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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 17.11.2004
Aktenzeichen: 7 Sa 659/04
Rechtsgebiete: EKT, BPersVG


Vorschriften:

EKT § 10
EKT § 12
EKT Anlage 5
EKT Anlage 12
BPersVG § 75 I Nr. 2
1. Zur Abgrenzung der Begriffe Eingruppierung und Gewährung einer Zulage

2. Zur Auslegung der Regelungen über Eingruppierung und Zulagen im Ersatzkassentarifvertrag


LANDESARBEITSGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

7 Sa 659/04

Verkündet am 17. November 2004

In Sachen

hat die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 17.11.2004 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Czinczoll als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter May und Kaulertz

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 06.01.2004 in Sachen 1 Ca 4967/03 h wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Fortzahlung einer tarifvertraglich geregelten Zulage.

Der am 27.07.1956 geborene Kläger ist seit dem 01.08.1972 als Angestellter bei der beklagten E einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die E -Tarifverträge Anwendung.

Mit Wirkung zum 24.03.1995 wurde der Kläger zum Geschäftsführer der Bezirksgeschäftsstelle V ernannt, eine Position, die er kommissarisch bereits seit dem 01.11.1993 einnahm. Die Bezirksgeschäftsstelle V hatte mehr als 1800, aber weniger als 3000 Mitglieder zu betreuen. Gemäß § 10 Abs. 1 Ersatzkassentarifvertrag (EKT) in Verbindung mit dessen Anlage 5, in der die für die Eingruppierung maßgeblichen Tätigkeitsmerkmale geregelt sind, sind Bezirksgeschäftsführer von Bezirksgeschäftsstellen bis 3000 Mitgliedern in der Vergütungsgruppe 9 eingereiht. Im Zusammenhang mit den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsgruppe 9 heißt es in Anlage 5 zum EKT weiter:

" Bezirksgeschäftsführer von Bezirksgeschäftsstellen von 1801 bis 3000 Mitglieder erhalten zur Grundvergütung der Vergütungsgruppe 9 eine Zulage in Höhe der halben Aufrückungszulage der Vergütungsgruppe 10."

Verwiesen wird an dieser Stelle auf die Protokollnotiz Nummer 7 über "Zulagen für Bezirksgeschäftsführer und stellvertretende Bezirksgeschäftsführer", welche auszugsweise folgenden Wortlaut hat:

"Zulagen für Bezirksgeschäftsführer und stellvertretende Bezirksgeschäftsführer werden entsprechend der Größenordnung der Bezirksgeschäftsstellen (Mitgliederzahl) in Höhe der Aufrückungszulage der jeweils nächsthöheren Vergütungsgruppe gezahlt.

...

Die Zulage in Höhe der halben Aufrückungszulage entfällt, wenn die Mitgliederzahl jeweils am 01. von mindestens 6 aufeinander folgenden Monaten unterschritten wurde. Entfällt demnach die Vorraussetzung für den Anspruch, so endet die Zahlung mit Ablauf der Kündigungsfrist gemäß § 32 EKT. Bei Aufgabe der Tätigkeit entfällt die Zulage mit Ablauf des Monats, in dem die Tätigkeit als Bezirksgeschäftsführer/stellvertretender Bezirksgeschäftsführer endet.

Von einem Wegfall der Zulage aufgrund der Verringerung der Mitgliederzahl wird beim Bezirksgeschäftsführer und stellvertretenden Bezirksgeschäftsführer abgesehen, wenn die Verringerung der Mitgliederzahl aus organisatorischen Gründen (z. B. Ausgliederung für eine neu zu errichtende Bezirksgeschäftsstelle) erfolgt und dem Bezirksgeschäftsführer und stellvertretenden Bezirksgeschäftsführer keine mindestens für die Zahlung der Zulage entsprechende Bezirksgeschäftsstelle angeboten werden kann.

Die Zulage in Höhe der halben Aufrückungszulage ist kein Bestandteil der Grundvergütung, sie ist jedoch ruhegehaltsfähig.

..."

Unter "Aufrückungszulage" versteht das Ersatzkassen - Tarifwerk, wie aus § 12 Abs. 4 und Abs. 8 EKT folgt, denjenigen Betrag, um den sich die Grundvergütung im Falle einer Höhergruppierung, im EKT Aufrückung genannt, oder im Falle einer Rückgruppierung verändert. Gemäß § 11 EKT besteht das monatliche Gehalt aus der in § 12 EKT geregelten Grundvergütung und dem in § 13 EKT geregelten Ortsklassenzuschlag, wobei die Höhe der Grundvergütung und des Ortsklassenzuschlages in den Gehaltstabellen I und II der Anlagen 2 und 3 zum EKT (Bl. 49 ff. d. A.) festgelegt ist.

Der Kläger erhielt somit während seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Bezirksgeschäftsstelle V unter anderem die Grundvergütung der Vergütungsgruppe 9, die im April 2003 4139,43 Euro brutto betrug, sowie eine Zulage in Höhe der halben Aufrückungszulage der Vergütungsgruppe 10, welche zum selben Zeitpunkt 106,85 € brutto ausmachte (vgl. Abrechnung 4/2003 wie Bl. 8 d. A.).

Der Kläger erhielt sodann unter dem 17.02.1999 folgendes Schreiben der Beklagten:

"Änderung der Tätigkeit

Sehr geehrter Herr M ,

aufgrund der Zusammenlegung der Bezirksgeschäftsstellen 0501 V und 0535 V entfällt ihre Stelle als Bezirksgeschäftsführer. Aus diesem Grund entbinden wir Sie mit Wirkung ab 01.04.1999 von ihrer bisherigen Aufgabe als Bezirksgeschäftsführer der Bezirksgeschäftsstelle 0501 V . Leider können wir Ihnen als Ersatz gemäß § 6 Abs. 1 und 2 Anlage 12 zum EKT einen höher- oder gleichwertigen Arbeitsplatz im Vergleich zu Ihrem bisherigen Arbeitsplatz nicht anbieten, sondern gemäß § 6 Abs. 3 Anlage 12 zum EKT nur einen niedriger bewerteten Arbeitsplatz. Es handelt sich dabei um die Stelle des stellvertretenden Bezirksgeschäftsführers in der Bezirksgeschäftsstelle 0441 E .

Wir versetzen Sie zum 01.04.1999 in die Bezirksgeschäftsstelle 0441 E und übertragen Ihnen dort diese Aufgabe.

Ihre Einstufung bleibt gemäß § 8 Abs. 3 S. 1 Anlage 12 zum EKT unverändert.

Aufgrund Ihrer - im Vergleich zu Ihrer zukünftigen Tätigkeit - höherwertigen Einreihung in die Vergütungsgruppe 9 behalten wir uns vor, Sie im Rahmen der Bestimmungen des § 10 Abs. 1 EKT auf einem freien mit der Vergütungsgruppe 9 zuzüglich einer Zulage in Höhe der halben Aufrückungszulage der Vergütungsgruppe 10 bewerteten und geeigneten Arbeitsplatz einzusetzen, wenn dies in der Zukunft möglich sein sollte.

..." (Bl. 13 f d. A.).

Die in dem Schreiben vom 17.02.1999 angesprochene Versetzung wurde mit Zustimmung des Klägers am 01.04.1999 durchgeführt. Bei der Bezirksgeschäftsstelle E handelt es sich um eine solche mit bis zu 8000 Mitgliedern. Gemäß § 10 Abs. 1 EKT i. V. m. Anlage 5 zum EKT sind stellvertretende Bezirksgeschäftsführer in Bezirksgeschäftsstellen bis 8000 Mitglieder in Vergütungsgruppe 8 eingereiht.

Bei der Anlage 12 zum EKT handelt es ich um den Tarifvertrag über Rationalisierungsschutz. Dessen § 8 Abs. 3 lautet folgendermaßen:

"Erfolgt die Weiterbeschäftigung des Angestellten auf einem niedriger bewerteten Arbeitsplatz, kommt eine Rückgruppierung nur um eine Vergütungsgruppe, bei unkündbaren Angestellten gar nicht in Betracht. Im Falle einer Rückgruppierung verdoppeln sich die Fristen gemäß § 32 EKT."

Der Kläger hatte im Jahre 1999 sein 40. Lebensjahr vollendet und konnte auf eine Beschäftigungszeit von mehr als 15 Jahren bei der Beklagten zurückblicken. Der Kläger gehörte somit bereits im Jahre 1999 gemäß § 33 Abs. 1 EKT zu den unkündbaren Angestellten.

Die Beklagte zahlte an den Kläger auch nach seiner Versetzung über den 01.04.1999 hinaus nicht nur weiter die Grundvergütung gemäß Vergütungsgruppe 9, sondern auch die Zulage in Höhe der halben Aufrückungszulage der Vergütungsgruppe 10. Mit Wirkung ab 01.05.2003 stellte die Beklagte dann jedoch die Zahlung der Zulage ein. Sie informierte den Kläger hierüber mit Schreiben vom 22.04.2003 (Bl. 5 d. A.), in welchem sie darauf hinwies, dass der Kläger seit seiner Versetzung zum 01.04.1999 die tarifvertraglichen Vorraussetzungen für die Zahlung der Zulage nicht mehr erfülle und die Weiterzahlung der Zulage versehentlich erfolgt sei. Zugleich verzichtete die Beklagte auf die Rückforderung der seit dem 01.04.1999 überzahlten Bezüge.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei verpflichtet, die Zulage weiter zu zahlen. So habe die Beklagte ihm mit ihrem Schreiben vom 17.02.1999 ausdrücklich zugesagt, dass die Einstufung trotz Tätigkeitsänderung unverändert bleibe. Eine wirksame Anfechtung der in diesem Schreiben enthaltenen Erklärungen sei nicht erfolgt. Auch verstoße die Streichung der Zulage gegen § 8 Abs. 3 der Anlage 12 zum EKT. Danach komme nämlich eine Rückgruppierung bei einem unkündbaren Angestellten aus Anlass einer Rationalisierungsmaßnahme nicht in Betracht. Weiter hat sich der Kläger auf eine Regelung im Abschnitt 3.3.3/2.1 des Handbuchs für Dienstrecht und Personalwesen (DuP) berufen, welche lautete:

"Eine Versetzung eines Mitarbeiters aus dienstlichen Gründen ist auch dann zulässig und wirksam, wenn der neue Arbeitsplatz am neuen Dienstort unter Berücksichtigung der Tätigkeitsmerkmale - Anlage 5 zum EKT - geringer zu bewerten ist als der alte. Die Versetzung kann trotzdem aus dienstlichen Gründen erforderlich sein. Eine eventuelle Minderung der Gehaltsbezüge ist aus diesem Anlass nicht berechtigt."

Darüber hinaus hat der Kläger die Auffassung vertreten, die Beklagte könne sich auch nicht auf die Protokollnotiz Nr. 7 Abs. 3 S. 3 der Anlage 5 zum EKT berufen. Dort sei von "Aufgabe der Tätigkeit" die Rede. Er, der Kläger, habe die Position des Bezirksgeschäftsführer jedoch nicht aufgegeben, sondern sei von der Beklagten versetzt worden.

Der Kläger hat beantragt,

1) die Beklagte zu verurteilen, an ihn 854,80 Euro brutto (Zulage für die Monate Mai bis Dezember 2003) nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2003 zu zahlen;

2) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger mit Wirkung ab dem 01.05.2003 weiterhin die halbe Aufrückungszulage zur Vergütungsgruppe 10 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat sich auf den Standpunkt gestellt, dass seit der Versetzung des Klägers zum 01.04.1999 die tarifvertraglichen Vorraussetzungen für die Zahlung der Zulage entfallen seien. Dies folge aus Protokollnotiz Nr. 7 Abs. 3 S. 3 der Anlage 5 zum EKT. Für den Wegfall der Zulage habe es weder einer Vereinbarung noch einer Änderungskündigung bedurft. Sie, die Beklagte, habe dem Kläger die Weiterzahlung der Zulage über den 01.04.1999 hinaus weder zugesagt, noch sei hierüber eine Vereinbarung getroffen worden. Für sie als öffentlich-rechtliche Körperschaft seien allein die tarifvertraglichen Regelungen verbindlich, von denen einzelvertraglich nicht abgewichen worden sei.

Nach Meinung der Beklagten könne sich der Kläger auch nicht auf § 8 Abs.3 S. 1 der Anlage 12 zum EKT berufen. Die Eingruppierung des Klägers sei nicht verändert worden. Die Zulage in Höhe der halben Aufrückungszulage betreffe nicht die Eingruppierung, sondern stelle einen zusätzlichen Vergütungsbestandteil dar. Es gebe im Ersatzkassentarifwerk keine "halben Vergütungsgruppen". Welche Vergütungsgruppen es gebe, sei vielmehr der in Anlage 3 zum EKT abgebildeten Vergütungsgruppensystematik zu entnehmen.

Auch sei die vom Kläger zitierte Regelung gemäß Abschnitt 3.3.3/2.1 DuP nicht einschlägig. Abgesehen davon, dass der Satz in dem Handbuch nur eine Rechtsmeinung wiedergebe, beziehe er sich auch lediglich auf die allgemeine Versetzungsregelung in § 6 EKT. Die hier maßgeblichen Versetzungsregelungen der Anlage 12 zum EKT seien vielmehr dem Abschnitt 10.9 DuP zugeordnet.

Mit Urteil vom 06.01.2004 hat das Arbeitsgericht Aachen die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

Das arbeitsgerichtliche Urteil wurde dem Kläger am 18.05.2004 zugestellt. Er hat hiergegen am 08.06.2004 Berufung einlegen und diese zugleich begründen lassen.

Der Kläger wiederholt und vertieft seine erstintanzliche Rechtsmeinung. So habe das Arbeitsgericht verkannt, dass er, der Kläger, seine Tätigkeit als Bezirksgeschäftsführer nicht "aufgegeben" habe. Protokollnotiz Nr. 7 Abs. 3 S. 3 der Anlage 5 zum EKT komme somit nicht zur Anwendung.

Darüber hinaus wiederholt der Kläger seine Auffassung, dass es sich bei der streitgegenständlichen "halben Aufrückungszulage" um eine Eingruppierungsfrage handele, der Entzug der "halben Aufrückungszulage" somit dem Rückgruppierungsverbot bei unkündbaren Angestellten aus § 8 Abs. 3 der Anlage 12 zum EKT unterfalle. Hierzu beruft sich der Kläger insbesondere auf systematische Gesichtspunkte.

Dementsprechend habe die Beklagte ihm im Schreiben vom 17.02.1999 auch zugesagt, dass ihm trotz der Versetzung die halbe Aufrückungszulage der Vergütungsgruppe 10 erhalten bleibe. Das Schreiben spreche nämlich von einer unveränderten "Einstufung" und lasse an anderer Stelle erkennen, dass die Beklagte bei Abfassung des Schreibens die halbe Aufrückungszulage auch keineswegs "vergessen" habe.

Unter Erweiterung des Zahlungsantrags auf den Zeitraum bis einschließlich Juni 2004 beantragt der Kläger und Berufungskläger nunmehr,

das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen - 1 Ca 4987/03 h - vom 06.01.2004 zu ändern und

1) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.495,90 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 31.12.2003 zu zahlen;

2) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger mit Wirkung ab 01.05.2003 weiterhin die halbe Aufrückungszulage zur Vergütungsgruppe 10 zu zahlen.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Auch die Beklagte und Berufungsbeklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und verteidigt die Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils. Insbesondere sei Protokollnotiz Nr. 7 Abs. 3 S. 3 der Anlage 5 zum EKT anzuwenden. Wenn dort von "Aufgabe" die Rede sei, bedeute dies nach dem allgemeinen Wortlaut und Sprachverständnis lediglich das Aufgeben, den Verzicht, die Schließung bzw. das Aufhören mit etwas. Allein dieses Verständnis mache Sinn; denn es gebe bei Beendigung der Tätigkeit, für die die Zulage gedacht ist, keinen Grund für die Weiterzahlung der Zulage.

Zutreffend habe das Arbeitsgericht auch erkannt, dass die Zahlung der Zulage nicht die Eingruppierung betrifft und somit auch nicht dem Rückgruppierungsverbot des § 8 Abs. 3 der Anlage 12 zum EKT unterfalle. Schließlich verkenne die Berufung auch die Tragweite des Schreibens vom 17.02.1999.

Ergänzend beruft sich die Beklagte und Berufungsbeklagte für ihren Rechtsstand nunmehr auf die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 23.09.2004 in Sachen 11 (10) Sa 1125/04.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft und wurde gemäß § 66 Abs. 1 ArbGG fristgerecht eingelegt und begründet.

II. Die Berufung des Klägers konnte jedoch keinen Erfolg haben. Das Arbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zurecht abgewiesen und seine Entscheidung mit zutreffenden Erwägungen begründet. Zusammenfassend und ergänzend gilt aus der Sicht der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht das Folgende:

1. Der Kläger hat für die Zeit ab 01.05.2003 keinen Rechtsanspruch mehr auf Zahlung der "Zulage in Höhe der halben Aufrückungszulage der Vergütungsgruppe 10", wie sie in § 10 Abs. 1 EKT i. V. m. den Regelungen über die Vergütungsgruppe 9 in der Anlage 5 zum EKT geregelt ist.

a. Die tarifvertraglichen Vorraussetzungen, unter denen dem Kläger eine solche Zulage zustand, sind bereits mit seiner Versetzung auf die Position eines stellvertretenden Bezirksgeschäftsführers der Bezirksgeschäftsstelle E entfallen. Der Kläger ist seitdem stellvertretender Bezirksgeschäftsführer einer Bezirksgeschäftsstellen bis 8000 Mitglieder und übt somit eine Tätigkeit aus, die gemäß Anlage 5 zum EKT in die Vergütungsgruppe 8 eingereiht ist. Eine Zulage in Höhe der halben Aufwirkungszulage der Vergütungsgruppe 10, wie hier vom Kläger gefordert, ist für solche stellvertretenden Bezirksgeschäftsführer im Tarifvertrag nicht vorgesehen.

b. Zurecht ist das Arbeitsgericht auch nicht der Ansicht des Klägers gefolgt, dass sich sein Anspruch auf Weiterzahlung der Zulage aus § 8 Abs. 3 S. 1 der Anlage 12 zum EKT ergebe. Die Anwendbarkeit dieser Vorschrift zu Gunsten des Klägers setzte voraus, dass es sich bei der Streichung der Zulage um eine "Rückgruppierung" handelte, die nach der besagten Vorschrift bei unkündbaren Angestellten wie dem Kläger nicht in Betracht kommt. Die Zahlung einer "Zulage in Höhe der halben Aufrückungszulage der Vergütungsgruppe 10", die der Kläger in seiner Eigenschaft als Bezirksgeschäftsführer der Bezirksgeschäftsstelle V tarifvertraglich beanspruchen konnte, ist jedoch rechtstechnisch gesehen nicht Gegenstand der Eingruppierung des Klägers. Die Streichung der Zulage stellt demnach auch keine Rückgruppierung dar.

aa. Der Wortlaut der tarifvertraglichen Vorschriften ist zur Überzeugung des Berufungsgerichts insoweit eindeutig und hat Vorrang vor etwaigen systematischen Erwägungen. Dies gilt umso mehr, als die vom Kläger angeführten systematischen Argumente nur geringes Gewicht haben.

Schon nach dem allgemeinen gesetzestechnischen und (arbeits-) rechtlichen Sprachgebrauch erscheinen die Begriffe Eingruppierung und Zulage nicht kompatibel: Die Eingruppierung bezieht sich stets auf die Ansiedlung der Grundvergütung an einer bestimmten Stelle eines abstrakt-generellen Bewertungsschemas. Eine Zulage bezeichnet dem gegenüber per definitionem einen Vergütungsbestandteil, der über die Grundvergütung hinaus geht. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat in seiner Entscheidung vom 23.09.2004 - 11 (10 ) Sa 1125/04 - zutreffend darauf hingewiesen, dass der Begriff der Rückgruppierung z. B. in § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG verwendet wird und darunter gerade nicht der Widerruf oder die Absenkung einer Zulage verstanden wird.

bb. Gerade auch der Wortlaut des Ersatzkassen-Tarifwerks stellt eindeutig und unmissverständlich klar, dass die Eingruppierung, insbesondere die Rückgruppierung die Grundvergütung betrifft und Zulagen hiervon streng zu unterscheiden sind. Dabei ist lediglich die Besonderheit zu beachten, dass das Tarifwerk den Unterschiedsbetrag zwischen den Grundvergütungen der einzelnen Vergütungsgruppen, der sich bei einer Höher- bzw. Rückgruppierung rechnerisch ergibt, als "Aufrückungszulage" bezeichnet. Dieser Begriff der "Aufrückungszulage" ist somit streng von dem Begriff der Zulage im rechtstechnischen Sinne zu unterscheiden, wie er im allgemeinen im Arbeitsrecht, aber auch ansonsten in dem Ersatzkassen-Tarifwerk verwendet wird. So handelt es sich nach dem Wortlaut der Anlage 5 zum EKT bei der hier streitgegenständlichen Zulage eben gerade nicht um "die halbe Aufrückungszulage", sondern explizit um "eine Zulage in Höhe der halben Aufrückungszulage".

cc. Entscheidend ist, dass es sich bei der hier streitigen Zulage somit um einen echte Zulage im rechtstechnischen Sinne handelt, also einen Vergütungsbestandteil zusätzlich zu der Grundvergütung, während die "Eingruppierung" und insbesondere die "Rückgruppierung", wie sie in § 8 Abs. 3 S. 1 der Anlage 12 zum EKT erwähnt wird, nur Veränderungen der Grundvergütung selbst betrifft. Dies wird besonders deutlich, wenn man § 12 Abs. 8 S. 1 EKT und die Protokollnotiz Nr. 7 Abs.5 1. Halbsatz der Anlage 5 zum EKT gegenüberstellt. § 12 Abs. 8 S. 1 EKT lautet:

"Bei einer Rückgruppierung verringert sich die bisherige Grundvergütung um die Aufrückungszulage der bisherigen Vergütungsgruppe".

Demgegenüber heißt es in Protokollnotiz Nr. 7 Abs. 5 1. Halbsatz zur Anlage 5 zum EKT: "Die Zulage in Höhe der halben Aufrückungszulage ist kein Bestandteil der Grundvergütung..."

dd. Die vom Kläger angeführten systematischen Argumente scheinen demgegenüber nicht erheblich. Es trifft zwar zu, dass die hier in Rede stehende Zulage in Anlage 5 zum EKT im unmittelbaren Zusammenhang mit den für die Eingruppierung maßgeblichen Tätigkeitsmerkmalen geregelt ist und dass § 10 EKT, dessen Abs. 1 auf die Anlage 5 verweist, die Überschrift "Eingruppierung" trägt. Bei der hier in Rede stehenden Zulage handelt es sich richtigerweise um eine sogenannte Funktionszulage (ebenso LAG Düsseldorf a. a. O.). Eine Funktionszulage stellt eine Vergütung für eine herausgehobene Tätigkeit dar, die den Tätigkeitsmerkmalen der nächsthöheren Vergütungsgruppe nicht entspricht, mit der Grundvergütung der innegehabten Vergütungsgruppe jedoch nicht angemessen bezahlt ist (LAG Düsseldorf a. a. O. im Anschluss an BAG NZA 1997, 324 f). Gerade bei derartigen Funktionszulagen erscheint es weder überraschend, noch unüblich, wenn sie aufgrund ihres Sachzusammenhangs mit Eingruppierungsfragen räumlich an gleicher Stelle geregelt werden. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Funktionszulage eine Zulage im rechtstechnischen Sinne bleibt und von der Eingruppierung selbst streng zu unterscheiden ist.

ee. Dies haben die Tarifvertragsparteien offensichtlich auch bewusst so gewollt. Anderenfalls hätte nämlich nichts näher gelegen, als diejenigen Vorraussetzungen, die für den Anspruch auf Zahlung "einer Zulage in Höhe der halben Aufrückungszulage" aufgestellt worden sind, als Tätigkeitsmerkmale einer eigenen Vergütungsgruppe zu bezeichnen. Da die Tarifvertragsparteien dies gerade nicht getan haben, macht es keinen Sinn, die von ihnen geregelte "Zulage in Höhe der halben Aufrückungszulage" im Wege der Auslegung in ein Eingruppierungsmerkmal umzudeuten.

ff. Und was schließlich § 10 EKT angeht, so belegt der Inhalt von dessen Absätzen 2 - 4 gerade besonders deutlich, wie diffizil der Tarifvertrag zwischen einer Höhergruppierung und der Gewährung einer Zulage zu unterscheiden weiß.

c. Aus Ziffer 3.3.3/2.1 DuP kann der Kläger einen Rechtsanspruch auf Fortzahlung der hier streitigen Zulage ebenfalls nicht herleiten. Es kann dahingestellt bleiben, welcher Rechtscharakter dem Inhalt des Handbuchs über Dienstrecht und Personalwesen (DuP) überhaupt zukommt. Die Beklagte hat nämlich schon erstinstanzlich darauf hingewiesen, dass für Versetzungen nach dem Tarifvertrag über Rationalisierungsschutz (Anlage 12 zum EKT) nicht der vom Kläger erstinstanzlich zitierte Abschnitt des DuP, sondern dessen Abschnitt 10.9 einschlägig ist.

d. Auch aus der Protokollnotiz Nr. 7 Abs. 4 der Anlage 5 zum EKT kann der Kläger nichts für sich herleiten. Protokollnotiz Nr. 7 Abs. 4 regelt einen anderen Fall als hier gegeben, nämlich denjenigen, dass der bisherige Arbeitsplatz erhalten bleibt, aber aus organisatorischen Gründen so verändert wird, dass die Vorraussetzungen für die Zahlung der Zulage wegfallen. Vorliegend hat der Kläger seinen bisherigen Arbeitsplatz, an dem die tarifvertraglichen Vorraussetzungen für die Zahlung der streitigen Zulage begründet worden waren, aber gerade aufgeben müssen.

e. Auch eine entsprechende Anwendung der Protokollnotiz Nr. 7 Abs. 4 der Anlage 5 zum EKT scheidet aus. Eine Lücke im tariflichen Regelungswerk, die durch eine entsprechende Anwendung von Protokollnotiz Nr. 7 Abs. 4 geschlossen werden müsste und könnte, liegt nämlich nicht vor; denn die Tarifvertragsparteien haben in Protokollnotiz Nr. 7 Abs. 3 S. 3 sogar ausdrücklich geregelt, was zu geschehen hat, wenn die Tätigkeit, die die Vorraussetzungen für die Zahlung der Zulage erfüllt hat, aufgegeben wird. Gemäß Protokollnotiz Nr. 7 Abs. 3 S. 3 entfällt nämlich die Zulage bei Aufgabe der Tätigkeit mit Ablauf des Monats, in dem die Tätigkeit als Bezirksgeschäftsführer/stellvertretender Bezirksgeschäftsführer endet. Auch dies hat bereits das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.

Dabei kann dem Kläger nicht darin gefolgt werden, dass eine "Aufgabe der Tätigkeit" in diesem Sinne in seinem Fall nicht vorliege. Die Formulierung "Aufgabe der Tätigkeit" ist hier vielmehr zwanglos im allgemeinen und neutralen Sinne mit der Beendigung der Tätigkeit als solcher gleichzusetzen (ebenso LAG Düsseldorf a. a. O.). Für die enge Auslegung des Klägers, wonach in Protokollnotiz Nr. 7 Abs. 3 S. 3 nur eine Aufgabe der Tätigkeit aus Initiative des Arbeitnehmers gemeint sei, finden sich nicht genügend Anhaltspunkte. Die allgemeine Formulierung "Aufgabe der Tätigkeit" lässt vielmehr offen, auf wessen Initiative die Tätigkeit aufgegeben wurde und ob dies freiwillig oder gezwungenermaßen erfolgte. Auch der Kläger musste zum 31.03.1999, wenn auch durch die Beklagte veranlasst, seine Tätigkeit als Bezirksgeschäftsführer in V einstellen und damit aufgeben.

2. Der Kläger kann den Anspruch auf Fortzahlung der Zulage schließlich auch nicht auf eine einzelvertragliche Zusage der Beklagte stützen, die über die tariflichen Regelungen hinausgeht.

a. Eine solche Zusage kann insbesondere dem Schreiben der Beklagten vom 17.02.1999 nicht entnommen werden. An die in dem Schreiben enthaltene Zusage, wonach "Ihre Einstufung gemäß § 8 Abs. 3 S.1 Anlage 12 zum EKT unverändert bleibt", hat sich die Beklagte gehalten. Wie aus den obigen Ausführungen folgt, betrifft die Fortzahlung der hier streitigen Zulage gerade nicht die Eingruppierung bzw. - synonym - die "Einstufung" oder auch "Einreihung". Dass der Kläger jedoch weiterhin und auch über den 01.05.2003 hinaus in die Vergütungsgruppe 9 eingestuft bleibt und die dieser Eingruppierung entsprechende Grundvergütung bezieht, ist unstreitig.

b. Abgesehen davon ist bei der Auslegung des Schreibens vom 17.02.1999 zu beachten, dass es sich bei der Beklagten um einen Arbeitgeber des öffentlichen Rechts handelt. Bei einem solchen ist im Zweifel davon auszugehen, dass er mit seinem Handeln lediglich den Normvollzug gesetzlicher und tarifvertraglicher Vorgaben bewirken will. Für die Annahme, ein solcher Arbeitgeber wolle eine einzelvertragliche Zusage machen, die den öffentlichen Haushalt über das gesetzlich und tarifvertraglich vorgeschriebene Maß hinaus belastet, bedarf es eindeutiger Indizien, die hier nicht vorliegen. Selbst wenn dem Wortlaut des Schreibens vom 17.02.1999, was nicht der Fall ist, die Ankündigung entnommen werden könnte, dass auch hier die streitige Zulage über den 01.04.1999 hinaus fortgezahlt werden sollte, so handelte es sich dabei im Zweifel - und auch für den Kläger als einen langjährig beschäftigten Arbeitnehmer eines öffentlichen Arbeitgebers erkennbar - lediglich um den Ausdruck einer Rechtsmeinung über den Inhalt der tarifvertraglichen Verpflichtungen und nicht um eine darüber hinausgehende Willenserklärung.

c. Schon aus den genannten Gründen kann auch aus dem Umstand, dass die Beklagte dem Kläger die streitige Zulage in der Folgezeit noch 4 Jahre lang ohne tarifvertraglichen Anlass gezahlt hat, keine konkludente, rechtsverbindlich gemeinte übertarifliche Zulagenzusage entnommen werden.

3. Befand sich die Beklagte aber lediglich über die tariflichen Vorraussetzungen für die Zahlung der Zulage im Rechtsirrtum, so durfte sie die Zahlung einstellen, nachdem sie ihren Rechtsirrtum erkannte, ohne dass es hierzu einer Änderungskündigung bedurft hätte.

III. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 ZPO.

Gegen die vorliegende Entscheidung war für den Kläger die Revision zuzulassen. Dies ergibt sich zum einen aus § 72 Abs. 2 Nr.1 ArbGG, wobei die Rechtssache die Auslegung eines Tarifvertrags betrifft, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk des Landesarbeitsgerichts Köln hinaus erstreckt. Zum andern erscheint die Zulassung der Revision zur Vermeidung potentiell divergierender Endentscheidungen notwendig, nachdem auch das Landesarbeitsgericht Düsseldorf im Parallelverfahren 11 (10) 1125/04 die Revision zugelassen hat.

Ende der Entscheidung

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