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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 10.10.2002
Aktenzeichen: 4 Ta 277/02
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 5
Teilt ein Anwalt eine zu notierende Frist für die Einlegung einer Kündigungsschutzklage seiner Büroangestellten nur mündlich mit, so muss er Vorkehrungen dafür treffen, dass die Frist korrekt eingetragen wird und insbesondere Hörfehler ausgeschlossen sind.
LANDESARBEITSGERICHT KÖLN BESCHLUSS

Geschäftsnummer: 4 Ta 277/02

In dem Beschwerdeverfahren

hat die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln am 10.10.2002 - ohne mündliche Verhandlung - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Backhaus

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Aachen vom 13.06.2002 - 8 Ca 889/02 d - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Gründe:

Das Arbeitsgericht hat zu Recht die nachträgliche Klagezulassung nicht gewährt, da den Prozessbevollmächtigten der Klägerin Verschulden an der Versäumung der Klagefrist trifft.

I. Ein Rechtsanwalt kann grundsätzlich darauf vertrauen, dass ebenso wie allgemeine Weisungen auch eine Einzelweisung zur Fristnotierung befolgt wird (BGH NJW 1998, 2076; NJW 1999, 2020). Erteilt ein Rechtsanwalt Einzelweisungen hinsichtlich von Fristen, so ist zwar der schriftlichen Fristverfügung grundsätzlich der Vorzug vor der mündlichen zu geben, dennoch ist auch eine mündliche Übermittlung grundsätzlich zulässig (Bundesverwaltungsgericht 30.07.1997 NJW 1997, 3390). Geht es allerdings um so bedeutsame Angelegenheiten wie die Notierung einer Rechtsmittelbegründungsfrist, muss der Anwalt ausreichende organisatorische Vorkehrungen dafür treffen, dass die Frist korrekt eingetragen wird. Das Fehlen jeglicher Sicherung stellte einen Organisationsmangel dar (Bundesverwaltungsgericht a. a. O.).

Die materielle Ausschlussfrist des § 4 KSchG ist insoweit einer Rechtsmittelbegründungsfrist gleichzusetzen.

In diesem Zusammenhang könnten z. B. die vom Arbeitsgericht genannten Maßnahmen (Dokumentierung durch Fristenstempel, Aktennotiz oder Aktenvermerk) ausreichend gewesen sein. Auch kann es ausreichen, dass der Prozessbevollmächtigte nach seiner mündlichen Weisung durch sofortige Rückfrage sich davon überzeugt, ob das Datum zutreffend verstanden und notiert wurde. Hierdurch wäre eine entscheidende Fehlerquelle ausgeschlossen worden (Bundesverwaltungsgericht a. a. O.).

Dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin entsprechende allgemeine oder konkrete Vorkehrungen getroffen hat, hat er selbst nicht behauptet.

II. Den Prozessbevollmächtigten der Klägerin trifft noch aus einem weiteren Grund Verschulden.

Er hat vorgetragen, unmittelbar nach der Besprechung am 18.02. der Bürovorsteherin den 20.02.2002 als Frist genannt zu haben. Weiter hat er vorgetragen:

"Nachdem die Kündigungsschutzklage noch am 18.02.2002 diktiert wurde, wurde sie am 19.02.2002 früh morgens geschrieben und sodann dem Amtsgericht Düren in die Kurierpost für das Arbeitsgericht Aachen gegeben." (Bl. 32 d. A.).

Es wurde also nach dem 18.02. die Akte dem Anwalt nochmals zur Unterschrift vorgelegt. Dieses hat das Arbeitsgericht ausdrücklich festgestellt, ohne dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin sich dagegen gewandt hätte.

Zwar kann sich ein Rechtsanwalt grundsätzlich darauf verlassen, dass sein Büropersonal auch mündlich erteilte Weisungen befolgt. Gleichwohl hat der Anwalt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs den Ablauf von Rechtsmittelbegründungsfristen zwar nicht bei jeder Vorlage der Handakten, wohl aber dann eigenverantwortlich zur prüfen, wenn ihm die Akten im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Prozesshandlung vorgelegt werden (BGH 11.02.1992 NJW 1992, 1632). Hier ist wiederum die materielle Klagefrist des § 4 KSchG einer Rechtsmittelfrist gleichzusetzen. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hätte um so mehr Anlass gehabt, im Moment der Unterschrift die richtige Notierung der bereits am nächsten Tag ablaufenden Frist zu überprüfen, als er diese am Vortag - wie geschehen - nur mündlich mitgeteilt hat und keine weiteren Vorkehrungen zur Kontrolle getroffen hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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