien zustande kommt und mithin eine deutlich eingeschränktere gerichtliche Mitwirkung vorliegt. Von daher wird im Schrifttum für diese Alternative des § 278 Abs. 6 ZPO die Parallele zum außergerichtlichen Vergleich gezogen, und eine Anwendbarkeit des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG wegen der fehlenden inhaltlichen Mitwirkung des Gerichts verneint. Ein derartiger Vergleich sei letztlich nichts anderes als die bloße Protokollierung eines außergerichtlichen Vergleichs, die ebenfalls den Anforderungen des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG nicht genüge (APS/Backhaus, 3. Aufl., § 14 TzBfG Rz. 324). Nach der Gegenmeinung reicht allein die formelle Mitwirkung des Gerichts nach § 278 Abs. 6 Satz 1 erste alternative ZPO aus, da § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG allein das Vorliegen eines gerichtlichen Vergleichs verlangt und beide Alternativen des § 278 Abs. 6 Satz 1 ZPO diese Voraussetzung erfüllen (ErfK/Müller-Glöge, 8. Aufl., § 14 TzBfG Rz. 77; Münchener Kommentar/Hesse, BGB, 4. Aufl., § 14 TzBfG Rz. 71; HWK/Schmalenberg, 2. Aufl., § 14 TzBfG, Rz. 59; Sievers, TzBfG, 2. Aufl., § 14 Rz. 281).

Die Kammer folgt der letztgenannten Auffassung. Hierfür spricht zunächst der Wortlaut der beiden Vorschriften. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG differenziert nicht zwischen verschiedenen Arten gerichtlicher Vergleich, sondern stellt allein auf das Vorliegen eines gerichtlichen Vergleichs in Abgrenzung zum außergerichtlichen Vergleich ab. § 278 Abs. 6 ZPO betrifft aber allein den gerichtlichen Vergleich. Hätte der Gesetzgeber bei der Änderung des § 278 Abs. 6 ZPO im Jahr 2004, die eine weitere Erleichterung des Abschlusses gerichtlicher Vergleiche bewirken sollte, diese nicht auf § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG erstrecken wollen, hätte er dies ausdrücklich durch eine gleichzeitige Änderung des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG zum Ausdruck bringen müssen. Dies ist jedoch nicht geschehen.

Zum anderen bleibt es auch nach der Neufassung des § 278 Abs. 6 Satz 1 ZPO bei der Beteiligung des Gerichts. Auch im Rahmen der ersten Alternative der vorgenannten Vorschrift, nämlich dem allein von den Parteien unterbreiteten schriftlichen Vergleichsvorschlag behält das Gericht eine gewisse Kontrollfunktion. Es findet nicht lediglich eine Protokollierung statt, sondern das Gericht muss durch Beschluss den Inhalt und das Zustandekommen des Vergleichs feststellen. Im Rahmen dieser Beschlussfassung findet immer auch eine - wenn auch abgeschwächte - inhaltliche Kontrolle statt.

Schließlich ist als gewichtigstes Argument für eine uneingeschränkte Anwendung des § 278 Abs. 6 ZPO im Rahmen des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG die ansonsten drohende Gefahr der Rechtsunsicherheit anzuführen. Hierauf hat auch bereits der 7. Senat des Bundesarbeitsgerichts in der Entscheidung vom 23.11.2006 (- 6 AZR 394/06 -, NZA 2007, 466) hingewiesen. Mit dem Sachgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG soll den Arbeitsvertragsparteien die Möglichkeit gegeben werden, mit Hilfe des Abschlusses eines gerichtlichen Vergleichs einen sicheren Befristungsgrund zu schaffen. Dies setzt aber voraus, dass es für den Sachgrund allein auf das Vorliegen eines derartigen Vergleichs ankommt und keine weiteren Merkmale erfüllt sein müssen. Letzteres wäre aber der Fall, wenn man nur bestimmte gerichtliche Vergleiche anerkennen würde. Es bedürfte dann in jedem Fall einer weiteren Prüfung entweder hinsichtlich des Vergleichsinhalts oder zumindest bezüglich des Zustandekommens des jeweiligen Vergleichs. Gerade aus Sicht der vergleichsschließenden Parteien soll aber mit dem Vergleich ein wirksamer befristeter Arbeitsvertrag zustande kommen. Beide Parteien nutzen bewusst dieses, ihnen vom Gesetzgeber zur Verfügung gestellte Mittel, um Rechtssicherheit hinsichtlich der Wirksamkeit der Arbeitsvertragsbefristung zu erlangen. Dieses Ziel kann jedoch nur erreicht werden, wenn man jeden nach § 278 Abs. 6 ZPO festgestellten Vergleich für § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG genügen lässt und nicht auf den Grad der gerichtlichen Mitwirkung bei diesem Vergleich abstellt.

Im vorliegenden Fall haben die Parteien dem Gericht mit Schriftsätzen vom 27.07.2005 und 15.08.2005 übereinstimmend den vom Gericht sodann noch am 15.08.2005 durch Beschluss festgestellten Vergleich unterbreitet. Dieser Vergleich sieht eine weitere Befristung des Arbeitsverhältnisses vom 15.08.2005 bis 14.08.2006 vor. Damit liegt ein Vergleich im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 2 NR. 8 TzBfG vor.

b) Die Befristung beruht auch auf diesem gerichtlichen Vergleich. Die nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG erforderliche Kausalität ist gegeben. Die Parteien haben im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 12.08.2005 den arbeitsgerichtlichen Vergleich ausdrücklich als Befristungsgrund genannt und damit unmissverständlich zu erkennen gegeben, dass sie den Sachgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG zur Anwendung bringen wollen. Rechtlich unerheblich ist dabei, dass der schriftliche Vertrag bereits drei Tage vor dem gerichtlichen Beschluss, der das Zustandekommen des Vergleichs festgestellt hat, unterschrieben worden ist. Denn der gerichtliche Beschluss ist rein deklaratorischer Natur (vgl. HK-ZPO/Sänger, 2. Aufl., § 278 Rz. 23). Im Übrigen bestand spätestens seit dem 27.07.2005, als nämlich die klägerische Prozessbevollmächtigte dem Gericht den ihr von der Beklagten unterbreiteten Vergleichsvorschlag zustimmend weitergeleitet hat, Einigkeit über den Vergleichsinhalt und die prozessuale Verfahrensweise. Die so zustande gekommene Befristung beruht mithin auf dem vorgenannten gerichtlichen Vergleich.

2. Unabhängig von dem Vorgenannten ist es dem Kläger jedenfalls gemäß § 242 BGB verwehrt, sich auf eine eventuelle Unwirksamkeit der Befristung gegenüber der Beklagten zu berufen. Insofern greift nämlich der Grundsatz des sog. "venire contra factum proprium" (widersprüchliches Verhalten) ein.

Widersprüchliches Verhalten einer Partei ist immer dann missbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (BAG, Urteil vom 04.12.1997 - 2 AZR 799/96 -, EzA § 242 BGB Rechtsmissbrauch Nr. 3; BGH, Urteil vom 05.06.1997 - X ZR 73/95 -, NJW 1997, 3377, 3379; Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Aufl., § 242 Rz. 55 jeweils mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung). So hat es beispielsweise das Bundesarbeitsgericht für treuwidrig gehalten, wenn eine Partei eine Kündigung mehrmals entgegen den Vorhaltungen der anderen Seite ernsthaft ausgesprochen hat und sich dann nachträglich auf die Unwirksamkeit ihrer eigenen Kündigung beruft. Beanspruche nämlich jemand bestimmte Rechtspositionen gegenüber anderen Teilnehmern am Rechtsleben, so müsse von ihm eine gewisse Konsistenz in seinem Verhalten gefordert werden (BAG, Urteil vom 04.12.1997 - 2 AZR 799/96 -, EzA § 242 BGB Rechtsmissbrauch Nr. 3). In gleicher Weise hat das Bundesarbeitsgericht im Fall eines Arbeitnehmers entschieden, der zunächst ein rechtskräftiges Urteil mit der Feststellung seines Arbeitnehmerstatus erstritten hatte, dann ohne Änderung der Zusammenarbeit in tatsächlicher Hinsicht den Arbeitgeber zu einer Aufhebung des Arbeitsvertrages und zur Fortsetzung der Zusammenarbeit "auf Basis freier Mitarbeit" veranlasst hatte, hieraus über viele Jahre Vorteile zog, um so dann später erneut die Feststellung zu verlangen, es habe ein Arbeitsverhältnis bestanden (BAG, Urteil vom 11.12.1996 - 5 AZR 895/95 -, EzA § 242 BGB Rechtsmissbrauch Nr. 1; BAG, Urteil vom 12.08.1999 - 2 AZR 632/98 -, EzA § 242 BGB Rechtsmissbrauch Nr. 4).

Der vorliegende Sachverhalt ist mit diesen, vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fällen vergleichbar. Auch hier hat der Kläger auf Seiten der Beklagten schutzwürdiges Vertrauen geschaffen, in dem er sein Einverständnis zu der vergleichsweisen Befristungsvereinbarung und dem Verfahren nach § 278 Abs. 6 ZPO gegeben hat. Die Parteien befanden sich seinerzeit im Streit über die Wirksamkeit einer Befristung ihres Arbeitsvertrages. In dieser Situation schlug die Beklagte dem Kläger zur vergleichsweisen Streitbeilegung vor, eine weitere Anschlussbefristung von einem Jahr zu vereinbaren und dies im Wege des gerichtlichen Vergleichs zu tun. Diese Vorgehensweise machte dem Kläger unmissverständlich deutlich, dass die Beklagte nur dann zu einer weiteren Anschlussbefristung bereit war, wenn diese Befristung zweifelsfrei rechtswirksam war. Dies war allein mit einem gerichtlichen Vergleich zu erzielen, da dann der Sachgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG gegeben war. Diese Interessenlage der Beklagten war für den Kläger offenkundig. Wenn er sodann in einer solchen Situation dem Vorschlag der Beklagten zustimmte und damit einverstanden war, einen befristeten Arbeitsvertrag mit Sachgrund im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG zu vereinbaren, muss er sich auch im Weiteren hieran festhalten lassen. Das spätere Berufen darauf, es sei gerade nicht, wie von beiden Parteien gewollt ein Sachgrund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG geschaffen worden, steht hierzu in diametralem Widerspruch und ist mithin rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 242 BGB. Die Beklagte musste sich in dieser Situation darauf verlassen dürfen, dass der Kläger sich jedenfalls später auf eine mögliche Unwirksamkeit der Befristung nicht berufen würde.

3. Ist mithin die Befristung zum 14.08.2006 rechtswirksam und hat das Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt sein Ende gefunden scheidet auch ein Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers aus.

III. Insgesamt war daher die Berufung des Klägers zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Revisionszulassung beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG, da die Frage, ob ein Vergleich nach § 278 Abs. 6 Satz 1 erste Alternative ZPO ein gerichtlicher Vergleich im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG ist bislang höchstrichterlich ungeklärt ist.

Ende der Entscheidung

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