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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 15.10.2003
Aktenzeichen: 7 Sa 163/03
Rechtsgebiete: BGB, KSchG, BUrlG, SGB III, SGB X


Vorschriften:

BGB § 615
KSchG § 11
BUrlG § 7
SGB III § 57
SGB X § 115
1. Nimmt der Arbeitnehmer nach Ablauf der Kündigungsfrist einer sich als unwirksam erweisenden Arbeitgeberkündigung eigenem Bekunden zu Folge genehmigten Erholungsurlaub in genau dem Umfang in Anspruch, für den ihm zuvor in der vermeintlichen "Schlussabrechnung" Urlaubsabgeltung gewährt worden war, so kann er für den fraglichen Zeitraum nicht nochmals (Urlaubs-)Vergütung verlangen.

2. Macht sich der Arbeitnehmer während des Annahmeverzugszeitraums selbstständig, so ist das ihm deshalb gewährte sog. Überbrückungsgeld des § 57 SGB III - unbeschadet der Frage, ob insoweit nicht ohnehin ein Anspruchsübergang nach § 115 SGB X stattfindet - jedenfalls entsprechend einem anderweitigen Erwerb im Sinne von §§ 615 BGB, 11 KSchG auf den Annahmeverzugsanspruch anzurechnen.


LANDESARBEITSGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

7 Sa 163/03

Verkündet am 15. Oktober 2003

In Sachen

hat die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Czinczoll als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Anspach und die ehrenamtliche Richterin Göking

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten hin wird das Schluss-Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 12.09.2002 in Sachen 6 Ca 4373/01 teilweise abgeändert und unter Berücksichtigung der Klageänderung vom 23.06.2003 wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger folgende Beträge zu zahlen:

- 3.240,99 € brutto für den Monat Mai 2000 abzüglich 517,90 € netto zuzüglich 140,09 € und 15,71 € nebst 8,42 % Zinsen auf den Gesamtdifferenzbetrag seit dem 01.06.2000;

- 7.242,87 € brutto für den Monat Juni 2000 abzüglich 1.294,74 € netto zuzüglich 140,09 € und 15,71 € nebst 8,42 % Zinsen auf den Gesamtdifferenzbetrag seit dem 01.07.2000;

- 7.242,87 € brutto für den Monat Juli 2000 abzüglich 1.337,90 € netto zuzüglich 140,09 € nebst 8,42 % Zinsen auf den Gesamtdifferenzbetrag seit dem 01.08.2000;

- 7.242,87 € brutto für den Monat August 2000 abzüglich 2.196,82 € netto zuzüglich 140,09 € und 15,71 € nebst 8,42 % Zinsen auf den Gesamtdifferenzbetrag seit dem 01.09.2000;

- 7.242,87 € brutto für den Monat September 2000 abzüglich 2.196,82 € netto zuzüglich 140,09 € und 15,71 € nebst 8,42 % Zinsen auf den Gesamtdifferenzbetrag seit dem 01.10.2000.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Bundesanstalt für Arbeit, vertreten durch den Direktor des Arbeitsamtes Düsseldorf, 3.150,54 € zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Im übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Von den Kosten des gesamten Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger - unter Einschluss der in dem Teil-Urteil des Arbeitsgerichts vom 06.09.2001 gebildeten Teilkostenquote - 42 % und die Beklagte 58 %.

Von den Kosten der Berufungsinstanz tragen der Kläger 23 % und die Beklagte 77 %.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um restliche Vergütungsansprüche des Klägers aus einem beendeten Arbeitsverhältnis.

Der am geborene Kläger war seit dem 01.12.1997 bei der späteren Gemeinschuldnerin als Assistent der Geschäftsleitung beschäftigt. Er verdiente zuletzt 14.163,33 DM brutto monatlich zuzüglich 2,50 DM Kontoführungsgebühr. Im Anstellungsvertrag war eine Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Quartalsende vereinbart. Am 28.01.2000 wurde über das Vermögen der Arbeitgeberin das Insolvenzverfahren eröffnet und die Beklagte zur Insolvenzverwalterin bestellt. Mit Schreiben vom gleichen Tage kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 30.04.2000. Hiergegen erhob der Kläger fristgerecht Kündigungsschutzklage. Mit Schreiben vom 18.04.2000 forderte die Beklagte den Kläger auf, die Schlüssel zu den Diensträumen und die Zugangsberechtigung zu seinem PC zurückzugeben. Mit der Schlussabrechnung für April 2000 gewährte die Beklagte dem Kläger u. a. eine Urlaubsabgeltung in Höhe von 7.827,00 DM brutto (= 4.001,88 €). Der Bundesanstalt für Arbeit gegenüber bescheinigte die Beklagte, dass der dem Kläger noch zustehende Urlaub, wäre er im Anschluss an das Arbeitsverhältnis noch genommen worden, bis einschließlich 19.05.2000, einem Freitag, gedauert hätte.

In der Zeit vom 20.05.2000 bis 31.07.2000 bezog der Kläger Arbeitslosengeld.

Bereits mit Anwaltschreiben vom 25.04.2000 hatte der Kläger seine Arbeitskraft über den 01.05.2000 hinaus angeboten. Mit Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 16.06.2000 (5 Ca 1351/00), bestätigt durch das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 20.03.2001 (13 Sa 1420/00), wurde die Kündigung der Beklagten vom 28.01.2000 rechtskräftig für unwirksam erklärt. Am 19.06.2000 sprach die Beklagte vorsorglich eine weitere Kündigung zum 31.07.2000 aus. Am gleichen Tage bot der Kläger erneut durch Anwaltsschreiben seine Arbeitskraft an. Darauf antwortete die Beklagte mit Schreiben vom 21.06.2000 wie folgt:

"Bitte treten Sie ab sofort ihren Dienst bei der S GmbH wieder an. Sie werden bis zum 31.07.2000 Herrn O in der straße zur Hand gehen" (Bl. 22 d.A.).

In der Folgezeit erhielt die Beklagte den Kläger betreffende ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, die den Zeitraum von Montag, dem 26.06.2000 bis einschließlich 01.08.2000 abdeckten. Mit Anwaltsschreiben vom 04.08.2000 bot der Kläger erneut seine Arbeitskraft an. Mit Schreiben vom 08.08. und 17.08.2000 (Bl. 227 f. d.A.) forderte die Beklagte den Kläger daraufhin auf, sich bei ihr zum Arbeitsantritt zu melden. Der Kläger könne noch für Abwicklungsarbeiten eingesetzt werden, insbesondere für die Abwicklung einer Firma S & Co. I GmbH, deren Liquidator der Kläger bis Anfang Mai 2000 gewesen war. Der Kläger kam dieser Aufforderung nicht nach. Im nachhinein stellte sich jedoch unstreitig heraus, dass bei der Liquidation der S & Co. I GmbH tatsächlich keine Arbeiten mehr zu erledigen waren (Schriftsatz der Beklagten vom 23.05.2003, Bl. 259 d.A.).

Mit der vorliegenden, am 26.06.2000 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hatte sich der Kläger in erster Linie gegen die Rechtswirksamkeit der vorsorglich ausgesprochenen Kündigung der Beklagten vom 19.06.2000 gewandt. Mit Teilurteil vom 06.09.2001 hat das Arbeitsgericht rechtskräftig festgestellt, dass die Kündigung der Beklagten vom 19.06.2000 zwar rechtswirksam war, das Arbeitsverhältnis aber nicht bereits zum 31.07.2000, sondern erst zum 30.09.2000 aufgelöst hat.

Für die Zeit vom 20.05. bis 31.07.2000 bezog der Kläger Arbeitslosengeld in einer Höhe von insgesamt 6.161,93 DM (= 3.150,54 €). Zum 01.08.2000 nahm der Kläger eine selbständige Tätigkeit auf. Die Bundesanstalt für Arbeit zahlte ihm auf seinen Antrag hin für die Monate August und September 2000 jeweils ein Überbrückungsgeld gemäß § 57 SGB III in Höhe von 4.296,60 DM (= 2.196,82 €) monatlich als Zuschuss.

Erstinstanzlich hat der Kläger für den Zeitraum 01.05. bis 30.09.2000 seine ungekürzten Gehälter zuzüglich des Arbeitnehmeranteils für die freiwillige Krankenversicherung und des Arbeitgeberanteils für die Pflegeversicherung geltend gemacht. Der Kläger hat ausgeführt, er habe sich über den 30.04.2000 hinaus bis zum 22.05.2000 in genehmigtem Erholungsurlaub befunden. Im übrigen habe sich die Beklagte mit der Annahme seiner Dienste in Verzug befunden. Er habe seine Arbeitskraft diverse Male angeboten, die Beklagte habe ihm jedoch keinen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.242,87 € sowie 140,09 € und 15,71 € nebst 8,42 % Zinsen seit dem 01.06.2000 zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.242,87 € sowie 140,09 € und 15,71 € nebst 8,42 % Zinsen seit dem 01.07.2000 zu zahlen;

3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.242,87 € sowie 140,09 € nebst 8,42 % Zinsen seit dem 01.08.2000 zu zahlen;

4. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.242,87 € sowie 140,09 € und 15,71 € nebst 8,42 % Zinsen seit dem 01.09.2000 zu zahlen;

5. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.242,87 € sowie 140,09 € und 15,71 € nebst 8,42 % Zinsen seit dem 01.10.2000 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat unter anderem darauf hingewiesen, dass die dem Kläger mit der Abrechnung für April 2000 gewährte Urlaubsabgeltung auf etwaige Gehaltsansprüche für spätere Zeiträume anzurechnen sei. Nach dem 01.05.2000 sei der Kläger nicht am Arbeitsplatz erschienen, obwohl sie, die Beklagte ihm entgegen seinem Vortrag für die Zeit vom 01. bis 22.05.2000 keinen Urlaub gewährt habe. Auch nach dem selbst genehmigten Urlaub sei der Kläger nicht zur Arbeitsaufnahme erschienen. Die Beklagte hat auf ihre Aufforderungsschreiben vom 21.06., 08.08. und 17.08.2000 verwiesen und die Auffassung vertreten, der Kläger habe sich nicht im Annahmeverzug befunden, bzw. es böswillig unterlassen, zumutbaren Zwischenverdienst zu erzielen.

Das Arbeitsgericht hat mit Schlussurteil vom 12.09.2002 der Zahlungsklage des Klägers uneingeschränkt stattgegeben.

Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Das Schlussurteil des ersten Rechtszuges ist der Beklagten am 03.02.2003 zugestellt worden. Sie hat hiergegen am 13.02.2003 Berufung eingelegt und diese am 31.03.2003 begründet.

Die Beklagte macht nunmehr geltend, es sei zwar richtig, dass sie mit ihren Aufforderungen an den Kläger, die Arbeit aufzunehmen, den Annahmeverzug nicht habe beenden können. Es sei dem Kläger jedoch ohne weiteres möglich und zumutbar gewesen, die von ihr angebotenen Beschäftigungen aufzunehmen. Er habe es somit böswillig unterlassen, zumutbaren Zwischenverdienst zu erzielen. Darüber hinaus sei der Kläger nicht aktiv legitimiert, soweit er im Anspruchszeitraum Leistungen des Arbeitsamtes bezogen habe. Dabei müsse sich der Kläger auch das für die Monate August und September 2000 gezahlte Überbrückungsgeld anrechnen lassen.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Schlussurteils vom 12.09.2002 in Sachen Arbeitsgericht Köln - 6 Ca 1373/01 - die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

1. unter Zurückweisung der Berufung die Beklagte zu verurteilen, an ihn

- 7.242,87 € abzüglich 517,90 € netto sowie 140,09 € sowie 15,71 € nebst 8,42 % Zinsen seit dem 01.06.2000;

- 7.242,87 € abzüglich 1.294,74 € netto sowie 140,09 € sowie 15,71 € nebst 8,42 % Zinsen seit dem 01.07.2000;

- 7.242,87 € abzüglich 1.337,90 € netto sowie 140,09 € nebst 8,42 % Zinsen seit dem 01.08.2000;

- 7.242,87 € sowie 140,09 € sowie 15,71 € nebst 8,42% Zinsen seit dem 01.09.2000;

- 7.242,87 € sowie 140,09 € sowie 15,71 € nebst 8,42 % Zinsen seit dem 01.10.2000 zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an das Arbeitsamt Düsseldorf, vertreten durch den Direktor, 3.150,54 € zu zahlen.

Mit Klageänderung vom 23.06.2003 lässt der Kläger und Berufungsbeklagte sich nunmehr die in den Monaten Mai, Juni und Juli 2000 erhaltenen Arbeitslosengelder von den an ihn zu zahlenden Beträgen abziehen und macht insoweit in gewillkürter Prozessstandschaft - gemäß Genehmigungsschreiben der Bundesanstalt für Arbeit vom 18.06.2003 (Bl. 275 d.A.) - die dementsprechenden Erstattungsforderungen der Bundesanstalt für Arbeit geltend. Dagegen ist er der Meinung, dass er sich das für die Monate August und September 2000 gezahlte Übergangsgeld nicht anrechnen lassen müsse. Überbrückungsgeld werde nicht gezahlt, weil der Arbeitgeber den Anspruch auf Arbeitsentgelt nicht erfülle. Außerdem müsse insoweit das Zuflussprinzip gelten. Den Betrag für den Monat September 2000 habe er erst nach dem 30.09.2000 erhalten.

Nachdem im Berufungsverfahren am 02.07.2003 eine mündliche Verhandlung stattgefunden hatte, der Rechtsstreit zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht entscheidungsreif war, haben beide Parteien einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO zugestimmt.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Schlussurteil vom 12.09.2002 ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft und wurde innerhalb der in § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG vorgeschriebenen Fristen eingelegt und begründet.

II. Die Berufung der Beklagten ist zum überwiegenden Teil unbegründet, teilweise jedoch auch begründet. Im einzelnen gilt folgendes:

1. Nachdem die Beklagte dem Kläger zum 30.04.2000 eine Kündigung ausgesprochen hatte, die sich im nachhinein rechtskräftig als unwirksam herausgestellt hat, befand sie sich seit dem 01.05.2000 mit der Annahme der Dienste des Klägers in Verzug. Dies gilt um so mehr, als die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 18.04.2000 aufgefordert hatte, die Schlüssel zu seinem Arbeitsplatz und die Zugangsberechtigung zu seinem Dienst-PC abzugeben. Indem der Kläger gegen die Kündigung der Beklagten fristgerecht Klage vor dem Arbeitsgericht erhoben hatte, hatte er seine Arbeitsbereitschaft über den 01.05.2000 hinaus hinreichend dokumentiert. Außerdem hatte er seine Arbeitsbereitschaft nochmals mit Schreiben vom 25.04.2000 bekräftigt. Es wäre nunmehr Sache der Beklagten gewesen, dem Kläger ab den 01.05.2000 einen den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen entsprechenden funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Dies hat sie unstreitig jedenfalls zunächst nicht getan und nach ihrem eigenen Vorbringen auch nicht tun können. Sie hat nämlich bereits erstinstanzlich vorgetragen, dass die Gemeinschuldnerin ihre Geschäfte zum 30.04.2000 beendet hatte und es seit diesem Datum Arbeitsplätze mit Leitungsfunktionen, die dem Inhalt des Arbeitsvertrages des Klägers vergleichbar gewesen wären, nicht mehr gegeben hätte.

Die Beklagte selbst hat in der Berufungsinstanz in rechtlicher Hinsicht auch nicht mehr in Abrede gestellt, dass sie sich während des Anspruchszeitraums in Annahmeverzug befunden habe.

2. Gleichwohl kann der Kläger für den Monat Mai 2000 nicht nochmals die ihm arbeitsvertraglich zustehende volle Vergütung in Höhe von 7.242,87 € zuzüglich des unstreitig geschuldeten Arbeitnehmeranteils zur freiwilligen Krankenversicherung und des Arbeitgeberanteils für die Pflegeversicherung verlangen, sondern nur einen Teil desselben.

Die Klage ist insoweit teilweise unschlüssig. Der Kläger hat nämlich nach eigenem Bekunden in der Zeit vom 01.05 bis einschließlich Freitag, dem 19.05.2000 ihm zustehenden Erholungsurlaub in Anspruch genommen, die entsprechende Urlaubsvergütung in Höhe von 7.827,00 DM brutto (= 4.001,88 €) jedoch bereits mit der Aprilabrechnung 2000 ausgezahlt erhalten. Es ist kein Grund ersichtlich, warum der Kläger diese Urlaubsvergütung doppelt in Anspruch nehmen könnte.

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Beklagte die entsprechende Vergütung in der damaligen Annahme, das Arbeitsverhältnis habe zum 30.04.2000 sein Ende gefunden, in der Aprilabrechnung als Urlaubsabgeltung bezeichnet hatte. Eine Urlaubsabgeltung hat gerade den Zweck, dass der Arbeitnehmer den von ihm erworbenen, aber während der Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht verwirklichten Urlaubsanspruch noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses in natura wahrnehmen kann. Bezeichnenderweise hatte die Beklagte der Bundesanstalt für Arbeit gegenüber bescheinigt, dass der dem Kläger damals zustehende Urlaub genau bis zum 19.05.2000 gedauert hätte, wenn er im Anschluss an das vermeintlich zum 30.04.2000 beendete Arbeitsverhältnis genommen worden wäre. Dementsprechend hat auch die Bundesanstalt für Arbeit (erst) mit Wirkung ab 20.05.2000 ihre Arbeitslosengeldzahlungen aufgenommen.

3. Unschlüssig war die Zahlungsklage von Anfang an auch insoweit, als der Kläger es erstinstanzlich versäumt hatte, die ihm im Anspruchszeitraum 20.05. bis 31.07.2000 zugeflossenen Arbeitslosengeldbeträge von seiner gegen die Beklagte gerichteten Forderung in Abzug zu bringen.

Die Vergütungsansprüche des Klägers sind nämlich bereits in Höhe des Teilbetrages des ihm zugeflossenen Arbeitslosengeldes im Zeitpunkt der Zahlung des Arbeitslosengeldes gemäß § 115 SGB IX auf die Bundesanstalt für Arbeit übergegangen. Der Kläger war insoweit nicht mehr aktivlegitimiert. In der Berufungsinstanz hat der Kläger diesem Umstand durch entsprechende Umstellung seiner Klageanträge Rechnung getragen.

Auf Grund der Ermächtigung durch die Bundesanstalt für Arbeit gemäß Schreiben vom 18.06.2003 (Bl. 275 d.A.) hat der Kläger nunmehr in zulässiger gewillkürter Prozessstandschaft die Zahlung des auf die Bundesanstalt für Arbeit übergegangenen Betrages an diese beantragt. Insoweit ist die Klage nunmehr auch begründet.

4. Für die Monate Juni und Juli 2000 steht dem Kläger sein - um den der Bundesanstalt für Arbeit zustehenden Teilbetrag gekürzter - Vergütungsanspruch unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges bzw. der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zu.

Erhebliche Einwände hat die Beklagte insoweit nicht erhoben. Insbesondere vermochte die Arbeitsaufforderung gemäß Schreiben vom Mittwoch, dem 21.06.2000 die Vergütungsansprüche des Klägers nicht zu Fall zu bringen, ohne dass es auf eine nähere rechtliche Würdigung des Inhalts dieses Schreibens ankäme. Da es sich bei dem 22.06.2000 um einen gesetzlichen Feiertag handelte, kann das Schreiben dem Kläger nicht vor Freitag, dem 23.06.2000 zugegangen sein. Nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten war der Kläger aber ab dem Zeitpunkt, ab welchem somit erstmals eine Wiederaufnahme der Arbeit auf Grund der Arbeitsaufforderung vom 21.06.2000 in Betracht gekommen wäre, nämlich ab Montag dem 26.06.2000 bis einschließlich 01.08.2000 ärztlicherseits arbeitsunfähig krank geschrieben. Konkrete Angriffe gegen die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit in diesem Zeitraum hat die Beklagte nicht vorgebracht.

5. Für die Monate August und September 2000 steht dem Kläger seine volle monatliche Vergütung zu, vermindert um das ihm von der Bundesanstalt für Arbeit für diese beiden Monate gezahlte Überbrückungsgeld nach § 57 SGB III.

a. Soweit die Beklagte gegen die Ansprüche des Klägers für August/September 2000 eingewandt hat, sie habe den Kläger im Laufe des Monats August 2000 durch mehrere Schreiben erneut zur Aufnahme bestimmter Arbeiten aufgefordert, ist auch dieses Verteidigungsvorbringen schon nach dem eigenen Vortrag der Beklagten unerheblich. Gegenstand der Arbeitsaufforderung war nämlich eine weitere Tätigkeit im Rahmen der Liquidation der Firma Sch & Co. I GmbH. Wie die Beklagte mit Schriftsatz vom 23.05.2003 einräumen musste, waren in Wirklichkeit im Rahmen dieser Liquidation jedoch keine Angelegenheiten mehr zu erledigen.

b. Entgegen der Auffassung des Klägers muss dieser sich jedoch für beide Monate das sog. Überbrückungsgeld im Sinne von § 57 SGB III anrechnen lassen.

aa. Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob auch insoweit bereits ein Anspruchsübergang im Sinne von § 115 SGB IX auf die Bundesanstalt für Arbeit stattgefunden hat, so dass der Kläger auch im Hinblick auf diese Teilbeträge seine Aktivlegitimation verloren hätte. Eine gewillkürte Prozessstandschaft, bezogen auf diese beiden Beträge, liegt unstreitig nicht vor. Hinzuweisen ist auf den engen Zusammenhang zwischen Überbrückungsgeld und Arbeitslosengeld, wie er aus § 57 Abs. 4 SGB III hervorgeht. Hätte bereits zum damaligen Zeitpunkt festgestanden, dass der Kläger sich noch bis zum 30.09.2000 in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten befand und in Folge dessen für diese Monate auch Gehaltsansprüche hatte, wäre die Zahlung von Überbrückungsgeld für die fraglichen Monate im Zweifel unterblieben.

bb. In jedem Fall muss sich der Kläger jedoch das gezahlte Überbrückungsgeld wie einen anderweitigen Verdienst entsprechend § 11 Ziffer 1 KSchG, § 615 Satz 2 BGB anrechnen lassen. Gemäß § 57 Abs. 1 SGB III setzt die Zahlung von Überbrückungsgeld die "Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit" voraus. Der Kläger konnte im Monat August 2000 eine selbständige Tätigkeit jedoch trotz des formal fortbestehenden Arbeitsverhältnisses zur Beklagten allein deshalb aufnehmen, weil er von der Beklagten nicht mehr in rechtswirksamer Form zur Arbeitsleistung herangezogen wurde. Die Situation stellt sich somit nicht anders dar als hätte der Kläger Verdienst aus einer anderweitigen Verwendung seiner Arbeitskraft bezogen, den er nicht hätte erzielen können, wenn er aus dem Hauptarbeitsverhältnis eine Arbeitsleistung hätte erbringen müssen.

cc. Fehl geht auch die Annahme des Klägers, dass eine Anrechnung des für den Monat September 2000 gezahlten Überbrückungsgeldes nicht in Betracht komme, weil ihm der entsprechende Betrag tatsächlich erst nach dem 30.09.2000 zugeflossen sei. Das aus dem Steuerrecht bekannte sog. Zuflussprinzip findet hier keine Anwendung. Es kommt vielmehr darauf an, dass der Kläger im Monat September 2000 seine Arbeitskraft in einer Weise verwertet hat - nämlich zum Aufbau einer selbständigen Tätigkeit -, die die Zahlung von Überbrückungsgeld für diesen Monat rechtfertigte.

III. Die Kostenentscheidung folgt gemäß § 92 Abs. 1 ZPO aus dem Verhältnis des beiderseitigen Obsiegens und Unterliegens, wobei nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung auch die Kosten einzubeziehen waren, die auf die Streitgegenstände des bereits rechtskräftig erledigten Teilurteils vom 06.09.2001 entfallen.

Der Zinsanspruch des Klägers folgt aus §§ 286, 288 BGB.

Ein gesetzlicher Grund für die Zulassung der Revision ist nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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