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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 18.07.2007
Aktenzeichen: 8 TaBV 4/07
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 1 Abs. 2
BetrVG § 3 Abs. 1
BetrVG § 19
Für die Annahme eines gemeinsamen Betriebes ist u. a. Voraussetzung, dass feststellbar ist, dass sich dessen einheitliche Leitung auf die wesentlichen Funktionen des Arbeitgebers in personellen und sozialen Angelegenheiten bezieht.

Durch Tarifvertrag können abweichende Arbeitnehmervertretungsstrukturen gem. § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG nur festgelegt werden, wenn die gesetzlichen Regelungen aufgrund besonderer Umstände und Erfordernisse einer wirksamen und zweckmäßigen Interessenvertretung der Arbeitnehmer nicht genügt.


Tenor:

Die Beschwerde des Beteiligten zu 5) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 27.09.2006 - 3 BV 50/06 - wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Beteiligte zu 1) ist der aus der Betriebsratswahl vom 27./28.03.2006 hervorgegangene Betriebsrat, der für die Beteiligten zu 1) bis 4) gewählt worden ist. Das Wahlergebnis wurde am 29.03.2006 bekannt gegeben.

Mit der am 05.04.2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antragsschrift machen die Beteiligten zu 1) bis 4) geltend, dass die Betriebsratswahl unwirksam sei. Sie auf beruhe auf einer Verkennung des Betriebsbegriffs, da die Beteiligten zu 1) bis 4) eigenständige Betriebe seien und nicht einen Gemeinschaftsbetrieb bildeten.

Bei den Beteiligten zu 1), 2), 3) und 4) handelt es sich um Gesellschaften mit beschränkter Haftung; die Geschäftsführer der einzelnen Gesellschaften sind personenverschieden.

Die Beteiligte zu 1) ist ein bundesweit operierendes Unternehmen auf den Gebieten Industrieservice, Entsorgung und Sanierung. Die Beteiligte zu 1) verfügt über eine Zentralabteilung Personal unter der Leitung von Herrn S und seiner Stellvertreterin Frau W .

Die Beteiligte zu 2) ist aus dem Unternehmensbereich SanierungsService der Beteiligten zu 1) hervorgegangen. Dieser Unternehmensbereich wurde zum 01.01.2006 in die Beteiligte zu 2) ausgegliedert. Der Beteiligten zu 2) wurde das den Unternehmensbereich SanierungsService betreffende Anlagevermögen (u. a. Fahrzeuge und Werkzeug) übereignet. Sie führt Dienstleistungen in der Boden- und Gebäudesanierung durch. Von ihren zwei Betrieben unterhält die Beteiligte zu 2) einen am Standort K . Zum Geschäftsführer wurde Herr A R bestellt. Zum 01.02.2006 ist Herr D B zum weiteren Geschäftsführer der Beteiligten zu 2) bestellt worden. Ausübender des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts des Betriebs Köln ist Herr A R . Durch ihn erfolgt auch die Disposition der Arbeitnehmer der Beteiligten zu 2).

Die Beteiligte zu 3) wurde im Jahr 2000 gekauft und ist seit dieser Zeit eine eigenständige GmbH. Sie führt Reinigungsarbeiten an Anlagenkomponenten in konventionellen Verbrennungsanlagen und Kraftwerken durch. Bei ihr wird das Direktionsrecht des Arbeitgebers vor Ort im Chemiepark K durch Herrn Sch und Herrn L sowie im Übrigen durch die Betriebs- und Einsatzleiter ausgeübt. Die Disposition der Mitarbeiter der Beteiligten zu 3) erfolgt durch einen eigenen Disponenten.

Zu den Betätigungsfeldern der Beteiligten zu 4) gehören das Katalysatorhandling und Instandhaltungsarbeiten an Reaktoren in Raffinerien. Sie besteht seit knapp 30 Jahren als eigenständige Gesellschaft. Ihr arbeitgeberseitiges Direktionsrecht wird vor Ort durch deren Betriebs- und Einsatzleiter ausgeübt. Die Disposition der Mitarbeiter der Beteiligten zu 4) erfolgt durch die deren Disponenten.

Die Beteiligten zu 2) bis zu 4) führen ihre Betriebe am Standort K auf dem Betriebsgelände der Beteiligten zu 1). Hierzu wurden jeweils von der Beteiligten zu 1) Büro- und Sozialräume, sowie Hof- und Platzflächen angemietet.

Bereits vor dem 01. Januar 2006 bestand für die Buchengruppe und ihre verbundenen Unternehmen ein sogenanntes Managementhandbuch.

Dort heißt es im Kapitel MH 5 mit dem Titel " Unternehmensführung" unter der Ziffer 5.1:

"[...] B übernimmt strategische und koordinierende Funktionen u. a. in den Bereichen Qualität, Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz, Finanz und Rechnungswesen, Controlling, Materialwirtschaft, Personalwesen, Recht, Informationstechnologie, Stillstandsmanagement und Öffentlichkeitsarbeit. Diese Zentralfunktionen sind Dienstleister für die Buchen Gruppe [...]."

Unter der Ziffer 5.1.4 heißt es weiter:

"[...] Die Regionalleiter der B und die Geschäftsführer der verbundenen Unternehmen tragen die dezentrale Ergebnisverantwortung in ihrem Bereich bei gleichzeitiger Orientierung an den gemeinsamen Unternehmenszielen.

Sie sind zuständig für die Planung, Koordination, Durchführung und Kontrolle der jeweiligen operativen Geschäfte [...]."

In der zum Managementhandbuch gehörenden Verfahrensanweisung V 5.3 BU mit dem Titel "Unterschriftenregelung/Genehmigungs- und Beteiligungserfordernisse für B , BK , IS , BS , M , BM und BSI s.a.r.l." heißt es unter Ziffer 3.6:

"[...] Bei folgenden Rechtsgeschäften ist in jedem Fall vor rechtswirksamer Erklärung der Geschäftsführung der relevanten Tochterunternehmen bzw. der Regionalleitung nach entsprechender Information und Abstimmung mit dem betreuenden Geschäftsführer der B die Einwilligung der Geschäftsführung der B einzuholen. In diesem Zusammenhang wird auch auf die jeweils gültige Geschäftsordnung hingewiesen. Für eine entsprechende Einwilligung ist die jeweilige Zentralfunktion (ZF) der B auf der Basis einer adäquaten Vorbereitung der beantragenden Einheit (grundsätzlich GF Tochtergesellschaft/Regionalleiter) verantwortlich.

[...]

- Einleitung oder Beendigung von Rechtsstreitigkeiten vor Gerichten oder Schiedsverfahren (Recht / Personal bei arbeitsgerichtlichen Streitigkeiten)

Schwellenwert bearbeitende ZF Entscheidung

bis 100.000,- € Recht (Personal) funkt. zust. GF B

über 100.000,- € Recht (Personal) GF B gesamt

- Abschluss, Änderung oder Beendigung von Anstellungsverträgen

(Die Einwilligung der B wird durch die Zentralabteilung Personal herbeigeführt)

Schwellenwert bearbeitende ZF Entscheidung

bis 30.000,- € Personal GF Tochter / Regionalleiter in vorheriger Abstimmung mit ZF Personal

bis 50.000,- € Personal GF B

über 50.000,- € Personal GF B gesamt

- Abschluss von Verträgen, mit denen die Übernahme von Mitarbeitern verbunden ist (Recht in Abstimmung mit Personal)

bearbeitende ZF Entscheidung

Recht in Abst. mit Personal GF B gesamt

[...]."

Zwischen den Beteiligten zu 1) und 2), zu1) und 3) und zwischen den Beteiligten zu 1) und 4) wurde jeweils am 03. Februar 2006 ein Dienstleistungsvertrag betreffend der Erbringung verschiedener Leistungen geschlossen. Inhaltlich sind die Verträge im Wesentlichen bis auf die vereinbarte Vergütungshöhe gleich. Die Beteiligte zu 1) verpflichtete sich in den Verträgen die Beteiligten zu 2) bis zu 4) auf vielen im einzelnen näher benannten Gebieten zu beraten, zu unterstützen und die auf diesen Gebieten anfallenden erforderlichen Arbeiten durchzuführen. Unter anderem verpflichtete sie sich zur:

- Beratung und fachlichen Entscheidungsvorbereitung bei personellen und mitbestimmungsrelevanten Angelegenheiten sowie der administrativen Vorbereitung und Begleitung. Betriebsanhörungen, Schriftwechsel mit Mitarbeitern etc. erfolgen grundsätzlich in Vertretung für den Geschäftsführer.

- Beratung, Unterstützung in Fragen der ITK und Einbindung in das Netzwerk.

- Beratung und Unterstützung im Finanz- und Rechnungswesen.

Für die Beteiligten gilt der zwischen der R und den Gewerkschaften ver.di, IGBCE und IG Metall geschlossene Tarifvertrag vom 26.11.2002. Dort heißt es unter Ziffer 3.1:

"Soweit Betriebsratswahlen stattfinden, ist je ein Betriebsrat für alle Organisationseinheiten zu wählen, bei denen auf Arbeitgeberseite ein für die Beratung und Entscheidung der unter das BetrVG fallenden betrieblichen Mitbestimmungsangelegenheiten aller in ihnen beschäftigten Arbeitnehmer einheitlich zuständiger Ansprechpartner besteht.

[...]

"Ansprechpartner" gem. Satz 1 sind eine oder mehrere natürliche Personen oder ein Gremium. Für die Befugnis zur "Beratung und Entscheidung" gem. Satz 1 sind etwaige interne Zustimmungsvorbehalte o. Ä. unerheblich."

Im Vorfeld der im Jahr 2006 anstehenden Betriebsratswahl schrieb der Personalleiter der Beteiligten zu 1), Herr S , dem Wahlvorstand am 20.01.2006 in einer E-Mail zu der Frage des Bestehens eines Gemeinschaftsbetriebs am Standort K :

"[...] Abgestellt wird dabei gem. Mitbestimmungsstrukturtarifvertrag im wesentlichen auf einen einheitlichen Leitungsapparat, insbesondere ob auf Arbeitgeberseite ein für die Beratung und Entscheidung der unter das BetrVG fallenden betrieblichen Mitbestimmungsangelegenheiten einheitlich zuständiger Ansprechpartner besteht. Etwaige interne Zustimmungsvorbehalte o. ä. sind dabei unerheblich. [...] Diese Voraussetzung ist für den Betrieb K der B , der BS , der IC und der BK am Standort K nicht gegeben. [...] erster Ansprechpartner im vorgenannten Sinne für den Betrieb K der B Herr W K ist, für die IC Herr R B , für die BS Herr A R , für die BK Herr F -J E . Die GF des Gesellschafters BUS sowie meine Person haben hier lediglich übergeordnete Zustimmungs-/Entscheidungsbefugnisse."

Für die Betriebsratswahl im März 2006 ging der Wahlvorstand in seiner Wahlausschreibung vom 10.02.2006 von einem Gemeinschaftsbetrieb am Standort K aus.

Mit Schreiben vom 21.02.2006 wandte sich Herr S erneut an den Wahlvorstand und teilte ihm im Wesentlichen nochmals den Inhalt der E-Mail vom 20.01.2006 mit.

Das Arbeitsgericht hat auf Antrag der Beteiligten zu 1) bis 4) die Betriebsratswahl für unwirksam erklärt.

Zur Begründung hat es im wesentlich ausgeführt:

Eine einheitliche Betriebsratswahl für mehrere Firmen könne nur dann mit der Folge der Schaffung eines einheitlichen Betriebsrats erfolgen, wenn zwischen den verschiedenen Firmen eine gemeinschaftliche Führung der verschiedenen Betriebe erfolgt. Dabei käme es auf die tatsächliche Handhabung und Realisierung an, also ob tatsächlich eine gemeinsame Betriebsführung mit gemeinschaftlicher Entscheidung praktiziert werde. Da die Frage der gemeinschaftlichen Entscheidung nicht ohne weiteres feststellbar sei, ließe das Gesetz die Vermutungswirkung des § 1 Abs. 2 Nr. 1 und des § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG zu. Die Voraussetzungen für das Eingreifen der Vermutungswirkung lägen jedoch nicht vor.

Wegen der Einzelheiten der arbeitsgerichtlichen Begründung wird auf Bl. 299 - 306 d. A. Bezug genommen.

Gegen den ihm am 02.01.2007 zugestellten Beschluss erster Instanz wendet sich der Beteiligte zu 5) mit seiner am 11.01.2007 eingelegten und am 02.03.2007 begründeten Beschwerde.

Der Beteiligte zu 5) weist unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags darauf hin, dass das Arbeitsgericht fehlerhaft davon ausgegangen sei, dass die Betriebsratswahl für rechtsunwirksam zu erklären war.

Das Arbeitsgericht verkenne, dass die tatsächliche Personalverantwortung für die Beteiligten zu 1) bis zu 4) bei der Beteiligten zu 1) liege.

Die Unternehmen der Beteiligten zu 1) bis zu 4) bildeten am Standort K einen gemeinsamen Betrieb. Das Arbeitsgericht habe hierzu das in den Anlagen A 12, A 13, A 14 und AG 9 auszugsweise vorgelegte Managementhandbuch der Buchen Gruppe nicht gewürdigt.

Zudem würden zur Verfolgung arbeitstechnischer Zwecke die Betriebsmittel und die Arbeitnehmer der Unternehmen gemeinsam eingesetzt.

Für die Annahme eines Gemeinschaftsbetriebes spräche zudem als Indizwirkung der vor dem 31.12.2005 bestehende gemeinschaftliche Betriebsrat der Beteiligten zu 1), 3) und 4).

Das Arbeitsgericht verneine zudem fehlerhaft das Vorliegen der Vermutungswirkung des § 1 Abs. 2 BetrVG.

Schließlich sei die gemäß § 3.1 des zwischen der R und den Gewerkschaften ver.di, IGBCE und IG-Metall geschlossenen Tarifvertrags durchgeführte Betriebsratswahl rechtmäßig erfolgt.

Der Beteiligte zu 5) beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 27.09.2006 - 3 BV 50/06 - abzuändern und die Anträge der Antragstellerinnen zu 1 bis zu 4) zurückzuweisen.

Die Beteiligten zu 1) bis zu 4) beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigen den arbeitsgerichtlichen Beschluss und tragen vor, ihre Betriebe am Standort K würden keinen gemeinsamen Betrieb bilden. Die Betriebsratswahl sei rechtsunwirksam.

Wegen des sonstigen Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Akte und die gewechselten Schriftsätze der Verfahrensbeteiligten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren Bezug genommen.

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Der Beteiligte zu 5) hat gegen den ihm am 02.01.2007 zugestellten Beschluss erster Instanz fristwahrend binnen eines Monats nach Zustellung am 11.01.2007 Beschwerde eingelegt und diese Beschwerde sodann fristwahrend mit der Beschwerdebegründungsschrift, die am 02.03.2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist, begründet.

Die Beschwerdebegründung setzt sich im Einzelnen mit dem Beschluss erster Instanz auseinander und erfüllt danach hinreichend die Voraussetzungen an ein ordnungsgemäß eingelegtes Rechtsmittel.

2. Die Beschwerde ist nicht begründet.

Das Arbeitsgericht hat auf die fristwahrend im Sinne des § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG erfolgte Anfechtung der Beteiligten zu 1) bis 4) zu Recht die Betriebsratswahl, die für die B in der Zeit vom 27.03.2006 bis 28.03.2006 durchführt wurde, für unwirksam erklärt.

Es ist nicht mit der Beteiligten zu 5) anzunehmen, die Betriebsratswahl sei rechtmäßig im Sinne von § 3.1 des zwischen der R und den Gewerkschaften ver.di, IGBCE und IG Metall geschlossene Tarifvertrag vom 26.11.2002 erfolgt.

Die Beteiligten zu 1) bis zu 4) führen am Standort K auch nach Maßgabe der Vermutungstatbestände nach § 1 Abs. 2 BetrVG keinen gemeinsamen Betrieb, für dessen betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheiten ein gemeinsamer Betriebsrat hätte gewählt werden dürfen.

Hinzukommt, dass die durchgeführte Betriebsratswahl schon dann für unwirksam zu erklären ist, wenn nur für eine der Beteiligten zu 2) bis 4) deren betriebsverfassungsrechtliche Eigenständigkeit gegenüber der Beteiligten zu 1 ) anzunehmen ist.

Dies ist vorliegend jedenfalls zu bejahen.

Daher konnte der Beteiligte zu 5) nicht wirksam gewählt werden.

a) Die Vermutungstatbestände des § 1 Abs. 2 BetrVG führen nicht zur Annahme eines gemeinsamen Betriebes der beteiligten zu 1) bis 4).

Der Vermutungstatbestand des § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG liegt nicht vor.

Er könnte nach dem Vortrag des Beteiligten zu 5) allenfalls im Verhältnis des Beteiligten zu 1) zur Beteiligten zu 2) in Betracht kommen, nicht hingegen für das Verhältnis der Beteiligten zu 1), zu den Beteiligten zu 3) und zu 4). Dies aber wäre Voraussetzung, um hiernach die einheitlich für die Betriebe der Beteiligten zu 1) bis 4) durchgeführte Betriebsratswahl nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG als wirksam anerkennen zu können. Die Wirksamkeit der durchgeführten Betriebsratswahl leitet daher jedenfalls nicht aus § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG ab.

b) Auch der Vermutungstatbestand des § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG liegt nicht vor.

Hinreichende tatsächliche Voraussetzungen des Eingreifens der Vermutung des § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG sind nicht feststellbar.

Von einem gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen ist nach der bisherigen ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auszugehen, wenn die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel für einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt werden und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wird. Die einheitliche Leitung muss sich auf die wesentlichen Funktionen des Arbeitgebers in personellen und sozialen Angelegenheiten erstrecken (BAG 17. August 2005 - 7 ABR 62/04; BAG 9. Februar 2000 - 7 ABR 21/98 -, zu B I der Gründe; BAG 31. Mai 2000 - 7 ABR 78/98 - aaO; BAG 21. Februar 2001 - 7 ABR 9/00 - EzA BetrVG 1972 § 1 Nr. 11).

(1) Für die erstere Voraussetzung zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzte materielle und immaterielle Mittel für einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck ist vorliegend festzustellen:

Die Beteiligten zu 1) bis zu 4) haben unterschiedliche Aufgabenfelder.

Die Beteiligte zu 1) ist im Bereich Industrieservice tätig.

Die Beteiligten zu 2) ist Dienstleisterin in den Bereichen Boden- und Gebäudesanierungen, die Beteiligte zu 3) führt Reinigungsarbeiten von Anlagenkomponenten in Verbrennungsanlagen und Kraftwerken durch, die Beteiligte zu 4) schließlich befasst sich mit Katalysatorhandling und Instandhaltungsarbeiten an Reaktoren.

Die für die jeweilige Aufgabenstellung benötigten Betriebsmittel sind zwangsläufig unterschiedlich.

Bei den von dem Beteiligten zu 5) genannten gemeinsam genutzten Einrichtungen wie dem Finanz- und Rechnungswesen, der Kfz-Werkstatt, der Poststelle und der ITK handelt es sich demgegenüber nicht um die zur Verfolgung des jeweiligen betrieblichen Zwecke primär erforderlichen Betriebsmittel. Sie erfüllen vielmehr Hilfsfunktionen.

In diesem Zusammenhang sind zudem die darüber abgeschlossenen Dienstleistungsverträge zu berücksichtigen bzw. die für die Reparaturen in der Werkstatt erfolgten Rechnungsstellungen. In Bezug auf die in erster Linie verfolgten unterschiedlichen arbeitstechnischen Zwecke der Beteiligten zu 1) bis zu 4) fehlt es somit an einen gemeinsamen Betrieb prägenden erforderlichen einheitlichen Betriebsmitteln.

Für die Annahme eines gemeinsamen Betriebes spricht vorliegend nicht die gemeinsame betriebliche Örtlichkeit.

Die Beteiligten zu 2) bis zu 4) sind zwar alle am gleichen Standort in den Räumlichkeiten der Beteiligten zu 1) untergebracht.

Dies kann ein Indiz für einen einheitlichen Betrieb sein, da hieraus auf eine organisatorische Verflechtung hinsichtlich der Betriebsabläufe geschlossen werden kann (BAG 25. Mai 2005 - 7 ABR 38/04).

Vorliegend steht dem schon entgegen, dass die Beteiligten zu 1) bis zu 4) zwar auf demselben Grundstück aber räumlich getrennt untergebracht sind. Die genutzten Räume und Flächen wurden jeweils von der Beteiligten zu 1) angemietet. Daraus allerdings kann gerade nicht auf eine organisatorische Verknüpfung geschlossen werden.

2. Für die zweite Frage, ob der Kern der Arbeitgeberfunktionen in sozialen und personellen Angelegenheiten von derselben institutionalisierten Leitung ausgeübt wird, ist zum einen entscheidend, ob ein arbeitgeberübergreifender Personaleinsatz praktiziert wird, der charakteristisch für den normalen Betriebsablauf ist (BAG 24. Januar 1996 - 7 ABR 10/95).

Hierzu gilt festzustellen:

Das arbeitgeberseitige Direktionsrecht und die Disposition der Arbeitnehmer wird von den Beteiligten zu 1) bis zu 4) selbständig wahrgenommen. Der Beteiligte zu 5) hat keinen einheitlichen auf sämtliche Beteiligte zu 1) bis 4) gemeinsamen Personaleinsatz vorgetragen, der für den normalen Betriebsablauf charakteristisch ist.

Der Beteiligte zu 5) nennt hierfür wenig substantiiert lediglich zwei Zeiträume. Nach seinen Angaben sind einmal 3 Arbeitnehmer der Beteiligten zu 1), Mitarbeiter der Ölwehr, im Zeitraum vom 16.03.2006 bis zum 03.05.2006 für die Beteiligten zu 2) und zu 3) tätig gewesen. Dabei haben sie Arbeitsgerät der Beteiligten zu 1) genutzt und ihre Anweisungen unmittelbar von Mitarbeitern der Beteiligten zu 2) und zu 3) erhalten. Ein anderes Mal hätten Arbeitnehmer der Beteiligten zu 4) am 11.01.2006 bis 12.01.2006 für die Beteiligte zu 1) diverse Tätigkeiten ausgeführt.

Dies reicht für die Annahme eines regelhaften arbeitgeberübergreifender Personaleinsatz, der charakteristisch für den normalen Betriebsablauf der Beteiligten wäre, nicht aus.

Hinzukommt, dass die Beteiligten zu 1) bis 4) die Tätigkeiten in den von dem Beteiligten zu 5) angegeben Zeiträumen genau angeben (Bl. 131 - 135 d.A.) und die Einsätze begründen. Dabei zeigt sich, dass die zusätzlichen Mitarbeiter nur tageweise bzw. teilweise auch nur stundenweise im Einsatz waren. Die Einsätze wurden den die Arbeitnehmer anfordernden Beteiligten in Rechnung gestellt. Auch hiernach kann nicht auf organisatorische Verknüpfung der Betriebe der Beteiligten zu 1) bis zu 4) geschlossen werden.

Ein für einen gemeinsamen Betrieb erforderlichen einheitlichen Leistungsapparat in mitbestimmungsrelevanten Angelegenheiten in personellen und ist nicht anzunehmen.

Die Beteiligten zu 1) bis zu 4) haben jeweils personenverschiedene Geschäftsführer bzw. Regionalleiter.

Sie tragen nach dem Managementkonzept der Buchen Gruppe die dezentrale Ergebnisverantwortung in ihrem Bereich und sind zuständig für die Planung, Koordination, Durchführung und Kontrolle der jeweiligen operativen Geschäfte. Nach dem Konzept übernimmt die Beteiligte zu 1) eine strategische und koordinierende Funktion und ist Dienstleister für die B .

Die jeweiligen Geschäftsführer bzw. Regionalleiter sind die dem Betriebsrat genannten Ansprechpartner in Fragen der Mitbestimmung. Ihre Selbständigkeit zeigt sich in den sogenannten Monatsgesprächen und den ohne Beteilung der Beteiligten zu 1) verhandelten Betriebsvereinbarungen.

Insbesondere liegt auch die Personalverantwortlichkeit in ausreichendem Maße bei der jeweiligen Beteiligten und nicht allein bei der Beteiligten zu 1).

Das gegenteilige vom Beteiligten zu 5) angenommene Ergebnis folgt insbesondere nicht aus die Ziffer 3.6 der Verfahrensanweisung.

Ziff. 3.6 der Verfahrensanweisung verlangt zwar bei arbeitsgerichtlichen Streitigkeiten, beim Abschluss von Verträgen, mit denen die Übernahme von Mitarbeitern verbunden ist und in arbeitsrechtlichen Statusfragen "in jedem Fall" die vorherige Einwilligung der jeweiligen Zentralfunktion der Beteiligten zu 1).

Dieses Verlangen wird allerdings bereits hinsichtlich arbeitsrechtlicher Statusfragen und Vertragsgestaltungen durch Festlegung von Schwellenwerten wieder stark eingeschränkt.

Übersteigt das Jahreseinkommen eines Arbeitnehmers nicht 30.000,- Euro ist der jeweilige Geschäftsführer bzw. Regionalleiter in arbeitsrechtlichen Statusfragen selbst entscheidungsverantwortlich. Die Beteiligten zu 1) bis zu 4) haben zumindest für die Mitarbeiter der Beteiligten zu 3) und zu 4) in nachvollziehbarer Weise dargelegt, dass die meisten ihrer Arbeitnehmer nicht mehr als 30.000,- Euro im Jahr verdienen. In ihrer Beschwerdeerwiderung schlüsseln sie auf, dass bei der Beteiligten zu 3) 37 von 49 und bei der Beteiligten zu 4) 47 von 70 Arbeitnehmern nicht mehr als 30.000,- Euro im Jahr verdienen.

Die verbleibenden Zustimmungsvorbehalte sind als Ausfluss des Gesellschaftsrechts ebenfalls nicht geeignet den jeweiligen Ansprechpartner ihre Entscheidungsverantwortung abzusprechen.

Dies kommt auch in § 3.1 des Tarifvertrages zum Ausdruck nach dem etwaige interne Zustimmungsvorbehalte o. Ä. unerheblich sind.

Dort ist nämlich ausdrücklich festgelegt:

"Soweit Betriebsratswahlen stattfinden, ist je ein Betriebsrat für alle Organisationseinheiten zu wählen, bei denen auf Arbeitgeberseite ein für die Beratung und Entscheidung der unter das BetrVG fallenden betrieblichen Mitbestimmungsangelegenheiten aller in ihnen beschäftigten Arbeitnehmer einheitlich zuständiger Ansprechpartner besteht.

[...]

"Ansprechpartner" gem. Satz 1 sind eine oder mehrere natürliche Personen oder ein Gremium. Für die Befugnis zur "Beratung und Entscheidung" gem. Satz 1 sind etwaige interne Zustimmungsvorbehalte o. Ä. unerheblich."

Wenn die Beteiligte zu 1) darüber hinaus in den Zuständigkeitsbereichen der Beteiligten zu 2 bis zu 4) tätig wird und hierbei insbesondere der Bereich personelle und sozialer Angelegenheiten im Sinne des Betriebsverfassungsrechts angesprochen ist, tut sie dies im Rahmen ihrer Verpflichtungen aus dem jeweiligen Dienstleistungsvertrag mit den Beteiligen zu 2) bis zu 4) vom 03.Februar 2006.

Nach diesen Dienstleistungsverträgen ist die Beteiligte zu 1) allerdings nur zur Beratung sowie der fachlichen Entscheidungsvorbereitung bei personellen und mitbestimmungsrelevanten Angelegenheiten zuständig. Soweit die Beteiligte zu 1) dabei auch die administrative Vorbereitung und Begleitung zu leisten hat wie bei Betriebsanhörungen, Schriftwechsel mit Mitarbeitern u. Ä. erfolgt dies laut Dienstvertrag grundsätzlich in Vertretung für den jeweiligen Geschäftsführer. Damit schließt dies dessen Entscheidungsverantwortung gerade nicht aus, zumal diese regelmäßig der Einschaltung der Beteiligten zu 1) als Dienstleister vorauszugehen hat.

c) Die danach lediglich feststellbare unternehmerische Zusammenarbeit der Beteiligten zu 1) bis 4) genügt für die Annahme eines gemeinsamen Betriebes der Beteiligten zu 1) bis 4 ) nicht.

d) Die Möglichkeit den Beteiligten zu 5) zu wählen und die Wirksamkeit der durchgeführten Betriebsratswahl leitet nicht aus erleichterten Voraussetzungen nach § 3.1 des zwischen der R und den Gewerkschaften ver.di, IGBCE und IG Metall geschlossene Tarifvertrag vom 26.11.2002 ab.

(1) Es bestehen bereits Bedenken, ob die Regelungen in § 3 des Tarifvertrages als wirksam angesehen werden können.

Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG können durch Tarifvertrag andere, von §§ 1, 4 BetrVG abweichende Arbeitnehmervertretungsstrukturen bestimmt werden, soweit dies insbesondere aufgrund der Betriebs-, Unternehmens- oder Konzernorganisation oder aufgrund anderer Formen der Zusammenarbeit von Unternehmen einer wirksamen und zweckmäßigen Interessenvertretung der Arbeitnehmer dient (BAG 10. November 2004 - 7 ABR 17/04 - ).

§ 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG meint Fälle, in denen die gesetzliche Regelung auf Grund der besonderen Umstände den Erfordernissen einer wirksamen und zweckmäßigen Interessenvertretung der Arbeitnehmer nicht genügt.

Regelungen für diese Fallkonstellation trifft aber § 3 des Tarifvertrages nicht.

Vielmehr stellt § 3 des Tarifvertrages auf eine Konstellation ab, die typischerweise vorliegt, wenn mehrere Unternehmen einen gemeinsamen Betrieb führen. In einem gemeinsamen Betrieb kann aber bereits nach § 1 Abs. 1 BetrVG ein Betriebsrat gewählt werden. Ein gemeinsamer Betrieb muss nicht von den Unternehmen nach Maßgabe tarifvertraglicher Bestimmungen als solcher bezeichnet oder bestimmt werden. Er wird zudem vom Gesetzgeber unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 BetrVG vermutet.

Damit fußt § 3 des Tarifvertrages nicht auf § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG.

(2) Die rechtlichen Bedenken gegen den § 3.1 des Tarifvertrages können allerdings dahinstehen, da dessen Voraussetzungen - die Vorschrift als wirksam unterstellt - nicht als gegeben angesehen werden können.

In den Betrieben am Standort K der Beteiligten zu 1) bis zu 4) hätten nach §§ 1 und 4 BetrVG eigenständige Betriebsräte und nicht ein gemeinsamer Betriebsrat gewählt werden müssen.

Die Beteiligten zu 1) bis zu 4) bilden keine nach § 3.1 des vorgenannten Tarifvertrages erforderliche Organisationseinheit, bei der auf Arbeitgeberseite ein für die Beratung und Entscheidung der unter das BetrVG fallenden betrieblichen Mitbestimmungsangelegenheiten aller in ihr beschäftigten Arbeitnehmer einheitlich zuständiger Ansprechpartner festzustellen ist.

Entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 5) gibt es keine umfassend gemeinsame Personalplanung mit einem einheitlich zuständigen Ansprechpartner.

Die Beteiligten zu 1) bis zu 4) sind jeweils rechtlich selbständige Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit eigenen Geschäftsführern.

Bereits daraus leite originär eigene Personalverantwortlichkeit ab.

Über die jeweiligen Ansprechpartner wurde wie in § 3.1 des Tarifvertrages vorgesehen Auskunft erteilt.

Dies ist zunächst erfolgt in der E-Mail vom 20.01.2006 und sodann mit Schreiben vom 21.02.2006 an den Wahlvorstand.

Entgegen der Meinung des Beteiligten zu 5) tragen diese genannten betrieblichen Ansprechpartner ausreichend eigenständige Entscheidungsverantwortung in personellen und sozialen Angelegenheiten.

Sie werden als Ansprechpartner nicht durch die Beteiligte zu 1), bzw. Herrn S als Leiter der Zentralfunktion (ZF) Personal der Beteiligten zu 1) derartig verdrängt, dass angenommen werden könnte, eigene prägende Verantwortlichkeiten entfielen.

Ergänzend ist hierzu auf die Ausführungen zu vorstehend II. 2 b) (2) zu verweisen.

Damit liegen jedenfalls die Ausnahmevoraussetzungen des § 3.1 des Tarifvertrages vor, wonach für den zur Beratung und Entscheidung zuständigen Ansprechpartner in Mitbestimmungsangelegenheiten etwaige interne Zustimmungsvorbehalte o. Ä. unerheblich sind. Hiernach hat jede der Beteiligten zu 1) bis 4) einen eigenständigen Ansprechpartner in Mitbestimmungsangelegenheiten, so dass auch bei jeder der Beteiligten zu 1) bis 4) ein Betriebsrat hätte gewählt werden müssen.

3) Das Arbeitgericht hat hiernach zu Recht den Antrag des Beteiligten zu 5) zurückgewiesen.

III.

Die Entscheidung des Rechtsstreits beruht auf den Umständen des Einzelfalles. Der Rechtsstreit hat keine grundsätzliche Bedeutung. Aus diesen Gründen hat die Kammer die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen.

Ende der Entscheidung

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