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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 22.03.2006
Aktenzeichen: 8 TaBV 33/05
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10
BetrVG § 99
BetrVG § 101
1. Wendet ein Arbeitgeber ohne Beteiligung seines Betriebsrats ein bisheriges Entgeltschema im Nachwirkungszeitraum modifiziert für neu eingestellte Arbeitnehmer/Innen an, so liegt hierin eine mitbestimmungswidrige Änderung eines Entgeltschemas nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Hieraus leitet die Rechtsfolge ab, dass das bisherige Entgeltschema weitergilt (BAG vom 02.03.2004 - 1 AZR 271/03 -).

2. Leitet der Wegfall des bisher betrieblich geltenden Entgeltschemas aus einer wirksam ausgeübten Kündigung her und wendet der Arbeitgeber ohne Beteiligung seines Betriebsrats ein gänzlich neues Entgeltschema im Nachwirkungszeitraum für neu eingestellte Arbeitnehmer/Innen an, so liegt auch darin ein Mitbestimmungsverstoß gegen § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Dieser Mitbestimmungsverstoß löst allerdings nicht die Rechtsfolge aus, dass das bisherige Entgeltschema weitergilt.


Tenor:

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Siegburg vom 24.05.2005 - 5 BV 37/04 - wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob die nach Kündigung des Haustarifvertrages durch die Beteiligte zu 2) eingestellten Arbeitnehmer nach Maßgabe der bislang geltenden Vergütungsordnung einzugruppieren und insoweit die Mitbestimmungsrechte des Beteiligten zu 1) zu beachten sind.

Die Beteiligte zu 2), ein Klinikum in der Rechtsform einer GmbH, kündigte den mit der Gewerkschaft v abgeschlossenen Haustarifvertrag, nach dessen Inhalt der BAT und seine Anlagen Anwendung fanden, zum 31.12.2004.

Über den Abschluss eines neuen Haustarifvertrages wurde im Frühjahr 2005 mit der Gewerkschaft v verhandelt. Zum Abschluss eines neuen Haustarifvertrages kam es aber nicht.

Nach dem 31.12.2004 stellte die Beteiligte zu 2) eine Reihe von Arbeitnehmern neu ein. Mit weiteren Arbeitnehmern wurde die Verlängerung bisheriger Befristungen vereinbart. Das Mitbestimmungsrecht des Beteiligten zu1) zur Eingruppierung wird von diesem für 62 dieser Arbeitnehmer im vorliegenden Verfahren geltend gemacht.

Die Beteiligte zu 2) bat den Beteiligte zu 1) jeweils um Zustimmung zu den Einstellungen dieser Arbeitnehmer gemäß § 99 BetrVG, die der Beteiligte zu 1) auch erteilte.

Gleichzeitig verweigerte der Beteiligte zu 1) jedoch seine Zustimmung zu der jeweils mit diesen Arbeitnehmern vereinbarten vertraglichen Vergütung unter Berufung auf die unter Verletzung gegen sein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG erfolgte "Eingruppierung" dieser Arbeitnehmer.

Der Beteiligte zu 1) hat die Ansicht vertreten, dass trotz Kündigung des Haustarifvertrages durch die Beteiligte zu 2) und Wegfalls der Tarifbindung die tarifliche Vergütungsordnung im Betrieb der Beteiligten zu 2) weiterhin bestehe, solange der Beteiligte zu 1) keiner Änderung zugestimmt habe.

Entschließe sich der Arbeitgeber, bisher bestehende Entlohnungsgrundsätze nicht mehr oder modifiziert anzuwenden, liege eine mitbestimmungspflichtige Änderung der Entlohnungsgrundsätze im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG vor. Durch den Wegfall der durch den Tarifvertrag bestehenden Sperre, lebe das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats auf und wirke solange fort, bis mit dem Betriebsrat eine abweichende Regelung getroffen worden sei. Infolge dessen könne der Beteiligte zu 1) verlangen, dass die Beteiligte zu 2) eine Eingruppierung der Mitarbeiter in das weiterhin anzuwendende bisherige System vornehme und hierzu die Zustimmung des Beteiligten zu 2) einhole. Werde diese Zustimmung durch den Beteiligten zu 1) verweigert, habe die Beteiligte zu 2) das Zustimmungsersetzungsverfahren durchzuführen.

Der Beteiligte zu 1) hat beantragt,

der Beteiligten zu 2) aufzugeben, die Mitarbeiterin N S in das Vergütungssystem der Anlage 1 zum BAT einzugruppieren und den Antragsteller hierzu um Zustimmung zu bitten;

im Fall der Zustimmungsverweigerung des Beteiligten zu 1) zu der beabsichtigten Eingruppierung der Mitarbeiterin N S das Zustimmungsersetzungsverfahren durchzuführen;

der Beteiligten zu 2) aufzugeben, folgende Mitarbeiter/innen in das Vergütungssystem der Anlage 1 zum BAT einzugruppieren und den Beteiligten zu 1 hierzu um Zustimmung zu bitten:

A a K , K H , D T , C H , N K , S W , S -H W , E S , R S sowie S J ;

der Beteiligten zu 2) aufzugeben, im Fall der Zustimmungsverweigerung der Beteiligten zu 1) zu der beabsichtigten Eingruppierung der Mitarbeiter/innen, die im Antrag zu 3. näher bezeichnet sind, das Zustimmungsersetzungsverfahren durchzuführen;

der Beteiligten zu 2 aufzugeben, folgende Mitarbeiter/innen in das Vergütungssystem der Anlage 1 zum BAT einzugruppieren und den Antragsteller hierzu um Zustimmung zu bitten:

M S , A A , T S , M H , V L sowie R S ;

der Beteiligten zu 2) aufzugeben, im Fall der Zustimmungsverweigerung der Beteiligten zu 1) zu der beabsichtigten Eingruppierung der Mitarbeiter/innen, die im Antrag zu 5. näher bezeichnet sind, das Zustimmungsersetzungsverfahren durchzuführen.

Die Beteiligte zu 2) hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Sie nimmt in Anspruch, eine "Eingruppierung" der vom Beteiligten zu 1) genannten Mitarbeiter sei nicht erfolgt, da es bereits an einem Eingruppierungssystem fehle. Nach Kündigung des Haustarifvertrages habe sie das bisherige Vergütungsschema auch nicht in modifizierter Form aufrecht erhalten, sondern mit den neu eingestellten Mitarbeitern jeweils Arbeitsverträge abgeschlossen, in denen sie die Gehaltshöhe individuell ausgehandelt und marktgerecht ausgestaltet habe.

Das Arbeitsgericht hat die Anträge voll umfänglich zurückgewiesen:

Es hat ausgeführt, es sei zwar nicht zu bestreiten, dass es dem Betriebsrat möglich sei, durch Ausübung seines Initiativrechtes eine Vergütungsordnung zu erreichen. Ein Vorgehen nach § 101 BetrVG setze aber eine im Betrieb anzuwendende Vergütungsordnung voraus, in die die Mitarbeiter abweichend zu § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nicht eingruppiert worden seien. Vorliegend fehle es an einer Änderung eines angewandeten Vergütungsschema, so dass anders als in dem vom BAG (Beschluss vom 02.03.2004 - 1 AZR 271/03, SAE 2005, 162) entschiedenen Fall keine mitbestimmungspflichtige Änderung im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG vorliege.

Mit seiner am 23.06.2005 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Beschwerde gegen den ihm am 08.06.2005 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts verfolgt der Beteiligte zu 1) sein Begehren weiter.

Er ist unter Bezugnahme auf seinen erstinstanzlichen Vortrag der Auffassung, der Beschluss des BAG vom 02.03.2004 - a.a.O - könne nur so verstanden werden, dass nach Kündigung eines Tarifvertrages das bisher tariflich geregelte Entlohnungssystem bis zu einer anderweitigen Regelung weiterhin die im Betrieb geltende Vergütungsordnung sei. Zudem behauptet er, die Beteiligte zu 2) habe ab dem 01.01.2005 ein neues Vergütungssystem angewendet, so dass auch eine Modifikation des alten Vergütungssystems vorliege.

Die Beteiligte zu 1) beantragt,

1. unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Siegburg vom 24.04.2005 - 5 BV 37/04 - und in Erweiterung des Antragsbegehrens auf weitere Arbeitnehmer der Beteiligten zu 2 aufzugeben, die im folgenden aufgelisteten Mitarbeiter/innen in das Vergütungssystem zum BAT (Anlagen 1a und 1b) einzugruppieren und den Antragsteller hierzu um Zustimmung zu bitten:

B , P , Krankenpfleger (KPH) Intensiv,

Antrag vom 07.03.05, Eintritt 01.04.05

D , J B , Krankenschwester Intensiv,

Antrag vom 21.02.05, Eintritt 01.06.05

F , I , Krankenschwester, Antrag vom 14.04.05,

Eintritt 01.05.05

K , N , KPH, Antrag vom 15.12.04, Eintritt 01.01.05

K , M , Krankenpfleger Intensiv, Antrag vom 07.03.05,

Eintritt 01.04.05

S , R , Krankenschwester, Antrag vom 10.02.05,

Eintritt 01.03.05

S , R , Krankenpfleger, Antrag vom 10.01.05,

Eintritt 15.01.05

W , S , Krankenschwester Intensiv,

Antrag vom 15.12.04, Eintritt 01.01.05

B , S , Krankenpfleger, Antrag vom 11.11.05,

Eintritt 01.01.06

B , R , KPH, Antrag vom 10.02.06, Eintritt 01.03.06

B , P , Krankenschwester Intensiv, Antrag vom 26.08.05, Eintritt 01.10.05

C , B , KPH, Antrag vom 23.05.05, Eintritt 15.06.05

D , E , Krankenschwester, Antrag vom 11.08.05,

Eintritt 01.10.05

D , B , Krankenschwester Intensiv, Antrag vom 09.06.05,

Eintritt 01.10.05

E , S , Krankenschwester, Antrag vom 27.12.05,

Eintritt 09.01.06

F , S , Krankenschwester, Antrag vom 11.11.05,

Eintritt 01.12.05

F , J , Krankenschwester, Antrag vom 10.08.05,

Eintritt 01.10.05

G -C , M , Krankenschwester,

Antrag vom 23.12.05, Eintritt 01.01.06

G , M , Krankenschwester Intensiv,

Antrag vom 18.01.06, Eintritt 01.02.06

G , O , Krankenpfleger, Antrag vom 20.09.05,

Eintritt 01.10.05

J , E , Krankenschwester, Antrag vom 22.06.05,

Eintritt 01.10.05

K , A -K , Krankenschwester, Antrag vom 09.12.05,

Eintritt 01.01.06

M , Y K , Krankenschwester, Antrag vom 18.01.06,

Eintritt 01.02.06

P , E , Versorgungsassistentin,

Antrag vom 08.06.05, Eintritt 01.07.05

R , C , Krankenschwester, Antrag vom 25.11.05,

Eintritt 01.01.06

S , I , KPH, Antrag vom 09.09.05,

Eintritt 01.10.05

S , L , Krankenschwester, Antrag vom 11.07.05,

Eintritt 01.08.05

S , E , KPH, Antrag vom 27.10.05,

Eintritt 15.11.05

S , C , Krankenschwester, Antrag vom 13.02.05,

Eintritt 01.04.06

T , A , Krankenschwester, Antrag vom 20.09.05,

Eintritt 01.10.05

A K , A , Arzt, Antrag vom 14.12.04,

Eintritt 01.01.05

H , M , Arzt, Antrag vom 03.02.05,

Eintritt 15.02.05

L , M , Arzt, Antrag vom 24.02.05,

Eintritt 01.03.05

L , V , Arzt, Antrag vom 03.02.05,

Eintritt 01.04.05

S , N , Ärztin, Antrag vom 12.11.04,

Eintritt 01.01.05

A , A , Arzt, Antrag vom 11.11.05,

Eintritt 01.01.06

B , K , Ärztin, Antrag vom 08.11.05,

Eintritt 01.01.06

B , F , Ärztin, Antrag vom 06.12.05,

Eintritt 01.01.06

B , C , Arzt, Antrag vom 08.11.05,

Eintritt 15.12.05

F , A , Ärztin, Antrag vom 18.10.05,

Eintritt 01.11.05

H , J , Ärztin, Antrag vom 08.06.05,

Eintritt 01.0}.05

J , S , Ärztin, Antrag vom 08.11.05,

Eintritt 15.01.05

K , M , Arzt, Antrag vom 21.10.05,

Eintritt 15.11.05

K , O , Ärztin, Antrag vom 19.01.06,

Eintritt 01.02.06

M , A , Ärztin, Antrag vom 08.11.05,

Eintritt 01.03.06

M , M , Arzt, Antrag vom 08.09.05,

Eintritt 01.11.05

M , M , Arzt, Antrag vom 19.12.05,

Eintritt 01.02.06

O , S , Arzt, Antrag vom 22.06.05,

Eintritt 01.07.05

O , G , Arzt, Antrag vom 06.05.05,

Eintritt 01.06.05

S , S , Ärztin, Antrag vom 06.05.05,

Eintritt 01.07.05

S , R , Arzt, Antrag vom 24.08.05,

Eintritt 22.09.05

S , T , Arzt, Antrag vom 19.01.05,

Eintritt 01.02.05

S , U , Ärztin, Antrag vom 19.12.05,

Eintritt 16.01.06

U , J , Arzt, Antrag vom 18.08.05,

Eintritt 01.10.05

W , W , Arzt, Antrag vom 16.12.05,

Eintritt 01.01.06

E , M , Apothekerin, Antrag vom 24.11.05,

Eintritt 15.12.05

P , A C , Apothekerin, Antrag vom 29.11.05,

Eintritt 01.01.06

B , A , Chefsekretärin, Antrag vom 11.01.06,

Eintritt 01.02.06

C , E , Arztsekretärin, Antrag vom 29.03.05,

Eintritt 04.04.05

K , O , Arzthelferin, Antrag vom 09.11.05,

Eintritt 15.11.05

W , D , Arzthelferin, Antrag vom 09.11.05,

Eintritt 15.11.05

M , O , Kardiotechniker, Antrag vom 13.02.06,

Eintritt 01.04.06.

2. der Beteiligten zu 2) aufzugeben, im Fall der Zustimmungsverweigerung des Antragstellers zu der beabsichtigten Eingruppierung der Mitarbeiter/innen, die im Antrag zu 1. näher bezeichnet sind, das Zustimmungsersetzungsverfahren durchzuführen.

Die Beteiligte zu 2) beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 313 ZPO auf die gewechselten Schriftsätze und die vorgelegten Anlagen Bezug genommen.

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Der Beteiligte zu 1) hat gegen den am 08.06.2005 zugestellten Beschluss erster Instanz fristwahrend am 23.06.2005 Beschwerde eingelegt.

Der Beteiligte zu 1) hat sodann die Beschwerde mit am 07.09.2005 eingegangen Schriftsatz fristwahrend innerhalb der auf den 08.09.2005 verlängerten Frist zur Beschwerdebegründung begründet. Die Beschwerde setzt sich im einzelnen mit dem Beschluss erster Instanz auseinander und erfüllt damit die Voraussetzungen an ein ordnungsgemäß eingelegtes Rechtsmittel.

2. Die Beschwerde ist nicht begründet.

Der Beteiligte zu 1) kann nicht entsprechend § 101 BetrVG verlangen, dass die Beteiligte zu 2) die in dem Antrag namentlich von dem Beteiligten zu 1) bezeichneten Arbeitnehmer nach dem vormals geltenden Haustarifvertrag, der auf die Anlage 1a und 1b des BAT verweist, eingruppiert, seine Zustimmung dazu beantragt und im Fall der Verweigerung das arbeitgerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG durchführt.

a) Der in § 101 BetrVG normierte Anspruch des Betriebsrates auf Aufhebung einer betriebsverfassungswidrig durchgeführten personellen Einzelmaßnahme gibt dem Betriebsrat zwar die Möglichkeit, sein Beteiligungsrecht bei einer Eingruppierung mit einem solchen Antrag zur Geltung zu bringen, wenn dieses vom Arbeitgeber nicht beachtet worden ist. Denn durch eine Eingruppierung ohne Zustimmung des Betriebsrates würde ein betriebsverfassungswidriger Zustand geschaffen, der nur dadurch beseitigt werden kann, dass der Arbeitgeber die Zustimmung des Betriebsrats - wenn auch nachträglich - einholt und bei Verweigerung da Zustimmungsersetzungsverfahren betreibt. Dies gilt in entsprechender Anwendung des § 101 BetrVG auch für den Fall, in dem der Arbeitgeber eine Eingruppierung unterlässt, obwohl er zu dieser verpflichtet ist und sie nicht ohne Zustimmung des Betriebsrates durchführen kann (BAG v. 20.12.1988 - 1 ABR 68/87 - AP Nr. 62 zu § 99 BetrVG 1972).

b) § 99 BetrVG selbst begründet keine Verpflichtung des Arbeitgebers, einen Arbeitnehmer einzugruppieren. Eine solche Verpflichtung kann sich nur aus einer anderen Rechtsvorschrift ergeben, beispielsweise aus einem auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Tarifvertrag, aus einer Betriebsvereinbarung (BAG v. 20.12.1988 - 1 ABR 68/87 - AP Nr. 62 zu § 99 BetrVG 1972) oder aus einem nach Kündigung eines Tarifvertrages weiter modifiziert angewandten Entgeltschema (vgl. dazu BAG v. 02.03.2004 - 1 AZR 271/03, SAE 2005, 162). Dabei setzt die Eingruppierung als Akt der Rechtsanwendung eine Rechtsnorm voraus, aus der sich die Lohn- oder Gehaltsgruppen, der die auszuübende Tätigkeit des Arbeitnehmers entspricht, unmittelbar ablesen lässt. Der Umstand, dass der Arbeitgeber auch dann, wenn eine Gehalts- oder Lohngruppenordnung nicht besteht, das Arbeitsentgelt nach bestimmten Kriterien individuell unterschiedlich bemisst, stellt hingegen noch keine Eingruppierung dar (BAG v. 20.12.1988 - 1 ABR 68/87 - AP Nr. 62 zu § 99 BetrVG 1972).

c) Der zum 31.12.2004 gekündigte Haustarifvertrag kommt als Rechtsgrundlage für die Eingruppierung nicht mehr in Betracht. Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG (Beschluss vom - 4 AZR 703/00 - BAGE 99, 283) erstreckt sich die Nachwirkung von Tarifverträgen nach § 4 Abs. 5 TVG nicht auf die erst im Nachwirkungszeitraum begründeten Arbeitsverhältnisse. Dies gilt auch für eine Verlängerung befristeter Arbeitsverhältnisse, weil es sich bei nach dem Kündigungszeitpunkt des Tarifvertrages abgeschlossenen Arbeitsverträge um andere Abmachungen im Sinne des § 4 Abs. 5 TVG handelt (BAG v. 11.06.2002 - 1 AZR 390/01 - unter I. 2.). Alle im Antrag zu 1. der Beteiligten zu 1) namentlich bezeichneten Arbeitnehmer wurden neu eingestellt bzw. wurden deren befristete Arbeitsverhältnisse verlängert.

d) Nach Wegfall der kraft Tarifbindung anzuwendenden Entlohnungsgrundsätze des seinerzeit geltenden Haustarifvertrages zum 31.12.2004 stellen diese auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BAG vom 02.03.2004 (1 AZR 271/03, SAE 2005, 162) nicht mehr die im Betrieb geltende Vergütungsordnung dar.

Es fehlt bereits an einer Änderung bzw. Abkehr der nach Wegfall der Tarifbindung fortgeltend praktizierten Entlohnungsgrundsätze im Sinne der vorzitierten Rechtsprechung des BAG.

aa) Abweichend von dem hier zu entscheidenden Fall wandte der Arbeitgeber in der Entscheidung des BAG vom 02.03.2004 (1 AZR 271/03, SAE 2005, 162) das bis dahin geltende Entlohnungssystem weiterhin auch auf neu begründete Arbeitsverträge an, allerdings ohne Rücksicht auf eine Vergütung nach Lebensaltersstufen und eine Höhergruppering aufgrund Bewährungsaufstiegs. Für diesen Fall entschied das BAG, dass die modifizierte Anwendung des früheren tariflichen Entgeltschemas eine mitbestimmungspflichtige Änderung bestehender Entlohnungsgrundsätze darstelle.

Zwar habe der Betriebsrat während der Laufzeit des Vergütungssystems kein Mitbestimmungsrecht (§ 87 Abs. 1 1. Halbsatz BetrVG). Mit dem Wegfall der Tarifbindung bestehe aber eine das Mitbestimmungsrecht ausschließende zwingende tarifliche Regelung nicht mehr. Da der Betriebsrat an der Einführung des neuen Entlohnungssystems nicht beteiligt worden sei, liege ein Verstoß gegen § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG vor, der die Folge habe, dass die Vergütungsordnung mit der vor der Änderung bestehenden Struktur weiter Anwendung finde (BAG v. 02.03.2004 a. a. O).

bb) Abweichend von dem dieser Rechtsprechung zugrunde liegendem Sachverhalt hat die Beteiligte zu 2) die bisher über den Haustarifvertrag geltenden Entlohnungsgrundsätze des BAT nicht weiter angewandt. Selbst wenn man unterstellt, die Beteiligte zu 2) wende die als Anlage zum Schriftsatz vom 21.02.2006 (Bl. 295 ff. d. A.) vorgelegten Entlohnungsgrundsätze als Entgeltschema an, ist darin keine "modifizierte" Anwendung der ursprünglichen sich nach den Anlagen 1 a und 1 b zum BAT richtenden Entgeltstruktur zu sehen. Aus den vorgelegten Unterlagen - deren Gebrauch im Betrieb der Beteiligten zu 2) unterstellt - ergibt sich vielmehr eine völlige Abkehr vom bisherigen System.

In einer solchen einseitigen Anwendung eines Entgeltschemas durch die Beteiligte zu 2) würde zwar ein Mitbestimmungsverstoß nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG liegen. Dieser hat aber nicht die Weitergeltung des bisherigen Entgeltschemas zur Folge.

Dafür ist auch nach der Rechtsprechung des BAG vom 02.03.2004 nämlich erforderlich, dass das ursprüngliche System - wenn auch in modifizierter Form - im Betrieb weiter zur Anwendung gelangt ist.

Hieran fehlt es.

Zwar hat das BAG in seiner Entscheidung vom 02.03.2004 ausgeführt, der Wegfall der Bindung des Arbeitgebers an die tariflichen Entlohnungsgrundsätze ändere nichts daran, dass diese bislang im Betrieb angewendet worden seien. In dem in die Praxis umgesetzten Beschluss, liege eine Änderung im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG (BAG v. 02.03.2004 a.a.O.).

Hieraus leitet allerdings nicht ab, die bisherigen Entlohnungsgrundsätze würden nach Kündigung des Tarifvertrages solange weitergelten, wie nicht zwischen den Sozialpartnern eine neue Vergütungsordnung vereinbart werde. Diese Auffassung des Beteiligten zu 1) übersieht, dass der Entscheidung der BAG gerade ein Sachverhalt zugrunde lag, nach dem das bisherige Entgeltschema auch für neu eingestellte Arbeitnehmer weiterhin "modifiziert" angewandt wurde. Erst aus einem solchen in die Praxis umgesetzten Entschluss des Arbeitgebers diese Entlohnungsgrundsätze künftig nicht mehr oder jedenfalls modifiziert anzuwenden, hat das BAG die Rechtsfolge der Weitergeltung der Vergütungsordnung in ihrer vor der Änderung bestehenden Struktur abgeleitet.

Werden demgegenüber - wie vorliegend - ohne tatsächlich Weiteranwendung des bisherigen Systems völlig neue Entlohnungsgrundsätze eingeführt, kann dies nicht als eine Modifizierung des bisherigen tatsächlich angewandten Systems angesehen werden.

cc) Auch ein einseitiger Entschluss des Beteiligten zu 2) die Entlohnungsgrundsätze des bisherigen Haustarifvertrages nicht mehr anzuwenden liegt nicht vor. Der Wegfall dieser Entgeltgrundsätze leitet vielmehr aus dem von der Beteiligten zu 2) wirksam ausgeübten Kündigungsrecht zum 31.12.2004 ab.

e) Fehlt es vorliegend somit an einem einseitigen Entschluss des Beteiligten zu 2) das bisherige Entgeltsystems nicht mehr bzw. in modifizierter Form anzuwenden und ergibt sich allein aus der wirksamen Kündigung des Haustarifvertrages und aus dem Wegfall der Tarifbindung, dass der bisherige Haustarifvertrag nicht weiter anzuwenden ist, liegt darin selbst auch keine Verletzung eines Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG.

Die Beteiligte zu 2) kann vielmehr grundsätzlich als Folge der fehlenden Nachwirkung nach Kündigung eines Tarifvertrages frei darüber befinden, ob sie zukünftig individuelle Vergütungsvereinbarungen trifft, ohne dass sie auf eine bestimmte Vergütungsordnung zurückgreift, oder ob sie unter Mitwirkung des Betriebsrates ein neues Entlohnungssystem einführt (vgl. LAG Niedersachen v. 30.03.2003 - 5 TaBV 91/02 - juris).

Auch die Tatsache, dass - unterstellt es sei so - in der einseitigen Anwendung eines "neuen" Entgeltschemas durch die Beteiligte zu 2) eine Verstoß gegen § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zu sehen, führt nicht dazu, Mitbestimmungsrechte zur Eingruppierung nach dem Entgeltschema des gekündigten Haustarifvertrages verlangen zu können.

Die Möglichkeit des Beteiligten zu 1) ein Entgeltschema unter den Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG auf seine Initiative hin zu schaffen, ändert daran nichts.

Dieses Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats führte nach Schaffung einer solchen Ordnung lediglich dazu, nunmehr eine Eingruppierung im Sinne des § 99 BetrVG hiernach vorzunehmen.

3. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt von klärungsbedürftigen Fragestellungen ab, die von grundsätzlicher Bedeutung sind.

Ende der Entscheidung

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