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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 04.03.2005
Aktenzeichen: 4 Sa 1198/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 167
ZPO § 246
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 01.09.2004 - 11 (22) Ca 9264/03 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand: Die Parteien streiten um Annahmeverzugsansprüche des verstorbenen Ehemannes der Klägerin, die dessen Erbin ist. Dabei geht der Streit zunächst darum, ob die Ansprüche verjährt sind. Wegen des erstinstanzlichen streitigen und unstreitigen Vorbringens sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, weil es die Ansprüche für verjährt gehalten hat. Gegen dieses ihr am 14.09.2004 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 07.10.2004 Berufung eingelegt und diese am 26.10.2004 begründet. Die Klägerin wendet sich im Wesentlichen mit Rechtsausführungen gegen das erstinstanzliche Urteil. Insoweit wird auf die Berufungsbegründung Bezug genommen. Die Klägerin beantragt,

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 01.09.2004 - 11 (22) Ca 9264/03 - zugestellt am 14.09.2004, in der Fassung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Köln vom 28.09.2004 - 11 (22) Ca 9264/03 - abzuändern und nach den Schlussanträgen I. Instanz zu erkennen.

2. die Kosten des Rechtsstreits der Berufungsbeklagten aufzuerlegen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil mit Rechtsausführungen, wegen derer auf die Berufungserwiderung Bezug genommen wird. Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren. Entscheidungsgründe: Die zulässige, form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin hatte in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Arbeitsgericht entschieden, dass die Klageansprüche verjährt sind. Dazu wird zunächst auf § 69 Abs. 2 ArbGG auf I. der Entscheidungsgründe - bis auf den letzten Absatz - Bezug genommen. Die Einwendungen der Berufung greifen nicht durch: 1. Nicht ist die Beklagte mit der Verjährungseinrede ausgeschlossen, weil das Arbeitsgericht eine Schriftsatzfrist bis zum 28.02.2004 gesetzt hatte und die Beklagte sich mit Schriftsatz vom 01.03.2004 auf die Verjährung berufen hat. Die Beklagte ist schon deshalb nicht ausgeschlossen, weil das Arbeitsgericht die Verjährungseinrede nicht wegen Verspätung zurückgewiesen, sondern sie zugelassen hat. Nur bei - rechtmäßiger - Zurückweisung bleiben Angriffs- und Verteidigungsmittel in der II. Instanz ausgeschlossen (§ 67 Abs. 1 ArbGG). Davon abgesehen wurde der Rechtsstreit durch den um einen Tag verspätet eingegangenen Schriftsatz nicht verzögert. Dahinstehen kann dabei, ob es sich bei der Verjährungseinrede überhaupt um ein Verteidigungsmittel im Sinne des § 56 ArbGG handelt. 2. Zu Unrecht wendet sich die Klägerin mit dem Argument, dass sich aus dem Erbschein nichts über den Bestand des Nachlasses insbesondere in Bezug auf schuldrechtliche Forderungen ergebe, dagegen, dass das Arbeitsgericht entschieden hat, dass mit Erteilung des Erbscheins der Grund der Aussetzung gemäß § 246 ZPO entfallen sei. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragte mit Schriftsatz vom 16.02.2004 (Bl. 224 d. A.), das Verfahren gemäß § 246 ZPO auszusetzen. Als Begründung gab er an, dass ihm nicht bekannt sei, wer Erbe des Klägers werde, insbesondere sei nicht bekannt, ob die Erben den Rechtsstreit fortführen wollten. Zu Recht ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass die Erteilung des Erbscheins am 21.02.2000 die Gründe für diese Ungewissheit beseitigte. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin weist selbst darauf hin, dass die Wirkung des Erbscheins es ist, dass vermutet wird, dass demjenigen, welcher im Erbschein als Erbe bezeichnet wird, das in dem Erbschein angegebene Erbrecht zusteht. Damit war für den Prozessbevollmächtigten der Klägerin, der zuvor der Prozessbevollmächtigte des Erblassers war, die Ungewissheit über die Frage, wer Erbe ist, beseitigt. In diesem Moment konnte er abklären, ob die Erbin den Prozess fortführen wolle. 3. Sofern sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin darauf beruft, dass ihm ein "formeller Beschluss" gemäß § 246 ZPO nicht bekannt sei, dass ihm mit Verfügung vom 08.03.2000 lediglich mitgeteilt worden sei, dass der auf den 11.05.2000 anberaumte Termin wegen Aussetzung des Rechtsstreits gemäß § 246 ZPO aufgehoben worden sei, so ist darauf hinzuweisen, dass das Arbeitsgericht (Bl. 226 Rückseite d. A.) am 03.03.2000 folgenden Beschluss gefasst hat: "In pp. wird der KT am 11.05.00 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird gemäß § 246 ZPO ausgesetzt." Es hat ferner verfügt, dass eine Beschlussausfertigung an die Prozessbevollmächtigten der Parteien zu gehen habe. Gemäß Erledigungsvermerk vom 08.03.2000 ist dieses geschehen. Letztlich ist aber auch irrelevant, ob der Prozessbevollmächtigte insoweit einen "formellen Beschluss" erhalten hat. Denn nicht die Aussetzung änderte etwas an der Unterbrechung des Verfahrens, sondern das nachfolgende Nichtbetreiben, als der Grund der Aussetzung weggefallen war. Dass der Termin wegen der Aussetzung gemäß § 246 ZPO aufgehoben wurde, war dem Prozessbevollmächtigten nach eigenem Bekunden bekannt. Der Grund für diese Aussetzung war ihm ebenfalls bekannt. Denn er hatte die Aussetzung gemäß § 246 ZPO mit den zuvor genannten Gründen selbst beantragt. 4. Sofern die Berufungsbegründung ausführt, § 207 BGB a. F. sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, so kann dieses dahinstehen. Ebenso kann dahinstehen, ob die vom Arbeitsgericht gegebene Begründung dafür, dass der dem alten § 207 BGB entsprechende neue § 211 BGB zu keinem anderen Ergebnis führe, trägt. Gemäß § 207 BGB a. F. (insoweit inhaltsgleich § 211 BGB n. F.) wird die Verjährung eines Anspruchs, der zu einem Nachlass gehört, nicht vor dem Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt vollendet, in welchem die Erbschaft von dem Erben angenommen oder von welchem an der Anspruch von einem Vertreter geltend gemacht werden kann. Die Voraussetzungen für diese Ausnahmevorschrift hätte die Klägerin als Gläubigerin darzulegen. Die Erteilung des Erbscheins indiziert zunächst, dass die Klägerin die Erbschaft angenommen hat. Gegenteiliges ist nicht vorgetragen. Die Klägerin hat nicht einmal behauptet, die Erbschaft so spät angenommen zu haben, dass die Vorschrift des § 207 BGB a. F. ihr noch helfen könnte. Zu Recht weist die Berufungserwiderung daraufhin, dass der relevante Zeitpunkt entweder derjenige war, zu dem die Klägerin die ihr testamentarisch zugedachte Vorerbschaft endgültig angenommen hatte oder aber derjenige, zu dem sie die Sechs-Wochen-Frist für die Ausschlagung der Erbschaft gemäß § 1944 BGB hat verstreichen lassen und dass der Zeitpunkt der tatsächlichen bzw. fiktiven Annahme der Erbschaft in aller Regel vor demjenigen des Erbscheins gelegen sein wird. Die Klägerin hat sich auf diesen Vortrag nicht eingelassen. Davon abgesehen aber hätte der Anspruch von einem Vertreter geltend gemacht werden können. Denn dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin war vom Erblasser Prozessvollmacht erteilt worden. Diese Vertretungsbefugnis überdauert den Tod (§ 86 ZPO). 5. Sofern sich die Klägerin auf § 211 BGB a. F. beruft und dazu ausführt, die neue Verjährungsfrist beginne erst zu laufen, wenn der Grund der Unterbrechung oder der Aussetzung wegfalle und die Partei gleichwohl nichts unternehme, so ist dieses zutreffend. Das Arbeitsgericht hat aber zu Recht ausgeführt, dass trotz der Erteilung des Erbscheins und der damit beseitigten Ungewissheit über die Frage, wer Erbe war, bis zum 17.07.2003 die Partei nichts mehr unternommen hat, so dass ein Nichtbetreiben im Sinne des § 211 Abs. 2 BGB a. F. vorliegt. Eine neue Unterbrechung hätte mithin erst durch Schriftsatz vom 17.07.2003 erfolgen können. Zu diesem Zeitpunkt - das hat das Arbeitsgericht ebenfalls richtig gesehen - war die Forderung aber bereits verjährt. 6. Zu Unrecht meint die Klägerin insoweit, aus § 196 Abs. 1 Ziffer 8 BGB a. F. folgern zu können, dass die Verjährung auch nach Wegfall der Unterbrechung mit der Erteilung des Erbscheins erst wieder am Ende des Jahres, nämlich am 31.12.2000 begonnen habe; wobei dahinstehen kann, dass auch bei einem Beginn zu diesem Zeitpunkt die Forderung am 17.07.2003 verjährt war. Denn bei der Anwendung des § 211 Abs. 2 BGB a. F. war nicht erneut § 201 BGB a. F. anzuwenden, wonach die Verjährung im Laufe des Jahres fällig gewordene Ansprüche erst mit dem Jahresabschluss begann. Denn § 211 Abs. 2 BGB a. F. enthielt insoweit eine Sondervorschrift im Verhältnis zu § 201 BGB a. F. Mit dem Ende der Unterbrechung begann sofort die neue zweijährige Verjährung (BAG 29.03.1990 NJW 1990, 2578, 2579). 7. Dementsprechend wäre im Februar 2003 selbst dann Verjährung eingetreten, wenn man der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin folgen wollte, aus "Sinn und Zweck" des Art. 229 § 6 Abs. 3 EGBGB sei abzuleiten, dass er nicht im Arbeitsrecht Anwendung finde, so dass gemäß § 195 BGB n. F. eine regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren gelte. Davon abgesehen aber ist nichts dafür ersichtlich, dass diese Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 6 Abs. 3 EGBGB - wie der Prozessbevollmächtigte der Klägerin meint - "vor allem dem Kaufrecht und Werkvertragsrecht" zuzuordnen sei und daher nicht "über dem Wortlaut hinaus" auf das Arbeitsrecht zu erstrecken sei. Der Wortlaut der Vorschrift enthält keinerlei Einschränkungen auf irgendeinen Teil des Zivilrechts. Die Vorschrift erfasst ganz eindeutig jegliche "Verjährungsfrist nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch." Das Bürgerliche Gesetzbuch enthielt und enthält aber in seiner alten wie auch neuen Fassung die Verjährungsvorschriften für das Arbeitsrecht. 8. Die Kostenentscheidung erfolgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

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