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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 26.07.2006
Aktenzeichen: 8 Sa 1660/05
Rechtsgebiete: BGB, GmbHG


Vorschriften:

BGB § 823 Abs. 2
GmbHG § 64 Abs. 1
1. Verletzt der Geschäftsführer einer GmbH die ihm nach § 64 Abs. 1 GmbHG obliegende Pflicht, innerhalb von spätestens 3 Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Gesellschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen, kann der Gläubiger der GmbH den ihm kausal durch die Verzögerung der Antragstellerin entstandenen Schaden vom Geschäftsführer ersetzt verlangen, da die genannte Norm ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB darstellt. Dieser Schadensersatzanspruch beschränkt sich grundsätzlich auf den sogenannten Quotenschaden, der sich bei einem Vergleich der Befriedensquote bei rechtzeitiger Antragstellung und der verspäteten ergibt.

2. Weitergehend haben allerdings nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs seit dem Urteil vom 09.06.1994 - II ZR 292/91 - (BB 1994, 1657) die so genannten Neu-Gläubiger, die ihre Forderung gegen die GmbH nach dem Zeitpunkt erworben haben, zu dem Insolvenzantrag hätten gestellt werden müssen, gegen den insoweit schuldhaft pflichtwidrig handelnden Geschäftsführer einen Anspruch auf Ausgleich des vollen - nicht durch den Quotenschaden "begrenzten" - Schadens, der ihnen dadurch entsteht, dass sie in Rechtsbeziehungen zu einer überschuldeten oder zahlungsunfähigen GmbH getreten sind. Zu ersetzen ist in diesem Fall das sogenannte negative Interesse also der Vertrauens- nicht aber der Erfüllungsschaden. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.

3. Neugläubiger im Sinne von vorstehend 2. sind auch Arbeitnehmer mit ihren Ansprüchen auf das geschuldete Arbeitsentgelt für die Zeit nach dem Zeitpunkt zu dem der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens hätte gestellt werden müssen.

4. Zwar ist denkbar, dass der zu ersetzende Vertrauensschaden in gleicher Höhe entsteht, wie der ausgefallene Vergütungsanspruch. Voraussetzung hierfür wäre jedoch, dass der Arbeitnehmer bei Kenntnis der Insolvenzreife nicht nur das Arbeitsverhältnis mit der insolventen Gemeinschuldnerin nicht weitergeführt hätte, sondern darüber hinaus, dass er für den gleichen Zeitraum für den er mit seinen Anspruch auf Arbeitsentgelt ausgefallen ist, ein anderes Arbeitsverhältnis begründet und in diesem einen Lohnanspruch in mindest gleicher Höhe erworben hätte.

5. Eine Lebenserfahrung dahingehend, dass jeder Arbeitnehmer sofort einen anderen Arbeitgeber findet und dort Vergütung in mindest gleicher Höhe erhält, gibt es nicht. Eine Erleichterung der Darlegung aufgrund entsprechender Vermutung ist daher nicht in Betracht zu ziehen (vgl. BGH, Urteil vom 07.07.2003 - II ZR 241/02 - DB 2003, 2117).


Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 31.08.2005 - 6 Ca 6673/04 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger nimmt den Beklagten als Geschäftsführer der "N " auf Schadensersatz wegen Insolvenzverschleppung in Anspruch.

Der Kläger war vom 01.09.2002 bis zum 31.10.2003 bei der "N in A als Projektingenieur gegen ein monatliches Bruttogehalt von 3.270,00 € entsprechend 2.212,74 € netto beschäftigt.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete aufgrund Kündigung des Klägers. Über das Vermögen der "N ist auf Antrag der Technikerkrankenkasse von Anfang September 2003 End September 2003 das Insolvenzverfahren eröffnet worden.

Der Beklagte war vom 06.08.2002 bis 09.04.2003 Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin.

Der Kläger, wie auch die übrigen Arbeitnehmer der "N " erhielten das Entgelt für den Monat Oktober 2002 erst am 13.11.2002. Per E-Mail vom 11.11.2002 teilte die Gemeinschuldnerin den Mitarbeitern mit, die Ursache hierfür sei ein Diskettendefekt bei der P . Am 04.12.2002 teilte die Gemeinschuldnerin wieder per E-Mail der Belegschaft mit, dass das Novembergehalt wegen eines Serverproblems bei der P nicht pünktlich gezahlt werden könne. Die Zahlung erfolgte am 30.12.2002 mit einem Abschlag über 800,00 €. Die Restzahlung erfolgt am 03.02.2002. Das Dezembergehalt wurde am 03.03.2003, das Entgelt für den Monat Januar 2003 am 04.04.2003 gezahlt.

Danach erfolgten keinerlei Zahlungen mehr.

Für die Monate August bis Oktober beantragte der Kläger Insolvenzgeld, welches er erhalten hat. Die Entgelte für Februar bis Juli 2003 rechnete die Gemeinschuldnerin mit jeweils 2.212,74 € netto ab.

Der Kläger nimmt in Anspruch, dass nach Maßgabe dieser Umstände bereits Anfang Dezember 2002 die Gemeinschuldnerin zahlungsunfähig gewesen sei. Der Diskettendefekt bei der P sowie das angebliche Serverproblem hätten in Wirklichkeit nicht bestanden und seien von der Gemeinschuldnerin vorgeschoben worden.

Die tatsächliche Zahlungseinstellung für die Gehälter ab dem Monat Februar 2003 begründeten eine Vermutung der Zahlungsunfähigkeit.

Den Schaden errechnet der Kläger in Höhe der nicht gezahlten Nettogehälter des Zeitraums Februar bis Juli 2003 mit rechnerisch 13.276,44 €.

Die Klage in Höhe dieses mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz verzinslich geltend gemachten Schadensersatzes hat das Arbeitsgericht abgewiesen und seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die Voraussetzungen eines allein aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 64 Abs. 1 GmbHG in Betracht kommenden Schadensersatzanspruches wegen schuldhafter Insolvenzverschleppung lägen nicht vor.

Zwar scheide eine Haftung des Beklagten nicht deshalb aus, weil dieser bereits am 09.04.2003 als Geschäftsführer ausgeschieden sei. Auch der ausgeschiedene Geschäftsführer müsse sich die Folgen des Unterbleibens der Antragstellung nach § 64 Abs. 1 GmbHG zurechnen lassen.

Es sei auch davon auszugehen, dass der Beklagte eine rechtzeitige Antragstellung auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens jedenfalls fahrlässig - dies sei ausreichend - unterlassen habe. Der Kläger habe jedoch den geltend gemachten Schaden nicht hinreichend nachvollziehbar dargetan.

Dabei habe vorliegend dahingestellt bleiben können, ob der Kläger hinsichtlich des gesamten von ihm geltend gemachten Schadensersatzanspruchs als Neugläubiger oder ob er hinsichtlich eines Teils seiner Forderung als Altgläubiger zu behandeln sei.

Soweit eine Stellung des Klägers als Altgläubiger in Betracht zu ziehen sei, fehle jedwede Darlegung des Klägers, ob und inwieweit eine rechtzeitige Antragstellung zumindest noch zu einer quotalen Befriedigung der Gläubiger geführt hätte. Soweit die Stellung des Klägers als Neugläubiger in Betracht zu ziehen sei, mache der Kläger mit seiner Klage nicht den Vertrauensschaden sondern einen Nichterfüllungsschaden geltend. Der nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 64 Abs. 1 GmbHG zu ersetzende Schaden bestehe nicht in dem wegen der Insolvenz der GmbH entwertenden Erfüllungsanspruch des Gläubigers. Zu ersetzen sei vielmehr nur das sog. negative Interesse. Soweit der Kläger behaupte, ihm werde jedenfalls ein Anspruch auf Zahlung von Arbeitslosengeld in Höhe von 1.500,00 € monatlich zugestanden, fehle es an hinreichenden Darlegungen zum hypothetischen Kausalverlauf und den eine Vermutung nach § 252 BGB auslösenden sog. Anknüpfungstatsachen für die Geltendmachung entgangenen Gewinns. Der Kläger gehe nämlich davon aus, dass der Insolvenzantrag bereits Ende Dezember 2002 hätte gestellt werden müssen. Wäre dies geschehen, so wäre jedoch fraglich gewesen, ob er noch Anspruch auf Insolvenzgeld für 3 Monate gehabt hätte, die er in seine Rechnung einbezieht, da jedenfalls der Monat Januar 2003 noch vergütet worden ist. Ergänzend wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils erster Instanz Bl. 172 - 182 d. A. Bezug genommen.

Gegen dieses dem Kläger am 30.11.2005 zugestellte Urteil erster Instanz wendet sich der Kläger mit seiner Berufung vom 29.12.2005, die in der Berufungsschrift vom 29.12.2005 begründet ist.

Die Berufung nimmt in Anspruch, dass der Kläger hinsichtlich aller geltend gemachter Schadensposition als Neugläubiger anzusehen sei. Einen Anspruch auf Ausgleich eines negativen Interesses mache der Kläger nicht geltend. Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch rechtfertige sich von allein deshalb, weil der Kläger durch Erbringung seiner Arbeitsleistung in Vorleistung getreten sei.

Vor diesem Hintergrund verkenne das Arbeitsgericht letztlich die Bedeutung des negativen Interesses. Der Kläger habe nämlich nicht nur einen sich als wertlos herausstellenden Anspruch erworben. Er habe vielmehr hierfür Vorleistungen in Form der Erbringung seiner Arbeitsleistung erbracht, die er andernfalls unterlassen hätte.

Solche Vorleistungen seien nach dem Grundsatz des Schadensersatzes in natura herauszugeben. Soweit dies nicht möglich sei, sei entsprechender Wertersatz zu leisten. Dies seien die geltend gemachten Forderungen der nicht gezahlten Nettovergütungen des Zeitraums Februar bis Juli 2003 in Höhe von insgesamt 13.276,44 €.

Selbst unter Berücksichtigung der fehlerhaften Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts hätte dies dem Kläger jedenfalls einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 9.000,00 € zuerkennen müssen. Der Kläger habe hierzu im Einzelnen erstinstanzlich bereits Ausführungen gemacht, es sei vorgetragen worden, dass der Kläger bei rechtzeitiger Antragstellung zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits für die Zeiträume des Schadensersatzanspruchs Ansprüche gegenüber der Bundesagentur für Arbeit geltend gemacht hätte. Bei einem monatlichen Anspruch auf Arbeitsentgelt in Höhe von 1.500,00 € ergebe sich somit für den Zeitraum von 6 Monaten ein Schadensersatzanspruch der sich auf 9.000,00 € belaufe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 31.08.2005 - 6 Ca 6673/04 - abzuändern und den Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 13.276,44 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verteidigt unter Vertiefung seines Sachvortrags das Urteil erster Instanz.

Der Kläger hat im Kammertermin vor dem Landesarbeitsgericht am 19.04.2006 mitgeteilt, dass er nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses mit der Gemeinschuldnerin durchgehend arbeitslos geblieben sei und nunmehr so genanntes Arbeitslosengeld 2 beziehe.

Wegen des sonstigen Sach- und Streitstands wird auf den vorgetragenen Inhalt der Akten sowie die gewechselten Schriftsätze beider Parteien in beiden Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung ist zulässig.

Der Kläger hat gegen das ihm am 30.11.2005 zugestellte Urteil erster Instanz mit der am 29.12.2005 beim Landesarbeitsgericht eingegangen Berufungsschrift fristwahrend Berufung eingelegt, die rechtzeitig im Schriftsatz vom 29.12.2005 begründet worden ist.

Die Berufung setzt sich im Einzelnen mit dem Urteil erster Instanz auseinander und erweist sich damit als ein ordnungsgemäß eingelegtes Rechtsmittel.

II. Die Berufung ist nicht begründet.

Klage und Tatsachenvortrag der Berufungsinstanz des Klägers sind nicht geeignet um den geltend gemachten Schadensersatzanspruch als schlüssig begründet anzusehen.

Die fehlende Schlüssigkeit des Tatsachenvortrags ist dabei zunächst festzustellen für die in Anspruch genommenen tatsächlichen Voraussetzungen für einen bereits vor dem 04.03.2003 zu stellenden Insolvenzantrag durch den Beklagten, sodann zu näheren Umständen für einen Quotenschaden der bis zu einer anzunehmenden Eröffnung eines Insolvenzverfahrens Ende März 2003 berechnet werden müsste und schließlich zu tatsächlichen Umständen für einen Nichterfüllungsschaden des Zeitraums April bis Juli 2003 dem Grunde und der Höhe nach.

1. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass entgegen der Auffassung des Beklagten den geltend gemachten Ansprüchen zunächst nicht entgegensteht, dass der Kläger seit dem 09.04.2003 nicht mehr Geschäftsführer der "N " gewesen ist.

Nach den unstreitigen Zahlungsumständen betreffend die Gehaltszahlungen ab Oktober 2002 ist nämlich davon auszugehen, dass spätestens am 03.03.2003 die tatsächlichen Voraussetzungen gegeben waren, um nunmehr zwingend einen Insolvenzantrag zu stellen.

Dies ergibt sich daraus, dass das Entgelt Oktober 2002 erst am 13.11.2002 gezahlt werden konnte, auf das Novembergehalt zunächst unter dem 30.12.2002 nur ein Abschlag in Höhe von 800,00 € gezahlt wurde, die Restzahlung des Novembergehalts sodann am 03.02.2002 erfolgte, das Dezembergehalt erst am 03.03.2003 gezahlt wurde und danach keinerlei Zahlungen auf geschuldetes Arbeitsentgelt mehr erbracht worden sind.

Damit ist festzustellen, dass im Zeitpunkt der letzten Gehaltszahlung 03.03.2003 bezogen auf alle Arbeitnehmer des Unternehmens zwei Monatsgehälter nicht ausgezahlt waren.

Hierin sind die tatsächlichen Voraussetzungen für die Antragstellung des Insolvenzverfahrens als erfüllt anzusehen. Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 InsO liegt nämlich vor, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen, wobei im Gegensatz zur früheren Rechtslage einer Dauerhaftigkeit nicht erforderlich ist, soweit der Mangel an Zahlungsmitteln nicht nur als kurzfristig anzusehen ist (Baumbach/Huick/Schulze - Osterloh, GmbHG § 64 Rn. 4).

Damit sind gleichzeitig die Voraussetzungen als erfüllt anzusehen, dass der Beklagte zumindest fahrlässig es unterlassen hat einen Insolvenzantrag zu stellen.

Dass Fahrlässigkeit insoweit genügt, hat das Arbeitsgericht unter Hinweis auf das Urteil des BGH vom 06.06.1994 - II ZR 292/91 - (BB 1994, 1657) zutreffend ausgeführt.

2. Die Voraussetzungen für einen danach zu prüfenden Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 64 Abs. 1 GmbHG sind nicht gegeben.

Verletzt der Geschäftsführer einer GmbH die ihm nach § 64 Abs. 1 GmbHG obliegende Pflicht, innerhalb von spätestens 3 Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Gesellschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen, kann der Gläubiger der GmbH den ihm kausal durch die Verzögerung der Antragstellerin entstandenen Schaden vom Geschäftsführer ersetzt verlangen, da die genannte Norm ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB darstellt.

Dieser Schadensersatzanspruch beschränkt sich grundsätzlich auf den sogenannten Quotenschaden, der sich bei einem Vergleich der Befriedensquote bei rechtzeitiger Antragstellung und der verspäteten ergibt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs seit dem Urteil vom 09.06.1994 - II ZR 292/91 - (BB 1994, 1657) haben allerdings die so genannten Neu-Gläubiger, die ihre Forderung gegen die GmbH nach dem Zeitpunkt erworben haben, zu dem Insolvenzantrag hätten gestellt werden müssen gegen den insoweit schuldhaft pflichtwidrig handelnden Geschäftsführer einen Anspruch auf Ausgleich des vollen - nicht durch den Quotenschaden "begrenzten" - Schadens, der ihnen dadurch entsteht, dass sie in Rechtsbeziehungen zu einer überschuldeten oder zahlungsunfähigen GmbH getreten sind. Die Insolvenzantragspflicht dient auch dem Zweck, neue Gläubiger davor zu bewahren, mit einer insolventen Gesellschaft noch in geschäftlichen Kontakt zu treten. Zu ersetzen ist in diesem Fall das sogenannte negative Interesse also der Vertrauens- nicht aber der Erfüllungsschaden. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.

3. Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich unter Zugrundelegung des Vortrags des Klägers kein Anspruch auf Schadensersatz.

a) Wie ausgeführt, fehlt hinreichender Tatsachenvortrag für die Notwendigkeit zur Stellung eines Antrags auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vor dem 04.03.2003.

Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass im Insolvenzverfahren der Gemeinschuldnerin auf den Antrag der Techniker Krankenkasse von Anfang September Ende September 2003 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, kann für die zu treffende Entscheidung unterstellt werden, dass auf einen rechtzeitigen Antrag des Beklagten Anfang März 2003 Ende März 2003 das Insolvenzverfahren eröffnet worden wäre.

Ausgehend von diesen tatsächlichen Umständen ist der geltend gemachte Schadensersatzanspruch des Klägers für die Monate Februar und März 2003 deshalb auf den sogenannten Quotenschaden zu reduzieren.

Zur Ermittlung eines derartigen Quotenschadens fehlt allerdings - auch dies hat das Arbeitsgericht zutreffend aufgezeigt - jeder hinreichende Vortrag des Klägers zur Substantiierung.

Für die zu erfüllenden Vergütungsansprüche des Klägers als Altgläubiger betreffend die Monate Februar und März 2003, die aus dem Zeitraum vor Insolvenz zu erfüllen sind, ist eine Berechnung der Kammer nicht möglich, weil Darlegungen in Klage und Berufungsbegründung dazu fehlen, ob und inwieweit eine rechtzeitige Antragstellung zumindest noch eine quotale Befriedigung der Gläubiger und damit des Klägers zur Folge gehabt hätte.

b) Soweit der Kläger seine Ansprüche als Neugläubiger geltend machen könnte - nach den vorstehenden Darlegungen für den Zeitraum 01.04. bis 31.07.2003 - können Schadensersatzansprüche dem Kläger ebenfalls nicht zuerkannt werden.

aa) Soweit der Kläger diesen Schadensersatzanspruch in Höhe der nicht gezahlten Nettovergütung mit 2.212,74 € bezahlt verlangt, scheitert der Schadensersatzanspruch daran, dass er hiermit die Erfüllung seines Arbeitsvertrages nämlich seinen Lohnanspruch nach § 611 BGB i. V. m. dem Arbeitsvertrag geltend gemacht.

Den Erfüllungsschaden kann jedoch der Neugläubiger - wie ausgeführt - nicht ersetzt verlangen.

Zwar ist denkbar, dass der zu ersetzende Vertrauensschaden in gleicher Höhe entstanden ist.

Hierfür wäre jedoch Voraussetzung, dass der Kläger bei Kenntnis der Insolvenzreife nicht nur das Arbeitsverhältnis mit der insolventen GmbH nicht weitergeführt hätte, sondern darüber hinaus, dass er für den gleichen Zeitraum ein anderes Arbeitsverhältnis begründet und in diesem einen Lohnanspruch in mindest gleicher Höhe erworben hätte.

Hierfür fehlt jeder Vortrag des Klägers. Eine Vermutung ist insoweit nicht begründet. Es mag sein, dass es der Lebenserfahrung widerspricht, dass ein Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung erbringt, obwohl er weiß, dass er die Vergütung hierfür nicht mehr erhalten wird. Hierauf kommt es jedoch vorliegend nicht an. Eine Lebenserfahrung dahingehend, dass jeder Arbeitnehmer sofort einen anderen Arbeitgeber findet und dort Vergütung in mindest gleicher Höhe erhält, gibt es nicht, sodass insofern eine Erleichterung der Darlegung aufgrund entsprechender Vermutung nicht in Betracht zu ziehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 07.07.2003 - II ZR 241/02 - DB 2003, 2117).

Nach den unstreitigen Umständen des Einzelfalles ist zudem das Gegenteil anzunehmen. Der Kläger hat sein Arbeitsverhältnis nachdem schließlich Insolvenzantrag gestellt war seinerseits zum 31.10.2003 aufgekündigt und ist sodann bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zweiter Instanz am 19.04.2006 durchgehend arbeitslos geblieben.

bb) Dem Kläger steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch auch nicht seiner Hilfsbegründung entsprechend in Höhe eines im Schadenszeitraum nicht bezogenen Arbeitslosengeldes von monatlich 1.500,00 € zu.

Der Kläger hat unstreitig nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gemeinschuldnerin im September 2003 und Bezug von Insolvenzausfallgeld bis Oktober 2003 ab dem 01.11.2003 Arbeitslosengeld bezogen. Den Bezugszeitraum des Arbeitslosengeldes hat der Kläger voll ausgeschöpft. Der Kläger ist durchgehend bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zweiter Instanz am 19.04.2006 arbeitslos geblieben und stand zu diesem Zeitpunkt im Bezug von Arbeitslosengeld II.

Damit kommt auch die Zuerkennung des hilfsweise geltend gemachten Schadensersatzes in Höhe von 1.500,00 € monatlich für den geltend gemachten Schadensersatzzeitraum gegen den Beklagten nicht in Betracht.

Das Arbeitsgericht hat damit zutreffend erkannt, dass dem Kläger die geltend gemachten Schadensersatzansprüche nicht zustehen.

Die Berufung führt nicht zu einer Änderung des Urteils erster Instanz und war zurückzuweisen.

III. Der Kläger ist mit dem Rechtsmittel der Berufung unterlegen und hat daher die Kosten der Berufung zu tragen, § 97 ZPO.

IV. Die Entscheidung des Rechtsstreits beruht auf den Umständen des Einzelfalles. Der Rechtsstreit hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Kammer hat aus diesen Gründen die Revision nicht zugelassen.

Ende der Entscheidung

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