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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 18.07.2006
Aktenzeichen: 9 (10) Sa 343/06
Rechtsgebiete: BGB, MTV DLH


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 157
BGB § 242
BGB § 611
MTV DLH § 1 Abs. 3
1. In der bloßen Äußerung einer - möglicherweise falschen - Rechtsansicht liegt noch keine Teilkündigung (Anschluss an BAG, Urteil vom 22.01.1997 - 5 AZR 658/95 -).

2. Bei der in Form einer betrieblichen Übung erfolgten Zusage auf Fortführung von Flugdienstuntauglichkeits-, Unfall- und Lebensversicherungen mit unveränderten Versicherungssummen und Entrichten der Versicherungsbeiträge handelt es sich um eine Nebenabrede im Sinne von § 1 Abs. 3 MTV DLH.

3. Die Berufung auf die Nichteinhaltung der tarifvertraglichen Schriftform nach § 1 Abs. 3 MTV DLH verstößt gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB), wenn der Arbeitgeber das Schriftformerfordernis nur geltend macht, um mit seinem Einwand Erfolg zu haben, die Zusage habe zwar in der Vergangenheit gegolten, nunmehr sei aber eine andere Regelung in Kraft getreten, die den Arbeitnehmer im Wesentlichen gleich begünstige.


Tenor:

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 25.01.2006 - 9 Ca 7308/05 - wie folgt abgeändert:

a) Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, auch für die Zeit nach dem 31.07.2005 Versicherungsbeiträge für die L-of-L- Versicherung mit einer Versicherungssumme in Höhe von 51.130,00 € zu zahlen.

b) Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, auch für die Zeit nach dem 31.07.2005 Versicherungsbeiträge für die Unfallversicherung mit einer Versicherungssumme für den Todesfall in Höhe von 255.646,00 € und für den Invaliditätsfall in Höhe von 255.646,00 € zu zahlen.

c) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 1/4 und die Beklagte zu 3/4.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, zugunsten des Klägers Versicherungsbeiträge für eine sog. L -of-L -Versicherung mit einer Versicherungssumme in Höhe von EUR 51.130,00 und für eine Unfallversicherung mit einer Versicherungssumme für den Todesfall/den Invaliditätsfall in Höhe von EUR 255.646,00 weiterzuzahlen.

Der Kläger war zunächst bei der G C S GmbH (GCS) als Flugzeugführer eingestellt. In dem schriftlichen Arbeitsvertrag war bestimmt, dass die G zusätzlich zur gesetzlichen Unfallversicherung für den Kläger eine Unfallversicherung für den Todesfall/den Invaliditätsfall über eine Leistung von DM 500.000,00 abschloss. Zudem wurde gemäß dem Arbeitsvertrag von der GCS für den Kläger eine L -of-L -Versicherung über eine Leistung in Höhe von DM 100.000,00 bis zum vollendeten 50. Lebensjahr und in Höhe von DM 50.000,00 nach dem vollendeten 50. bis zum vollendeten 55. Lebensjahr abgeschlossen.

Nach der Verschmelzung mit dem ausgegliederten Cargo-Bereich der D L AG wurde der Kläger bei der L C AG (L ) als Flugzeugführer weiterbeschäftigt. In einem zwischen dem Kläger und der L abgeschlossenen schriftlichen Arbeitsvertrag vom 1. Februar 1996 heißt es, dass die L für ihre Mitarbeiter eine Unfallversicherung für den Todesfall über eine Leistung von DM 90.000,00 und für den Invaliditätsfall über eine Leistung von DM 180.000,00 abschließe. Für den Kläger bei Abschluss des Arbeitsvertrages geltende höhere Versicherungssummen bestünden fort, es sei denn, er wünsche eine Absenkung der Versicherungssummen. Am 3. September 2000 vereinbarten die L und der Kläger die einvernehmliche Aufhebung des Arbeitsverhältnisses zum 3. September 2000 im Hinblick auf die ab 4. September 2000 wirksame Übernahme des Klägers durch die Beklagte.

Mit der Beklagten schloss der Kläger am 12. September 2000 für die Zeit ab dem 4. September 2000 einen schriftlichen Arbeitsvertrag über die Beschäftigung als Flugzeugführer. Unter Ziff. 2 wurde bestimmt, dass die gegenseitigen Rechte und Pflichten sich aus dem Gesetz, den Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen und Dienstvorschriften der L in ihrer jeweils geltenden Fassung sowie aus den Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages ergäben. Unter Ziff. 4 Absatz 2 heißt es, alle bei der L durch Zeitablauf erworbenen Anwartschaften blieben bei der Beklagten erhalten.

Der Kläger ist Mitglied der V C e. V. (V ) und die Beklagte ist Mitglied der A V H e. V. (A ).

Diese Tarifvertragsparteien schlossen unter dem 15. Mai 2000 einen Tarifvertrag Übergangsversorgung für das Cockpitpersonal der D L AG (D ). Dieser Tarifvertrag gilt für Mitarbeiter des Cockpitpersonals der D , auf die der Manteltarifvertrag Cockpitpersonal D anwendbar ist. Zudem gilt er im Rahmen der Regelungen des Tarifvertrages Wechsel und Förderung in seiner jeweils geltenden Fassung auch für Cockpitmitarbeiter der D , die einen Arbeitgeberwechsel zu einer anderen Gesellschaft im Konzerntarifvertrag vollziehen. Weiter heißt es, der Tarifvertrag gelte für Cockpitmitarbeiter der L , die dort nach dem 27. September 1995 erstmals ein Arbeitsverhältnis aufgenommen hätten.

Die Tarifvertragsparteien schlossen unter dem 5. November 2002 zudem den Tarifvertrag Übergangsversorgung für das Cockpitpersonal der L mit Einstellungsdatum vor dem 27. September 1995. Dieser Tarifvertrag gilt für Mitarbeiter des Cockpitpersonals der L , die vor dem 27. September 1995 eingestellt wurden und auf die der Manteltarifvertrag Cockpitpersonal L anwendbar ist. Zudem gilt er im Rahmen der Regelung des Tarifvertrages Wechsel und Förderung in seiner jeweils geltenden Fassung für die vorgenannten Cockpitmitarbeiter der L auch dann, wenn sie einen Arbeitgeberwechsel zu einer anderen Gesellschaft im Konzerntarifvertrag vollziehen.

In dem vorstehend genannten Tarifvertrag über Wechsel und Förderung Nr. 2, gültig ab dem 27. Juni 1998, ist unter § 7 Ziff. 11 Folgendes bestimmt:

"Nach einem im Rahmen dieses Tarifvertrages erfolgten Arbeitgeberwechsel zur D , C , L oder C B gelten für die Mitarbeiter bei der Übergangsversorgung und Altersversorgung die für sie bei ihrer bisherigen Gesellschaft hierzu geltenden tariflichen Regelungen weiter. Zur D gewechselte Mitarbeiter der C , C B oder der L , die nicht unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages Übergangsversorgung Cockpit D fallen, wird die Möglichkeit einer Beschäftigung als Cockpitmitarbeiter bis zum 60. Lebensjahr angeboten ...."

In einer Protokollnotiz Nr. III Ziff. 1 e zu dem Tarifvertrag über Wechsel und Förderung Nr. 2 bestimmten die Tarifvertragsparteien ergänzend Folgendes:

"Nach einem Wechsel zur D , C oder C B gilt bei der Übergangsversorgung und bei der Altersversorgung die jeweilige Gestaltung, die auf die Cockpitmitarbeiter der L Anwendung findet anstelle der tarifvertraglichen Regelungen bei D , C oder C B ...."

In dem Manteltarifvertrag für das Cockpitpersonal der D (MTV) ist u. a. Folgendes festgelegt:

§ 1 Abs. 3

Die D ist verpflichtet, den Arbeitsvertrag schriftlich auszufertigen und dem Mitarbeiter eine Ausfertigung auszuhändigen. Nebenabreden und Vertragsänderungen bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

§ 23 Versicherungen

(1) Die D schließt neben der gesetzlichen Unfallversicherung (Berufsgenossenschaft) auf ihre Kosten für die Mitarbeiter Unfallversicherungsverträge über folgende Leistungen ab:

a. für den Todesfall EUR 51.129,19

b. für den Invaliditätsfall EUR 102.258,38

Die Beklagte behauptet, sie habe dem Kläger mit Schreiben vom 17. Juli 2003 Folgendes mitgeteilt:

"... auf Ihre Anfrage hinsichtlich der Ausgestaltung Ihrer Übergansversorgung aufgrund Ihres Arbeitgeberwechsels von der L zur D dürfen wir Ihnen Folgendes mitteilen: Sie werden nach dem Willen der Tarifpartner vom Geltungsbereich des neuen Tarifvertrages "Übergangsversorgung für das Cockpitpersonal der L C AG mit Einstellungsdatum vor dem 27. September 1995" erfasst. Aufgrund Ihres Wechsels zur D finden daher § 7 Abs. 11 sowie Ziff. 1 e der Protokollnotiz III zum Tarifvertrag Wechsel und Förderung Anwendung, wonach die tarifliche Gestaltung der Übergangsversorgung bei der L auch nach Ihrem Wechsel zu D für Sie weiterbesteht ..."

Die Beklagte zahlte bis zum 31. Juli 2005 die Versicherungsbeiträge für die L -of-L -Versicherung und die Unfallversicherung mit Versicherungssummen in unveränderter Höhe.

Mit Schreiben vom 11. Juli 2005 teilte sie dem Kläger Folgendes mit:

"... aufgrund geänderter Begleitumstände ist eine Anpassung der Versicherungen erforderlich geworden, die L zu Ihren Gunsten führt. Wir möchten Sie daher heute über den Hintergrund dieses Anpassungsbedarfs und über die daraus resultierenden Veränderungen in Bezug auf Ihren konkreten Versicherungsschutz informieren.

In der Vergangenheit galt speziell bei Ihnen und Ihren Kollegen, die ebenfalls zu dem Personenkreis der ehemaligen G -Mitarbeiter der L C AG gehören, die Besonderheit, dass es zunächst weder tarifvertragliche Regelungen zur Übergansversorgung noch zur Altersversorgung gab. Aufgrund dieser Versorgungssituation hat L C bisher als gewissen Ausgleich zu Ihren Gunsten eine L -of-L -Versicherung geführt sowie eine Unfallversicherung, die im Vergleich zu den nach MTV Nr. 5 a Cockpitpersonal D vorgesehenen Bedingungen eine höhere Unfallversicherungssumme vorsieht. Diese Versicherungen wurden von der L P nach Ihrem Arbeitgeberwechsel zunächst fortgeführt. Dabei wurden die Versicherungsbeiträge ausschließlich arbeitgeberseitig getragen.

Mittlerweile wurden Tarifverträge zur Altersversorgung und zur Übergansversorgung für Ihre Personengruppe abgeschlossen (vgl. "Vereinbarung zur Übergansversorgung/Altersteilzeit für die ehemaligen G -Mitarbeiter der L C AG" vom 5. November 2002; "Tarifvertrag Übergangsversorgung für das Cockpitpersonal der L C AG mit Einstellungsdatum vor dem 27. September 1995" vom 5. November 2002). Das heißt, Sie haben inzwischen einen Anspruch auf Alters- und Übergangsversorgung gegenüber L . Demzufolge ist der Grund entfallen, speziell für Ihre Personengruppe die erhöhte Unfall- und L -of-L -Versicherung zu führen.

Um insoweit eine Gleichbehandlung der Cockpitmitarbeiter bei der L P herzustellen, werden Ihre Versicherungen daher künftig an die bei der L geltenden tariflichen Regelungen angepasst. Hiernach sehen die von diesen Änderungen betroffenen Versicherungen im Einzelnen wie folgt aus:

L -of-L

In der L -of-L -Versicherung werden Sie derzeit über L mit EUR 51.130,00 versichert. Diese L -of-L -Versicherung endet am 31. Juli 2005.

Unfallversicherung

In der Unfallversicherung sind Sie momentan mit EUR 255.646,00 für den Todesfall und für den Invaliditätsfall versichert. Künftig bestimmt sich Ihre Unfallversicherung nach den im Tarifvertrag Nr. 5 a Cockpitpersonal D geregelten Versicherungsbedingungen (vgl. § 23 MTV Nr. 5 a). Hiernach besteht die Unfallversicherung für Sie in Höhe von EUR 51.129,19 für den Todesfall und EUR 102.258,38 für den Invaliditätsfall. Diese Anpassung der Unfallversicherung wird zum 1. August 2005 umgesetzt.

Beachten Sie bitte, dass die geringeren Versicherungssummen letztlich aufgewogen werden durch die tarifliche Zusage der L , Ihnen eine Übergangsversorgung und eine betriebliche Altersversorgung zu zahlen. Diese Versorgung stand Ihnen bei Abschluss der erhöhten Unfall- und L -of-L -Versicherung durch L C noch nicht zu.

Falls Sie weiterhin mit erhöhten Summen versichert sein möchten, haben Sie über die Beratungsstellen der A die Möglichkeit, eine entsprechende private Unfallversicherung mit Einschluss des dienstlichen Luftfahrtrisikos abzuschließen..."

Mit der vorliegenden Klage, die am 4. August 2005 beim Arbeitsgericht Köln eingegangen ist, wendet sicher der Kläger gegen die Aufhebung der L -of-L -Versicherung und gegen die Änderungen bei der Unfallversicherung.

Er ist der Ansicht, die Beklagte sei sowohl nach § 7 Abs. 11 Tarifvertrag über Wechsel und Förderung Nr. 2 als auch aufgrund betrieblicher Übung verpflichtet, die Versicherungen unverändert fortzuführen und die Versicherungsbeiträge zu leisten. Dem Anspruch aus betrieblicher Übung stehe nicht das Schriftformerfordernis nach § 1 Abs. 3 MTV entgegen. Die tarifliche Schriftform diene nur Beweiszwecken. Jedenfalls verhalte sich die Beklagte rechtsmissbräuchlich, wenn sie das Schriftformerfordernis geltend mache.

Die Mitteilung der Beklagten vom 11. Juli 2005 beinhalte eine unzulässige Teilkündigung des Arbeitsverhältnisses.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass die Teilkündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte mit Schreiben vom 11. Juli 2005 in Bezug auf den Wegfall der L -of-L -Versicherung ab dem 1. August 2005 rechtsunwirksam ist,

2. festzustellen, dass die Teilkündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte mit Schreiben vom 11. Juli 2005 in Bezug auf die Reduzierung der Unfallversicherung ab 1. August 2005 von EUR 255.646,00 auf EUR 51.129,19 für den Todesfall und von EUR 255.646,00 auf EUR 102.258,38 für den Invaliditätsfall rechtsunwirksam ist,

hilfsweise

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, auch für die Zeit nach dem 31. Juli 2005 Versicherungsbeiträge für die L -of-L -Versicherung mit einer Versicherungssumme in Höhe von EUR 51.130,00 zu zahlen,

4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, auch für die Zeit nach dem 31. Juli 2005 Versicherungsbeiträge für die Unfallversicherung mit einer Versicherungssumme für den Todesfall in Höhe von EUR 255.646,00 und für den Invaliditätsfall in Höhe von EUR 255.646,00 zu leisten,

höchst hilfsweise,

5. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 1. August 2005 diejenige Versicherungssumme zu bezahlen, die er durch die Lo -of-L - Versicherung bei Fortführung dieser Versicherung im Versicherungsfall erhalten hätte,

6. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 1. August 2005 diejenigen Unfallversicherungsleistungen für den Todesfall und Invaliditätsfall zu bezahlen, die der Kläger bzw. seine Erben im Versicherungsfall in Höhe von EUR 255.646,00 für den Todesfall/Invaliditätsfall bis zum 31. Juli 2005 erhalten hätten.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, die L -of-L -Versicherung und die Unfallversicherung seien abgeschlossen worden, weil die vor dem 27. September 1995 eingestellten Mitarbeiter der L mangels tarifvertraglicher Regelung weder durch eine Übergangsversorgung noch durch eine Altersversorgung abgesichert gewesen seien. Nachdem am 5. November 2002 der Tarifvertrag Übergangsversorgung für das Cockpitpersonal der L mit Einstellungsdatum vor dem 27. September 1995 abgeschlossen worden sei und der Kläger - gerechnet ab dem 1.1.1995 - am 31. Dezember 2004 10 Dienstjahre vollendet habe, stünden ihm nach diesem Tarifvertrag bei Erreichen der tariflichen Altersgrenze eine Altersrente und bei vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen Flugdienstuntauglichkeit eine Flugdienstuntauglichkeitsrente zu. Da der Kläger durch diese tarifvertraglichen Regelungen abgesichert sei, habe er ab dem 1. Januar 2005 nicht mehr vor den Risiken Flugdienstuntauglichkeit, Tod und Invalidität unverändert durch die Versicherungen geschützt zu werden brauchen. Bei Gewährung einer Flugdienstuntauglichkeitsrente könne der Kläger mit jährlichen Leistungen in Höhe von EUR 46.200,00 rechnen. Dagegen hätten dem Kläger Versorgungsleistungen nach dem Tarifvertrag Übergangsversorgung für das Cockpitpersonal der D nicht zugestanden.

Das Arbeitsgericht Köln hat durch Urteil vom 25. Januar 2006 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Schreiben der Beklagten vom 11. Juli 2005 beinhalte keine Teilkündigung. Auch sei die Beklagte weder verpflichtet, die Versicherungen im bisherigen Umfang fortzuführen, noch Leistungen an den Kläger zu erbringen, damit er selbst die Versicherungen bedienen könne. Ein tariflicher Anspruch bestehe nicht. Da zwischen dem Kläger und der L keine vertragliche Vereinbarung über Versicherungen mit den vom Kläger geltend gemachten Versicherungssummen abgeschlossen worden sei, könne dahinstehen, ob mit der "jeweiligen Gestaltung" im Sinn der Protokollnotiz Nr. III Ziff. 1 e zu dem Tarifvertrag über Wechsel und Förderung Nr. 2 nicht nur eine tarifvertragliche, sondern auch eine einzelvertragliche Regelung gemeint sei. Es bestehe auch kein arbeitsvertraglicher Anspruch. Ziff. 4 Abs. 2 des zwischen den Parteien abgeschlossenen Arbeitsvertrages betreffe Anwartschaften auf eine betriebliche Altersversorgung, nicht aber anders geartete Versicherungen gegen Unfall/Invalidität und Lizenzverlust. Zwar bestünden Anhaltspunkte dafür, dass die vorbehaltlose Weiterzahlung der Versicherungsprämien für die genannten Versicherungen bis zum 31. Juli 2005 eine betriebliche Übung darstelle. Jedoch stehe die Schriftformklausel nach § 1 Abs. 3 MTV, der kraft beiderseitiger Organisationszugehörigkeit Anwendung finde, einer rechtswirksam entstandenen betrieblichen Übung entgegen. Für die Beklagte gelte insoweit nichts anderes als für Arbeitgeber des öffentliches Dienstes. Anwendbar sei der Tarifvertrag Übergangsversorgung für das Cockpitpersonal der L mit Einstellungsdatum vor dem 27. September 1995, da nach § 7 Abs. 11 und der Protokollnotiz III Ziff. 1 e des Tarifvertrages über Wechsel und Förderung Nr. 2 für die Alters- und Übergangsversorgung die bei der bisherigen Gesellschaft hierzu geltenden tariflichen Regelungen weiter gelten würden.

Das Urteil ist dem Kläger am 6. März 2006 zugestellt worden. Er hat hiergegen am 22. März 2006 Berufung einlegen und diese zugleich begründen lassen.

Er ist der Ansicht, das Schreiben vom 11. Juli 2005 stelle eine unzulässige Teilkündigung dar, weil die Beklagte nicht nur eine Rechtsansicht geäußert habe, sondern sich einseitig von einzelnen Vertragsbedingungen habe lösen wollen. Es bestehe ein tariflicher Anspruch auf die Fortführung der Versicherungen im bisherigen Umfang. Im Arbeitsvertrag mit der L vom 1. Februar 1996 sei vereinbart, dass bei Abschluss des Arbeitsvertrages geltende höhere Versicherungssummen fortbestünden. Dabei handle es sich um eine "jeweilige Gestaltung" im Sinn der Protokollnotiz Nr. III Ziff. 1 e zum Tarifvertrag über Wechsel und Förderung Nr. 2. Der Anspruch bestehe aber auch aufgrund betrieblicher Übung. Die Schriftformklausel stehe nicht entgegen. Die Schriftformklausel sei durch die betriebliche Übung vertraglich abbedungen worden. Zudem verstoße die Beklagte gegen Treu und Glauben, wenn sie sich auf die Schriftformklausel berufe. Ansprüche nach dem Tarifvertrag Übergangsversorgung für das Cockpitpersonal der D stünden ihm nicht zu, da er noch nicht 10 Jahre bei der Beklagten beschäftigt sei. Ansprüche nach dem Tarifvertrag Übergangsversorgung für das Cockpitpersonal der L mit Einstellungsdatum vor dem 27. September 1995 stünden ihm nicht zu, da er nicht unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages falle.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 25. Januar 2006 - 9 Ca 7308/05 - entsprechend den erstinstanzlichen Anträgen zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Schreiben vom 11. Juli 2005 beinhalte keine Teilkündigung, weil dem Kläger nach dem mit ihr abgeschlossenen schriftlichen Arbeitsvertrag kein Anspruch auf eine Beibehaltung der bisherigen Versicherungen zustehe. Auch bestehe kein tarifvertraglicher Anspruch. Zutreffend habe das Arbeitsgericht einen Anspruch aufgrund betrieblicher Übung verneint. Dem Kläger sei bekannt gewesen, dass die genannten Versicherungen nur solange fortgeführt würden, bis ihm Ansprüche nach dem Tarifvertrag Übergangsversorgung für das Cockpitpersonal der L zustünden. Sie verweist auf ihr Schreiben vom 17. Juli 2003. Sie verstoße nicht gegen Treu und Glauben, wenn sie sich auf das Schriftformerfordernis berufe. Der Kläger sei nunmehr hinreichend nach dem Tarifvertrag Übergangsversorgung für das Cockpitpersonal der L abgesichert für den Fall der Flugdienstuntauglichkeit und für die Zeit nach Erreichen der tariflichen Altersgrenze. Dieser Tarifvertrag finde nach der Regelung unter § 7 Ziff. 11 i.V.m. der Protokollnotiz III Ziff. 1 e Tarifvertrag über Wechsel und Förderung Nr. 2 Anwendung auf das Arbeitsverhältnis des Klägers.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung ist zulässig.

Sie ist nach § 64 Abs. 2 b ArbGG statthaft und innerhalb der Fristen nach § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG eingelegt und begründet worden.

II. Die Berufung ist im erkannten Umfang begründet.

1. Der Antrag des Klägers auf Feststellung der Unwirksamkeit einer von der Beklagten mit Schreiben vom 11. Juli 2005 hinsichtlich der genannten Versicherungen erklärten Teilkündigung ist unbegründet.

Die Beklagte hat mit dem Schreiben vom 11. Juli 2005 keine Teilkündigung ausgesprochen.

a. Eine Teilkündigung ist eine Willenserklärung, mit der der Kündigende einzelne Vertragsbedingungen gegen den Willen der anderen Vertragspartei einseitig ändern will. Von der Kündigung unterscheidet sich die Teilkündigung dadurch, dass die Kündigung das Arbeitsverhältnis in seinem ganzen Bestand erfasst, während die Teilkündigung unter Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses im Übrigen nur einzelne Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag beseitigen soll.

Eine Teilkündigung ist grundsätzlich unzulässig. Während der Bestand des Arbeitsverhältnisses durch § 1 KSchG geschützt wird, gilt für den Inhalt des Vereinbarten der Schutz nach § 2 KSchG. Die einseitige Änderung einzelner Vertragsbedingungen durch Teilkündigung ist, da sie das vereinbarte Ordnungs- und Äquivalenzgefüge eines Vertrages stört, grundsätzlich unzulässig. Ausnahmsweise ist sie dann zulässig, wenn einem Vertragspartner das Recht hierzu durch Vertrag vorbehalten oder durch Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag eingeräumt ist. Allerdings darf sie nicht zu einer Umgehung von zwingenden Kündigungsvorschriften führen (vgl. BAG, Urteil vom 14. November 1990 - 5 AZR 509/89 -).

In der bloßen Äußerung einer - möglicherweise falschen - Rechtsansicht liegt allerdings noch keine Teilkündigung (vgl. BAG, Urteil vom 14. November 1990 - 5 AZR 509/89 - und vom 22. Januar 1997 - 5 AZR 658/95 -).

b. Mit Schreiben vom 11. Juli 2005 hat die Beklagte dem Kläger angezeigt, dass sie künftig die L -of-L -Versicherung nicht mehr und die Unfallversicherung nur mit reduzierter Versicherungssumme fortführen werde. Sie hat dabei weder ausdrücklich erklärt, dass sie die arbeitsvertragliche Bestimmungen über die genannten Versicherungen kündige, noch ergibt sich eine derartige Willenserklärung durch Auslegung des Schreibens. In dem Schreiben hat sie vielmehr die Ansicht vertreten, nachdem der Kläger nunmehr einen tarifvertraglichen Anspruch auf Alters- und Übergangsversorgung erworben habe, sei die (Rechts-)Grundlage für einen höheren Versicherungsschutz als ihn der MTV vorsehe entfallen. Die Beklagte wollte sich folglich nicht einseitig durch eine rechtsgestaltende Erklärung von arbeitsvertraglichen Pflichten lösen, sondern nur den Beginn der Änderung ab dem 1. August 2005 mitteilen.

2. Der Antrag des Klägers auf Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, auch für die Zeit nach dem 31. Juli 2005 Beiträge für die L -of-L -Versicherung und die Unfallversicherung mit den bisherigen Versicherungssummen zu entrichten, ist zulässig.

Für die Feststellungsklage besteht insbesondere das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse, da sie unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit zu einer sinnvollen und sachgemäßen Erledigung des aufgetretenen Streits führt. Es ist zu erwarten, dass die Beklagte bei der Feststellung ihrer Leistungspflicht im Urteil zur Leistung fähig und bereit ist (vgl. dazu: Thomas-Putzo, ZPO, 26. Aufl., § 256 Rdn. 18 m.w.N.).

3. Diese Feststellungsklage ist auch begründet.

a. Zwar lässt sich ein solcher Anspruch nicht aus § 7 Ziff. 11 i.V.m. Protokollnotiz Nr. III Ziff. 1 e des Konzerntarifvertrages über Wechsel und Förderung Nr. 2 herleiten. Nach der genannten Protokollnotiz des Konzerntarifvertrages, der auf das Arbeitsverhältnis der Parteien sowohl kraft beiderseitiger Organisationszugehörigkeit als auch kraft Inbezugnahme der "Tarifverträge der L " unter § 2 des Arbeitsvertrages vom 12. September 2002 Anwendung findet, gilt bei der Alters- und Übergangsversorgung die "jeweilige Gestaltung", die auf Cockpitmitarbeiter der L Anwendung findet anstelle der tarifvertraglichen Regelung bei der D . Soweit mit der "jeweiligen Gestaltung" tarifvertragliche Regelungen gemeint sind, besteht schon deshalb kein Anspruch, weil in den für Mitarbeiter der L abgeschlossenen Tarifverträgen zur Übergangs- und Altersversorgung die vom Kläger geltend gemachten Versicherungen für Tod/Invalidität und Lizenzverlust nicht vorgesehen sind. Soweit mit der "jeweiligen Gestaltung" auch bei der L getroffene einzelvertragliche Regelungen gemeint sein sollten, bestehen schon wegen des Schriftformerfordernisses nach § 1 Abs. 2 TVG Bedenken gegen die Rechtswirksamkeit einer solchen anspruchsbegründenden Inbezugnahme. Die Tarifvertragsparteien können zwar auf jeweils geltende andere tarifliche Vorschriften verweisen, nicht aber unter Verzicht auf die ihnen zugewiesene Rechtssetzungsbefugnis auf nicht näher bezeichnete Vertragsgestaltungen verweisen (vgl. BAG, Urteil vom 9. Juli 1980 - 4 AZR 564/78 -). Im Übrigen kann die Beschränkung unter § 7 Abs. 11 des genannten Tarifvertrages auf die Fortgeltung von "tariflichen Regelungen" dafür sprechen, dass auch in der ergänzenden Protokollnotiz mit der in der Einzahl genannten "Gestaltung" nur die jeweils gültige tarifvertragliche Regelung gemeint sein sollte.

b. Der Anspruch folgt zudem nicht aus Ziff. 4 des zwischen den Parteien abgeschlossenen Arbeitsvertrages. Auch der Kläger macht nicht geltend, dass mit den bisher bei der L durch Zeitablauf erworbenen Anwartschaften die genannten Versicherungen erfasst sind.

c. Jedoch ist die Beklagte aufgrund betrieblicher Übung verpflichtet, über den 31. Juli 2005 hinaus Beiträge für beide Versicherungen mit unveränderter Versicherungssumme zu entrichten.

aa. Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden. Aus diesem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern in der Regel stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Eine betriebliche Übung ist für jeden Gegenstand vorstellbar, der arbeitsvertraglich in einer so allgemeinen Form geregelt werden kann. Entscheidend für die Entstehung eines Anspruchs ist jedoch nicht der Verpflichtungswille, sondern wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) verstehen musste und durfte (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, vgl. z. B. BAG, Urteil vom 7. September 1982 - 3 AZR 357/80 -, Urteil vom 16. Juli 1996 - 3 AZR 352/95 -, Urteil vom 27. Juni 2001 - 10 AZR 488/00-, Urteil vom 20. Januar 2004 - 9 AZR 43/03 -). Eine vorhandene betriebliche Übung begründet eine vertragliche Anspruchsgrundlage und mit Eintritt der weiteren Anspruchsvoraussetzungen die Entstehung des Anspruchs auch für neu eingetretene Arbeitnehmer (vgl. BAG, Urteil vom 27. Juni 2001 - 10 AZR 488/00 -).

bb. Ausgehend davon ist die genannte Verpflichtung der Beklagten aufgrund betrieblicher Übung Inhalt des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses geworden.

Die Beklagte hat bis Juli 2005 für die Cockpitmitarbeiter, die mit Einstellungsdatum vor dem 27. September 1995 zunächst bei der L beschäftigt und von der L zu ihr gewechselt waren, sowohl die L -of-L -Versicherung als auch die Unfallversicherung mit den höheren Versicherungssummen fortgeführt und die Beiträge entrichtet. Es ist davon auszugehen, dass sie nicht gegenüber den Arbeitnehmern vor deren Wechsel von der L erklärt hat, sie führe die Versicherungen nur fort bis zum Abschluss eines auf ihr Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrages mit Regelungen zur Übergangsversorgung und Alterssicherung bzw. bis zur Erfüllung der im Tarifvertrag festgelegten Anspruchsvoraussetzungen für eine Übergangsversorgung und Alterssicherung. Es fehlt jeglicher substantiierte Vortrag darüber, wann, wo und durch wen eine solche Erklärung gegenüber dem Kläger abgegeben worden ist. Sie hat diese Praxis auch noch nach Abschluss - am 5. November 2002 - und nach Inkrafttreten - am 1. Januar 2003 - des Tarifvertrages Übergangsversorgung für das Cockpitpersonal der L mit Einstellungsdatum vor dem 27. September 1995 fortgeführt bei Cockpitmitarbeitern, die erst danach von der L zu ihr gewechselt sind. In den neun gleichgelagerten Verfahren, die von der Kammer heute entschieden worden sind, erfolgte der Wechsel von der L zu der Beklagten zwischen dem 4. September 2000 und dem 28. Januar 2005. Soweit die Beklagte unter dem 17. Juli 2003 damals bereits zu ihr gewechselte Cockpitmitarbeiter der L über die Übergangsversorgung unterrichtet haben sollte, hatte dies nur die Feststellung zum Inhalt, dass für sie nicht der Tarifvertrag Übergangsversorgung D vom 15. Mai 2000, sondern der Tarifvertrag Übergangsversorgung für das Cockpitpersonal der L mit Einstellungsdatum vor dem 27. September 1995 gelte. In diesem letzteren Tarifvertrag ist nicht vorgesehen, dass bei Inkrafttreten des Tarifvertrages bzw. bei Erfüllen der in dem Tarifvertrag genannten Anspruchsvoraussetzungen für eine Übergangsversorgung und Alterssicherung die L -of-L -Versicherung entfällt und die Unfallversicherung nur mit geringerer Versicherungssumme fortgeführt wird. Ein von der Beklagten im Verfahren 9 (8) Sa 355/06 überreichtes Mailschreiben vom 11. März 2005 (Bl. 104 der genannten Akte) an einen der Kläger spricht dafür, dass sie erst zu diesem Zeitpunkt nach einer rechtlichen Prüfung zu dem Ergebnis gelangt war, die genannten Versicherungen seien nicht Bestandteil der nach § 7 Abs. 11 Tarifvertrag über Wechsel und Förderung Nr. 2 fortzuführenden Übergangsversorgung und Alterssicherung.

cc. Der Entstehung des Anspruchs des Klägers gegen die Beklagte auf Fortführung der Versicherungen und Entrichten der Versicherungsbeiträge nach dem Wechsel von der L steht nicht die Schriftformklausel nach § 1 Abs. 3 MTV entgegen.

aaa. § 1 Abs. 3 MTV begründet für Nebenabreden einen gesetzlichen Schriftformzwang im Sinne des § 126 BGB. Die Nichteinhaltung der Form führt - anders als eine sog. einfache vertragliche Schriftformklausel (vgl. dazu: BAG, Urteil vom 20. Januar 2004 - 9 AZR 43/03 -) - grundsätzlich zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts nach § 125 Satz 1 BGB (vgl. BAG, Urteil vom 7. September 1982 - 3 AZR 357/80 -).

Auch eine betriebliche Übung kann grundsätzlich nur dann bindende Wirkung entfalten, wenn der tariflichen Formvorschrift genügt ist. Es können aus einer stillschweigend/konkludent erfolgten Gesamtzusage keine weitergehenden Rechte als aus einer ausdrücklichen Verpflichtungserklärung begründet werden (vgl. BAG, Urteil vom 7. September 1982 - 3 AZR 357/80 - ).

Es handelt sich bei der in Form einer betrieblichen Übung erfolgten Zusage auf Fortführung der Versicherungen mit unveränderten Versicherungssummen und Entrichten der Versicherungsbeiträge um eine Nebenabrede im Sinne von § 1 Abs. 3 MTV, da sie nicht zu den beiderseitigen Hauptpflichten aus dem Arbeitsvertrag, d. h. der Leistungs- und Entgeltverpflichtung gehört.

bbb. Die Berufung auf die Nichteinhaltung einer tarifvertraglichen Schriftform kann jedoch nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) ungerechtfertigt sein, wenn sich der eine Vertragsteil dadurch zu Lasten des anderen Vorteile verschafft, die die Rechtsordnung wegen des angestrebten Zwecks oder der angewandten Mittel missbilligen muss. Ob das anzunehmen ist, hängt vor allem davon ab, welchen Zweck die Formvorschrift verfolgt. Dient sie dem öffentlichen Interesse oder bezweckt sie gar die staatliche Überwachung rechtsgeschäftlicher Vorgänge, so kommt ihrer strikten Beachtung größeres Gewicht zu, als wenn es nur um die beiderseitigen Interessen der Parteien eines Vertrages geht (vgl. BAG, Urteil vom 7. September 1982 - 3 AZR 357/80 -, Urteil vom 9. Juli 1985 - 1 AZR 631/80 und vom 16. Juli 1996 - 3 AZR 352/95 -).

Im vorliegenden Fall dient die Schriftform nicht dem öffentlichen Interesse. Es geht vielmehr nur um die beiderseitigen Interessen der Arbeitsvertragsparteien. Dabei ist zu beachten, dass sich die Beklagte widersprüchlich verhält. Sie vertritt selbst den Standpunkt, die von der L gewechselten Cockpitmitarbeiter mit Einstellungsdatum vor dem 27. September 1995 hätten gegen sie den geltend gemachten Anspruch bis zu dem Zeitpunkt gehabt, als sie einen Anspruch auf Übergangsversorgung und Alterssicherung nach dem für diesen Personenkreis abgeschlossenen Tarifvertrag Übergangsversorgung erworben hätten. Dieser Zeitpunkt sei der 1. Januar 2005 gewesen. Auch dieser Anspruch konnte nur aufgrund betrieblicher Übung entstanden sein. Lediglich um dem Fortbestand des Anspruchs für die Zeit nach Erfüllen der tarifvertraglichen Anspruchsvoraussetzungen zu entgehen, beruft sie sich auf den Formfehler, der aber zu der Nichtigkeit der Zusage bereits vor diesem Zeitpunkt geführt haben müsste. Sie macht nur deshalb die Formnichtigkeit geltend, weil sie keine andere Möglichkeit sieht, der Bindungswirkung der betrieblichen Übung zu entgehen. Damit verstößt die Beklagte gegen Treu und Glauben (vgl. dazu: BAG, Urteil vom 7. September 1982 - 3 AZR 357/80 -).

Es kommt hinzu, dass die Tarifvertragsparteien in der Protokollnotiz Nr. III Ziff. 1 e des Tarifvertrages über Wechsel und Förderung Nr. 2 missverständlich auf die Fortgeltung der "jeweiligen Gestaltung" hingewiesen haben, die auf die Cockpitmitarbeiter der L Anwendung findet. Auch wenn dies - wie vorstehend ausgeführt - keine anspruchsbegründende Inbezugnahme der einzelvertraglichen Abmachungen über die beiden Versicherungen beinhaltete, so konnten die Arbeitnehmer doch bei einer weiten Auslegung der Klausel zumindest zu dem Schluss kommen, die Fortführung der Versicherungen als Bestandteil ihrer Übergangs- und Altersversorgung erfolge unabhängig von allgemeinen tariflichen Formvorschriften mit dem ausdrücklichen Einverständnis der Tarifvertragsparteien.

d. Der Anspruch aufgrund betrieblicher Übung wird nach dem Tarifvertrag Übergangsversorgung für das Cockpitpersonal der L mit Einstellungsdatum vor dem 27. September 1995 nicht dadurch berührt, dass dem Kläger nunmehr bei Flugdienstuntauglichkeit oder Erreichen der tarifvertraglichen Altersgrenze Rentenzahlungen erhält. Der Tarifvertrag greift nicht in den Anspruch ein. Wie bereits ausgeführt sieht er nicht vor, dass bestehende Versicherungsverträge, die der Absicherung gegen die Risiken Flugdienstuntauglichkeit, Tod und Invalidität dienen, aufgelöst oder abgeändert werden. Es kann daher dahinstehen, ob ein solcher Eingriff in einzelvertragliche Versicherungsansprüche im Hinblick auf das Günstigkeitsprinzip nach § 4 Abs. 3 TVG überhaupt zulässig wäre (vgl. dazu: BAG, Urteil vom 3. März 1993 - 10 AZR 42/92 -).

e. Soweit die Beklagte die Anpassung der Versicherungen im Schreiben vom 11. Juli 2005 damit begründet hat, sie wolle eine Gleichbehandlung mit den Cockpitmitarbeitern bei der D herstellen, ist zum Einen festzuhalten, dass für diesen Personenkreis der Tarifvertrag Übergangsversorgung für das Cockpitpersonal der D mit anders ausgestalteten Leistungen gilt. Die Beklagte hat den Vorschlag des Klägers abgelehnt, die Anwendbarkeit dieses Tarifvertrages mit ihm zu vereinbaren, wenn er im Gegenzug die Anpassung der Versicherungen akzeptiere. Zum Anderen ist festzuhalten, dass bei einem Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz allenfalls eine Anpassung nach oben hin stattfinden kann, d. h. die benachteiligten Arbeitnehmern den begünstigten gleichgestellt werden, nicht aber eine Anpassung nach unten (vgl. HWK-Thüsing, Arbeitsrechtskommentar, § 611 BGB Rdn. 211 m.w.N.).

Anzumerken ist in diesem Zusammenhang, dass nach dem von der Beklagten nicht bestrittenen Vorbringen des Klägers, die Cockpitmitarbeiter mit Einstellungsdatum vor dem 27. September 1995, die bei der L weiterbeschäftigt werden, unverändert von dieser Konzerngesellschaft durch die L -of-L -Versicherung und die Unfallversicherung abgesichert werden, auch nachdem sie - wie die Kläger - die Voraussetzungen für Rentenleistungen bei Flugdienstuntauglichkeit oder bei Erreichen der Altersgrenze nach dem Tarifvertrag Übergangsversorgung erreicht haben.

Nach alledem ist die Klage begründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Fragen, ob eine Teilkündigung vorliegt und ob die Berufung auf das tarifvertragliche Schriftformerfordernis treuwidrig ist, zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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