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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 12.10.2005
Aktenzeichen: 7 (6) Sa 99/05
Rechtsgebiete: AltersteilzeitG, SchulfinanzG NRW, BAT, TV ATZ


Vorschriften:

AltersteilzeitG § 2
AltersteilzeitG § 6
SchulfinanzG NRW § 5
BAT § 34
BAT SR I Nr. 3
TV ATZ §§ 3 ff.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 08.12.2004 in Sachen 20 Ca 6082/04 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer vom beklagten Land vorgenommenen Kürzung der Altersteilzeitvergütung des Klägers.

Der 61 Jahre alte Kläger ist auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags vom 29.11.1974 bei dem beklagten Land als angestellter Gymnasiallehrer beschäftigt. Bis zu seinem Eintritt in die Altersteilzeit handelte es sich um ein Vollzeitarbeitsverhältnis. Ein vollzeitbeschäftigter Gymnasiallehrer hatte im Lande N bis zum 31.01.2004 24,5 Unterrichtspflichtwochenstunden zu leisten. Durch Artikel 6 des 10. Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 17.12.2003 erhöhte das beklagte Land die regelmäßige wöchentliche Pflichtstundenzahl zum 01.02.2004 um eine Unterrichtswochenstunde auf nunmehr 25,5 Wochenstunden.

Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz im übrigen, wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge und wegen der Gründe, die die 20. Kammer des Arbeitsgerichts Köln dazu bewogen haben, der Klage stattzugeben, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils vom 08.12.2004 Bezug genommen.

Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde dem beklagten Land am 12.01.2005 zugestellt. Das Land hat gegen das Urteil am 20.01.2005 Berufung eingelegt und diese am 07.02.2005 begründet.

Das beklagte Land hält an seiner Auffassung fest, dass es berechtigt gewesen sei, anlässlich der Erhöhung der Unterrichtspflichtwochenstundenzahl für Lehrer zum 01.02.2004 die Altersteilzeitvergütung des Klägers einseitig zu kürzen, ohne diesem andererseits bei Beibehaltung der Altersteilzeit zu gestatten, während der Arbeitsphase des Blockmodells eine entsprechend erhöhte Arbeitsleistung zu erbringen. Das beklagte Land macht hierzu diverse Rechtsausführungen. Auf die Einzelheiten des Inhalts der Berufungsbegründung sowie der Schriftsätze des beklagten Landes vom 19.07. und 15.08.2005 wird Bezug genommen.

Das beklagte Land als Berufungskläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 08.12.2004 - 20 Ca 6082/04 - die Klage abzuweisen und dem Kläger die Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen.

Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung des beklagten Landes zurückzuweisen.

Der Kläger und Berufungsbeklagte vertritt die Ansicht, dass die im Altersteilzeitvertrag getroffenen Vereinbarungen für dessen gesamte Laufzeit maßgeblich seien und vom beklagten Land nicht einseitig abgeändert werden könnten. Im übrigen macht der Kläger und Berufungsbeklagte sich die Ausführungen der erkennenden Kammer in deren Urteil vom 02.03.2005 in Sachen 7 (5) Sa 1542/04 zu eigen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung des beklagten Landes ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft und wurde fristgerecht eingelegt und begründet.

II. Die Berufung konnte in der Sache jedoch keinen Erfolg haben. Das Arbeitsgericht hat dem Feststellungsbegehren des Klägers zurecht stattgegeben. Das beklagte Land war nicht berechtigt, die an den Kläger zu zahlende Altersteilzeitvergütung ab dem 01.02.2004 entsprechend der zu diesem Datum aufgrund Artikel 6 des 10. Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 17.12.2003 eingetretenen Erhöhung der Pflichtstundenzahl für vollzeitbeschäftigte Lehrer zu verringern. Die mit Wirkung zum 01.02.2004 vollzogene Neuberechnung der Altersteilzeitvergütung entspricht nicht den Vorgaben von § 4 Abs. 1 TV ATZ i. V. m. § 34 Abs. 1 BAT und verstößt gegen § 5 Abs. 2 S. 2 TV ATZ. Außerdem bestehen Bedenken, ob die Praxis des beklagten Landes mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar ist. Dies alles ergibt sich aus dem Folgenden:

1. Vorab ist festzuhalten, dass die Klage nicht etwa deshalb unzulässig ist, weil sie als Feststellungsklage durchgeführt wurde, obwohl auch die Erhebung einer Leistungsklage möglich gewesen wäre, wie die ursprüngliche Klagefassung zeigt. Die Parteien streiten sich letztlich nicht um individuelle Berechnungseinzelheiten, sondern um einen verallgemeinerbaren Streitpunkt im Berechnungsansatz, der mit der Formulierung des Feststellungsbegehrens ausreichend adäquat wiedergegeben wird. Von dem beklagten Land als einem Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes kann erwartet werden, dass es sich auch einem nicht vollstreckbaren Feststellungstitel beugen wird (BAG, EzA Nr. 58 zu § 2 BeschFG). Es ist zu erwarten, dass das beklagte Land die dem Kläger zustehende Altersteilzeitvergütung der Höhe nach korrekt berechnen wird, auch wenn die zwischen den Parteien streitige Rechtsfrage zu seinen Ungunsten geklärt wird.

2. Schon die eigenen Überlegungen des beklagten Landes vermögen nach Überzeugung des Berufungsgerichts die vom beklagten Land für richtig gehaltene Rechtsfolge nicht zu tragen. Die Auffassung des beklagten Landes erscheint in sich widersprüchlich.

a) Einerseits vertritt das beklagte Land die Auffassung, die per Landesgesetz verfügte Erhöhung der Pflichtstundenzahl für Lehrer zum 01.02.2004 dürfe nicht an die in der Arbeitsphase des Blockmodells der Altersteilzeit befindlichen angestellten Lehrer weitergegeben werden, da eine Erhöhung der tatsächlich abzuleistenden Stundenzahl dieser Lehrer gegen § 2 Abs. 2 Ziff. 2 i. V. m. § 6 Abs. 2 S. 1 ATZG verstoße und dazu führe, dass die sozialrechtlichen Voraussetzungen eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses im Sinne von § 2 ATZG dann nicht mehr gegeben seien. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass die bundesgesetzlichen Vorschriften des ATZG den landesgesetzlichen Regelungen vorgingen und durch diese nicht abgeändert werden könnten.

Angenommen die Ausgangsthese des beklagten Landes träfe zu, wonach eine Teilnahme der sich in der Arbeitsphase des Blockmodells der Altersteilzeit befindlichen angestellten Lehrer an einer allgemeinen gesetzlichen Erhöhung der Unterrichtspflichtstundenzahl für Lehrkräfte zwingend gegen § 2 Abs. 1 Ziff. 2 ATZG verstieße und daher nicht in Frage käme, so könnte daraus nur folgen, dass die Erhöhung der Pflichtstundenzahl auf diese sich in Altersteilzeit befindlichen angestellten Lehrer in Gänze nicht angewandt werden dürfte. Mit anderen Worten wären sie weiter so zu behandeln, als hätte es eine Erhöhung der Pflichtstundenzahl nicht gegeben. Wenn im Falle des Klägers die Pflichtstundenzahl 24,5 eines vollzeitbeschäftigten Lehrers maßgeblich war, so bezeichnete der Divisor 24,5 in dem bei Beginn des Altersteilzeitverhältnisses gegebenen Altersteilzeitquotienten 12,25 / 24,5 die Anzahl der Unterrichtsstunden, die der Kläger während der Arbeitsphase der Altersteilzeit zu absolvieren haben würde. Trifft es zu, dass es aufgrund vorrangiger bundesgesetzlicher Vorschriften verboten ist, diesen Divisor des Altersteilzeitquotienten nachträglich in Bezug auf den Umfang der während der Arbeitsphase tatsächlich zu leistenden Tätigkeit zu erhöhen, so muss dies zwingend auch für die zugehörige Berechnung der Vergütung gelten.

Auch der Altersteilzeitarbeitsvertrag ist ein gegenseitiger Austauschvertrag, in dem Leistung und Gegenleistung in einer vertraglich vereinbarten Parität zueinander stehen. Wenn es für gesetzlich verboten erachtet wird, die vereinbarte Leistung des Arbeitnehmers nachträglich zu erhöhen, so ist es spiegelbildlich auch verboten die Gegenleistung des Arbeitgebers mit dem Argument zu vermindern, dass die Leistung des Arbeitnehmers "an sich" erhöht werden müsste. Eine solche Vorgehensweise stellt einen Eingriff in das synallagmatische Austauschverhältnis des Altersteilzeitvertrages dar, dass zu einer Disparität der vereinbarten Leistungen führt.

Die gesetzliche Erhöhung der Unterrichtspflichtstundenzahl bietet dem beklagten Land nur einen Handhabe, für eine gleichbleibende Vergütung eine erhöhte Arbeitsleistung zu verlangen. Sie ermächtigt das beklagte Land jedoch nicht, für eine gleichbleibende Arbeitsleistung nur noch eine verminderte Vergütung zu zahlen. Eine solche Vorgehensweise widerspricht im übrigen auch der Intention, die der gesetzlichen Anhebung der Unterrichtspflichtstundenzahl zugrunde lag: Die Erhöhung der Unterrichtspflichtwochenstundenzahl soll bewirken, dass - ohne zusätzliche Kosten - ein erhöhter Unterrichtsbedarf abgedeckt bzw. ein von vielen Seiten beklagter unverhältnismäßig großer Unterrichtsausfall aufgefangen werden kann. Dagegen führt die vom Kläger beanstandete Vorgehensweise des beklagten Landes gegenüber den Altersteilzeitbeschäftigten tendenziell nur dazu, dass das beklagte Land Geld spart, während sich an der Unterrichtssituation nichts zum Besseren ändert.

b) Diesem Ergebnis steht auch nicht die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 22.08.2001, ZTR 2002, 175 f. entgegen. Der Leitsatz dieser Entscheidung lautet: "Ist mit einer teilzeitbeschäftigten Lehrerin eine bestimmte Zeit von Unterrichtsstunden und die anteilige Vergütung einer Vollzeitkraft vereinbart, so führt die Anhebung der Pflichtstundenzahl für Vollzeitkräfte zu einer entsprechenden Minderung des Gehaltsanspruchs der Teilzeitbeschäftigten." In diesem vom BAG entschiedenen Fall kam es den Arbeitsvertragsparteien in ihrer Individualvereinbarung darauf an, einen bestimmten Umfang an Unterrichtsverpflichtung als für ihr Vertragsverhältnis maßgeblich festzulegen, wobei dieser vereinbarte Umfang ungeachtet einer Anhebung der Pflichtstundenzahl für Vollzeitkräfte beibehalten werden sollte. Diese Voraussetzungen sind vorliegend jedoch nicht gegeben. Der Kläger war bei Abschluss des Altersteilzeitvertrages vollzeitbeschäftigt. Gemäß § 5 Abs. 2 TV ATZ kann der Altersteilzeitbeschäftigte, der bis zum Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung vollzeitbeschäftigt war, unter Einbeziehung der sogenannten Aufstockungsbeträge einen bestimmten Prozentsatz des regelmäßigen Vollzeitarbeitsentgelts beanspruchen (hierzu näher unten unter 4.).

Im übrigen hätte es der Klägerin des vom BAG entschiedenen Falles freigestanden, den Umfang ihrer Unterrichtsverpflichtung entsprechend der Erhöhung der Pflichtstundenzahl für Vollzeitkräfte anzupassen. Diese Möglichkeit wird dem Kläger des vorliegenden Verfahrens jedoch gerade verwehrt. Der Kläger des vorliegenden Verfahrens hat nicht auf eigenen Wunsch eine Anpassung seiner Arbeitszeit während der Arbeitsphase der Altersteilzeit an die zum 01.02.2004 verordnete allgemeine Erhöhung der Pflichtstundenzahl der Vollzeitkräfte abgelehnt.

3. Die Auffassung des beklagten Landes führt nicht nur zu einem rechtswidrigen Eingriff in das synallagmatische Austauschverhältnis des Arbeitsvertrages, sondern sie beruht vor allem auf einer fehlerhaften Auslegung der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Parteien, wie sie vor Beginn des Altersteilzeitverhältnisses maßgeblich waren, so wie der Vereinbarungen des Altersteilzeitvertrages selbst und daraus resultierend aus einer fehlerhaften Anwendung der einschlägigen Vorschriften des Tarifvertrages Altersteilzeit.

a) Maßgeblich für die Höhe der Vergütung des sich in Altersteilzeit befindlichen Arbeitnehmers ist § 4 TV ATZ i. V. m. § 34 BAT, §§ 3 Abs. 1 u. 5, Abs. 2 TV ATZ.

aa) Nach § 4 Abs. 1 TV ATZ erhält der Arbeitnehmer als Bezüge die sich für entsprechende Teilzeitkräfte bei Anwendung der tariflichen Vorschriften ergebenden Beträge. § 34 Abs. 1 BAT bestimmt, dass nicht vollbeschäftigte Angestellte von der Vergütung, die für entsprechende vollbeschäftigte Angestellte festgelegt ist, denjenigen Teil erhalten, der dem Maß der mit ihnen vereinbarten durchschnittlichen Arbeitszeit entspricht.

bb) Der Begriff der durchschnittlichen Arbeitszeit führt zu § 3 Abs. 1 TV ATZ. Gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 TV ATZ beträgt die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit des Altersteilzeitbeschäftigten während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses "die Hälfte der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit". Was unter "bisherige wöchentliche Arbeitszeit" zu verstehen ist, wird in wörtlicher Übereinstimmung mit § 6 Abs. 2 S. 1 ATZG in § 3 Abs. 1 S. 2 TV ATZ definiert: Danach ist als "bisherige wöchentliche Arbeitszeit" "die wöchentliche Arbeitszeit zugrunde zu legen, die mit dem Arbeitnehmer vor dem Übergang in die Altersteilzeit vereinbart war."

b) Was als "bisherige wöchentliche Arbeitszeit" zwischen dem Kläger einerseits, dem beklagten Land andererseits vor dem Übergang in die Altersteilzeit vereinbart war, bedarf der Auslegung. Das beklagte Land legt der von ihm vertretenen Auffassung stillschweigend die Annahme zugrunde, dass zwischen den Parteien vor dem Übergang in das Altersteilzeitarbeitsverhältnis als wöchentliche Arbeitszeit diejenige konkrete Stundenzahl vereinbart gewesen sei, die der damaligen wöchentlichen Pflichtstundenzahl eines vollbeschäftigten Lehrers der entsprechenden Schulsparte korrespondierte. Diese Auffassung erscheint jedoch beim näheren Hinsehen als allzu vordergründig und hält einer näheren Überprüfung nicht stand.

aa) Betrug die vor Übergang in das Altersteilzeitarbeitsverhältnis für den Kläger maßgebliche wöchentliche Pflichtunterrichtsstundenzahl 24,5, so geht das beklagte Land davon aus, dass als bisherige wöchentliche Arbeitszeit eine feste Zahl anzusetzen ist, die einer Unterrichtsverpflichtung von 24,5 Wochenstunden entspricht.

bb) Zu fragen ist jedoch, ob es den Arbeitsvertragsparteien in der Vertragssituation, wie sie vor dem Eintritt in das Altersteilzeitverhältnis gegeben war, darauf angekommen war, eine bestimmte bezifferte Stundenzahl zu vereinbaren, oder ob sich ihre arbeitsvertraglichen Vereinbarungen darauf bezogen, eine "Vollzeitbeschäftigung" durchzuführen. Gerade bei Vollzeitbeschäftigten, wie es der Kläger des hiesigen Verfahrens war, kann die Frage zur Überzeugung des Berufungsgerichts im Zweifel immer nur im letzteren Sinne beantwortet werden.

cc) Dies muss um so mehr dann gelten, wenn, wie hier, die Arbeitsverhältnisse den Regeln eines Tarifvertrages folgen und damit letztlich Dritte den Umfang der Arbeitszeitverpflichtung einer Vollzeitkraft festlegen, nämlich die Tarifvertragsparteien bzw. - aufgrund der Regelung in Nr. 3 der SR l BAT - der Verordnungsgeber zu § 5 Schulfinanzgesetz. Richtet sich die arbeitsvertragliche Vereinbarung inhaltlich auf eine Vollzeitbeschäftigung, so ändert sich die in absoluten Zahlen auszudrückende Stundenzahlverpflichtung automatisch, wenn sich die entsprechenden tariflichen und/oder gesetzlichen Vorgaben ändern. Dies bestätigt jetzt auch ausdrücklich das beklagte Land selbst unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 17.05.2000 - 5 AZR 783/98 - ). Nur in ganz besonderen Ausnahmefällen, die hier nicht vorliegen, kann bei vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern angenommen werden, dass es ihnen nicht darauf ankam, eine Vollzeitbeschäftigung zu vereinbaren, sondern eine ganz bestimmte, in absoluten Zahlen ausgedrückte Arbeitszeitverpflichtung.

c) Daraus folgt, dass die "bisherige wöchentliche Arbeitszeit" im Sinne von § 3 Abs. 1 S. 2 TV ATZ, § 6 Abs. 2 S. 1 ATZG jedenfalls bei Vollzeitbeschäftigten nicht, wie das beklagte Land dies unterstellt, in einer absoluten Zahl auszudrücken ist, die der - zufälligen - Festlegung der Unterrichtspflichtstundenzahl eines Vollzeitbeschäftigten im Zeitpunkt des Übergangs in das Altersteilzeitarbeitsverhältnis entsprach. Vielmehr ist die mit dem vollzeitbeschäftigten Kläger vor dem Übergang in die Altersteilzeit vereinbarte "bisherige wöchentliche Arbeitszeit" richtigerweise in einer Verhältniszahl auszudrücken, nämlich in einer Relation zu dem Arbeitszeitumfang eines vollzeitbeschäftigten angestellten Lehrers, wie auch immer dessen jeweilige Pflichtstundenzahlen in absoluten Zahlen lautet. Dies bedeutet:

Die vereinbarte bisherige wöchentliche Arbeitszeit des vollzeitbeschäftigten Klägers betrug richtigerweise 1/1 oder auch 24,5/24,5 einer Vollzeitbeschäftigung.

d) Die Auffassung des beklagten Landes führte dagegen, konsequent zu Ende gedacht, zu dem sicherlich nicht gewollten und lebensfremden Ergebnis, dass bei dem beklagten Land mit dem Zeitpunkt der Erhöhung der Pflichtstundenzahlen sich sämtliche Vollzeitarbeitsverhältnisse zunächst automatisch in Teilzeitarbeitsverhältnisse verwandelt hätten mit einer Arbeitsverpflichtung von 24,5 / 25, 5, 27,5/ 28,5 usw.

e) Ist der Umfang der mit dem vollzeitbeschäftigten Kläger vor dem Übergang in die Altersteilzeit vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit somit richtigerweise nur in der Relation 1/1 (oder 24,5/24,5) eines Vollzeitarbeitsverhältnisses auszudrücken, so ergibt sich aus § 3 Abs. 1 S. 1 TV ATZ, dass die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses der Relation 1/2 eines Vollzeitarbeitsverhältnisses entspricht. Dies kann der im Zeitpunkt des Übergangs in die Altersteilzeit zufällig geltenden Höhe der jeweiligen Pflichtstundenzahl entsprechend dann auch in dem Quotienten 12,25 /24,5 ausgedrückt werden.

f) Es liegt auf der Hand, dass es den Arbeitsvertragsparteien gerade auch bei Abschluss des Altersteilzeitvertrages nicht auf die Festlegung einer in absoluten Zahlen auszudrückenden, für das Altersteilzeitarbeitsverhältnis geltenden Stundenzahl angekommen ist, sondern vielmehr gerade darauf, genau die Hälfte der bisher maßgeblichen Arbeitszeitverpflichtung zu vereinbaren; denn (nur) darauf kam es nach § 3 Abs. 1 S. 1 TV ATZ ebenso wie nach § 2 Abs. 1 Ziff. 2 ATZG an.

g) Nach hier vertretener Ansicht bestehen somit aus arbeitsrechtlicher Sicht keine Bedenken dagegen, die sich in der Arbeitsphase des Blockmodells der Altersteilzeit befindlichen Arbeitnehmer an der allgemeinen Erhöhung der Pflichtstundenzahl für Lehrkräfte des Landes N teilnehmen zu lassen. Da die Wortlaute von § 6 Abs. 2 ATZG und § 3 Abs. 1 S. 1 u. 2 TV ATZ identisch sind, vermag die gegenteilige Auffassung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, dass die Teilnahme der Angestellten, deren Arbeitsverhältnisse sich nach Tarifverträgen richten, an einer allgemeinen Arbeitszeiterhöhung für Vollzeitarbeitskräfte zu einem Wegfall der in § 2 Abs. 1 Ziff. 2 ATZG normierten Voraussetzungen eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses führe, nicht geteilt werden. Ist die Hälfte der "bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit" mit dem Umfang von 1/2 eines Vollzeitarbeitsverhältnisses gleichzusetzen, lässt sich dies in Anbetracht einer Erhöhung der Pflichtstundenzahl z. B. von 24,5 auf 25,5 Unterrichtsstunden pro Woche auch in der Maßzahl 12,75/25,5 ausdrücken, ohne dass sich eine inhaltliche Änderung ergibt. Altersteilzeitbeschäftigte im sogenannten Teilzeitmodell (§ 3 Abs. 2 b TV ATZ) hätten fortan 12,75 Stunden statt 12,25 Stunden zu leisten, Beschäftigte während der Arbeitsphase im Blockmodell (§ 3 Abs. 2 a TV ATZ) 25,5 Stunden statt 24,5 Stunden, ohne dass dadurch die Hälfte der "bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit" bezogen auf die Gesamtdauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses (§ 3 Abs. 2 S. 1 TV ATZ) überschritten würde.

4. Nur die hiesige Sichtweise lässt sich schließlich auch mit der Entstehungsgeschichte sowie dem Sinn und Zweck von § 5 Abs. 2 Unterabs. 1 TV ATZ vereinbaren.

a) § 5 Abs. 2 S. 1 TV ATZ bestimmt bekanntlich, dass der Altersteilzeitbeschäftigte einen bestimmten Prozentsatz des Nettobetrages seines bisherigen Arbeitsentgelts als Mindestnettobetrag beanspruchen kann. Der Begriff des "bisherigen Arbeitsentgelts" bestimmt sich ausweislich § 5 Abs. 2 S. 2 TV ATZ wiederum nach dem in § 3 Abs. 1 S. 2 definierten Begriff der "bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit". Nach § 5 Abs. 2 S. 2 TV ATZ ist als "bisheriges Arbeitsentgelt" anzusetzen das gesamte dem Grunde nach beitragspflichtige Arbeitsentgelt, dass der Arbeitnehmer für eine Arbeitsleistung bei bisheriger wöchentlicher Arbeitszeit (§ 3 Abs. 1 Unterabs. 2 ) zu beanspruchen hätte.

b) Bei "bisheriger wöchentlicher Arbeitszeit", also nach dem Vertragsverhältnis, wie es vor dem Übergang in die Altersteilzeit zwischen den Parteien vereinbart war, konnte der Kläger des vorliegenden Verfahrens die Vergütung eines vollzeitbeschäftigten angestellten Lehrers seiner Schulsparte beanspruchen. Daraus folgt, dass das sogenannte Hätte-Entgelt des § 5 Abs. 2 S. 2 TV ATZ dem Entgelt entspricht, was der Kläger heute beanspruchen könnte, wenn er nicht in Altersteilzeit, sondern weiterhin in Vollzeitbeschäftigung tätig wäre.

c) Nur diese Auslegung entspricht der Entstehungsgeschichte der Norm. Über die Entstehungsgeschichte der Norm verhält sich das BAG in seiner Entscheidung vom 09.09.2003, AP Nr. 2 zu § 4 ATZG. Das BAG führt dort aus:

"Gemäß § 5 Abs. 2 TV ATZ in der Fassung vom 15.03.1999 musste der Aufstockungsbetrag so hoch sein, dass der Arbeitnehmer 83% des Nettobetrages des ihm bei regelmäßiger Arbeitszeit zustehenden Vollzeitarbeitsentgelts erhält. Hier wurde nach dem Wortlaut gerade nicht auf das bisherige Arbeitsentgelt abgestellt. Erst durch den Änderungstarifvertrag Nr. 2 vom 30.06.2000, gültig ab 01.07.2000, ersetzten die Tarifvertragsparteien den Begriff Vollzeitarbeitsentgelt durch den Begriff des bisherigen Arbeitsentgelts. Die Tarifvertragsparteien folgten damit der wortgleichen Änderung in § 3 Abs. 1 Nr. 1 ATG a.F. In der bis zum 31.12.1999 geltenden Fassung des ATG war ebenfalls die Berechnung der Aufstockungsbeträge noch auf das Vollzeitarbeitsentgelt bezogen. Ab dem 01.01.2000 wurde dies in § 3 Abs. 1 Ziff. 1 a) ATG durch das bisherige Arbeitsentgelt ersetzt. Hierdurch sollte keine andere Berechnung der Aufstockungsleistungen herbeigeführt werden. [Hervorhebung nur hier]. Die Änderung war gesetzlich und auch tariflich nur deswegen geboten, weil nunmehr die Altersteilzeitregelungen nicht nur für Vollzeit- sondern auch für Teilzeitbeschäftigte gelten sollten (BT - Drucksache 14/1831 S. 8)" (BAG, a. a. O. unter A II 1 b) aa)).

d) Da es sich bei dem Kläger des vorliegenden Verfahrens um einen Vollzeitbeschäftigten handelte, muss für die Berechnung seines Arbeitsentgelts nach § 5 Abs. 2 Unterabs. 2 TV ATZ der Begriff des "bisherigen Arbeitsentgelts" mit dem Begriff des "Vollzeitarbeitsentgelts" unmittelbar gleichgesetzt werden.

e) Damit stimmt in rein tatsächlicher Hinsicht vollständig überein, dass der Kläger des vorliegenden Verfahrens, wäre er nicht in Altersteilzeit gegangen, sondern unverändert in seinem Beschäftigungsverhältnis geblieben, nach wie vor als Vollzeitbeschäftigter tätig wäre. Für eine gegenteilige Annahme findet sich nicht der geringste Anhaltspunkt.

5. Bedenken gegen die vom beklagten Land vorgenommene Kürzung des Arbeitsentgelts bei den am 01.02.2004 in der Arbeitsphase befindlichen Altersteilzeitbeschäftigten bestehen schließlich auch unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Der Gleichbehandlungsgrundsatz, der bekanntlich eine Reflexwirkung auch auf privatrechtliche Arbeitsverhältnisse entfaltet, besagt, dass bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern, die sich im Vergleich zueinander in einer im wesentlichen gleichen Lage befinden, nicht unterschiedlich behandelt werden dürfen.

a) Allerdings kommt eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes im Verhältnis zu den bei dem beklagten Land beschäftigten Lehrkräften im Beamtenverhältnis von vornherein nicht in Betracht. Aufgrund ihres grundlegend unterschiedlichen Status sind angestellte Lehrkräfte mit Beamten im Hinblick auf die hier interessierenden Belange von vornherein nicht vergleichbar. Bezogen auf die Altersteilzeit wird dies u. a. dadurch deutlich, dass die sozialversicherungsrechtlichen Rahmenbedingungen eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses für die in Altersteilzeit befindlichen Beamten nicht relevant sind.

b) Eine Ungleichbehandlung kommt jedoch mit denjenigen angestellten Lehrkräften in Betracht, die sich im Zeitpunkt der Erhöhung der Pflichtstundenzahlen bereits in der Freistellungsphase des Blockmodells der Altersteilzeit befanden. Bei diesen angestellten Lehrkräften hat das beklagte Land es bekanntlich ungeachtet der Erhöhung der Pflichtstundenzahl bei der ungekürzten Altersteilzeitvergütung belassen.

aa) Diese sachliche Ungleichbehandlung kann nicht mit dem Argument gerechtfertigt werden, die in der Freistellungsphase befindlichen Angestellten hätten während ihrer Arbeitsphase bereits dasjenige Wertguthaben erarbeitet, dass sie nunmehr abfeiern könnten. § 3 Abs. 2 TV ATZ geht nämlich davon aus, dass in dem sogenannten Blockmodell der Altersteilzeit in der ersten Hälfte des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses die während der Gesamtdauer des Altersteilzeitverhältnisses zu leistende Arbeit geleistet werden muss. In dem Beispielsfall, dass die Pflichtstundenzahl eines vollbeschäftigten Lehrers vor Beginn der Altersteilzeit 24,5 Wochenstunden betragen hat, hat ein entsprechender Angestellter, der sich bei Erhöhung der Pflichtstundenzahl in der Freistellungsphase befand, in der Arbeitsphase jeweils 24,5 Wochenstunden erbracht, während er nunmehr in der Freistellungsphase für insgesamt 25,5 Wochenstunden freigestellt ist. Misst man somit der Erhöhung der Pflichtstundenzahl auch für in Altersteilzeit befindliche Lehrkräfte überhaupt Relevanz bei, wie es das beklagte Land zumindest auf der Vergütungsseite tut, so ergibt sich, dass der bei Erhöhung der Pflichtstundenzahl bereits in der Freistellungsphase befindliche Lehrer in der Arbeitsphase keineswegs vollständig die - unter Berücksichtigung der Pflichtstundenzahlerhöhung -während der Gesamtdauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses zu leistende Arbeit geleistet haben kann.

bb) Es kann jedoch letztlich dahingestellt bleiben, ob die bei den angestellten Altersteilzeitlehrkräften vorgenommenen Vergütungskürzungen auch wegen Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz rechtswidrig sind. Sie sind es in jedem Fall nämlich bereits aus den oben skizzierten anderweitigen Gründen.

6. Das Arbeitsgericht hat der Klage daher zu Recht stattgegeben. Die Berufung des beklagten Landes konnte demgegenüber keinen Erfolg haben.

III. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 ZPO.

Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache, aufgrund des Umstandes, dass es u. a. auf die Auslegung des Tarifvertrages Altersteilzeit ankommt, dessen Geltungsbereich über den Bezirk des Landesarbeitsgerichts Köln hinausgeht und unter dem Gesichtspunkt einer Divergenz mit den Entscheidungen des LAG Hamm vom 16.02.2005 in Sachen 3 Sa 1955/04 und des LAG Düsseldorf vom 16.06.2005 in Sachen 15 (13) Sa 304/05 war die Revision zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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