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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 21.07.2006
Aktenzeichen: 4 Sa 574/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 628 Abs. 2
1. Bei einem Schadensersatzanspruch nach § 628 Abs. 2 BGB hat der Kündigende nicht nur zu beweisen, dass ihm ein Recht zur außerordentlichen Kündigung zustand, sondern auch, dass der objektiv vorliegende Kündigungsgrund für die Kündigung kausal war.

2. Ein Schadensersatzanspruch nach § 628 Abs. 2 BGB ist nicht gegeben, wenn dem Kündigenden erst nach der Kündigung bekannt wird, dass der andere Vertragspartner sich zum Zeitpunkt der Kündigung bereits objektiv vertragswidrig verhalten hatte und damit ein wichtiger Grund zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegeben war.


Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 04.04.2006 - 4 Ca 43/06 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gemäß § 628 Abs. 2 BGB.

Der Beklagte betreibt ein Steuerberaterbüro, in dem auch seine Tochter als Steuerberaterin beschäftigt ist. Wegen der bei ihm zum Zeitpunkt der Kündigung beschäftigten Arbeitnehmer wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 16.03.2006 (Bl. 52/53 d. A.) Bezug genommen. Die dortige Darstellung hat der Beklagte nicht mehr bestritten.

Die Klägerin war seit dem 01.10.1990 beim Beklagten beschäftigt. Sie verdiente zuletzt 2.750,00 € brutto als Steuerfachangestellte.

Die Klägerin kündigte das Arbeitsverhältnis zum Beklagten mit Schreiben vom 31.07.2005, wegen dessen Inhalts auch auf Blatt 59 der Akten Bezug genommen wird. Die Kündigung wurde ordentlich zum 31.08.2005 ausgesprochen.

Die Klägerin ist seit dem 01.09.2005 bei dem Steuerberater R in A beschäftigt. Nach unstreitigem Vorbringen des Beklagten wusste sie vor Ausspruch der Kündigung, dass sie nahtlos an das Arbeitsverhältnis beim Beklagten diese neue Arbeitsstelle habe. Nach ebenfalls nicht bestrittenem Vortrag des Beklagten verdient sie in der neuen Arbeitsstelle nicht weniger als beim Beklagten.

Die Klägerin begehrt als Schadensersatz eine angemessene Entschädigung entsprechend §§ 9, 10 KSchG unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAGE 98, 275 ff.) und berechnet diesen mit 2.750,00 € x 7,5 auf 20.625,00 €.

Die Klägerin hatte im Mai ihren Garten umgestaltet und zahlreiche Steine verlegt.

Die Klägerin hat behauptet, im Juni 2005 habe sie Schmerzen im Arm bekommen und ihre Hausärztin besucht, die eine Sehnenscheidenentzündung festgestellt und Arbeitsunfähigkeit bescheinigt habe. Sie, die Klägerin, habe dieses am 03.06. im Büro des Beklagten diesem mitgeteilt. Darauf habe der Beklagte äußerst ungehalten reagiert und ihr mitgeteilt, dass er dringend auf ihre Arbeitsleistung angewiesen sei. Sie, die Klägerin, habe dann trotz bestehender Arbeitsunfähigkeit weiter gearbeitet, weil sie sich durch das Drängen des Beklagten insoweit genötigt gefühlt habe.

Am 10.06.2005 sei sie erneut zu ihrer Hausärztin gegangen, die sie ermahnt habe, unbedingt zu Hause zu bleiben und den Arm zu schonen. Gleichzeitig habe diese Krankengymnastik verschrieben. Unstreitig gab die Klägerin sodann ihre Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ab.

Am 16.06.2005 brachte die Klägerin eine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in das Büro des Beklagten. Unstreitig arbeitete Frau B , die sonst ihren Arbeitsplatz im Souterrain hatte, am Arbeitsplatz der Klägerin.

Die Klägerin behauptet zu diesem Tag Folgendes: Der Beklagte habe sie in sein Büro gebeten und ihr befohlen, die Tür zu schließen. Er habe ihr sodann vorgeworfen, die Arbeitsunfähigkeit sich durch ihre "dumme Gartenbuddelei" selbst zugefügt zu haben. Er sehe nicht ein, dass diese selbst verschuldete Arbeitsunfähigkeit zu seinen Lasten gehe. Der Beklagte habe der Klägerin mitgeteilt, sie werde sich noch wundern, dieses habe Konsequenzen. Die Klägerin habe gefragt, was er mit Konsequenzen meine. Der Beklagte habe gemeint, er werde sich entsprechende Konsequenzen für die Klägerin genauestens überlegen und diese dann umsetzen. Die Klägerin werde noch merken, dass er sich derartiges nicht gefallen lasse.

Als die Klägerin am 01.07.2005 ihre Folgebescheinigung im Büro des Beklagten abgegeben habe, habe die Tochter des Beklagten die Klägerin in ihr Büro gebeten und ihr bedeutet, die Türe zu schließen. Die Tochter des Beklagten habe die Klägerin mehrfach gefragt:

"Wie erklären Sie sich ihr Verhalten?"

und gesagt:

"Erklären Sie bitte ihr Verhalten!"

Frau S habe der Klägerin vorgehalten, dass sie bei Wahrnehmung ihrer Krankengymnastik in der Nähe des Büros sei. In diesem Fall sei es schließlich ihre Pflicht, im Büro vorbeizukommen und den Kollegen zu helfen, die ihre Arbeit machen müssten.

Zudem habe Frau S der Klägerin erklärt, dass die Arbeitszeiten im gesamten Büro und so natürlich auch für die Klägerin sich geändert hätten.

Dazu ist unstreitig, dass bislang die Arbeitszeiten von April bis September grundsätzlich auf die Zeit von 07:00 Uhr bis 16:00 Uhr festgelegt waren und in der Winterzeit von 08:00 Uhr bis 17:00 Uhr. Die Klägerin beruft sich darauf, besonderes Interesse an der Arbeitszeit von 07:00 Uhr bis 16:00 Uhr zu haben. Dieses vor folgendem unstreitigem Hintergrund: Die Klägerin hatte im Dezember 2003 geheiratet. Kurz vor der Eheschließung war ihr Ehemann wegen Vergewaltigung seiner früheren Ehefrau zu 4 1/2 Jahren Haft verurteilt worden. Er verbüßte seine Strafe im offenen Vollzug, konnte seiner Arbeitstätigkeit nachgehen, musste jedoch jeden Abend in der Justizvollzugsanstalt sein. Der Klägerin war es nach ihrem Vortrag wichtig, um 16 Uhr Arbeitsschluss zu haben, um ihren Ehemann zu sehen.

Frau S - so die Klägerin - habe ihr nun mitgeteilt, dass, wenn die Klägerin dem Beklagten nicht entgegenkomme, auch für sie die Vergünstigungen gestrichen würden.

Weiter stritten die Parteien vor der Kündigung der Klägerin darum, ob der arbeitsunfähigen Klägerin ein Urlaubsgeld zustehe. Wegen der diesbezüglichen, teilweise über Anwälte geführten Korrespondenz, wird auf das Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 07.07.2005 (Bl. 99 d. A.), das Schreiben des Beklagten an die Klägerin vom 18.07.2005 (Bl. 118 d. A.) und das Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Beklagten vom 21.07.2005 (Bl. 42 ff. d. A.) Bezug genommen.

Schließlich trägt die Klägerin vor, später habe sie erfahren, dass der Beklagte Pläne geschmiedet habe, wie er die Klägerin veranlassen könne, selbst zu kündigen. Unter anderem habe er mit den Mitarbeitern Folgendes besprochen: Er könne nicht gezielt nur die Arbeitszeit der Klägerin ändern, das falle auf. Hiergegen könne sich die Klägerin sicherlich wehren. Wenn er allerdings für alle Arbeitnehmer die Arbeitszeit ändere und quasi die Bürozeiten ändere, könne die Klägerin nichts machen. Der Beklagte habe mitgeteilt, er werde "offiziell" für alle Arbeitnehmer die Arbeitszeit so ändern, dass diese nicht mehr von 07:00 Uhr bis 16:00 Uhr im Sommer, sondern von 08:00 Uhr bis 17:00 Uhr sei. Der Beklagte habe mitgeteilt, dass treffe die Klägerin besonders hart. Augenzwinkernd und oberschlau habe der Beklagte gemeint, selbstverständlich würden dann für alle anderen Arbeitnehmer Ausnahmeregelungen eingeführt werden.

Darüber hinaus sei auch an eine Versetzung der Klägerin in den "Keller" zu dem Zweck gedacht worden, die Klägerin zu einer Eigenkündigung zu veranlassen. Der Beklagte habe mitgeteilt, der Klägerin solle dort das Telefon entzogen werden, so dass sie keinerlei Kontakt mehr zu Klienten hätte. Der Beklagte habe mitgeteilt, die Klägerin arbeite insoweit äußerst eigenständig mit den Klienten, was der Klägerin auch große Freude mache.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 20.625,00 € nebst 5 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit Antragstellung zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat bestritten, dass die Klägerin am 03.06.2005 mitgeteilt habe, dass sie krankgeschrieben sei. Sie habe lediglich mitgeteilt, dass sie Schmerzen im Arm habe. Er, der Beklagte, habe darauf auch nicht äußerst ungehalten reagiert und mitgeteilt, dass er dringend auf die Arbeitsleistung der Klägerin angewiesen sei. Der Beklagte weist darauf hin, dass die Klägerin in den 14 Jahren ihrer Tätigkeit mehrfach arbeitsunfähig, auch mehr als eine Woche arbeitsunfähig, gewesen sei, ohne dass der Beklagte darauf ungehalten reagiert habe - dieses bestreitet die Klägerin nicht -. Er, der Beklagte habe daher keinen Anlass gehabt, anders als zuvor zu reagieren.

Am 17.06.2005 seien sowohl er, der Beklagte, als auch seine Tochter, Frau R -S , nicht im Büro anwesend gewesen. Seine Tochter habe an diesem Tag den Garten für ihren Geburtstag am folgenden Tag hergerichtet. Ein Gespräch der Klägerin habe an diesem Tag weder mit ihm, dem Beklagten, noch mit der Tochter stattgefunden. Insbesondere habe er, der Beklagte, der Klägerin nicht vorgeworfen, sie habe ihre Arbeitsunfähigkeit selbst durch ihre dumme Gartenbuddelei verschuldet. Genauso wenig habe er der Klägerin an diesem oder einem anderen Tag mitgeteilt, sie werde sich noch wundern, dies habe Konsequenzen für sie. Er habe auch nicht auf eine entsprechende Nachfrage geantwortet, er würde sich Entsprechendes noch überlegen.

Am 01.07.2005 habe seine Tochter die Klägerin darauf angesprochen, ob sie schon absehen könne, wann voraussichtlich ihre Erkrankung ausgeheilt sei und die Genesung eintreten werde. Sie habe die Klägerin gebeten, sobald sie nähere Erkenntnisse habe, diese mitzuteilen, weil der Beklagte dann entscheiden müsse, wie er die Arbeit verteile und bzw. ob die Einstellung einer Ersatzkraft erforderlich werde. Hintergrund der Frage der Tochter sei - was als solches unstreitig ist - Folgendes gewesen: Im Büro des Beklagten gab es zur Zeit der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin einen Engpass. Aufgrund der Erkrankung der Klägerin waren lediglich drei Mitarbeiter anwesend, die Buchführungsarbeiten vornehmen konnten, nämlich der Mitarbeiter T , die Mitarbeiterin B und die Mitarbeiterin B , die nur leichtere Buchhaltungsarbeiten vornehmen konnte. Darüber hinaus beschäftigte der Beklagte zwei Aushilfen. Eine weitere Mitarbeiterin befand sich schon längere Zeit in Elternzeit. Frau B erlitt am 02.07.2005 einen Herzinfarkt und fiel ebenfalls für längere Zeit arbeitsunfähig aus. Die verbliebenen Mitarbeiter arbeiteten regelmäßig 12 Stunden täglich und auch am Wochenende, um die Arbeit aufzufangen. Die Tochter des Beklagten und Herr S sagten ihren Jahresurlaub im Sommer 2005 ab.

Daher - so der Beklagte - erkläre sich die Frage der Tochter, ob es der Klägerin möglich sei, wenn sie ohnehin zur Krankengymnastik in unmittelbarer Nähe des Büros wäre, gegebenenfalls ein paar Fragen der Mitarbeiter, die ihre Arbeit übernommen hätten, zu beantworten, damit diese schneller vorankämen. Dieses habe insbesondere für die Mitarbeiterin Brand gegolten, die gelernte Bürokauffrau sei und deshalb nicht so eingearbeitet gewesen sei, wie langjährig eingearbeitete Steuerfachgehilfen. Die Praxis der Krankengymnastin habe sich - unstreitig - ungefähr 700 m vom Büro des Beklagten entfernt befunden. Dies habe die Klägerin allerdings unter Hinweis auf ihre Arbeitsunfähigkeit abgelehnt.

Während der Beklagte im Übrigen die behaupteten Äußerungen seiner Tochter bestreitet, trägt er vor, es sei richtig, dass diese die Klägerin auch darüber informiert habe, dass die Arbeitszeit - wie dieses schon seit Monaten besprochen worden sei, nun endgültig für das ganz Jahr von 08:00 Uhr bis 17:00 Uhr festgesetzt werde. In der Vergangenheit sei in der Sommerzeit - das ist unstreitig - jeweils nur ein Mitarbeiter bis 17:00 Uhr im Wechsel anwesend gewesen. Ebenso unstreitig ist folgender Sachvortrag des Beklagten: Es habe sich in den Jahren 2004/2005 herausgestellt, dass Mandanten bis 17 Uhr angerufen hätten bzw. im Büro vorbeigeschaut hätten. Ein Mitarbeiter sei zur Betreuung der Mandanten zu wenig gewesen.

Insofern sei schon - so der Beklagte - Anfang 2005 im Betrieb besprochen worden, dass die Arbeitszeiten geändert würden. Das sei dann endgültig am 30.06.2005 geschehen. Der Beklagte beruft sich dazu auf ein internes Memo vom 30.06.2005 (Bl. 41 d. A.), welches von den Mitarbeitern L , B , T , B und R -S unterschrieben ist und folgenden Wortlaut hat:

"In einvernehmlicher Übereinstimmung wird festgelegt, dass die Arbeitszeiten des Steuerbüros R R einheitlich für alle von 08:00 Uhr bis 17:00 Uhr einzuhalten sind. Abweichungen von dieser Regelung können nur im Einzelfall nach vorheriger Absprache mit der Geschäftsleitung vereinbart werden, jedoch ohne dass darauf ein Rechtsanspruch, auch nach wiederholter Genehmigung, erwächst."

Diese Regelung - so der Beklagte - sei der Klägerin am 30.06.2005 noch nicht mitgeteilt worden, da sie an diesem Tag arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei. Seine Tochter habe der Klägerin sodann erläutert, dass im Hinblick auf ihre persönliche Situation im Einzelfall entschieden werden könne, die Klägerin solle erst einmal gesund werden, dann würde über eine konkrete und persönliche Arbeitszeit noch gesprochen.

Dass Frau B am 17.06.2005 an dem Schreibtisch der Klägerin gesessen habe - habe folgenden Hintergrund: Zur damaligen Zeit habe Frau B seit Monaten ihren Arbeitsplatz im sogenannten Kellerbüro gehabt. Aufgrund der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin seien auf der Erdgeschossetage nur noch die Mitarbeiter T und B tätig gewesen. Wenn diese telefoniert hätten und Frau B wegen der Besorgungen unterwegs gewesen sei, hätten Mandanten oder Telefongespräche nicht angenommen werden können. Deshalb habe der Beklage Frau B vorübergehend gebeten, ihren eigentlichen Arbeitsplatz im Kellerbüro gegen den der Klägerin zu tauschen, damit sie bei dem Mandantenempfang und der Telefonannahme helfen könne. Frau B habe an dem Arbeitsplatz der Klägerin gesessen, weil zu diesem Zeitpunkt im Erdgeschoss nur an diesem ein freier Computer gestanden habe. Im Großraumbüro im Erdgeschoss seien neben dem Zentralarbeitsplatz nur noch vier Arbeitsplätze vorhanden gewesen.

Bei dem sogenannten "Kellerraum" handele es sich im Übrigen um einen normalen Büroraum mit normalen zum Garten hin führenden Fenstern in Größe von ca. 1,40 m x 1,40 m. Das Büro sei mit Grünpflanzen und Bildern ausgestattet, es habe alles, was ein Büro benötige, nämlich zwei vollständig ausgestatte Arbeitsplätze mit zwei Computern, einem Drucker, zwei Telefonen und Fachliteratur. Frau B habe dort bereits - unstreitig - seit 1,5 Jahren gearbeitet. Die Klägerin habe eigentlich schon seit Jahren nicht mehr im Großraumbüro arbeiten wollen. Sie sei schon in der Vergangenheit wiederholt freiwillig in das Kellerbüro gegangen, wenn schwierigere Arbeiten vorzunehmen gewesen seien. Angesichts dieses Sachverhaltes sei der Vortrag der Klägerin, sie solle nach ihrer Rückkehr auf einen Arbeitsplatz ohne Telefon arbeiten, bewusst falsch.

Zu dem Urlaubsgeldanspruch weist der Beklagte darauf hin, dass seine Prozessbevollmächtigte bereits mit Schreiben vom 21.07.2005 ausgeführt habe, das Urlaubsgeld nur davon abhängig sei, dass überhaupt Urlaub gewährt werde. Dieses sei wiederum nur dann der Fall, wenn der Mitarbeiter arbeitsfähig sei. Unstreitig haben sich die Parteien in einem über das Urlaubsgeld geführten Prozess am 06.09.2005 auf einen Betrag von 125,00 € verglichen.

Zu den von der Klägerin behaupteten Äußerungen, die sie "später" erfahren habe, trägt der Beklagte vor: Er habe solche Äußerungen nie getan. Der Vortrag der Klägerin sei unsubstantiiert. Davon abgesehen sei die Arbeitszeitänderung für alle übrigen Mitarbeiter durchgeführt worden. Abgesehen davon, dass diese in der fraglichen Zeit erhebliche Überstunden geleistet hätten, ergebe sich das aus folgenden - unstreitigen - Tatsachen: Für alle neu eingestellten Mitarbeiter und Auszubildenden sei die Arbeitszeit von 08:00 Uhr bis 17:00 Uhr festgeschrieben worden, so für die seit dem 01.07.2005 beschäftigte Auszubildende Frau L , deren Arbeitsvertrag eine entsprechende Regelung enthalte. Auch die Teilzeitkraft Frau D , die seit dem 21.07.2005 beschäftigt sei, habe Arbeitszeiten von 08:00 Uhr bis 14:00 Uhr erhalten. Zudem habe seit dem 01.08.2005 Frau L im Büro des Beklagten mit Arbeitszeiten von 08:00 Uhr bis 17:00 Uhr und Frau E ab dem 01.09.2005 mit den selben Arbeitszeiten gearbeitet. Die Mitarbeiter T und B seien in den Monaten Juli und August 2005 in der Regel um 07:15 Uhr im Büro gewesen und seien zwischen 17:30 Uhr und 20:00 Uhr gegangen. Schon daraus folge, dass sich die Änderung der Arbeitszeiten in keiner Weise ausschließlich auf die Klägerin bezogen habe.

Soweit die Klägerin sich im Übrigen auch für die "später erfahrenen" Behauptungen auf das Zeugnis von Frau B beziehe, so verweist der Beklagte darauf, dass diese im Herbst 2005 zum Zwecke der Prüfung als Bilanzbuchhalterin von ihm, dem Beklagten, bzw. seiner Tochter eine Bescheinigung verlangt habe, dass sie seit zwei Jahren Lohnbuchhaltung und Finanzbuchhaltung vornehme, weil sie keine Ausbildung als Steuerfachangestellte habe. Da Frau B diese Tätigkeiten tatsächlich erst ab Anfang 2005 vorgenommen habe, habe er, der Beklagte, sich geweigert, worüber Frau B sehr erbost gewesen sei. Sie habe das Arbeitsverhältnis beendet und mitgeteilt:

"Das wird Ihnen noch leid tun, wenn Sie die Bescheinigung nicht erteilen, Sie werden schon sehen was Sie davon haben."

Außerdem habe sie der Auszubildenden L außerhalb des Büros beim zufälligen Treffen mitgeteilt, dass, falls die Bescheinigung nicht ausgestellt werde, der Beklagte bzw. seine Tochter "etwas erleben würden, womit sie auf keinen Fall rechnen würden".

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 04.04.2006 die Klage abgewiesen.

Gegen dieses ihr am 27.04.2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 16.05.2006 Berufung eingelegt und diese am 30.05.2006 begründet.

Beide Parteien wiederholen im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Sachvortrag und verfolgen mit Rechtsausführungen ihre Prozessziele weiter.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, in Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Aachen, AZ: 4 Ca 43/06 vom 04.04.2006, an die Klägerin 20.625,00 € nebst 5 % Zinsen in Höhe Basiszinssatz sei Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.

A. Nach § 628 Abs. 2 BGB ist derjenige, der durch sein schuldhaftes vertragswidriges Verhalten die außerordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses gemäß § 626 Abs. 1 BGB durch den Vertragspartner veranlasst hat, diesem zum Ersatz des durch die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses entstehenden Schadens verpflichtet. Voraussetzung für einen solchen Schadensersatzanspruch ist zunächst ein Auflösungsverschulden des Vertragspartners. Dieses muss das Gewicht eines wichtigen Grundes im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB haben. Über den Wortlaut der Vorschrift hinaus ist der Anspruch nach § 628 Abs. 2 BGB zwar auch dann gegeben, wenn das Arbeitsverhältnis in anderer Weise als durch fristlose Kündigung beendet wurde, sofern nur der Kündigungsempfänger durch ein vertragswidriges schuldhaftes Verhalten den Anlass zur Beendigung gegeben hat. Grund für den Anspruch aus § 628 Abs. 2 BGB ist das Auflösungsverschulden und nicht der Formalakt der fristlosen Kündigung (BAG 08.08.2002 - 8 AZR 574/01 -). Insofern hat die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung Recht damit, dass im Gegensatz zur Auffassung des Arbeitsgerichts der Anspruch nicht bereits daran scheitert, dass sie eine ordentliche Kündigung ausgesprochen hat.

Aus der Voraussetzung, dass das Auflösungsverschulden das Gewicht eines wichtigen Grundes haben muss, folgt aber zugleich nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dass in der Regel auch von einem Arbeitnehmer vor dem Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung der pflichtwidrig handelnde Arbeitgeber abgemahnt werden muss. Der Arbeitnehmer muss die vom Arbeitgeber begangene Pflichtverletzung konkret beanstanden und deutlich machen, der Bestand des Arbeitsverhältnisses sei gefährdet, wenn der Arbeitgeber nicht zu einem vertragskonformen Verhalten zurückkehre, solange erwartet werden kann, dass der Vertragspartner in Zukunft sein Verhalten abstellt, ist eine Kündigung regelmäßig nicht erforderlich (BAG 20.11.2003 - 8 AZR 608/02 -).

Der Schadensersatzanspruch aus § 628 Abs. 2 BGB setzt ferner die Wahrung der Zweiwochenfrist gemäß § 626 Abs. 2 BGB voraus (BAG a. a. O.).

Schließlich ist für ein Schadensersatzanspruch nach § 628 Abs. 2 BGB erforderlich, dass die Kündigung durch das vertragswidrige Verhalten des anderen Vertragsteils kausal veranlasst wird (BAG a. a. O.). Das vertragswidrige Verhalten des anderen Vertragsteils begründet im Zusammenhang mit der außerordentlichen Kündigung nur dann einen Schadensersatzanspruch, wenn es ursächlich für die Kündigung, also Motiv für die Kündigungserklärung war. Das Arbeitsverhältnis muss gerade "wegen" der Vertragsverletzung des Partners beendet worden sein. Zwischen der schuldhaften Vertragspflichtverletzung und der Veranlassung zur Auflösung des Arbeitsvertrages durch den Vertragspartner muss deshalb eine Kausalität bestehen (BAG a. a. O.). Daher scheidet ein auf § 628 Abs. 2 BGB gestützter Schadensersatzanspruch aus, wenn dem Kündigenden erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bekannt wird, dass der andere Teil sich zum Zeitpunkt seiner Kündigungserklärung bereits objektiv vertragswidrig verhalten hat und ihm daher ein wichtiger Grund zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zugestanden hätte (BAG 17.01.2002 - 2 AZR 494/00 -; APS/Rolfs § 628 BGB Rn. 44).

Zur Darlegungs- und Beweislast ist zu beachten, dass nach § 628 BGB stets der Kündigende die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, dass ihm ein Recht zur außerordentlichen Kündigung zustand (BGH 13.11.1997 AP BGB § 628 Nr. 12). Auch im Übrigen sind die tatbestandlichen Voraussetzungen vom Anspruchsteller darzulegen und zu beweisen, wobei ihm lediglich für die haftungsausfüllende Kausalität und für die Höhe des Schadens die Beweiserleichterungen der §§ 252 BGB, 287 ZPO zukommen (Rolfs a. a. O. Rn. 67 mit Nachweisen zur Rechtsprechung).

B. Nach diesen Maßgaben kann weder festgestellt werden, dass die Klägerin einen Grund zur außerordentlichen Kündigung hatte, noch dass ein solcher Grund für die Kündigung kausal war, mithin das eigentliche Motiv der Kündigung war.

I. Die tatsächlichen Äußerungen und Handlungen des Beklagten, die der Klägerin in der Zeit vor der Kündigung nach ihrem Vorbringen bekannt waren, begründen, soweit die Klägerin sie behauptet und unter Beweis gestellt hat, keinen wichtigen Grund zur Kündigung:

1. Die Klägerin beruft sich zunächst auf einen Vorfall am 03.06.2005. Sie sei mit einer Sehnenscheidenentzündung und einer bescheinigten Arbeitsunfähigkeit in das Büro des Beklagten gekommen und habe mitgeteilt, dass die Hausärztin geraten habe, zu Hause zu bleiben und den Arm zu schonen. Der Beklagte habe darauf äußerst ungehalten reagiert und mitgeteilt, dass er dringend auf die Arbeitsleistung der Klägerin angewiesen sei. Die Klägerin sei dementsprechend geblieben und habe trotz bestehender Arbeitsunfähigkeit gearbeitet, weil sie sich durch das Drängen des Beklagten genötigt gefühlt habe.

Der Beklagte hat schon erstinstanzlich bestritten, dass er zu diesem Zeitpunkt überhaupt von einer Arbeitsunfähigkeit gewusst habe. Die Klägerin habe nicht mitgeteilt, dass sie krankgeschrieben gewesen sei. Es sei auch nicht richtig, dass er sich auf die Mitteilung der Klägerin ungehalten geäußert habe und mitgeteilt habe, dass er dringend auf die Arbeitsleistung der Klägerin angewiesen sei.

Der gesamte Vorfall ist mithin streitig. Die Klägerin hat weder erst- noch zweitinstanzlich für das Verhalten des Beklagten und ihre eigenen Äußerungen an diesem Tage gegenüber dem Beklagten Beweis angetreten. Es kann mithin die Richtigkeit des klägerischen Vortrags nicht festgestellt werden.

Davon abgesehen liegt dieser Vorfall weit außerhalb der Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB.

2. Die Klägerin beruft sich weiter darauf, dass der Beklagte am 17.06.2005, als sie eine Folgebescheinigung über ihre fortbestehende Arbeitsunfähigkeit eingereicht habe, sie, die Klägerin, in sein Büro gebeten habe und ihr befohlen habe, die Tür zu schließen. Er habe ihr sodann vorgeworfen, die Arbeitsunfähigkeit sich selbst zugefügt zu haben durch ihre dumme "Gartenbuddelei". Er, der Beklagte, - so die Klägerin weiter -, sehe nicht ein, dass diese selbst verschuldete Arbeitsunfähigkeit noch zu seinen Lasten gehen werde. Er habe der Klägerin mitgeteilt, sie werde sich noch wundern, dies habe Konsequenzen. Die Klägerin habe gefragt, was er mit Konsequenzen meine. Der Beklagte habe gemeint, er werde sich die entsprechenden Konsequenzen für die Klägerin genauestens überlegen und sie dann umsetzen. Die Klägerin werde noch merken, dass er sich derartiges nicht gefallen lasse.

Der Beklagte bestreitet den gesamten Vorfall. Er habe diese Äußerung weder an diesem Tag noch an einem anderen Tag getan.

Es kann dahin stehen, ob allein eine solche Äußerung, die bis zur Kündigung nicht umgesetzt wurde, da die Klägerin bis zur Kündigung arbeitsunfähig krank war, einen Grund zu einer außerordentlichen Kündigung darstellt, dieses insbesondere ohne Abmahnung.

Denn auch insoweit tritt die Klägerin für die behaupteten Äußerungen des Beklagten weder erst- noch zweitinstanzlich Beweis an. Sie bleibt damit beweisfällig. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte diese Äußerungen getan hat.

3. Weiter beruft sich die Klägerin darauf, bereits am 17.06.2005 habe sie festgestellt, dass ihr Platz im oberen Büroraum von Frau B besetzt gewesen sei. Sie, die Klägerin, habe ca. 13 1/2 Jahre auf dem selben Arbeitsplatz gesessen. Der Schreibtisch, der auch in Krankheitszeiten nicht von anderen besetzt worden sei, sei nun von Frau B besetzt gewesen.

Dazu ist unstreitig, dass Frau B an diesem Tag an dem Schreibtisch der Klägerin arbeitete.

Der Beklagte hat erstinstanzlich dazu, dass Frau B an diesem Tage am Arbeitsplatz der Klägerin arbeitete, Folgendes vorgetragen: Zur damaligen Zeit habe Frau B bereits seit Monaten ihren Arbeitsplatz in dem Büro in der Kelleretage gehabt. Aufgrund der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin seien auf der Erdgeschossetage nur noch die Mitarbeiter T und B tätig gewesen. Frau W habe sich in Mutterschutz bzw. Erziehungsurlaub befunden. Wenn diese beiden telefoniert hätten und Frau B wegen Besorgungen unterwegs gewesen sei, hätten Mandanten oder Telefongespräche nicht mehr angenommen werden können. Deshalb habe der Beklagte Frau B vorübergehend gebeten, ihren eigenen Arbeitsplatz im Kellerbüro gegen den der Klägerin auszutauschen, damit sie bei dem Mandantenempfang und der Telefonannahme mithelfen könne. Frau B habe an diesem Arbeitsplatz der Klägerin gesessen, weil zu diesem Zeitpunkt im Erdgeschoss nur an diesem ein freier Computer gestanden habe. Der Platz der Klägerin sei lediglich aufgrund des Engpasses vorübergehend mit Frau B besetzt worden.

Die Klägerin hat sich auf diesen Vortrag nicht, weder erst- noch zweitinstanzlich, eingelassen. Ein vertragswidriges Verhalten des Beklagten ist mithin aufgrund der vorübergehenden Umsetzung von Frau B auf den Arbeitsplatz der erkrankten Klägerin nicht zu erkennen.

4. Des weiteren beruft sich die Klägerin auf verschiedene Äußerungen der Tochter des Beklagten am 01.07.2005.

a) Die Tochter habe mehrfach gefragt, wie sie, die Klägerin, ihr Verhalten erkläre.

Es ist bereits nicht zu erkennen, inwieweit in einer solchen Frage eine Vertragspflichtverletzung zu sehen ist.

Darüber hinaus kann nicht festgestellt werden, dass ein solches Verhalten der Tochter des Beklagten dem Beklagten zuzurechnen wäre. Die Klägerin selbst hat die Tochter des Beklagten als Arbeitnehmerin des Beklagten bezeichnet (Schriftsatz vom 16.03.2006, Bl. 52 d. A.). In der Berufungsbegründung bezeichnet sie sie einmal als "rechte Hand" des Beklagten, ein anderes mal als dessen "Bevollmächtigte" ohne diese Begriffe auch auf die Rüge des Beklagten hin (Berufungserwiderung, Bl. 109 d. A.) näher zu präzisieren und zu substantiieren. Die Klägerin hat insbesondere nichts zu einer Vorgesetzten-Eigenschaft der Tochter des Beklagten vorgetragen.

b) Des weiteren behauptet die Klägerin, die Tochter des Beklagten habe ihr "vorgeworfen", bei der Wahrnehmung ihrer Krankengymnastik in der Nähe des Büros zu sein. In diesem Falle sei es schließlich ihre Pflicht, im Büro vorbeizukommen und den Kollegen zu helfen, die ihre Arbeit machen müssten.

Der Beklagte hat sich erstinstanzlich darauf wie folgt eingelassen. Seine Tochter habe die Klägerin darauf hingewiesen, dass es nett sei, wenn sie, sobald sie nähere Erkenntnisse habe, jeweils ankündigen wolle, ob und wie lange sie noch krankgeschrieben sei, weil der Beklagte dann entscheiden müsse, wie er die Arbeit verteile bzw. ob die Einstellung einer Ersatzkraft erforderlich werde. Hintergrund der Frage der Tochter sei gewesen, dass es im Büro des Beklagten in der Zeit der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin einen enormen Engpass gegeben habe: Aufgrund der Erkrankung der Klägerin seien lediglich drei Mitarbeiter anwesend gewesen, die Buchführungsarbeiten hätten vornehmen können, nämlich der Mitarbeiter T , die Mitarbeiterin B und die Mitarbeiterin B , die leichte Buchhaltungsarbeiten habe vornehmen können. Darüber hinaus seien zwei Aushilfen beschäftigt worden, eine weitere Mitarbeiterin habe sich seit längerer Zeit in Elternurlaub befunden (diesen Vortrag des Beklagten hat die Klägerin nicht bestritten). Zudem - auch das ist unstreitig - habe Frau B am 02.07.2005 einen Herzinfarkt erlitten und sei ebenfalls für längere Zeit ausgefallen. Die verbliebenen Mitarbeiter hätten täglich regelmäßig zwölf Stunden gearbeitet und auch am Wochenende, um die Arbeit aufzufangen. So habe sich die Frage der Tochter erklärt, ob es der Klägerin denn möglich wäre, wenn sie ohnehin zur Krankengymnastik in unmittelbarer Nähe des Büros wäre, gegebenenfalls ein paar Fragen der Mitarbeiter, die ihre Arbeit übernommen hätten, zu beantworten, damit diese schneller voran kämen. Dieses habe insbesondere für die Mitarbeiterin B gegolten, die einen Teil der Aufgaben der Klägerin übernommen habe, aber gelernte Bürokauffrau gewesen sei und deshalb nicht so eingearbeitet gewesen sei. Die Klägerin habe schließlich unter Hinweis auf ihre Arbeitsunfähigkeit abgelehnt.

Auch wenn unterstellt wird, dass die Tochter des Beklagten insoweit im Auftrag des Beklagten gehandelt hat, lässt sich ein einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung begründender Vertragsverstoß nicht feststellen.

Die Kläger war an einer Sehnenscheidenentzündung erkrankt. Dieses hinderte sie nicht, als langjährig tätige Fachkraft Fragen von weniger eingearbeiteten Mitarbeitern zu beantworten, die in einer schwierigen Situation mit erheblichem Personalengpass die Arbeit der Klägerin erledigen mussten. Es kann dahinstehen, ob die Klägerin nicht nach dem Grundsatz von Treu und Glauben zu einer solchen, den Heilungsprozess ihrer Sehnenscheidenentzündung offensichtlich nicht beeinträchtigenden Hilfeleistung verpflichtet war. Jedenfalls können entsprechende Fragen oder Bitten seitens der Tochter des Beklagten nicht als schwerwiegende Vertragsverletzung angesehen werden, die zu einer Kündigung berechtigen könnten.

5. Weiter beruft sich die Klägerin darauf, dass ihr am 01.07.2006 von der Tochter mitgeteilt worden sei, dass sich die Arbeitszeiten im gesamten Büro und so natürlich auch für die Klägerin geändert hätten. Dazu ist unstreitig, dass in den Jahren zuvor von April bis September eine Arbeitszeit von 07:00 Uhr bis 16:00 Uhr galt, im Übrigen eine Arbeitszeit von 08:00 Uhr bis 17:00 Uhr. Die Klägerin hat sich dazu darauf berufen, dass ihr Ehemann seine Haft als sogenannter "Freigänger" verbüße und sie, die Klägerin, durch das vorgezogene Arbeitszeitende mehr Gelegenheit habe, den Ehemann zu sehen. Der Beklagte hat sich zur Änderung der Arbeitszeiten auf Folgendes berufen: Bereits in den Jahren 2004/2005 habe sich herausgestellt, dass Mandanten bis 17:00 Uhr angerufen hätten und im Büro vorbeigeschaut hätten. Bis dahin sei es so geregelt gewesen, dass in den genannten Sommermonaten nur ein Mitarbeiter jeweils im Wechsel bis 17:00 Uhr anwesend gewesen sei. Dieses habe sich als zu wenig herausgestellt. Insoweit sei bereits seit Anfang 2005 im Betrieb besprochen worden, dass die Arbeitszeiten geändert würden. Dies sei dann endgültig am 30.06.2005 geschehen. Da die Klägerin an diesem Tag arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei, habe die Tochter des Beklagten die Klägerin darüber lediglich informiert, dass der schon lange beschlossene Entschluss nun umgesetzt werde.

Der Beklagte legt dazu das in seiner Richtigkeit von der Klägerin nicht bestrittene Memo vom 30.06.2005 vor (Bl. 41 d. A.). Das Memo trägt die Unterschrift mehrerer Mitarbeiter, unter anderem die von Frau B , Herrn T und Frau B sowie von der Tochter des Beklagten.

Zu dem pauschalen Vortrag der Klägerin, die Arbeitszeitänderung sei tatsächlich nicht umgesetzt worden, hat der Beklagte auf seinen Vortrag zu den weit darüber hinausgehenden Arbeitszeiten der im Sommer 2005 verbliebenen Mitarbeiter verwiesen, den die Klägerin als solchen nicht bestritten hat, sowie - ebenfalls ohne entsprechende Einlassung der Klägerin - darauf, dass mit allen neu eingestellten Mitarbeiterin bereits die Arbeitszeit von 08:00 bis 17:00 Uhr vertraglich festgeschrieben worden sei, so mit der Auszubildenden Frau L , mit der seit dem 01.08.2005 beschäftigen Frau L und mit Frau E ab dem 01.09.2005, auch die zum erst 21.07.2005 eingestellte Teilzeitkraft Frau D , habe die Arbeitszeit von 08:00 bis 14:00 Uhr, erhalten.

Die Klägerin selbst hat vorgetragen, dass ihr mitgeteilt worden sei, dass sich die Arbeitszeiten im gesamten Büro geändert hätten. Aufgrund des Memos und aufgrund der vom Beklagten dargestellten Arbeitszeiten der anderen Arbeitnehmer ist die Kammer auch davon überzeugt, dass es sich um eine kollektive Maßnahme handelte. Die Festlegung der betrieblichen Arbeitszeiten steht grundsätzlich im Direktionsrecht des Arbeitgebers. Nach den vom Beklagten unstreitig vorgetragenen Gründen für diese Entscheidung, die im übrigen die Arbeitszeiten in den Sommermonaten nur den Arbeitszeiten im übrigen Jahr anglich, entsprach sie auch billigem Ermessen.

Es gab im Zeitpunkt der Entscheidung und der Durchführung der Maßnahme keine objektiven Anhaltspunkte dafür, dass es sich um eine auf die Klägerin gerichtete Schikanemaßnahme handelte. Auch der Klägerin lagen solche Anhaltspunkte nicht vor (siehe dazu noch unten).

6. Die Klägerin hat sich erstinstanzlich weiter darauf berufen, dass die Tochter des Beklagten ihr in dem Gespräch am 01.07. auch mitgeteilt habe, dass es für sie, der Klägerin, keine Ausnahmen gebe und dabei gesagt habe, wenn die Klägerin der Beklagten schon nicht entgegenkomme, so würden auch Vergünstigungen gestrichen.

Abgesehen von der auch hier fehlenden Darlegung der Zurechenbarkeit, würde eine solche Aussage der Tochter jedenfalls unter Berücksichtigung der nachfolgenden, vor der Kündigung gewechselten Korrespondenz nicht zu einer Kündigung berechtigen:

In dem Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Beklagten an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 21.07.2005 - vor der Kündigung - heißt es dazu:

"Soweit zur Zeit im ganzen Betrieb die Arbeitszeiten von 08:00 Uhr bis 17:00 Uhr gelten, ist dies ebenfalls nicht gegen ihre Mandantin gerichtet. Dieses hatte unser Mandant selbst auch schon ausgeführt.

Aufgrund des Engpasses und der Tatsache, dass für die Mandanten Ansprechpartner im Büro vorhanden sein müssen, hat unser Mandant diese Arbeitszeit nun endgültig festgelegt und lässt im Hinblick auf die Gleichhandlung aller Mitarbeiter für keinen mehr Ausnahmen zu. Insofern hatte es in den vergangenen Jahren hin und wieder zu Sonderregelungen für die Sommermonate auf Anfrage von Mitarbeitern gegeben. Auch dies ist nicht mehr der Fall.

Auch die Lage der Arbeitszeit ist deshalb nicht als Druckmittel oder Sanktion gegenüber ihrer Mandantin gedacht. Es sind auch ihrer Mandantin zu keinem Zeitpunkt Konsequenzen für irgendein Verhalten angedroht worden...

Wir können namens und in Vollmacht unseres Mandanten natürlich versichern, dass im Hinblick auf die Arbeitsunfähigkeit ihrer Mandantin weder Sanktionen angedroht, noch angedacht, noch jemals erfolgen werden."

Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Beklagte verpflichtet gewesen wäre, für die Klägerin Ausnahmen von der kollektiven Regelung zu machen. Die Klägerin war auch schon in der Vergangenheit während des größten Teils des Jahres auf eine Arbeitszeit bis 17:00 Uhr angewiesen. Sie hat insbesondere nicht vorgetragen, dass sie ihren Ehemann bei dieser Arbeitszeit überhaupt nicht hätte sehen können. Angesichts der kollektiven Regelung und der vom Beklagten dargestellten Notwendigkeit einer solchen kollektiven Regelung erscheint es nicht als unbillig, diese für alle und damit auch für die Klägerin gelten zu lassen. Der Beklagte hatte nach der Aufforderung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin, sich in diesem Zusammenhang "kundig zu machen" durch seine jetzige Prozessbevollmächtigte nochmals ausdrücklich versichern lassen, dass es im Hinblick auf die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin keine Sanktionen geben werde.

Insgesamt kann damit in diesem Zusammenhang ein Kündigungsgrund nicht festgestellt werden.

7. Schließlich beruft sich die Klägerin darauf, der Beklagte habe das Urlaubsgeld nicht gezahlt.

Dazu ist bereits nicht festzustellen, dass der Klägerin überhaupt Urlaubsgeld zustand, obwohl sie keinen Urlaub genommen hatte - worauf sich der Beklagte ursprünglich berufen hatte. Im Übrigen fehlt es insoweit eindeutig an einer Abmahnung. Dies ist auch nicht im Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 07.07.2005 zu sehen. Darin spricht der Prozessbevollmächtigte der Klägerin einerseits die Arbeitszeitregelung, andererseits das ausstehende anteilige Urlaubsgeld in Höhe von 256,00 € an. Er fordert auf, bis zum 21.07.2005 eine Nachzahlung vorzunehmen. Darüber hinaus heißt es:

"Darüber hinaus ist es gerade nicht förderlich, eine Arbeitnehmerin derartig unter Druck zu setzen. Insoweit empfehlen wir, sich entsprechend kundig zu machen."

Eine Abmahnung ist in diesem Schreiben weder zu den Arbeitszeitfragen noch zu dem Urlaubsgeld enthalten. Es fehlt nämlich der für die Abmahnung erforderliche Hinweis auf die Bestandsgefährdung des Arbeitsverhältnisses. Der Beklagte wird nur aufgefordert, sich kundig zu machen. Dieses hat er getan und hat mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 21.07.2005 geantwortet. Dort wird die Rechtsansicht weiter verfolgt, dass, solange die Klägerin arbeitsunfähig sei, sie keinen Urlaub nehmen könne und mithin auch kein Urlaubsgeld beanspruchen könne. In dem späteren, nach Ausscheiden der Klägerin, abgeschlossen Vergleich einigten sich die Parteien dann auf eine Zahlung von 125,00 €

Auch insoweit ist ein wichtiger Grund für die Kündigung vom 31.07.2005 nicht zu erkennen.

II. Die Klägerin hat sich schließlich in der Klageschrift - was in der Berufungsbegründung im Wesentlichen wiederholt wird - auf Folgendes berufen: Wie sie "später erfahren" habe, habe der Beklagte Pläne geschmiedet, wie er sie, die Klägerin veranlassen könne, selbst zu kündigen. So habe der Beklagte mit "den Mitarbeitern" folgendes abgesprochen:

Der Beklagte habe mitgeteilt, er könne nicht gezielt nur für die Klägerin die Arbeitszeit ändern, das fiele auf. Hiergegen könne sich die Klägerin sicherlich wehren. Wenn er allerdings für alle Arbeitnehmer die Arbeitszeit ändere und quasi die Bürozeiten ändere, könne die Klägerin nichts machen. Er habe mitgeteilt, die Änderung der Arbeitszeiten für den Sommer treffe die Klägerin besonders hart. Augenzwinkernd und oberschlau habe der Beklagte gemeint, selbstverständlich würden dann für alle anderen Arbeitnehmer Ausnahmeregelungen eingeführt werden, so dass letztlich die "allgemeine" neue Bürozeit nur für die Klägerin gelte.

Ferner habe der Beklagte mitgeteilt, die Klägerin solle eine separaten Arbeitsplatz im Keller bekommen. Ihr solle das Telefon entzogen werden, so dass sie auch keinerlei Kontakt mehr zu Klienten habe. Der Beklagte habe insoweit mitgeteilt, die Klägerin arbeite äußerst eigenständig mit den Klienten, was der Klägerin auch große Freude mache. Der Beklagte habe gemeint, wenn die Klägerin keinerlei Kontakt mehr zu Kunden habe, völlig alleine im Keller sitze, würde sie schon selbst kündigen.

Die Klägerin hat sich dazu auf das Zeugnis der Frau B berufen, zu der unstreitig ist, dass diese im Herbst 2005 von dem Beklagten als Voraussetzung für den Kurs zur Bilanzbuchhalterin eine Bescheinigung verlangt hat, dass sie seit zwei Jahren Lohnbuchhaltung und Finanzbuchhaltung vornehme, was der Beklagte mit der Begründung verweigert hat, dass eine solche Bescheinigung unzutreffend sei.

Der Beklagte hat im Übrigen das Vorbringen der Klägerin zu seinen angeblichen Äußerungen bestritten und als ausdrücklich als unsubstantiiert gerügt.

Solche Äußerungen des Beklagten könnten nach Auffassung der Kammer einen wichtigen Grund zu einer Kündigung darstellen. Das Vorbringen der Klägerin ist indes gleichwohl unschlüssig und im Übrigen unsubstantiiert.

1. Es ist aus folgendem Grunde unschlüssig: Es kommt - wie oben dargestellt - für den Anspruch nach § 628 Abs. 2 BGB nicht allein darauf an, ob objektiv ein wichtiger Grund zur Kündigung vorlag, sondern zusätzlich darauf, ob dieser dem Kündigenden bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses bekannt war.

Die Klägerin hat selbst vorgetragen, sie habe von diesen angeblichen Äußerungen des Beklagten später erfahren. Die Klägerin behauptet also selbst nicht, von diesen angeblichen Äußerungen bereits bei der Kündigung gewusst zu haben. Dieses schließt die Kausalität aus.

2. Darüber hinaus ist das Vorbringen unsubstantiiert. Der Beweisantritt ist unzulässig. Die beweispflichtige Partei muss diejenigen Tatsachen bezeichnen, zu denen der Zeuge vernommen werden soll. Tatsachen sind konkrete, nach Zeit und Raum bestimmte, der Vergangenheit oder der Gegenwart angehörige Geschehnisse und Zustände. Entsprechen die unter Beweis gestellten Tatsachenbehauptungen nicht diesen Anforderungen, hat die Beweiserhebung aufgrund dieses unzulässigen Ausforschungsbeweises zu unterbleiben (BAG 19.12.1999 - 5 AZR 566/98 -).

Die Klägerin hat trotz der ausdrücklichen Substantiierungsrüge des Beklagten weder präzisiert, wann die behaupteten Äußerungen gefallen sein sollen, noch hat sie das Geschehnis nach Raum und beteiligten Personen in irgendeiner Weise weiter konkretisiert. Sie spricht lediglich davon, der Beklagte habe dieses "mit den Mitarbeiterin abgesprochen". Da die Klägerin den Vorfall weder zeitlich noch nach beteiligten Personen konkretisiert, ist es dem Beklagten nicht möglich, Gegenbeweis anzutreten. Die Vernehmung der benannten Zeugin B wäre ein unzulässiger Ausforschungsbeweis.

III. Schließlich steht zur Überzeugung der Kammer auch insgesamt nicht fest, dass die Klägerin wegen der von ihr behaupteten Umstände gekündigt hat. Dabei ist zunächst - wie dargestellt - davon auszugehen, dass sie die zuletzt behandelten Äußerungen des Beklagten zum Zeitpunkt der Kündigung nicht gekannt hat.

Was den übrigen Tatsachenvortrag anbelangt, so handelt es sich insbesondere bei den von der Klägerin hervorgehobenen Regelungen zur neuen Arbeitszeit selbst dann, wenn diese unberechtigt gewesen wären - nicht um gravierende Eingriffe gegenüber der Klägerin. Dabei ist wieder zu berücksichtigen, dass die Arbeitszeit bis 17:00 Uhr ohnehin während des größten Teiles des Jahres galt und nicht festgestellt werden kann, dass sie aufgrund dieser Arbeitszeit nicht auch die Möglichkeit gehabt hätte, ihren die Strafhaft verbüßenden Ehemann zu sehen.

Umgekehrt ist aber unstreitig, dass die Klägerin, die am 31.07.2005 zum 31.08.2005 gekündigt hat, schon vor der Kündigung wusste, dass sie nahtlos an das Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten eine neue Arbeitsstelle bei dem Steuerberater R in A hatte und dass die Klägerin dort seit dem 01.09.2005 arbeitet. Die Klägerin hat auch den Vortrag des Beklagten nicht bestritten, dass sie dort jedenfalls nicht weniger verdient.

Die Kammer kann nicht ausschließen, dass die Klägerin die angeblichen "Repressalien" des Beklagten als Kündigungsgrund lediglich vorgeschoben hat, um über den Umweg des § 628 Abs. 2 BGB noch die von ihr begehrte Abfindung von über 20.000,00 € zu erhalten, das in Wirklichkeit aber die Chance auf eine attraktivere Arbeitsstelle der wirkliche Grund für die Kündigung war.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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