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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 07.05.2008
Aktenzeichen: 7 Sa 1404/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 823
1. Ein Schmerzensgeldanspruch wegen Mobbinghandlungen kommt nur in Betracht, wenn der Schädiger die Rechtsgüter des Betroffenen systematisch und zielgerichtet mit einiger Intensität und Dauer verletzt.

2. Beschwert sich der Copilot einer Passagiermaschine in seinem flight report darüber , dass ihn der Flugkapitän während des Fluges im Cockpit fortwährend verbal herabgewürdigt und schließlich sogar noch körperlich bedroht habe, liegt darin ein Vorgang, der die Flugsicherheit tangiert und daher die Fluggesellschaft zum Eingreifen veranlassen muss.

3. Ergreift die Fluggesellschaft daraufhin, obwohl der Flugkapitän die Vorwürfe bestritten hat, eine objektive Aufklärung aber nicht mehr möglich ist, Sanktionen gegenüber diesem (vorübergehende Suspendierung vom Flugbetrieb, später Beiordnung von Piloten mit Trainingslizenz als Copiloten), die dieser als ehrverletzend empfindet, liegen darin keine zum Schadensersatz verpflichtenden Mobbinghandlungen, auch wenn die Sanktionen das Maß des unbedingt Erforderlichen überschreiten.


Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 20.09.2007 in Sachen 1 Ca 4583/07 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um einen Schmerzensgeldanspruch des Klägers wegen "Mobbing".

Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge, und wegen der Gründe, die die 1. Kammer des Arbeitsgerichts Köln dazu bewogen haben, die Klage abzuweisen, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils vom 20.09.2007 Bezug genommen.

Das arbeitsgerichtliche Urteil wurde dem Kläger am 18.10.2007 zugestellt. Er hat hiergegen am 09.11.2007 Berufung einlegen und nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 18.01.2008 am 17.01.2008 begründen lassen.

Der Kläger verfolgt seinen Schmerzensgeldanspruch gegen die Beklagte weiter und meint, das Arbeitsgericht habe bei seiner Entscheidung den von der Beklagten behaupteten Sachvortrag zugrunde gelegt, ohne sich damit auseinander zu setzen, dass er, der Kläger, diesen substantiiert bestritten habe. Hierzu führt der Kläger aus, dass bereits aus dem sog. Flightreport des Co-Piloten d hervorgehe, dass bei dem Vorfall vom 25.09.2006 zu keiner Zeit eine Gefährdung des Flugverkehrs vorgelegen habe. In seinem Flightreport habe der Co-Pilot d selbst nicht von einer Blockade während des Fluges am 25.09.2006 gesprochen.

Ferner habe das Arbeitsgericht verkannt, dass die Beklagte, wenn sie Maßnahmen zur Sicherheit des Luftverkehrs treffe, dabei aber auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht des bei ihm beschäftigten Personals nicht verletzen, sondern das Maß des Erforderlichen und Angemessenen nicht überschreiten dürfe. Schließlich habe es das Arbeitsgericht unterlassen, sich mit der Zielsetzung der gegen ihn, den Kläger, gerichteten Maßnahmen auseinander zu setzen. Diese habe nämlich in Wirklichkeit darin gelegen, ihn bis zu seinem Renteneintritt vom Flugdienst fern zu halten und sein Ansehen bei den Mitarbeitern als auch im Außenverhältnis herabzusetzen. Hintergrund sei ein persönlicher Rachefeldzug des Chef-Piloten B .

Der Kläger und Berufungskläger beantragt nunmehr,

unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 20.09.2007 zu 1 Ca 5483/07 die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens aber 11.575,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte macht geltend, der Co-Pilot d habe in seinem Flightreport über dem Flug vom 25.09.2006 eine Konfliktsituation geschildert, die als solche sehr wohl erhebliche Sicherheitsrelevanz gehabt habe; die Erfahrung lehre nämlich, dass Mängel im Kommunikationsverhalten der Piloten im Cockpit in der Vergangenheit bereits zu Flugzeugabstürzen mit hunderten von Toten geführt hätten. Dem entgegen zu wirken diene das für alle Piloten verbindliche sog. Crew-Ressource-Management. Unter keinen Umständen dürfe im Cockpit eine Situation entstehen, bei der ein Co-Pilot aus Respekt, Ehrfurcht oder Angst vor der Reaktion des Kapitäns schweige und Zweifel für sich behalte.

Da der Kläger sich in dem Gespräch vom 31.10.2006 geweigert habe, an der Aufklärung der Kommunikationssituation vom 25.09.2006 mitzuwirken, habe keine andere Wahl bestanden, als ihn zunächst vom Flugdienst zu suspendieren. Auch nach Abschluss des gerichtlichen Vergleichs, der eine Weiterbeschäftigung des Klägers ab dem 01.02.2007 vorgesehen habe, hätten fortbestehende Sicherheitsbedenken wegen der fehlenden Kooperationsbereitschaft des Klägers zu einer unveränderten Gefährdungslage geführt, weswegen es aus Sicht der Entscheidungsträger der Beklagten geboten gewesen sei, dem Kläger in der Funktion als Co-Pilot erfahrene Flugkapitäne an die Seite zu stellen, da die vom Co-Pilot d geschilderten Kommunikationsdefizite offenbar in den unterschiedlichen Hierarchiezugehörigkeiten des Klägers und des Co-Piloten ihre Ursache gehabt hätten. Die Trainingspiloten hätten während der Flüge mit dem Kläger jedoch nur die üblichen Kompetenzen eines Co-Piloten inne gehabt.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte bestreitet schließlich, dass der Chefpilot B oder andere Entscheidungsträger das Ziel verfolgt hätten, eine nochmalige Beschäftigung des Klägers vor Eintritt in die Rente mit allen Mitteln zu verhindern oder solches auch nur gegenüber Dritten geäußert zu haben.

Auf den vollständigen Inhalt der Berufungsbegründung, der Berufungserwiderung sowie des weiteren klägerischen Schriftsatzes vom 25.04.2008 wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft und wurde im Sinne vom § 66 Abs. 1 ArbGG fristgerecht eingelegt und begründet.

II. Die Berufung ist jedoch im Ergebnis unbegründet. Die 1. Kammer des Arbeitsgerichts Köln hat den Rechtsstreit richtig entschieden und seine Entscheidung ausführlich und überzeugend begründet. Das Berufungsgericht kann zur Vermeidung von Wiederholungen an die Ausführungen des Arbeitsgerichts in den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils Bezug nehmen. Aus der Sicht der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht ist zusammenfassend, ergänzend und klarstellend das Folgende auszuführen:

1. Der Kläger macht einen Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld gegen die Beklagte als seine ehemalige Arbeitgeberin wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts geltend.

a. Als Verletzungshandlungen, die ihn in seiner Ehre gekränkt und sein Persönlichkeitsrecht in Mitleidenschaft gezogen hätten, sieht der Kläger insbesondere die Freistellung vom Flugbetrieb nach dem Gespräch vom 31.10.2006, die Weiterbeschäftigung nach dem Vergleich vom 10.01.2007 erst zum 01.02.2007 sowie die Anordnung an, ihm nach Wiederaufnahme der Flugtätigkeit zum 01.02.2007 sog. Trainingspiloten als Co-Piloten zur Seite gestellt zu haben. Als Anspruchsgrundlage für das klägerische Begehren nach Zahlung von Schmerzensgeld käme vorliegend § 823 Abs. 1 BGB in Betracht. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht gilt anerkanntermaßen als "sonstiges Recht" im Sinne dieser Vorschrift.

b. Das Arbeitsgericht ist bei seinen Überlegungen von einer zutreffenden Würdigung und Definition des Begriffs "Mobbing" ausgegangen. Insbesondere hat das Arbeitsgericht zu Recht hervorgehoben, dass ein Schmerzensgeldanspruch wegen Mobbinghandlungen nur dann in Betracht zu ziehen ist, wenn seitens des Schädigers eine systematische, zielgerichtete und überdies hinreichend schwerwiegende Beeinträchtigung der Rechtsgüter des betroffenen Arbeitnehmers festgestellt werden kann. Das Arbeitsverhältnis als Dauerschuldverhältnis begründet typischerweise eine zeitlich sehr intensive soziale Beziehung zwischen dem Arbeitnehmer, seinen Kollegen und Vorgesetzten und letztlich dem "Arbeitgeber." Diese intensive soziale Dauerbeziehung kann nach allgemeiner menschlicher Erfahrung immer wieder zu Konfliktsituationen führen, in denen auch wechselseitige Rechtsverletzungen vorkommen (können). Nicht jede im Rahmen einer solchen Konfliktsituation noch sozialadäquate Handlungsweise, mag sie im Einzelnen auch eine Rechtsverletzung beinhalten, führt über die daraus möglicherweise resultierenden rein arbeitsrechtlichen Folgerungen hinaus zu wechselseitigen Schadensersatz- und/oder Schmerzensgeldansprüchen. Die Schwelle hierzu ist vielmehr erst dann überschritten, wenn nicht mehr die Intention verfolgt wird, eine eigene zumindest subjektiv als berechtigt empfundene Rechtsposition zu verteidigen, sondern wenn über jedes sozialadäquate Maß hinaus eine zielgerichtete Verletzung fremder Rechtspositionen von einiger Intensität und Dauer bezweckt wird. Dementsprechend hat das BAG erst jüngst klar gestellt, dass z. B. der Ausspruch einer Kündigung durch den Arbeitgeber, die sich im nachhinein als sozial ungerechtfertigt herausstellt, keine zu Schadensersatz und/oder Schmerzensgeld verpflichtende Mobbinghandlung darstellt (BAG 8 AZR 347/07 vom 27.04.2008). Dasselbe muss für objektiv unberechtigte Abmahnungen oder die Rechte eines Arbeitnehmers beeinträchtigende andere Maßnahmen gelten, die in Ausübung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts vorgenommen werden.

2. Das Arbeitsgericht hat zu Recht einen Anspruch des Klägers auf Zahlung von Schmerzensgeld wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung verneint. Die Anspruchsgrundlage ist nicht erfüllt. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte durch die vom Kläger beanstandeten Maßnahmen die Grenze zu einer sozialinadäquaten, zur Zahlung von Schmerzensgeld verpflichtenden Schädigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers (noch) nicht überschritten.

a. Dies gilt zunächst für den Vorwurf des Klägers, die Beklagte habe ihn im Anschluss an den Vergleich vom 10.01.2007 nicht sofort, sondern erst ab dem 01.02.2007 wieder im regulären Flugdienst eingesetzt. Hierin liegt schon keine Vertragsverletzung der Beklagten - und somit schon gar keine "Mobbinghandlung" -, weil die Parteien im Vergleich ausdrücklich eine Wiederaufnahme der Beschäftigung erst ab dem 01.02.2007 vereinbart haben. Ob ggf. bei einer zeitlich vorgezogenen Wiederaufnahme der Tätigkeit ein sonst anfallender erhöhter Schulungsbedarf hätte vermieden werden können, ist somit irrelevant.

b. Aber auch die vorübergehende Freistellung des Klägers vom Flugbetrieb im Anschluss an das Gespräch vom 31.10.2006 sowie der Umstand, dass der Kläger ab dem 01.02.2007 nur noch Flugkapitäne mit der Weiterbildung zum Trainingspiloten als Co-Piloten beigeordnet bekam, stellen in Anbetracht der Umstände des vorliegenden Einzelfalles (noch) keine zur Zahlung von Schmerzensgeld verpflichtende "Mobbinghandlungen" dar. Zutreffend hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass es hierfür an einer systematischen und zielgerichteten Verletzung des klägerischen Persönlichkeitsrechts fehlt.

aa. Zunächst hatte die Beklagte einen objektiven Anlass, im Interesse der Wahrung der Flugsicherheit auf den vom Co-Piloten d verfassten Flightreport über den gemeinsamen Flug zwischen dem Kläger und dem betroffenen Co-Piloten am 25.09.2006 zu reagieren. Der Inhalt des Flightreports belegt, dass es während des besagten Fluges zwischen dem Kläger und dem Co-Piloten zu ganz massiven Kommunikationsstörungen im Cockpit gekommen ist.

bb. Der demgegenüber unter II 2 a) der Berufungsbegründung niedergelegte Vorwurf des Klägers an das Arbeitsgericht, es habe den Sachverhalt insoweit falsch gewürdigt, liegt ersichtlich neben der Sache. Der Flightreport schildert, wenn auch sprachlich holprig formuliert, so dennoch im Sinn klar und unmissverständlich, dass es vor und während des Fluges zu ständiger Kritik seitens des Klägers, teilweise in sarkastischer Form, gekommen sei, dass beide Beteiligten "voll verärgert" gewesen seien, dass er, der Co-Pilot, sich unwohl gefühlt habe, dass der Kläger "konstant versucht habe, mich, seinen Co-Pilot, zu kleinieren und zu blockieren", dass der Kläger ihn schließlich angebrüllt und körperlich bedroht habe, dies alles wohlgemerkt während des Fluges. Darüber hinaus geht aus dem Flightreport hervor, dass der Kläger wiederholt kritisiert habe, dass der Co-Pilot "nuschele" und "nicht richtig artikuliere". Der Kläger selbst bestätigt in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 05.10.2006, dass er Anlass gesehen hatte, den Co-Piloten wegen seiner "Crew-Communication" zu kritisieren und ihn zu einer klaren und verständlichen Artikulation anzuhalten. Der Kläger selbst bestätigt dort ebenfalls, dass der Co-Pilot daraufhin "außerordentlich verärgert" gewesen sei.

cc. Es konnte somit für die Beklagte keinen Zweifel daran geben, dass es auf dem Flug vom 25.09.2006 zwischen dem Kläger und dem Co-Piloten zu ganz massiven Kommunikationsproblemen gekommen war, und zwar zum einen in sprachlich-akustischer Hinsicht, zum anderen aber auch im inhaltlichen und im psychologischen Sinne. Dies gilt unabhängig davon, dass der Kläger in dem Schreiben vom 05.10.2006 bestreitet, den Co-Piloten mit den Worten "Ich hau dir einen in die Fresse" bedroht zu haben. Bereits der Umstand, dass der Co-Pilot - sogar in schriftlicher Form - einen entsprechenden Vorwurf erhob, mußte die Beklagte zum Eingreifen veranlassen. Derart massive Kommunikationsprobleme zwischen der Cockpitbesatzung während eines Fluges, wie sie aus dem Flightreport des Co-Piloten d hervorgehen, in gewisser Hinsicht teilweise aber auch vom Kläger selbst in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 05.10.2006 bestätigt werden, stellen ein potentielles Sicherheitsrisiko dar. In Anbetracht der überragenden Bedeutung der Flugsicherheit gehört es zu den Aufgaben der Beklagten, auf derartige potentielle Sicherheitsrisiken sachgerecht zu reagieren und sie für die Zukunft auszuschließen.

dd. Dabei musste die Beklagte davon ausgehen, dass es zwischen dem Kläger und de Graaff zu massiven Kommunikationsproblemen gekommen war, ungeklärt war nur, welcher Art diese Probleme genau waren, und insbesondere welche Rolle der Kläger dabei spielte und ob er gegenüber dem Co-Piloten in der in dessen Flightreport geschilderten Art und Weise seine Pflichten eines Vorgesetzten durch Anbrüllen und Bedrohen des Untergebenen verletzt hatte. Hinsichtlich dieser Frage stand aufgrund der Darstellung des Co-Piloten in seinem Flightreport einerseits, aufgrund des Inhalts der Stellungnahme des Klägers vom 05.10.2006 andererseits zwischen den beiden Beteiligten Aussage gegen Aussage.

ee. Eine unwiderlegbare objektive Feststellung, wessen Darstellung der Wahrheit näher kam, hätte nur der sog. Voice-Recorder erbringen können. Warum dieser gelöscht wurde, bevor die Beklagte eine entsprechende Auswertung vornehmen konnte, darüber liegen keine Erkenntnisse vor. Als Ursache kommt in Betracht, dass entweder der Co-Pilot seine Beschwerde zu spät bei der Beklagten eingereicht hat oder aber die Beklagte ihrerseits nicht hinreichend zeitnah reagierte.

ff. Fest steht allerdings, dass es nicht dem Kläger angelastet werden kann, dass der Voice-Recorder nicht abgehört werden konnte. Insofern ist der Vorwurf der Beklagten an den Kläger nicht nachvollziehbar, dass dieser nicht genügend zur Aufklärung der Angelegenheit beigetragen habe. Der Kläger hat in seiner Stellungnahme vom 05.10.2006 den Kern und schwerwiegendsten Teil der Vorwürfe des Co-Piloten vehement in Abrede gestellt und überdies dargelegt, dass er seine Kritik an nicht hinreichend klarer und verständlicher Artikulation des Co-Piloten in sachlicher Form geäußert habe. Gerade für das Gericht ist es nichts Außergewöhnliches, dass in einen persönlichen Streit verstrickte Parteien wie der Kläger einerseits, der Copilot de Graaff andererseits, Tatsachen, über die es nur eine objektive Wahrheit geben kann, diametral gegensätzlich darstellen. Eine vollends objektive Klärung der Frage, was genau zwischen dem Kläger und dem Co-Piloten am 25.09.2006 im Cockpit gesprochen wurde, ist jedoch nach der Löschung des Voice-Recorders nicht mehr möglich.

gg. Insofern muss sich die Beklagte den Vorwurf gefallen lassen, den Eindruck widersprüchlichen Verhaltens erweckt zu haben, wenn sie den Kläger erst im Anschluss an das Personalgespräch vom 31.10.2006 vom Flugbetrieb aus Sicherheitsgründen suspendierte, obwohl ihr die im Flightreport enthaltenen Vorwürfe bereits seit Wochen bekannt waren und sie bis dahin die Notwendigkeit einer Freistellung nicht gesehen hatte. Welche neuen Erkenntnisse die Beklagte aus dem Gespräch vom 31.10.2006 diesbezüglich gewonnen haben könnte, hat sie dem Gericht nicht vermitteln können.

hh. Der Eindruck widersprüchlichen Verhaltens, verbunden auch mit dem Umstand, dass der Grund für die fehlende objektive Aufklärbarkeit der Vorwürfe aus dem Flightreport letztlich jedenfalls nicht in die Sphäre des Klägers fällt, kann vorliegend aber nicht dazu führen, dass jedwede weitere Reaktion der Beklagten auf den Vorfall vom 25.09.2006 nunmehr als arbeitsvertragswidrig gewertet werden muss. Zu beachten ist nämlich, dass die Beklagte bei ihrer Aufgabe, die bestmöglichen Vorkehrungen für eine größtmögliche Flugsicherheit zu treffen, nicht in erster Linie ihre eigenen Interessen wahrzunehmen hat, auch nicht diejenigen des Klägers oder des Co-Piloten d , sondern die Interessen Dritter, nämlich der Allgemeinheit.

ii. Wenn die Beklagte mit der vorübergehenden Suspendierung des Klägers vom Flugbetrieb letztlich so gehandelt hat, als müsse sie, weil das Gegenteil nicht erwiesen ist, davon ausgehen, dass die in dem Flightreport gegenüber dem Kläger erhobenen Vorwürfe wahr sind, so kann ihr dies nicht als systematische und speziell gegen die Rechtsgüter des Klägers gerichtete Rechtsverletzung angelastet werden. Zumindest in subjektiver Hinsicht kann sich die Beklagte insoweit erfolgreich durch die Wahrnehmung der Sicherheitsbelange der Allgemeinheit rechtfertigen.

c. Nichts anderes gilt im Ergebnis schließlich auch für die Maßnahme der Beklagten, dem Kläger für die Zeit ab 01.02.2007 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Juni 2007 als Co-Piloten nur noch ausgebildete Trainingskapitäne zur Seite zu stellen.

aa. Diese Maßnahme widersprach zwar nicht dem "Buchstaben" der Vergleichsvereinbarung der Parteien vom 10.01.2007. Sie muss indessen gleichwohl zur Überzeugung des Berufungsgerichts aus objektiver Sicht als unsensibel und überzogen bezeichnet werden. Der Kläger hat sich im Rahmen des von ihm angestrengten Gerichtsverfahrens, mit dem er seine tatsächliche Weiterbeschäftigung anstrebte, mehrfach ausdrücklich zu den Grundsätzen des Crew Ressource Managements bekannt. Überdies hatte er bis zu seinem Wiedereinsatz ab dem 01.02.2007 ohnehin weitere persönliche Sicherheitschecks erfolgreich durchlaufen. Es hätte für die bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses des Klägers verbleibende kurze Zeit ausgereicht und wäre für die Beklagte auch zumutbar gewesen sicherzustellen, dass der Kläger nicht mehr mit dem Co-Piloten d gemeinsam zum Einsatz kommen würde.

bb. Ungeachtet dessen kann die Beklagte als Arbeitgeberin dennoch darauf verweisen, dass auch die ab dem 01.02.2007 getroffene Maßnahme noch im unmittelbaren Zusammenhang mit dem grundsätzlich sicherheitsrelevanten und im Kern weiterhin ungeklärten Vorfall vom 25.09.2006 stand und jedenfalls subjektiv noch von dem Bestreben gedeckt war, bestmöglich den Belangen der Flugsicherheit Rechnung zu tragen. Mag die Beklagte zwar bei der Beurteilung der Erforderlichkeit dieser Maßnahme objektiv über das Ziel hinausgeschossen sein, so stand die Maßnahme selbst aber dennoch in einem eindeutigen Zusammenhang mit den von außen an sie herangetragenen und auch objektiv potentiell sicherheitsrelevanten Problemen, die Gegenstand des Flightreports über den Flug vom 25.09.2006 waren. Dies schließt es zur Überzeugung des Berufungsgerichts aus, hierin eine systematische und speziell gegen die Rechtsgüter des Klägers zielgerichtete Rechtsverletzung zu sehen, die des Ausgleichs durch einen Schmerzensgeldanspruch des Klägers bedürfte.

Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben.

III. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ein gesetzlicher Grund für die Zulassung der Revision ist nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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