Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 26.11.2003
Aktenzeichen: 3 Sa 782/03
Rechtsgebiete: LPVG NW


Vorschriften:

LPVG NW § 72 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Eine pauschale, im Vorhinein für einen bestimmten Zeitraum erfolgte Zustimmung des Personalrats zu jeglichen, im Zeitpunkt der Beschlussfassung nicht näher bezeichneten Befristungen ist unwirksam.
Tenor:

1. Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 21.01.2003 - 16 Ca 9068/01 - wird zurückgewiesen.

2. Das beklagte Land hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I. Die Parteien streiten über die rechtswirksame Befristung eines Arbeitsverhältnisses. Von einer erneuten Darstellung des Sachverhaltes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 21.01.2003 stattgegeben und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht auf Grund der im Vertrag vom 13.08.2002 vereinbarten Befristung zum Teil mit Ablauf des 05.02.2003 und im Übrigen mit Ablauf des 19.08.2003 sein Ende gefunden hat. Wegen der Begründung wird auf Blatt 42 ff. d. A. Bezug genommen.

1. Die Berufung des beklagten Landes ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

2. Das Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Arbeitsgericht die zulässige und rechtzeitig erhobene Entfristungsklage für begründet erachtet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist nicht auf Grund der im zuletzt abgeschlossenen Vertrag vom 13.08.2002 vereinbarten Befristungen beendet worden, denn das beklagte Land hat vor Abschluss dieses befristeten Vertrages den Personalrat nicht ordnungsgemäß beteiligt.

a. Gemäß §§ 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 66 Abs. 1 LPVG NW bedarf die Befristung eines Arbeitsvertrages der Zustimmung des Personalrats. Diese Zustimmung muss bereits im Zeitpunkt der Befristungsabrede vorliegen und kann nicht nachträglich erteilt werden (so ausdrücklich zuletzt BAG, Urteil vom 20.02.2002 - 7 AZR 707/00 - AP Nr. 23 zu § 72 LPVG NW). Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, lag eine solche Zustimmung bei Abschluss des befristeten Vertrages am 13.08.2002 nicht vor.

Das Berufungsgericht schließt sich der erstinstanzlichen Argumentation in vollem Umfang an. Insbesondere hat das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt, dass die beklagtenseits behauptete pauschale Zustimmungserteilung durch die Personalkommission für einen begrenzten Zeitraum im Vorfeld des streitgegenständlichen befristeten Arbeitsvertrages der Klägerin rechtsunwirksam ist. Eine solche pauschale, nicht einzelfallbezogene Erklärung des Personalrats stellt keine ordnungsgemäße Ausübung des Mitbestimmungsrechts dar. Wie das Bundesarbeitsgericht zuletzt in der bereits genannten Entscheidung vom 20.02.2002 (7 AZR 707/00, AP Nr. 23 zu § 72 LPVG NW) ausgeführt hat, dient das Mitbestimmungsrecht des Personalrats nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LPVG zumindest auch dem Schutz des Arbeitnehmers und soll seinen Interessen an dauerhaften Bindungen Rechnung tragen. Daher hat der Personalrat zu prüfen, ob die beabsichtigte Befristung nach den Grundsätzen der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle wirksam ist. Er soll außerdem auch bei Vorliegen eines die Befristung rechtfertigenden Sachgrundes darauf Einfluss nehmen können, ob im Interesse des Arbeitnehmers von einer Befristung insgesamt abgesehen oder wegen der dem Arbeitnehmer zugewiesenen Arbeitsaufgaben oder der in Aussicht genommenen Befristungsgründe eine längere Laufzeit vereinbart werden kann (vgl. BAG a.a.O. m. w. N. aus der Rechtsprechung). Der Personalrat hat mithin bei der Ausübung seines Mitbestimmungsrechts bei Befristungen eine konkrete Einzelfallprüfung vorzunehmen. Nur wenn der Arbeitgeber dem Personalrat vor Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages ausreichende einzelfallbezogene Informationen zuleitet, um diesem eine entsprechende Sachprüfung zur Ausübung seines Mitbestimmungsrechts zu ermöglichen, kann überhaupt eine wirksame Zustimmung des Personalrats erfolgen. Hieran fehlt es jedoch offensichtlich, wenn ohne Kenntnis der konkret für eine mögliche Befristungsverlängerung anstehenden Arbeitsverhältnisse pauschal für einen bestimmten Zeitraum der Personalrat jeglichen Befristungen zustimmt und damit letztlich auf die Ausübung seines Mitbestimmungsrechts verzichtet. Dass ein derartiger genereller im Voraus erfolgender Verzicht auf Beteiligungsrechte unwirksam ist, hat das Arbeitsgericht unter Bezugnahme auf die höchstrichterliche Rechtsprechung bereits ausgeführt.

b. Auch die weitergehenden Ausführungen des beklagten Landes in der Berufungsbegründung vermögen ein anderes Ergebnis nicht zu begründen. Soweit nunmehr vorgetragen wird, der Vorsitzende der Personalkommission sei fernmündlich "vor dem 13.08.2002" über die beabsichtigte Weiterbeschäftigung der Klägerin mit der Bitte in Kenntnis gesetzt worden, die Zustimmung gemäß §§ 66, 72 LPVG NW zu erteilen und dieses sei auch "vor dem 13.08.2002" geschehen, ist dieser Vortrag mangels hinreichender Substantiierung rechtlich unbeachtlich. Zum einen erstaunt es, dass die vorherige konkrete Beteiligung der Personalkommission erstinstanzlich völlig unerwähnt geblieben ist. Zum anderen ist der Sachvortrag jedenfalls zu unbestimmt, um in rechtlicher Hinsicht Berücksichtigung finden zu können. Ohne Angabe eines konkreten Anhörungs- sowie Zustimmungsdatums kann dem Beweisangebot des beklagten Landes nicht nachgegangen werden. Dies wäre ein unzulässiger Ausforschungsbeweis. Eine nähere Konkretisierung der behaupteten vorherigen Beteiligung der Personalkommission war dem Prozessbevollmächtigten des beklagten Landes auch auf ausdrückliche Nachfrage in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht nicht möglich.

3. Nach allem bleibt es somit bei der erstinstanzlich bereits festgestellten Unwirksamkeit der Befristung wegen der fehlenden vorherigen Zustimmung des Personalrats (vgl. hierzu auch mit weiterführenden Nachweisen aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung APS - Backhaus, vor § 14 TzBFG Rz. 39).

II. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

Zurück