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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 14.05.2008
Aktenzeichen: 7 Sa 1561/07
Rechtsgebiete: BGB, ArbZG, MTV Einzelhandel NRW 1996, MTV Großhandel NRW


Vorschriften:

BGB § 126
BGB § 127
BGB § 288
BGB § 611
ArbZG § 3
MTV Einzelhandel NRW 1996
MTV Großhandel NRW
1. Eine mündliche Vertragsabsprache bestimmten Inhalts kann gleichzeitig eine entsprechende konkludente Aufhebung einer im Arbeitsvertrag enthaltenen sogenannten einfachen Schriftformklausel beinhalten (ständige Rechtsprechung).

2. Von einer solchen konkludenten Aufhebung einer einfachen Schriftformklausel ist jedoch regelmäßig nicht auszugehen, wenn die behauptete mündliche Absprache vor oder gleichzeitig mit dem Abschluss des schriftlichen Arbeitsvertrags getroffen worden sein soll und im praktischen Arbeitsalltag nicht gelebt worden ist.

3. Ein Schadensersatzanspruch wegen Nicht-Abschlusses eines im Arbeitsvertrag vorgesehenen gesonderten Tantiemevertrages setzt voraus, dass der Arbeitnehmer darlegt, unter welchen Voraussetzungen ein Tantiemeanspruch nach der zu treffenden Vereinbarung entständen wäre und dass diese Voraussetzungen tatsächlich erfüllt sind.

4. Der arbeitsvertraglich vereinbarte Anspruch des Arbeitnehmers, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt ein gesonderter Tantiemevertrag vereinbart werden soll, unterliegt den auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren tariflichen Verfallfristen.


Tenor:

Auf die Berufung des Klägers hin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 18.10.2007 in Sachen 3 Ca 115/07 h teilweise abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 41,07 € zu zahlen.

Die weitergehende Klage bleibt abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Zahlungsansprüche des Klägers aus einem beendeten Arbeitsverhältnis.

Der in T ansässige Kläger wurde von der Beklagten zum 02.05.2006 in ein befristetes Probearbeitsverhältnis eingestellt, welches nach einmaliger befristeter Verlängerung schließlich zum Ablauf des Befristungszeitraums am 31.10.2006 sein Ende fand. Der Kläger wurde als stellvertretender Marktleiter in einem Bau- und Gartenzentrum in W beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis lag der Arbeitsvertrag vom 11.04.2006 zugrunde, auf dessen vollständigen Inhalt ausdrücklich Bezug genommen wird (Bl. 5 - 7 R d. A.).

Die Parteien vereinbarten in § 4 des Arbeitsvertrages ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von 3.000,00 €. Weiter heißt es in § 4 u. a.: "Bei Vereinbarung eines 13. Monatsgehalts oder einer Gewinnbeteiligung u. ä. hat der Angestellte im Ein- und Austrittsjahr einen anteiligen Anspruch, sofern das Anstellungsverhältnis am betriebsüblichen Auszahlungstermin nicht bereits beendet war."

§ 10 des Arbeitsvertrages der Parteien nimmt in Ergänzung der vorstehenden Vertragsvereinbarungen insbesondere u. a. hinsichtlich der Leistung von Überstunden und der Fälligkeit und des Erlöschens von Ansprüchen auf den jeweils gültigen Manteltarifvertrag und namentlich bezeichnete weitere Tarifverträge des Groß- und Außenhandels Bezug.

§ 12 S. 1 des Arbeitsvertrages lautet:

"Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages sind, auch wenn sie bereits mündlich getroffen wurden, nur wirksam, wenn sie schriftlich festgelegt und von beiden Vertragspartnern unterschrieben worden sind."

Im weiteren Text des arbeitsvertraglichen § 12 findet sich eine detaillierte Arbeitszeitregelung für den Kläger sowie schließlich im vorletzten Absatz folgende - teilweise handschriftlich eingefügte - Vereinbarung: "Am 02.05.2006 wird ein Tantiemevertrag vereinbart."

Mit der Schlussabrechnung für Oktober 2006 ermittelte die Beklagte für diesen Monat einen Nettoanspruch des Klägers in Höhe von 2.739,52 €. Dieser Betrag wurde dem Kläger erst am 16.01.2007 gezahlt.

Mit der vorliegenden, am 08.01.2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 18.01.2007 zugestellten Klage verlangt der Kläger die Abrechnung eines Arbeitszeitkontos nebst Auszahlung des sich aus der Abrechnung ergebenden Betrages, einen Betrag in Höhe von 41,07 €, bei dem es sich um Zinsen wegen der verspäteten Zahlung des Nettoverdienstes für Oktober 2006 handeln soll, sowie "eine angemessene Tantieme", deren Höhe nach den in der Klagebegründung geäußerten Vorstellungen des Klägers 18.000,00 € nicht unterschreiten sollte.

Der Kläger hat beantragt,

1.) die Beklagte zu verurteilen, das Arbeitszeitkonto des Klägers abzurechnen und den sich aus der Abrechnung ergebenden Betrag an den Kläger auszuzahlen;

2.) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 41,07 € zu zahlen;

3.) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger eine angemessene Tantieme zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat geltend gemacht, dass ein Arbeitszeitkonto für den Kläger niemals geführt und mit diesem auch nicht vereinbart worden sei, dass die bezifferte Höhe des Zinsanspruches nicht nachvollzogen werden könne und dass es für die Tantiemeforderung an jeder Grundlage fehle, zumal - anders, als in § 12 des Arbeitsvertrages der Parteien vorgesehen - ein gesonderter Tantiemevertrag unstreitig nicht abgeschlossen worden sei. Zudem beruft sich die Beklagte hinsichtlich sämtlicher vom Kläger geltend gemachter Ansprüche auf die tariflichen Verfallklauseln des § 15 MTV Groß- und Außenhandel NRW.

Mit Urteil vom 18.10.2007 hat die 3. Kammer des Arbeitsgerichts Aachen die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils wird Bezug genommen.

Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde dem Kläger am 19.11.2007 zugestellt. Der Kläger hat gegen das Urteil am 19.12.2007 Berufung einlegen und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 18.02.2008 am 18.02.2008 begründen lassen.

Der Kläger behauptet, zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages hätten die Parteien "in Anlehnung an § 2 MTVEiHNW96" eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 37,5 Stunden ausschließlich der Pausen vereinbart. Die Vereinbarung sei in einem Gespräch mit dem Komplementär der Beklagten, Herrn F T , unter vier Augen getroffen worden. Er, der Kläger, habe hierzu als Partei vernommen werden müssen. Die Vereinbarung habe besagt, dass solche Zeiten, die die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit überschritten, einem Arbeitszeitkonto des Klägers gutgeschrieben werden sollten. Die auf diesem Arbeitszeitkonto verbuchten positiven Arbeitsstunden hätten dann entweder durch Freizeitausgleich oder durch Abgeltung ausgeglichen werden sollen. Um die Arbeitsstunden vollständig zu erfassen, habe er, der Kläger, Arbeitsbeginn, Pausen und Arbeitsende auf einer sog. Stempelkarte abstempeln müssen. Er habe jeweils täglich zehn bis elf Stunden ausschließlich der Pausen gearbeitet.

Der Zinsanspruch, so meint der Kläger, sei für das Arbeitsgericht anhand der mitgeteilten Ausgangsdaten ohne Weiteres berechenbar gewesen.

Schließlich hält der Kläger auch an seiner Tantiemeforderung fest. Mit dem Tantiemevertrag habe sich die Beklagte spätestens mit Ablauf des 02.05.2006 in Verzug befunden. Er, der Kläger, habe mehrfach nach dem Tantiemevertrag nachgefragt. Da, so der Kläger, für den Marktleiter eines Baumarktes ein monatliches Gehalt von 6.000,00 € brutto branchenüblich sei, hätte die Tantieme einen monatlichen Betrag in Höhe von 3.000,00 € ausgemacht.

Der Kläger und Berufungskläger beantragt nunmehr,

unter Abänderung des am 18.10.2007 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Aachen die Beklagte zu verurteilen,

1.) das Arbeitszeitkonto des Klägers abzurechnen und den sich aus der Abrechnung ergebenden Betrag an den Kläger auszuzahlen;

2.) an den Kläger 41,07 € zu zahlen;

3.) an den Kläger eine angemessene Tantieme zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des angerufenen Gerichts gestellt wird.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und wiederholt ihre Behauptung, dass es eine Vereinbarung über ein Arbeitszeitkonto niemals gegeben habe. Die Behauptung des Klägers über das Zustandekommen einer solchen Vereinbarung sei unsubstantiiert. Es sei auch niemals ein Arbeitszeitkonto für den Kläger geführt worden. Die elektronische Zeiterfassung habe lediglich der Arbeitszeitkontrolle gedient, nicht aber Grundlage eines Arbeitszeitkontos sein sollen. Die Beklagte und Berufungsbeklagte bestreitet, dass der Kläger arbeitstäglich zehn bis elf Stunden ausschließlich der Pausen gearbeitet habe. Soweit der Kläger Überstunden geltend machen wolle, habe er diese schon nicht schlüssig vorgetragen. Sämtliche etwaigen Überstundenabgeltungsansprüche des Klägers seien jedoch aufgrund der tarifvertraglichen Ausschlussfristen des MTV Groß- und Außenhandel verfallen.

Ebenso wenig habe der Kläger innerhalb der tarifvertraglichen Verfallfristen einen Anspruch auf Abschluss eines Tantiemevertrages erhoben. Etwaige mündliche Nachfragen des Klägers nach einem Tantiemevertrag hätten ebenfalls nicht stattgefunden. Abgesehen davon sei mit keinem Wort schlüssig dargetan, inwiefern eine Tantieme von 18.000,00 € verlangt werden könne, zumal es keinesfalls branchenüblich sei, dass der Leiter eines Baumarktes ein monatliches Bruttoentgelt von 6.000,00 € erhalte.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht hat der Klägervertreter erklärt, dass es bei dem Antrag zu 1.) nicht um "Überstunden" gehe. Der Komplementär der Beklagten hat erklärt, dass es in seinem Unternehmen Vereinbarungen über die Zahlung von Tantiemen bei Umsatzsteigerungen gebe und dass solche Tantiemen einmal jährlich im Frühjahr nach Erstellung der jeweiligen Wirtschaftsbilanz fällig würden.

Ergänzend wird auf den vollständigen Inhalt der Berufungsbegründung des Klägers und der Berufungserwiderung der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung des Klägers gegen das arbeitsgerichtliche Urteil vom 18.10.2007 ist zulässig. Die Berufung ist gemäß § 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft und wurde nach Maßgabe des § 66 Abs. 1 ArbGG fristgerecht eingelegt und begründet.

II. Die Berufung des Klägers ist jedoch nur zu einem geringen Teil, nämlich hinsichtlich des Klageantrags zu 2.), begründet.

1. Dem Kläger stehen wegen der verspäteten Zahlung des Nettoverdienstes für Oktober 2006 gemäß § 288 Abs.1 BGB gesetzliche Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen gesetzlichen Basiszinssatz per anno für den Verzugszeitraum zu. Bei wohlwollender Auslegung des fehlerhaft formulierten Zinsanspruchs in der Klageschrift vom 05.01.2007 kann angenommen werden, dass der Kläger der Üblichkeit entsprechend diesen gesetzlichen Verzugszinsanspruch geltend machen wollte.

Die zu verzinsende Hauptforderung belief sich auf 2.739,52 €. Verzugszeitraum war die Zeit vom 01.11.2006 bis zum 16.01.2007. Der gesetzliche Basiszinssatz betrug bis zum 31.12.2006 1,95 % und ab dem 01.01.2007 2,70 %. Hieraus errechnet sich der geltend gemachte Anspruch von 41,07 €.

2. Im Übrigen konnte die Berufung des Klägers jedoch keinen Erfolg haben. Das Arbeitsgericht hat die Forderungen des Klägers auf Abrechnung und Auszahlung eines Arbeitszeitkontos sowie auf Zahlung einer angemessenen Tantieme zu Recht abgewiesen.

a. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Abrechnung und Auszahlung eines "Arbeitszeitkontos".

aa. Der Kläger behauptet, bei einem Gespräch mit dem Komplementär der Beklagten unter vier Augen "zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages" sei die Führung eines Arbeitszeitkontos auf der Basis einer 37,5-Stunden-Woche "in Anlehnung an § 2 MTVEiHNW96" vereinbart worden.

aaa. Der Kläger hat bereits nicht den ihm obliegenden Nachweis geführt, dass eine solche Vereinbarung tatsächlich getroffen worden ist. Beide an dem vom Kläger behaupteten Vier-Augen-Gespräch beteiligten Personen, nämlich der Kläger einerseits, der persönlich haftende Gesellschafter der Beklagten andererseits, sind im prozessrechtlichen Sinne Partei. Es liegt somit gerade nicht die Konstellation vor, in dem bei der Beweisführung über den Inhalt eines Vier-Augen-Gesprächs die eine Partei einen beweisrechtlichen Vorteil daraus ziehen kann, dass für sie an dem Gespräch nicht sie selbst, sondern ein Zeuge beteiligt war. Der persönlich in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht anwesende Komplementär der Beklagten hat die Behauptung des Klägers über die mündliche Vereinbarung eines Arbeitszeitkontos nicht bestätigt. Insoweit stehen für den Kläger bestenfalls Aussage gegen Aussage.

bbb. Es gibt auch keine objektiven Indizien, die dafür sprechen, der Darstellung des Klägers den Vorzug einzuräumen. Im Gegenteil: In § 12 ihres Arbeitsvertrages vom 11.04.2006, abgedruckt auf Seite 6 oben der Arbeitsvertragsurkunde, haben die Parteien eine detaillierte Regelung über Arbeitszeiten getroffen. Mag die in § 12 des Arbeitsvertrages aufgenommene Arbeitszeitregelung auch im Hinblick auf § 3 ArbZG inhaltlich bedenklich sein, so fragt es sich doch, welchen Sinn die vertragsschließenden Parteien damit verfolgt haben sollten, die vom Kläger behauptete Vereinbarung eines Arbeitszeitkontos mündlich zu abzuschließen, davon jedoch in dem ausführlichen schriftlichen Arbeitsvertrag nichts zu erwähnen und statt dessen eine inhaltlich andere Vereinbarung schriftlich niederzulegen.

ccc. Ferner macht die Vereinbarung eines sog. Arbeitszeitkontos dann Sinn, wenn ansonsten eine sog. gleitende Arbeitszeit gilt oder ein Dienstplansystem mit periodisch wechselnden Einsatzzeiten praktiziert wird. Nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag der Parteien sollten für den Kläger dagegen starre, vertraglich fixierte Arbeitszeiten gelten.

ddd. Des Weiteren führt der Kläger aus, die von ihm behauptete mündliche Absprache sei "in Anlehnung an § 2 MTVEiHNW96" getroffen worden. Das Berufungsgericht geht davon aus, dass der Kläger mit dieser unüblichen Abkürzung den Manteltarifvertrag für den Einzelhandel im Lande Nordrhein-Westfalen aus dem Jahre 1996 meint. Der Kläger hat nicht vorgetragen, tarifgebunden zu sein. Der Manteltarifvertrag für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen war im Jahre 2006 auch nicht allgemeinverbindlich. In ihrem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 11.04.2006 haben die Parteien in § 10 jedoch ergänzend nicht die Tarifverträge des Einzelhandels, sondern den Manteltarifvertrag und andere Tarifverträge des Groß- und Außenhandels in Bezug genommen.

bb. Selbst wenn der Kläger jedoch eine mündliche Vereinbarung über die Führung eines Arbeitszeitkontos plausibel hätte darlegen können, wäre eine solche Vereinbarung gemäß § 12 S. 1 des Arbeitsvertrages der Parteien mangels Schriftform formnichtig.

aaa. § 12 S. 1 des Arbeitsvertrages hält ausdrücklich fest, dass auch bereits mündlich getroffene Vereinbarungen nur dann wirksam werden, wenn sie schriftlich festgelegt und von beiden Vertragspartnern unterschrieben worden sind. Dies ist hinsichtlich einer Vereinbarung über die Führung eines Arbeitszeitkontos unstreitig nicht der Fall.

bbb. Zwar ist anerkannt, dass eine arbeitsvertraglich vereinbarte Schriftformklausel von den Arbeitsvertragsparteien im Nachhinein für den Einzelfall auch konkludent wieder aufgehoben werden kann.

ccc. Dies kommt im Hinblick auf die vom Kläger behauptete Vereinbarung eines Arbeitszeitkontos jedoch aus mehreren Gründen nicht in Betracht. Zum einen behauptet der Kläger selbst nicht, dass die Vereinbarung über ein Arbeitszeitkonto im Nachhinein, also nach Abschluss des schriftlichen Arbeitsvertrages getroffen worden sei. Zum anderen wird von einer konkludenten Aufhebung der Schriftformklausel gerade dann ausgegangen, wenn die Arbeitsvertragsparteien eine nach dem Buchstaben ihres schriftlichen Vertrages an sich formnichtige Vereinbarung im praktischen Vollzug ihres Arbeitsverhältnisses tatsächlich gelebt haben. Auch dies war vorliegend gerade nicht der Fall. Die Beklagte hat für den Kläger niemals ein Arbeitszeitkonto geführt. Weder hat der Kläger dargelegt, dass es jemals eine - bei Führung von Arbeitszeitkonten übliche - periodische Information über Zwischensalden des Kontostandes gegeben hat, noch dass er jemals unter Bezugnahme auf ein Plus-Saldo Freizeitausgleich in Anspruch genommen hat o. ä..

ddd. Auch der Umstand, dass der Kläger bei der Beklagten einer elektronischen Arbeitszeiterfassung unterlag, ist nicht ausreichend indiziell für die Führung eines Arbeitszeitkontos. Die elektronische Zeiterfassung kann auch lediglich zur Kontrolle der Einhaltung fest vereinbarter Arbeitszeiten, zur Anwesenheitskontrolle aus Sicherheitsgründen oder anderen Belangen dienen.

cc. Der vom Kläger verfolgte Antrag zu 1.) kann auch nicht in eine Forderung nach Überstundenabgeltung umgedeutet werden.

aaa. Zum einen hat der Klägervertreter in der Berufungsverhandlung im Rahmen des Rechtsgesprächs klargestellt, dass es nicht um das Thema "Überstunden" gehe.

bbb. Zum anderen wäre eine Überstundenabgeltungsforderung zu beziffern gewesen und fehlt es an jedwedem hinreichend substantiierten Sachvortrag dazu, wann und in welchem Umfang der Kläger ggf. angeordnete oder betrieblich notwendige Überstunden absolviert hat.

ccc. Ein solcher substantiierter Sachvortrag wäre aber nicht nur deshalb erforderlich gewesen, um der Beklagten eine konkrete Erwiderung zu ermöglichen, sondern insbesondere auch deshalb, um überprüfen zu können, ob und ggf. inwieweit die in § 10 des Arbeitsvertrages der Parteien arbeitsvertraglich in Bezug genommenen tarifvertraglichen Ausschlussfristen des § 15 MTV Groß- und Außenhandel NRW eingreifen.

b. Ebenso wenig hat der Kläger schlüssig dargelegt, dass er gegenüber der Beklagten einen Tantiemeanspruch hat.

aa. Unstreitig war in § 12 des Arbeitsvertrages der Parteien vereinbart worden, dass "am 02.05.2006 ein Tantiemevertrag vereinbart" wird. Im Widerspruch hierzu wurde jedoch unstreitig weder am 02.05.2006, noch zu einem anderen Zeitpunkt zwischen den Parteien ein Tantiemevertrag geschlossen. Ein vertraglicher Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Tantieme scheidet daher aus.

bb. Auch einen Anspruch des Klägers auf Schadensersatz wegen Nichteinhaltung der arbeitsvertraglichen Verpflichtung zum Abschluss eines Tantiemevertrages hat das Arbeitsgericht zu Recht verneint. Unabhängig von der Frage, ob es allein der Beklagten anzulasten ist, dass es im Ergebnis nicht zum Abschluss eines Tantiemevertrages gekommen ist, fehlt es an jedweder schlüssigen Darlegung eines dem Kläger aus dem Nichtabschluss eines solchen Vertrages entstandenen Schadens.

aaa. Die diesbezügliche Behauptung des Klägers, ein solcher Tantiemevertrag hätte mindestens zum Inhalt gehabt, dass ihm zu seinem vereinbarten Gehalt von 3.000,00 € brutto monatlich ein weiterer Betrag in Höhe von 3.000,00 € brutto monatlich zufließen würde, damit er im Ergebnis auf das - vermeintlich - branchenübliche Monatseinkommen eines Marktleiters gelange, welches der Kläger mit 6.000,00 € brutto monatlich beziffert, erscheint in tatsächlicher Hinsicht lebensfremd und beruht in rechtlicher Hinsicht auf einer grundlegenden Verkennung des Begriffs der Tantieme. Dagegen, dass sich die Parteien angeblich darüber einig gewesen sein sollen, dass der Kläger im Ergebnis mindestens 6.000,00 € brutto monatlich zu verdienen hätte, spricht schon der Umstand, dass die Parteien im Arbeitsvertrag zunächst ein Bruttogehalt in Höhe von 2.750,00 € niedergelegt hatten, das dann handschriftlich in 3.000,00 € brutto korrigiert wurde. Es erschließt sich nicht, was die Parteien davon hätte abhalten sollen, ein Gehalt in Höhe von 6.000,00 € brutto zu vereinbaren, wenn dies tatsächlich gewollt gewesen wäre.

bbb. In rechtlicher Hinsicht verkennt der Kläger völlig, was unter einer Tantieme zu verstehen ist. Im Wirtschaftsduden, 2. Aufl., 2004, ist der Begriff Tantieme definiert als "der Teil der Vergütung für Mitglieder des Managements, der sich auf den Jahresgewinn des Unternehmens bezieht". Im Zeit-Lexikon aus dem Jahre 2005 lautet die Definition: "Gewinn- oder Umsatzbeteiligung, die Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern sowie leitenden Angestellten eines Unternehmens gewährt wird."

ccc. Eine Tantiemevereinbarung sieht somit typischerweise vor, dass der Anspruch entweder vom Gewinn des Unternehmens und/oder vom Umsatz abhängt, wobei häufig auch individuelle Parameter eingeführt werden, so z. B. auf den von dem betreffenden Arbeitnehmer persönlich erwirtschafteten Umsatz abgestellt wird. Nicht unüblich ist auch die Einführung weiterer leistungsabhängiger Komponenten bei der Berechnung des Anspruchs. Des Weiteren stellt sich die Frage, ob in der zu treffenden Vereinbarung der Tantiemeanspruch auch bereits während der Probezeit hätte anfallen sollen.

Zu all diesen üblichen Indikatoren einer zu treffenden Tantiemevereinbarung hat der Kläger für den vorliegenden Fall nichts vorgetragen.

cc. Wie dem aber auch immer sei: Selbst wenn die Parteien eine Tantiemevereinbarung getroffen hätten, die dem Kläger auch schon für den Zeitraum der Probezeit einen Anspruch verschafft hätte, scheitert der Anspruch im vorliegenden Fall jedenfalls an der in § 4 des Arbeitsvertrages getroffenen Vereinbarung, wonach der Anspruch des Angestellten auf eine Gewinnbeteiligung im Ein- und Austrittsjahr dann nicht mehr in Betracht kommt, "sofern das Anstellungsverhältnis am betriebsüblichen Auszahlungstermin nicht bereits beendet war". Der Komplementär der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass in seinem Unternehmen Tantiemen, soweit vereinbart, nach Erstellung der Bilanzen im Frühjahr eines jeden Jahres fällig würden. Diese Angabe steht in Einklang mit dem Umstand, dass, wie bereits ausgeführt, das Jahresergebnis und/oder die Jahresumsatzzahlen eines Unternehmens typischerweise entscheidende Parameter bei der Bemessung der Tantiemenansprüche darstellen. Der für etwaige Tantiemeansprüche des Klägers maßgebliche Fälligkeitszeitpunkt wäre somit erst im Frühjahr 2007 eingetreten. Zu diesem Zeitpunkt war das Arbeitsverhältnis der Parteien aber längst beendet.

dd. Da ein Anspruch des Klägers auf eine Tantiemezahlung in Höhe von 18.000,00 € oder in einer anderen Höhe somit ohnehin nicht in Betracht kommt, bedarf es auch keiner weiteren Erörterung, dass ein solcher Anspruch letztlich auch daran scheitern musste, dass der Kläger nicht innerhalb der tariflichen Ausschlussfristen des § 15 MTV Groß- und Außenhandel NRW die Beklagte auf Abschluss des in § 12 des Arbeitsvertrages vorgesehenen Tantiemevertrages in Anspruch genommen hat.

III. Die Kostenfolge beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO i. V. m. einer entsprechenden Anwendung des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Ein gesetzlicher Grund für die Zulassung der Revision ist ersichtlich nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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