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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 02.02.2006
Aktenzeichen: 4 (10) Ta 118/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 114
Es ist grundsätzlich rechtswidrig, einen PKH-Antrag mit der bloßen Verweisung auf ein inzwischen ergangenes klageabweisendes Urteil zurückzuweisen.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der PKH - Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 18.01.2005 - 6 Ca 3914/04 abgeändert:

Dem Kläger wird für den ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe in vollem Umfang mit Wirkung vom 15.04.2004 bewilligt und ihm Rechtsanwalt Dzur Wahrnehmung der Rechte in diesem Rechtszug beigeordnet.

Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe erfolgt mit der Maßgabe, dass der Kläger aus seinem Vermögen monatliche Teilbeträge von 135,00 € ab dem 01.04.2006 zu zahlen hat.

Gründe:

I. Erfolgsaussicht war zu bejahen.

Das Arbeitsgericht hat im angefochtenen Beschluss statt einer Begründung lediglich auf die Entscheidungsgründe des Urteils vom 18.11.2004 verwiesen. Ein solches Vorgehen ist grundsätzlich rechtswidrig.

Bei der Entscheidung nach § 114 ZPO ist das verfassungsrechtliche Gebot der Rechtsschutzgleichheit zu beachten, sodass die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden dürfen (BVerfG 14.10.2003 - 1 BvR 901/03- ). Die Prüfung der Erfolgsaussicht soll nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Prozesskostenhilfeverfahren will den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht selbst bieten, sondern nur zugänglich machen. Dem genügt das Gesetz in § 114 ZPO, in dem es die Gewährung von Prozesskostenhilfe bereits dann vorsieht, wenn nur hinreichende Erfolgsaussichten für die beabsichtigte Rechtsverfolgung besteht, ohne dass der Prozesserfolg schon gewiss sein muss (BVerfG 24.07.2002 - NJW 2003, 576).

Dementsprechend verlangt § 114 ZPO auch nicht Erfolgsgewissheit, sondern lediglich hinreichende Aussicht auf Erfolg. Es reicht aus, wenn bei einer allein erlaubten vorläufigen Prüfung der Parteivortrag als vertretbar bezeichnet werden kann, wobei die Anforderungen an die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen nicht überspannt werden dürfen. Es genügt, wenn Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat, keineswegs ist eine überwiegende Wahrscheinlichkeit erforderlich (LAG Düsseldorf, 29.11.1999 - 15 Ta 553/99 - LAGE § 114 ZPO Nr. 36).

Aus alldem folgt, dass für die hinreichende Erfolgsaussicht ein hinreichend geringerer Maßstab anzusetzen ist, als für den Erfolg selbst. Dass die Klage im Ergebnis keinen Erfolg hatte, kann nicht nachträglich als Begründung für die Ablehnung der Prozesskostenhilfe herangezogen werden.

II. Im übrigen sind die Urteilsgründe, auf die der PKH - Beschluss Bezug nimmt, rechtfehlerhaft.

1. Das Urteil ist hinsichtlich des Feststellungsantrages letztlich darauf gestützt, dass die Anfechtung des Klägers "ins Leere" gehe. Denn - so das Arbeitsgericht - die vom Kläger behauptete Täuschung und Drohung mit einem widerrechtlichen Übel sei unstreitig nicht von Seiten der Beklagten bzw. ihrer Geschäftsführerin erfolgt, sondern durch einen ihrer Angestellten, möge er auch der Vorgesetzte des Klägers gewesen sein. Damit aber liege eine Täuschung oder Drohung durch einen "Dritten" vor. Das Verhalten eines Dritten berechtige aber nur dann gemäß § 123 Abs. 2 BGB zur Anfechtung, wenn derjenige, dem gegenüber anzufechten gewesen sei, die Täuschung gekannt habe oder habe erkennen müssen.

Die Beklagte selbst hatte vorgetragen (Bl.45 d. A.), dass der Zeuge S von der Geschäftsführerin der Beklagten, seiner Mutter, bevollmächtigt gewesen sei, sämtliche Geschäfte, die den Betrieb der Beklagten beträfen, allein und eigenständig zu führen.

Nach allgemeiner Meinung ist Dritter im Sinne des § 123 Abs. 2 BGB nur der am Geschäft Unbeteiligte. Kein Dritter ist, wer auf Seiten des Erklärungsgegners steht und maßgeblich am Zustandekommen des Vertrages mitgewirkt hat. Das trifft insbesondere auf den Vertreter zu (Nachweise bei Palandt/Heinrichs § 123 Rn. 13). Zudem betrifft § 123 Abs. 2 BGB - wie der Prozessbevollmächtigte des Klägers zu Recht rügt - schon seinem Wortlaut nach nur die Täuschung. Auch insoweit entspricht es einheitlicher Meinung, dass die Person des Drohenden gleichgültig ist (Palandt/Heinrichs a. a. O. Rn. 18 m.w.N.). Über die Drohung hätte mithin Beweis erhoben werden müssen. Die Erfolgsaussicht für den Feststellungsantrag durfte deshalb auch dann nicht verneint werden, wenn man die unter dem Datum des 15. 3. 2004 unterzeichnete Erklärung als Aufhebungsvertrag auslegte.

2. Auch für den Zahlungsantrag durfte sie nicht verneint werden. Der Kläger hat substantiiert zu der Gehaltsvereinbarung vorgetragen. Die bisherige Beklagte hat diesen Vortrag nur pauschal bestritten, ohne sich selbst substantiiert einzulassen. Sie hat insbesondere keine Lohnhöhe angegeben. Wegen dieser unvollständigen und unsubstantiierten Einlassung galt der Vortrag des Klägers als zugestanden.

III. Die Ratenhöhe berechnet sich wie folgt:

Das Nettoarbeitseinkommen betrug entsprechend der im PKH - Verfahren 4 (5) Sa 367/05 eingereichten Belege 1.091,71 €. Davon waren abzuziehen: Unterhaltsfreibetrag 380,00 €, Erwerbstätigen Freibetrag 173,00 €, Mietkosten 150,00 €. Die Differenz von 389,00 € ergibt nach der Tabelle zu § 115 ZPO die monatlichen Raten von 135,00 €.

Ende der Entscheidung

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