Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 20.03.2002
Aktenzeichen: 7 Sa 990/01
Rechtsgebiete: BetrVG, MTV Einzelhandel NRW


Vorschriften:

BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 1
MTV Einzelhandel NRW § 22 Abs. 3
1. § 22 Abs. 3 MTV Einzelhandel NRW verpflichtet den Arbeitgeber, selbst und auf eigene Kosten für die Reinigung und Instandhaltung einer von ihm eingeführten und in seinem Eigentum verbleibenden sog. Image-Kleidung zu sorgen. Diese Verpflichtung kann auch nicht durch Betriebsvereinbarung ganz oder teilweise auf die Arbeitnehmer abgewälzt werden.

2. Das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG begründet nicht die Kompetenz zur Regelung der Frage, wer in welchem Umfang die Kosten der Reinigung und Instandhaltung einer vom Arbeitgeber eingeführten und in seinem Eigentum verbleibenden sog. Image-Kleidung zu tragen hat (Anschluss an BAG AP Nr. 20 zu § 87 BetrVG 1972 Ordnung des Betriebes).


LANDESARBEITSGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 7 Sa 990/01

Verkündet am: 20.03.2002

In dem Rechtsstreit

hat die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 20.03.2002 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Czinczoll als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Zerlett und Wallau

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen die Urteile des Arbeitsgerichts Aachen in Sachen 8 Ca 826/00 d und 8 Ca 827/00 d vom 17.05.2001 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Frage, ob die Klägerinnen verpflichtet sind, die von ihnen nach Weisung der Beklagten getragene sog. Image-Kleidung selbst zu reinigen.

Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz, die erstinstanzlich gestellten Klageanträge sowie die Gründe, die das Arbeitsgericht dazu bewogen haben, den Klagen stattzugeben, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe der gleich lautenden Urteile des Arbeitsgerichts Aachen vom 17.05.2001 in den seinerzeit noch unverbundenen Ausgangsrechtsstreitigkeiten 8 Ca 826/00 d und 8 Ca 827/00 d Bezug genommen. Ferner wird Bezug genommen auf die vom Arbeitsgericht eingeholten Auskünfte der Tarifvertragsparteien, nämlich auf die Stellungnahme des L des h Einzelhandels vom 30.03.2001 und des E W vom 04.04.2001, der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft vom 19.04.2001 und schließlich der Deutschen A L N W vom 03.05.2001.

Die arbeitsgerichtlichen Urteile wurden der Beklagten am 30.07.2001 zugestellt. Sie hat hiergegen am 29.08.2001 Berufung eingelegt und die Berufungen nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 29.10.2001 am 26.10.2001 begründet. Das Berufungsgericht hat mit Beschluss vom 23.11.2001 die beiden Ausgangsverfahren zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Wie die Parteien in der Berufungsinstanz übereinstimmend klargestellt haben, wurde die erstinstanzlich in den Vordergrund gestellte Gesamtbetriebsvereinbarung Berufskleidung vom 14.06.1999 durch die Gesamtbetriebsvereinbarung Berufskleidung vom 01.11.1999 abgelöst. Die Gesamtbetriebsvereinbarung Berufskleidung vom 01.11.1999 enthält, soweit für den vorliegenden Fall von Bedeutung, auszugsweise folgende Regelungen:

"2.2 ...

Bei der Einführung der Berufsbekleidung kann jede/r Mitarbeiter/Mitarbeiterin wählen zwischen der Ausstattung mit der jeweiligen kompletten Berufsbekleidung nach Ziffer 2.6 und der einfachen Ausstattung mit Kitteln. Dabei werden die Kittel nach Wahl des/der Mitarbeiter/in entweder persönlich zugeordnet oder aus dem Pool zur Verfügung gestellt.

...

2.3 Reinigung

2.3.1 Nachfolgend genannte Kleidungsstücke werden vom Mitarbeiter auf eigene Kosten selbst gereinigt:

- Poloshirt (alle Farben) - Bluse/Hemd - Jeansbluse/-hemd - Sweatshirt/-jacke/-weste - Strickjacke/-weste - Kittel, soweit persönlich zugeordnet (alle Farben)

...

2.3.2 Die Kosten der Einigung der vorgenannten Kleidungsstücke werden dem/der Mitarbeiter/in jährlich pauschal in Höhe von 500,00 DM erstattet. Die Erstattung erfolgt in Form von zwei Warengutscheinen a DM 250, ausgegeben jeweils im Monat Januar und im Monat Juli eines Kalenderjahres für die jeweils vorangegangenen sechs Kalendermonate. ...

...

2.3.3 Die pauschale Erstattung der Reinigungskosten und mithin die Ausgabe der Warengutscheine kommt nur dann zum Tragen, wenn im einzelnen Markt eine örtliche Betriebsvereinbarung Berufsbekleidung abgeschlossen wird, die eine Tragepflicht der Berufsbekleidung inklusive Namensschild mit der Aufschrift "r ,- Anrede, Name" regelt, und wenn die Berufskleidung inklusive dem vorgenannten Namensschild auch tatsächlich getragen wird.

...

2.5 Der Anspruch auf Zurverfügungstellung der oben genannten Berufsbekleidung sowie auf Erstattung der Reinigungskosten gemäß Ziffer 2.3.2 entsteht erstmalig nach einer ununterbrochenen Betriebszugehörigkeit von mehr als sechs Monaten. Neu eintretenden Mitarbeitern werden bis zum Ablauf der Wartezeit Kittel durch den Arbeitgeber gestellt und gereinigt. Bis zum Ablauf dieser sechsmonatigen Wartezeit haben neu eintretende Mitarbeiter/innen die endgültige Wahl zu treffen zwischen der Ausstattung mit der kompletten Berufsbekleidung nach Ziffer 2.6 und der einfachen Ausstattung mit Kitteln ...

...

5. Geltungsdauer

Die Laufzeit dieser Vereinbarung ist befristet bis zum 31.12.2001. ...

Die Vereinbarung entfaltet keine Nachwirkung. ..."

Auf den vollständigen Text der Gesamtbetriebsvereinbarung Berufskleidung vom 01.11.1999 (Bl. 141 - 143 d. A.) wird ergänzend Bezug genommen.

Unter dem 25.01.2001 schlossen der örtliche Betriebsrat des D R -M , in welchem die beiden Klägerinnen beschäftigt sind, mit der örtlichen Arbeitgebervertretung "in Ergänzung zur Gesamtbetriebsvereinbarung Berufskleidung vom 01.11.1999" eine Betriebsvereinbarung Berufskleidung, in der u. a. folgendes geregelt ist:

1. Die Betriebsvereinbarung gilt für alle Mitarbeiter/innen des W ...

2. Jede/r Mitarbeiter/in ist verpflichtet, die ihm/ihr vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellte Berufskleidung inklusive Namensschild mit der Aufschrift "r ,-, Anrede, Name" zu tragen.

...

5. Die Laufzeit dieser Betriebsvereinbarung ist befristet bis zum 31.12.2001. ...

Die Betriebsvereinbarung entfaltet keine Nachwirkung."

Auf den vollständigen Text auch dieser örtlichen Betriebsvereinbarung Berufskleidung wird ebenfalls Bezug genommen (Bl. 140 d. A.).

Die in der Fünf-Tage-Woche beschäftigten Klägerinnen erhielten in der Zeit von Juli 1999 bis Dezember 2000 auf Grund der Gesamt- betriebsvereinbarung vom 14.06.1999 die dort als Reinigungskostenpauschale vorgesehenen 10,00 DM brutto monatlich. Seit dem 01.01.2001 wird im D Betrieb die Gesamtbetriebsvereinbarung vom 01.11.1999 und die örtliche Betriebsvereinbarung vom 25.01.2001 praktiziert. Seit dem Vorliegen der erstinstanzlichen Entscheidung tragen die Klägerinnen jedoch die Imagekleidung nicht mehr, weil die Beklagte sich nicht bereit erklärte, die Reinigung der gesamten Imagekleidung (also auch einschließlich der Blusen) zu übernehmen. Die Klägerinnen tragen seitdem ausschließlich ihre persönliche Kleidung im Betrieb.

Nach unwidersprochen gebliebener Darstellung der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht wird die Gesamtbetriebsvereinbarung Berufskleidung vom 01.11.1999 auf Grund einer von Arbeitgeber und Gesamtbetriebsrat unterzeichneten Protokollnotiz über den 31.12.2001 hinaus bis längstens 31.08.2003 weiter praktiziert.

Die Beklagte und Berufungsklägerin hält an ihrer erstinstanzlichen Rechtsauffassung fest, welche für die Gesamtbetriebsvereinbarung vom 01.11.1999 und die D Betriebsvereinbarung vom 25.01.2001 in gleicher Weise Gültigkeit habe wie für die Gesamtbetriebsvereinbarung vom 14.06.1999. Insbesondere ist die Beklagte und Berufungsklägerin weiterhin der Auffassung, dass § 22 Abs. 3 MTV Einzelhandel NRW gegenüber den Regelungen über die Reinigungspflicht und Kostenerstattung der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 01.11.1999 keine Sperrwirkung im Sinne des § 77 Abs. 3 BetrVG entfalte. § 22 Abs. 3 MTV enthalte lediglich die Regelung, dass sich der Arbeitgeber um Reinigung und Instandhaltung der Berufskleidung zu kümmern habe. Damit sei weder der Kostenaspekt noch die Frage angesprochen, wer die Reinigung tatsächlich durchzuführen habe. Für diese Auffassung spreche auch die Tarifgeschichte; denn § 17 Abs. 2 MTV Einzelhandel NRW 1979 habe, bezogen auf die damals allein relevante Schutzbekleidung, folgendes geregelt: "Sie bleibt Eigentum des Arbeitgebers, der auch die Kosten der Reinigung übernimmt". Da in der Nachfolgeregelung gerade nicht mehr formuliert worden sei, dass der Arbeitgeber auch weiterhin die Kosten der Reinigung übernehme, sei davon auszugehen, dass die Tarifparteien diesen Punkt bewusst nicht mehr hätten regeln wollen und auf Betriebsebene Regelungsspielräume hätten eröffnen wollen.

Die Beklagte und Berufungsklägerin hält auch daran fest, dass die in den Gesamtbetriebsvereinbarungen Berufskleidung vorgesehenen Entschädigungen für den Reinigungsaufwand der Arbeitnehmer bei weitem ausreichten, um die tatsächlichen Kosten abzudecken. Ferner ist die Beklagte und Berufungsklägerin der Auffassung, dass die Entscheidung des BAG vom 01.12.1992, 1 AZR 260/92, für die vorliegend zu beurteilenden Rechtsfragen nicht einschlägig sei.

Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,

unter Aufhebung der Urteile des Arbeitsgerichts Aachen vom 17.05.2001, 8 Ca 826/00 d und 8 Ca 827/00 d, die Klagen abzuweisen.

Die Klägerinnen und Berufungsbeklagten beantragen,

die Berufung der Beklagten kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Klägerinnen bleiben in Übereinstimmung mit dem arbeitsgerichtlichen Urteil bei ihrer Meinung, dass § 22 Abs. 3 MTV Einzelhandel NRW eine abschließende tarifvertragliche Regelung enthalte, wonach der Arbeitgeber nicht nur die Kosten der Reinigung und Instandhaltung der von ihm eingeführten Image-Kleidung zu tragen habe, sondern auch selbst für die tatsächliche Durchführung der Reinigung und Instandhaltung zu sorgen habe, ohne befugt zu sein, diese wiederum auf die Arbeitnehmer/-innen abzuwälzen. Schon deshalb sei die entgegenstehende Regelung der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 01.11.1999 gemäß § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam. Darüber hinaus vertreten die Klägerinnen die Auffassung, dass der entsprechende Regelungsgegenstand ohnehin nur durch die örtlichen Betriebsräte, nicht aber per Gesamtbetriebsvereinbarung hätte geregelt werden können. Die örtliche Betriebsvereinbarung vom 25.01.2001 enthalte aber selbst keine deutliche und konkrete Regelung im Hinblick auf die Übernahme der Reinigung und Kostentragung von Image-Kleidung.

Die Klägerinnen bleiben auch weiterhin bei ihrer Behauptung, dass ihnen durch die wöchentliche Reinigung von fünf Dienst-Blusen eine Kostenbelastung von 1.948,50 DM jährlich entstünde, so dass auch schon die tatsächlichen Kosten durch die von der Beklagten erbrachten Entschädigungsleistungen bei weitem nicht aufgefangen würden. Die Klägerinnen stellen aber weiterhin auch klar, dass es ihnen nicht um den Umfang der Kostenübernahme gehe, sondern darum, dass sie die von der Beklagten gestellte Arbeitskleidung nicht selbst reinigen müssten.

Ergänzend wird auf den vorgetragenen Inhalt der beiderseits zu den Akten gereichten Schriftsätze im Berufungsverfahren sowie das Sitzungsprotokoll vom 20.03.2002 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung der Beklagten gegen die arbeitsgerichtlichen Urteile vom 17.05.2001 ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft und wurde gemäß §66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG a. F. fristgerecht eingelegt und begründet.

II. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Arbeitsgericht hat in seinen gleich lautenden Urteilen vom 17.05.2001 zu Recht festgestellt, dass die Klägerinnen nicht verpflichtet sind, die von der Beklagten gestellte sog. Image-Kleidung selbst zu reinigen.

1. Zunächst ist vorauszuschicken, dass nach dem Verständnis des Berufungsgerichts die Gesamtbetriebsvereinbarung Berufskleidung vom 01.11.1999 und ihr folgend die D Betriebsvereinbarung Berufskleidung vom 25.01.2001 zwischenzeitlich nicht mit Ablauf des Zeitraums, für den diese Betriebsvereinbarungen ursprünglich abgeschlossen wurden, nämlich zum 31.12.2001, außer Kraft getreten sind, sondern mit Billigung der jeweiligen Betriebsvertretungen einstweilen weiterhin Gültigkeit haben sollen und praktiziert werden.

a. Zwar liegt der für die Beurteilung des zur Entscheidung gestellten Streitgegenstands maßgebliche Zeitpunkt nach dem 31.12.2001; denn da die Klägerinnen eine sich in die Zukunft erstreckende Feststellung begehren, kommt es insoweit auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung an. In der mündlichen Verhandlung vom 20.03.2002 haben die Vertreter der Beklagten jedoch, ohne dass die Klägerinnen dem widersprochen hätten, mitgeteilt, dass zwischenzeitlich eine Regelungsabrede zwischen Gesamtbetriebsrat und Arbeitgeber in Form einer Protokollnotiz getroffen wurde, wonach die Gesamtbetriebsvereinbarung Berufskleidung vom 01.11.1999 bis längstens 31.08.2003 weiter praktiziert werden solle. Hierin liegt die zulässige Vereinbarung einer Nachwirkung dieser Gesamtbetriebsvereinbarung, die nach deren ursprünglichen Wortlaut zunächst nicht vorgesehen war.

b. Das Berufungsgericht geht davon aus, dass Entsprechendes auch für die die Gesamtbetriebsvereinbarung vom 01.11.1999 umsetzende D Betriebsvereinbarung vom 25.01.2001 zu gelten hat. Die Parteien haben Gegenteiliges nicht vorgetragen, obwohl hierzu aller Anlass bestanden hätte, nachdem die Weitergeltung der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 01.11.1999 ausdrücklich angesprochen worden war. Der unwidersprochen gebliebene Sachvortrag der Beklagten über die Weitergeltung der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 01.11.1999 war vielmehr so zu verstehen, dass sich an den der Beurteilung des Streitgegenstands zu Grunde zu legenden Verhältnissen einstweilen nichts geändert habe. Insbesondere hat die Beklagte auch nicht etwa erkennen lassen, dass sie seit dem 01.01.2002 die Klägerinnen nicht mehr für verpflichtet hält, die eingeführte Image-Kleidung zu tragen.

c. Dabei kann es letztlich dahingestellt bleiben, ob es betriebsverfassungsrechtlich in den Kompetenzbereich des jeweiligen örtlichen Betriebsrats oder des Gesamtbetriebsrats fällt, daran mitzuwirken, eine vom Arbeitgeber gewünschte Kleiderordnung über das Tragen von Image-Kleidung bei der Arbeit aufzustellen. Vorliegend bilden nämlich nach dem Willen der Betriebspartner die Gesamtbetriebsvereinbarung Berufskleidung vom 01.11.1999 und die D Betriebsvereinbarung Berufskleidung vom 25.01.2001 eine Einheit: Ziffer 2.3.3 der Gesamtbetriebsvereinbarung verweist hinsichtlich der Verpflichtung zum Tragen der Berufskleidung und der Geltung der in Ziffer 2.3.2 vorgesehenen Kostenerstattungsregelung ausdrücklich auf den jeweiligen Abschluss einer örtlichen Betriebsvereinbarung Berufsbekleidung und andererseits wurde die D Betriebsvereinbarung Berufsbekleidung ausdrücklich als Ergänzung zur Gesamtbetriebsvereinbarung Berufskleidung abgeschlossen. Damit sind durch einen Akt des örtlichen Betriebsrates auch die Regelungen der Gesamtbetriebsvereinbarung in den örtlichen Regelungsstandard transformiert worden.

2. Soweit Ziffer 2.3 der Gesamtbetriebsvereinbarung Berufskleidung in Verbindung mit Ziffern 2 und 3 der D Betriebsvereinbarung Berufskleidung vom 25.01.2001 vorschreibt, dass jede/r Mitarbeiter/in verpflichtet ist, die in Ziffer 2.3.1 der Gesamtbetriebsvereinbarung Berufskleidung vom 01.11.1999 aufgeführten Kleidungsstücke selbst zu reinigen und hierfür gemäß Ziffer 2.3.2 der Gesamtbetriebsvereinbarung Berufskleidung eine Kostenerstattung in Form von Warengutscheinen erhält, ist die betriebsverfassungsrechtliche Regelung rechtsunwirksam. Sie verstößt, wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, gegen die Regelung des § 77 Abs. 3 BetrVG in Verbindung mit § 22 Abs. 3 MTV Einzelhandel NRW. Überdies ist die in Ziffer 2.3.2 der Gesamtbetriebsvereinbarung enthaltene Kostenerstattungsregelung nicht vom Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats und/oder Gesamtbetriebsrats nach § 87 Abs. 1 Ziffer 1 BetrVG gedeckt. Weder dem örtlichen D Betriebsrat noch dem Gesamtbetriebsrat der Beklagten stand es zu, mit der Beklagten eine Betriebsvereinbarung abzuschließen, in der eine Verpflichtung enthalten ist, wonach die von den Arbeitnehmern zu tragende Berufskleidung von den Arbeitnehmern selbst zu reinigen ist. Richtig hat das Arbeitsgericht erkannt, dass dieser Regelungsgegenstand bereits durch § 22 Abs. 3 MTV Einzelhandel NRW abschließend in der Weise geregelt ist, dass der Arbeitgeber nicht nur die Kosten der Reinigung und Instandhaltung der Image-Kleidung zu tragen, sondern die Reinigung und Instandhaltung auch tatsächlich durchzuführen hat.

a. Nach Maßgabe von Ziffer 2 der Gesamtbetriebsvereinbarung Berufskleidung in Verbindung mit den Regeln der örtlichen D Betriebsvereinbarung Berufskleidung sind die in dem hier betroffenen D R -M tätigen Arbeitnehmer/-innen verpflichtet, eine bestimmte vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellte sog. Image-Kleidung zu tragen. Unstreitig bleibt die von der Beklagten zur Verfügung gestellte Image-Kleidung auch deren Eigentum. Sonach kommt - auch darüber besteht zwischen den Parteien letztlich kein Streit - die Regelung von § 22 Abs. 3 MTV Einzelhandel NRW zum Tragen. Diese besagt, dass unter den soeben skizzierten Voraussetzungen der Arbeitgeber "die Reinigung und Instandhaltung übernimmt".

b. Tarifvertragliche Vorschriften sind nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nach den für Gesetze und andere Rechtsnormen geltenden Regeln auszulegen. Maßgeblich ist daher zunächst, welcher objektive Regelungsgehalt im Wortlaut der tarifvertraglichen Vorschrift zum Ausdruck kommt.

aa. Die von der Beklagten befürwortete Interpretation des Regelungsgehalts von § 22 Abs. 3 MTV Einzelhandel NRW erscheint gemessen daran fernliegend. Einerseits nimmt die Beklagte unter Rückgriff auf die Wörterbücher Duden und Wahrig eine lexikalische Auslegung vor, wobei sie zu dem Ergebnis kommt, die Tarifvorschrift bedeute, "dass sich der Arbeitgeber um Reinigung und Instandhaltung zu kümmern hat" (Berufungsbegründung Seite 4). Andererseits vertritt die Beklagte die Auffassung, dass damit weder der Kostenaspekt angesprochen sei noch die Frage, wer die Aufgabe der Reinigung und Instandhaltung als Tatakt tatsächlich durchzuführen habe. Es erscheint jedoch widersinnig, der Tarifregelung in § 22 Abs. 3 MTV Einzelhandel NRW die Bedeutung beizumessen, dass sich der Arbeitgeber "um Reinigung und Instandhaltung zu kümmern habe", zugleich aber anzunehmen, dieses "sich kümmern" könne auch in der Anweisung an die Arbeitnehmer/-innen bestehen, dass diese sich um die Durchführung der Reinigung zu kümmern und deren Kosten zu übernehmen hätten. Eine solche Regelung wäre schlicht inhaltsleer.

bb. Die Beklagte verkennt bei dieser Betrachtungsweise, welche Funktion solche tarifvertraglichen Normen typischerweise erfüllen: Sie verteilen Rechte und Pflichten, aber eben auch im Betriebsalltag zu erfüllende Aufgaben zwischen Arbeitnehmerschaft und Arbeitgeber. Wenn eine Tarifnorm eine bestimmte Aufgabe entweder dem Arbeitgeber oder den Arbeitnehmern überantwortet, so bedeutet dies eben gerade, dass den anderen Teil diese Aufgabe nicht trifft. Mit anderen Worten: Wenn § 22 Abs. 3 MTV Einzelhandel NRW die Reinigung und Instandhaltung der im Eigentum des Arbeitgebers stehenden, vom Arbeitnehmer zu tragenden Berufskleidung dem Arbeitgeber zuweist, so soll den Arbeitnehmer diese Aufgabe eben nicht treffen.

cc. In der von ihr selbst vorgenommenen wörtlichen Auslegung der fraglichen Tarifvorschrift verweist die Beklagte darauf, dass von den im Dudenlexikon der sinn- und sachverwandten Wörter erwähnten Synonymen für den Begriff "übernehmen" nur die Begriffe "entgegennehmen" und "verwirklichen" relevant sein könnten. Dem ist ohne weiteres mit der Einschränkung beizutreten, dass im vorliegenden Sinnzusammenhang auch das Synonym "entgegennehmen" ersichtlich nicht passt und somit nur der Begriff "verwirklichen" als eine sachgerechte Beschreibung dessen, was das Wort "übernimmt" in § 22 Abs. 3 MTV Einzelhandel NRW ausdrücken will, übrig bleibt. Wenn es aber mit anderen Worten heißen soll, dass der Arbeitgeber "die Reinigung und Instandhaltung verwirklicht", so bedeutet dies nichts anderes, als dass der Arbeitgeber - und eben nicht die Arbeitnehmer - für die tatsächliche Durchführung der Reinigung und Instandhaltung zu sorgen hat.

dd. Selbstverständlich kann sich der Arbeitgeber bei der Durchführung dieser Reinigungs- und Instandhaltungsaufgabe auch Dritter bedienen und wird dies in vielen Fällen auch tun, indem er darauf spezialisierte Reinigungs- oder gar Leasingunternehmen einschaltet. Nur ein Rückabwälzen der Aufgabe auf die Arbeitnehmer ist ihm nicht mehr möglich, nachdem § 22 Abs. 3 MTV Einzelhandel NRW diese Aufgabe ihm, dem Arbeitgeber zugewiesen hat.

c. Ob diese tarifliche Regelung ein Nonplusultra an Zweckmäßigkeit darstellt, ist hier nicht zu entscheiden. Sie erscheint jedoch bei weitem nicht so unzweckmäßig und praxisfremd, wie die Beklagte es im vorliegenden Rechtsstreit dargestellt hat. In vielen Wirtschaftsunternehmen, Kliniken, Sozialeinrichtungen und anderen Betrieben und Institutionen ist es ohne weiteres üblich, dass die von den Arbeitnehmern zu tragende Berufskleidung nicht nur vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt, sondern auch zentral gepflegt, gereinigt und instandgehalten wird. Schließlich existiert eine ganze Branche, die sich auf die fortlaufende Gestellung einschließlich der Pflege und Instandhaltung von Berufskleidung spezialisiert hat.

d. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, dass auch die Beklagte selbst zwischen verschiedenen Arten von Kleidungsstücken differenzieren will und durchaus jetzt schon einen Teil der zur Verfügung gestellten Berufskleidung in eigener Regie reinigt und in Stand hält. Unter anderem deshalb erschließt sich nicht, warum es objektiv unmöglich sein soll, auch eine persönliche Zuordnung einzelner Kleidungsstücke - z. B. durch Aufnähen oder Einnähen eines Namensschildes - zu gewährleisten, wenn die Reinigung zentral vom Arbeitgeber organisiert wird.

e. Die historische Auslegung spricht ebenfalls gegen die von der Beklagten vertretene Auffassung.

aa. Die Beklagte hat selbst darauf hingewiesen, dass in der Vorgängerregelung zu § 22 Abs. 3 MTV Einzelhandel NRW, nämlich in § 17 Abs. 2 MTV Einzelhandel NRW Stand Mai 1979, geregelt war, dass der Arbeitgeber bei Schutzbekleidung, deren Tragen durch Gesetz oder Verordnung vorgeschrieben war, "die Kosten der Reinigung übernimmt". Zwar erwähnt dieser Vorgängerparagraph noch nicht die - zum damaligen Zeitpunkt noch nicht so wie heute verbreitete - auf Anordnung des Arbeitgebers zu tragende Berufskleidung, insbesondere Image-Bekleidung. Aber andererseits bezieht sich § 22 Abs. 3 des jetzt in Kraft befindlichen MTV Einzelhandel NRW auch auf die durch Gesetz oder Verordnung vorgeschriebene Schutzbekleidung. Enthielte § 22 Abs. 3 MTV "neu" aber, wie die Beklagte meint, weder eine Verpflichtung zur tatsächlichen Durchführung der Reinigung und Instandhaltung, noch eine solche zur Tragung der Kosten, so bedeutete dies, dass im Gegensatz zu früher die tarifvertragliche Regelung sogar bei der gesetzlich vorgeschriebenen Schutzkleidung die Möglichkeit offen ließe, die Kosten auf die Arbeitnehmer abzuwälzen. Die Beklagte hat keinerlei plausible Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass bei der Umstellung der früheren in die jetzige tarifliche Regelung die tarifliche Entwicklung bewusst einen solchen Lauf hätte nehmen sollen.

bb. Ist, wie oben ausgeführt, der Begriff "übernehmen" in § 22 Abs. 3 MTV Einzelhandel NRW so auszulegen, dass er die Bedeutung hat, der Arbeitgeber müsse Reinigung und Instandhaltung selbst "verwirklichen", so impliziert dies zugleich - und nach Auffassung des Berufungsgerichts erst recht -, dass der Arbeitgeber die Kosten von Reinigung und Instandhaltung zu tragen hat. Dies gilt um so mehr, als schon nach den allgemeinen Gesetzen Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Tätigkeit im Betrieb anfallen, von dem zu finanzieren sind, in dessen Sphäre sie fallen. Besteht der Arbeitgeber darauf, dass im Betrieb eine bestimmte "Image-Kleidung" getragen wird, so handelt es sich bei den dadurch verursachten Kosten um solche, die in die Sphäre des Arbeitgebers fallen (BAG NZA 1993, 711 ff.). Der einzelne Arbeitnehmer hätte somit gemäß § 670 BGB einen Kostenerstattungsanspruch, wenn er insoweit selbst in eigener Person Aufwendungen zu tätigen hätte. Die Vorgängerregelung von § 22 Abs. 3 MTV Einzelhandel NRW überwies in Übereinstimmung mit der allgemeinen Gesetzeslage die Reinigungs- und Instandhaltungskosten für die dort geregelte Schutzbekleidung dementsprechend dem Arbeitgeber. Es ist nicht ersichtlich, dass die Tarifvertragsparteien bei der Umstellung des Tarifvertrages auf § 17 Abs. 3 MTV Einzelhandel neu diesbezüglich eine Änderung herbeiführen wollten, die eine mit der allgemeinen Gesetzeslage nicht übereinstimmende Verschlechterung zu Lasten der Arbeitnehmer beinhaltet hätte.

cc. Den vom Arbeitsgericht eingeholten Stellungnahmen der Tarifvertragsparteien ist in Bezug auf eine historische Auslegung von § 22 Abs. 3 MTV Einzelhandel NRW nichts zu entnehmen, was der hier vertretenen Auffassung entgegensteht. Die Stellungnahmen enthalten keine weiterführenden tatsächlichen Informationen zum Gang der damaligen Tarifvertragsverhandlungen und insbesondere zum Zustandekommen der hier interessierenden Norm. Insbesondere geht aus den Stellungnahmen nicht hervor, dass und mit welchem Ergebnis die hier interessierenden Auslegungsfragen damals ausdrücklich zur Sprache gekommen sind.

3. Gegen das hier gefundene Ergebnis kann von Beklagtenseite auch nicht ins Feld geführt werden, dass die Klägerinnen auf Grund der in Ziffer 2.2 Abs. 2 der Gesamtbetriebsvereinbarung Berufskleidung vom 01.11.1999 enthaltenen Wahlmöglichkeit letztlich gar nicht vom Arbeitgeber verpflichtet würden, die in Ziffer 2.3.1 der Gesamtbetriebsvereinbarung Berufskleidung erwähnten Kleidungsstücke zu tragen, was aber letztlich Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Regelung von § 22 Abs. 3 MTV Einzelhandel NRW ist. Nach Ziffer 2.2 Abs. 2 Gesamtbetriebsvereinbarung Berufskleidung können die Mitarbeiter/-innen zwischen einer Ausstattung mit der jeweiligen sog. kompletten Berufskleidung und einer "einfachen Ausstattung mit Kitteln" wählen, wobei bei den Kitteln wiederum solche existieren, die persönlich zugeordnet werden und die dann gemäß Ziffer 2.3.1 GBV Berufskleidung auch vom Mitarbeiter selbst gereinigt werden müssen, und solchen, die aus einem Pool zur Verfügung gestellt werden und dann vom Arbeitgeber gereinigt werden.

a. Es ist schon nicht ohne weiteres ersichtlich, dass die in Ziffer 2.2 Abs. 2 GBV Berufskleidung vorgesehene Wahlmöglichkeit zwischen einer einfachen Ausstattung mit Kitteln und der kompletten Berufskleidung auch für den D Betrieb der beiden Klägerinnen umgesetzt wurde. Ziffer 2 und Ziffer 3 der D GBV Berufskleidung vom 25.01.2001 lässt das Vorhandensein einer Wahlmöglichkeit im D Betrieb nicht erkennen.

b. Entscheidet sich der Mitarbeiter/die Mitarbeiterin für die von der Beklagten zur Verfügung gestellte "komplette Berufskleidung", so trifft ihn/sie gemäß Ziffer 2.3.1 GBV Berufskleidung die volle Reinigungspflicht, obwohl diese durch § 22 Abs. 3 MTV Einzelhandel NRW zwingend dem Arbeitgeber zugeordnet wird. Dabei handelt (nur) der/die Mitarbeiter/-in, der/die die komplette Berufskleidung wählt, in offensichtlichem Einklang mit den Wünschen und Vorstellungen der Beklagten; die Beklagte bräuchte sich dem Aufwand der Anschaffung einer solchen "kompletten" Berufskleidung nicht zu unterziehen, wenn sie sich davon keine Vorteile verspräche und wenn sie dementsprechend nicht wünschen würde, dass die Mitarbeiter sich für diese Komplettausstattung entscheiden. Dass der Arbeitgeber dieses offenkundige Ziel verfolgt, wird z. B. durch die Regelung in Ziffer 2.2 Abs. 3 GBV Berufskleidung deutlich, wonach der Mitarbeiter, der sich für die Komplettausstattung entscheidet, für alle Zeiten an diese Entscheidung gebunden wird, während dies bei dem Mitarbeiter, der zunächst die einfache Ausstattung mit Kitteln wünscht, gemäß Ziffer 2.2 Abs. 4 nicht der Fall ist.

c. Die in Ziffer 2.2 Abs. 2 GBV Berufskleidung eingeräumte Wahlmöglichkeit erweist sich somit, falls sie für den D Betrieb der Beklagten, in welchem die Klägerinnen beschäftigt sind, überhaupt Anwendung findet, somit als bloße rechtsmissbräuchliche Umgehung der in § 22 Abs. 3 MTV Einzelhandel NRW enthaltenen tariflichen Regelung. Dies folgt auch daraus, dass die Wahlmöglichkeit einen zumindest tendenziell diskriminierenden Charakter aufweist. Die Beklagte selbst konstatiert einen deutlichen Qualitätsunterschied zwischen derjenigen Ausstattung, deren Reinigung sie nach der GBV Berufskleidung selbst übernimmt, und der Ausstattung, bei der die Mitarbeiter selbst für die Reinigung zu sorgen haben. Dies geht schon aus der Gegenüberstellung der Wortwahl "einfache Ausstattung mit Kitteln" und "komplette Berufsbekleidung" hervor. Es wird aber auch dadurch deutlich, dass aus Ziffer 2.5 GBV Berufsbekleidung folgt, dass es sich bei der Ausstattung mit Kitteln um eine "Anfängerbekleidung" handelt, die neu eintretende Mitarbeiter zu tragen haben, welche dem jeweiligen Betrieb noch nicht mehr als sechs Monate angehören. Die Außenwirkung, die die Qualität der jeweils getragenen Berufskleidung entfaltet, fällt aber naturgemäß zum Teil auf die Person des Mitarbeiters selbst zurück. Versieht z. B. die Klägerin L ihren Dienst an der Information bekleidet mit einem einfachen Kittel aus dem Pool neben einer anderen Mitarbeiterin, die sich für die Komplettausstattung mit Rock und Bluse etc. entschieden hat, so muss sie gewärtigen, dass sie vom Publikum allein auf Grund ihres äußeren Erscheinungsbildes als eine Mitarbeiterin minderen Ranges wahrgenommen wird. Die Mitarbeiterin hat also nur die Wahl, entweder diesen tendenziell diskriminierenden Zustand in Kauf zu nehmen oder aber auf ihre Rechte aus § 22 Abs. 3 MTV Einzelhandel NRW zu verzichten.

Eine derartige Umgehung der tariflichen Norm ist rechtswidrig.

4. Die in den angesprochenen Betriebsvereinbarungen begründete Verpflichtung der Klägerinnen, ihre Berufskleidung selbst zu reinigen und instand zu halten, ist aber auch deshalb rechtsunwirksam, weil sie mit einer Kostenerstattungsregelung verknüpft ist, die nicht mehr vom Mitbestimmungsrecht der Betriebsräte gemäß § 87 Abs. 1 Ziffer 1 BetrVG gedeckt ist und daher nicht Gegenstand einer wirksamen Betriebsvereinbarung sein kann.

a. In seinen Entscheidungen vom 08.08.1989 und 01.12.1993 (AP Nr. 15 und Nr. 20 zu § 87 BetrVG 1972 Ordnung des Betriebes) hat das BAG entschieden, dass die Einführung einer einheitlichen Arbeitskleidung durch den Arbeitgeber ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG auslöst. In der Entscheidung vom 01.12.1992 (a.a.O.) hat es dann zugleich aber auch klargestellt, dass die Betriebspartner in einer solchen Betriebsvereinbarung nicht regeln können, dass die Arbeitnehmer einen Teil der Kosten für die Gestellung der Arbeitskleidung zu tragen haben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass nach dem Wortlaut des § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG nur Fragen der Ordnung des Betriebes und des Verhaltens der Arbeitnehmer der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegen, dass ein Mitbestimmungsrecht über die anlässlich einer Regelung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG anfallenden Kosten dem Gesetz hingegen nicht zu entnehmen sei. Vielmehr seien diese Kosten von demjenigen zu tragen, in dessen Sphäre sie anfallen. Verursacht die Regelung eines mitbestimmungspflichtigen Tatbestandes zusätzliche betriebliche Kosten, so hat diese, wie alle Betriebskosten, grundsätzlich der Arbeitgeber zu tragen (BAG a.a.O.).

b. Im Falle der Einführung von einheitlicher Arbeitskleidung, bei der es sich auch in dem Sachverhalt, welcher der BAG-Entscheidung zu Grunde lag, um eine sog. Image-Kleidung handelte, könne jedoch die Regelung der Kostenverteilung auch nicht als eine sog. Annex-Kompetenz angesehen werden (BAG a.a.O.). Insbesondere fehle es an einem notwendigen unmittelbarem Zusammenhang zwischen der Einführung einer Dienstkleidung und der Regelung der Erstattungspflicht entsprechender Kosten. Eine einheitliche Arbeitskleidung lasse sich nämlich ohne weiteres auch ohne eine in einer Betriebsvereinbarung geregelte Kostenpauschale im Betrieb einführen. Der Arbeitgeber hätte dann die Kosten für die Dienstkleidung allein zu tragen. Die Arbeitnehmer seien nämlich von Gesetzes wegen nicht verpflichtet, sich an den Kosten der von der Beklagten gestellten Arbeitskleidung zu beteiligen (BAG a.a.O.).

c. Nach Auffassung des Berufungsgerichts sind die Grundsätze dieser Entscheidung in vollem Umfange auf den vorliegenden Sachverhalt zu übertragen. Zu beachten ist dabei, dass es in dem der BAG-Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt zwar um die "Gestellung" von Arbeitskleidung ging, dass hiervon aber nicht die bloßen Anschaffungskosten betroffen waren, sondern dass der dortige Arbeitgeber gegen Zahlung einer Kostenpauschale eine Arbeitskleidung bei einer darauf spezialisierten Firma gemietet hatte, welche zugleich auch für die Pflege der Arbeitskleidung zuständig war. In der vom Bundesarbeitsgericht beurteilten Kostenpauschale waren somit nicht nur Anschaffungskosten, sondern auch Pflegekosten für die Dienstkleidung inbegriffen.

d. Die Betriebspartner haben in Ziffer 2.3.1 der GBV Berufsbekleidung geregelt, dass bestimmte Kleidungsstücke vom Mitarbeiter "auf eigene Kosten selbst gereinigt" werden müssten. Hierzu bestand somit gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG keine Regelungskompetenz.

e. Daran ändert sich auch durch die in Ziffer 2.3.2 GBV enthaltene Regelung nichts.

aa. Dort heißt es, dass die Kosten der Reinigung des vorgenannten Kleidungsstückes dem Mitarbeiter jährlich pauschal in Höhe von DM 500 erstattet würden. Es handelt sich im Unterschied zu dem herangezogenen BAG-Fall hier um eine vom Arbeitgeber zu erbringende Erstattungspauschale, nicht um einen vom Arbeitnehmer zu erbringenden pauschalen Kostenbeitrag. In der Sache macht dies jedoch keinen entscheidenden Unterschied. Das Wesen einer Pauschale besteht darin, dass sie einen Durchschnittstatbestand abzudecken hat. Sie beschränkt somit zugleich eine Erstattungspflicht der Höhe nach. Dies lässt die Möglichkeit offen, dass die tatsächlichen Kosten der von den Arbeitnehmern zu tragenden Reinigungs- und Instandhaltungsaufwendungen der Höhe nach begrenzt sind und eben nicht in vollem Umfang erstattet werden. Bezeichnenderweise bestreiten die beiden Klägerinnen dann auch, dass die von der Beklagten angebotenen Entschädigungsleistungen der Höhe nach ausreichend seien, um die vollen Kosten abzudecken.

bb. Entscheidend kommt jedoch hinzu, dass Ziffer 2.3.2 der GBV Berufskleidung keine Erstattung in Geld, sondern lediglich in Warengutscheinen vorsieht. Geht man von dem gesetzlichen Aufwendungsersatzanspruch der Arbeitnehmerinnen aus, der aus § 670 BGB folgt, so enthält Ziffer 2.3.2 GBV Berufsbekleidung lediglich das Angebot einer Pauschalleistung an Erfüllungs Statt. Das Arbeitsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass den Klägerinnen nach dieser Regelung eben nicht die Erstattung des für die Reinigung und Instandhaltung der Arbeitskleidung aufgewendeten Geldes zugesagt wird, sondern lediglich die Möglichkeit eröffnet wird, sich ersatzweise an Waren der Beklagten zu befriedigen. Die Entscheidung, ob eine an Erfüllungs Statt angebotene Kompensationsleistung jedoch als Erfüllung akzeptiert wird, kann immer nur der Gläubiger treffen, nicht, wie hier, der Betriebsrat oder Gesamtbetriebsrat.

5. Aus den genannten Gründen hat das Arbeitsgericht dem Feststellungsbegehren der beiden Klägerinnen richtigerweise stattgegeben.

III. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Gegen die vorliegende Entscheidung war nach Auffassung des Berufungsgerichts gemäß § 72 Abs. 2 Ziffer 1 die Berufung zuzulassen, da es zum einen um die Auslegung einer Tarifvertragsnorm geht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Landesarbeitsgerichts Köln hinaus erstreckt, zum anderen die Frage nach der Reichweite des Geltungsbereichs des § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG betroffen ist.

RECHTSMITTELBELEHRUNG

Gegen dieses Urteil kann von

REVISION

eingelegt werden.

Die Revision muss

innerhalb einer Notfrist* von einem Monat

schriftlich beim

Bundesarbeitsgericht Hugo-Preuß-Platz 1 99084 Erfurt Fax: (0361) 2636 - 2000

eingelegt werden.

Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. § 9 Abs. 5 ArbGG bleibt unberührt.

Die Revisionsschrift muss von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.

* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.

Ende der Entscheidung

Zurück