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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 15.02.2005
Aktenzeichen: 9 (2) Sa 1090/04
Rechtsgebiete: MTV für den Einzelhandel NRW in der Fassung vom 25.07.2003


Vorschriften:

MTV für den Einzelhandel NRW in der Fassung vom 25.07.2003 § 11 Abs. 8
Nach § 11 Abs. 8 MTV Einzelhandel NRW i. d. F. vom 25. Juli 2003 richten sich Kündigungsfrist und -termin für vor dem 1. August 1993 begründete Arbeitsverhältnisse der Angestellten nach § 2 des Gesetzes über die Fristen für die Kündigung von Angestellten vom 9. Juli 1926 (AngKSchG). Dabei sind die Beschäftigungszeiten bis zum Kündigungsausspruch zu berücksichtigen und nicht nur die Beschäftigungszeiten bis zum 1. August 1993.
Tenor:

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 21. Juli 2004 - 11 Ca 14437/03 - abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 26. November 2003 nicht vor Ablauf des 30. Juni 2004 beendet worden ist.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

3. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Tatbestand: Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte bei Ausspruch der betriebsbedingten Kündigung des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses den geltenden Kündigungstermin beachtet hat. Die Klägerin, geboren am 17. Dezember 1949, war seit dem 1. April 1992 bei der Beklagten als Verkäuferin in der Filiale K zu einem monatlichen Gehalt von zuletzt EUR 1.193,03 brutto beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand der für allgemeinverbindlich erklärte Manteltarifvertrag für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen (MTV) in der jeweils gültigen Fassung Anwendung. Mit Schreiben vom 26. November 2003 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis wegen Schließung der Filiale unter Einhaltung einer 5-monatigen Kündigungsfrist zum Monatsende, d. h. zum 30. April 2004. Zu Kündigungsfrist und Kündigungstermin ist in dem MTV in der bei Ausspruch der Kündigung geltenden Fassung vom 25. Juli 2003, die einheitliche Regelungen der Kündigungsfristen für Angestellte und gewerbliche Arbeitnehmer vorsieht, bestimmt: § 11 Einstellung und Entlassung (...) (6) Für die Kündigung von Angestellten und gewerblichen Arbeitnehmern gilt eine Grundkündigungsfrist von 6 Wochen zum Ende eines Kalendermonats. Davon kann einzelvertraglich abgewichen werden. Die Mindestkündigungsfrist beträgt einen Monat zum Ende eines Kalendermonats. Beide Parteien können eine schriftliche Bestätigung des Empfangs der Kündigung verlangen. (7) Nach einer ununterbrochenen Beschäftigung im Betrieb/Unternehmen von mehr als 5 Jahren verlängern sich die Kündigungsfristen für den Arbeitgeber wie folgt: über 5 Jahre 3 Monate über 8 Jahre 4 Monate über 10 Jahre 5 Monate über 12 Jahre 6 Monate jeweils zum Ende eines Kalendermonats. Bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer werden Jahre der Betriebs-/Unternehmenszugehörigkeit, die vor Vollendung des 25. Lebensjahres liegen, nicht berücksichtigt. Die Vereinbarung der Verlängerung der Kündigungsfristen auf Gegenseitigkeit ist zulässig. (8) Für Kündigungen von Arbeitsverhältnissen, die vor dem 1.8.1993 begründet worden sind, sind die bis zu diesem Stichtag geltenden einzelvertraglichen, die bis 1992 geltenden tariflichen und gesetzlichen Regelungen anzuwenden; es sei denn, die vorstehenden Regelungen sind für den Arbeitnehmer günstiger. In der bis Ende 1992 geltenden Fassung des MTV vom 6. Juli 1989 war unter § 10 Abs. 6 und 7 bestimmt: (6) Für die Kündigung der Angestellten gelten die gesetzlichen Bestimmungen, d.h. ohne Vereinbarung gilt als gesetzliche Kündigungsfrist zum Vierteljahresende. Sie kann durch besondere Vereinbarungen auf mindestens einen Monat zum Monatsschluss verkürzt werden. Beide Parteien können schriftliche Bestätigung des Empfangs der Kündigung verlangen. (7) Für gewerbliche Arbeitnehmer gelten folgende Kündigungsfristen: bei ununterbrochener Betriebs-/Unternehmenszugehörigkeit bis zum Ende des 5. Jahres 2 Wochen nach 5 Jahren 1 Monat zum Monatsende nach 10 Jahren 2 Monate zum Monatsende nach 20 Jahren 3 Monate zum Ende eines Kalendervierteljahres, Bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer werden Zeiten, die vor Vollendung des 30. Lebensjahres liegen, nicht berücksichtigt. Die verlängerten gesetzlichen Kündigungsfristen für Angestellten richteten sich nach dem Gesetz über die Fristen für die Kündigung von Angestellten vom 29. Juli 1926. Unter § 2 war bestimmt:

Ein Arbeitgeber, der in der Regel mehr als zwei Angestellte, ausschließlich der Lehrlinge, beschäftigt, darf einem Angestellten, den er, oder im Falle einer Rechtsnachfolge, er und seine Rechtsvorgänger mindestens 5 Jahre beschäftigt haben, nur mit mindestens drei Monaten Frist für den Schluss eines Kalendervierteljahres kündigen. Die Kündigungsfrist erhöht sich nach einer Beschäftigungsdauer von acht Jahren auf vier Monate, nach einer Beschäftigungsdauer von zehn Jahren auf fünf Monate und nach einer Beschäftigungsdauer von zwölf Jahren auf sechs Monate. Bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer werden Dienstjahre, die vor Vollendung des fünfundzwanzigsten Lebensjahres liegen, nicht berücksichtigt. Sämtliche ab 1. Januar 1993 geltenden Fassungen des MTV enthielten für die vor dem 1. August 1993 begründeten Arbeitsverhältnisse eine Regelung mit demselben Inhalt wie sie unter § 11 Abs. 6 des MTV in der Fassung vom 25. Juli 2003 festgelegt worden ist. Die Klägerin ist der Ansicht, nach der bei Ausspruch der Kündigung geltenden Fassung des MTV vom 25. Juli 2003 sei eine Kündigungsfrist von 5 Monaten zum Schluss eines Kalendervierteljahres einzuhalten gewesen, so dass das Arbeitsverhältnis erst zum 30. Juni 2004 beendet worden sei. § 8 des MTV verweise auf das Gesetz über die Fristen für die Kündigung von Angestellten vom 9. Juli 1926 und damit auf die darin enthaltene Regelung über den Kündigungstermin. Die Beklagte ist der Ansicht, durch § 11 Abs. 8 des MTV werde nur der Besitzstand geschützt, den die Arbeitnehmer bis zum Stichtag 1. August 1993 erworben hätten. Das Arbeitsgericht Köln hat durch Urteil vom 21. Juli 2004 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, eine teleologische Auslegung von § 11 Abs. 8 MTV in der Fassung vom 25. Juli 2003 ergebe, dass die Tarifvertragsparteien nur den bis zum Stichtag 1. August 1993 erworbenen Besitzstand geschützt hätten. Dagegen hätten sie nicht beabsichtigt, die nach dem Gesetz über die Fristen für die Kündigung von Angestellten vom 9. Juli 1926 geltenden Regelungen auch für die nach dem 1. August 1993 liegenden Beschäftigungszeiten anzuwenden. Das Urteil ist der Klägerin am 12. August 2004 zugestellt worden. Sie hat hiergegen am 10. September 2004 Berufung einlegen lassen und diese am 11. Oktober 2004 begründen lassen. Die Klägerin ist der Ansicht, der Wortlaut des § 11 Abs. 8 MTV in der Fassung vom 25. Juli 2003 sei wie auch der in den ab 1. Januar 1993 geltenden früheren Fassungen eindeutig. Danach seien unter Berücksichtigung der bis zum Kündigungsausspruch zurückgelegten Beschäftigungszeiten Kündigungsfrist und Kündigungstermin nach den bis 1992 geltenden tariflichen und gesetzlichen Bestimmungen zu ermitteln. In der tarifvertraglichen Regelung gebe es keinen Anhaltspunkt, der eine davon abweichende teleologische Auslegung rechtfertigen könne. Mit den "bis 1992 geltenden tariflichen und gesetzlichen Regelungen" im Sinne der tarifvertraglichen Vorschrift seien die abstrakten Bestimmungen über Kündigungsfrist und Kündigungstermin gemeint, nicht aber individuell erworbene Besitzstände. Ohnehin sei die Regelung nach dem Gesetz über die Fristen für die Kündigung von Angestellten vom 9. Juli 1926 nur insoweit günstiger, als sie ausschließlich Kündigungen zum Quartalsende vorsehe. Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 21. Juli 2004 - 11 Ca 14437/03 - festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 26. November 2003 nicht vor dem 30. Juni 2004 beendet wurde. Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen. Sie hält den Wortlaut der tarifvertraglichen Regelung unter § 11 Abs. 8 des MTV in der Fassung vom 25. Juli 2003 nicht für eindeutig. Er bedürfe einer teleologischen Auslegung, die das Arbeitsgericht zutreffend vorgenommen habe. Eine doppelte Begünstigung, d. h. eine Festschreibung des zum Stichtag 1. August 1993 erworbenen Besitzstandes und eine Berücksichtigung der danach liegenden Beschäftigungszeiten nach den bis 1992 geltenden tariflichen und gesetzlichen Regelungen, sei nicht gewollt gewesen. Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren. Entscheidungsgründe: I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 2 c ArbGG statthaft und wurde innerhalb der in § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG vorgeschriebenen Fristen eingelegt und begründet.

II. Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die Kündigung der Beklagte nicht vor dem 30. Juni 2004 beendet worden. Nach § 11 Abs. 8 MTV in der Fassung vom 25. Juli 2003 in Verbindung mit § 2 des Gesetzes über die Fristen für die Kündigung von Angestellten vom 9. Juli 1926 (AngKSchG) galt eine Kündigungsfrist von 5 Monaten zum Quartalsende. 1. Nach dem Wortlaut des § 11 Abs. 8 MTV richten sich Kündigungsfrist und Kündigungstermin für das vor dem 1. August 1993 begründete Arbeitsverhältnis der Parteien nach § 2 AngKSchG. Mit dem Regelungszweck kann eine davon abweichende Tarifauslegung nicht begründet werden. Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Daher ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist. Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm sind mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben (BAG, Urteil vom 5. Februar 2004 - 8 AZR 600/02 - und vom 21. März 2001 - 10 AZR 41/00 -). Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben noch Zweifel, können weitere Kriterien wie Tarifgeschichte, praktische Tarifübung und Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages ohne Bindung an eine bestimmte Reihenfolge berücksichtigt werden (BAG, Urteil vom 21. März 2001 - 10 AZR 41/00 -). Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (BAG, Urteil vom 16. Mai 1995 - 3 AZR 395/94 - und vom 20. April 1994 - 10 AZR 276/93 -). 2. Die Vorschrift bestimmt, dass für Kündigungen von Arbeitsverhältnissen, die vor dem 1. August 1993 begründet worden sind, "die bis zu diesem Stichtag geltenden einzelvertraglichen, die bis 1992 geltenden tariflichen und gesetzlichen Regelungen anzuwenden sind". Dieser Wortlaut ist eindeutig. Es wird auf abstrakte generelle tarifliche und gesetzliche Regelungen über Kündigungsfristen und Kündigungstermine verwiesen. Deren Geltung ("sind anzuwenden") wird nicht dahin eingeschränkt, dass nur Beschäftigungszeiten bis zum 1. August 1993 zu berücksichtigen sind. Der Stichtag bezieht sich nach dem Wortlaut der Tarifnorm auf die Begründung des Arbeitsverhältnisses, nicht aber auf Beschäftigungszeiten. Für dieses Ergebnis spricht auch der systematische Zusammenhang der Regelungen unter § 11 Abs. 7 und 8 MTV. Unter § 11 Abs. 8 MTV haben die Tarifvertragsparteien ein Regel-Ausnahme-Prinzip festgelegt. Nach dem 1. Halbsatz der Tarifnorm gelten grundsätzlich die bis 1992 gültigen tariflichen und gesetzlichen Regelungen. Nur ausnahmsweise ("es sei denn") gelten nach dem 2. Halbsatz der Tarifnorm die erstmals durch den Manteltarifvertrag vom 27. Juli 1993 einheitlich für Angestellte und gewerbliche Arbeitnehmer festgelegten verlängerten Kündigungsfristen (§ 11 Abs. 7 MTV), wenn sie günstiger für den Arbeitnehmer sind. Die Auslegung des Arbeitsgerichts führt ausweislich der Entscheidungsgründe in dem Urteil vom 21. Juli 2004 zu einem anderen Regel-Ausnahme-Prinzip: Danach soll grundsätzlich die Regelung nach § 11 Abs. 7 MTV in der Fassung vom 25. Juli 2003 gelten, es sei denn die bis 1992 geltenden tariflichen und gesetzlichen Regelungen sind bei Berücksichtigung der Beschäftigungszeiten nur bis zum Stichtag 1. August 1993 für den Arbeitnehmer günstiger. Diese nicht zutreffende Prüfungsreihenfolge findet sich auch in der Entscheidung der 8. Kammer des Arbeitsgerichts Köln vom 2. März 2004 - 8 Ca 14365/03 -, auf welche die Beklagte verweist. 3. Sinn und Zweck der Regelung gebieten keine von Wortlaut und systematischen Zusammenhang abweichende Auslegung. Es sollen die Arbeitnehmer privilegiert werden, die vor dem genannten Stichtag eingestellt worden sind. Diese Arbeitnehmer haben bei ihrer Einstellung auf die damals geltende Kündigungsfristenregelung vertrauen dürfen. Dazu gehörte auch, dass sie bei längerer Beschäftigung nur unter Einhaltung der nach dem AngKSchG geltenden Kündigungsfristen und Kündigungstermine gekündigt werden konnten. Dieses Vertrauen wurde umfassend geschützt, wenn auch die künftigen Beschäftigungszeiten für die Bestimmung der verlängerten Kündigungsfristen nach dem AngKSchG heranzuziehen waren. Von einer "doppelten Privilegierung" durch Berücksichtigung nicht nur der bis zum Stichtag zurückgelegten Beschäftigungszeiten, sondern auch der zukünftigen Beschäftigungszeiten kann keine Rede sein. Diese Sichtweise geht offensichtlich von einem - statischen - Bestandsschutz aus, in den durch Neuregelungen nicht eingegriffen werden kann. Dies ist aber nicht der Fall. Die Kündigungsfrist richtet sich grundsätzlich nach der zum Kündigungszeitpunkt geltenden einzelvertraglichen, tariflichen oder gesetzlichen Regelung. Der Arbeitnehmer erwirbt während des Arbeitsverhältnisses nicht eine nach seiner zurückgelegten Beschäftigungszeit zu ermittelnde "Anwartschaft" auf eine Kündigungsfrist, in die durch Neuregelungen nicht eingegriffen werden kann. 4. Da keine Zweifel daran bestehen, wie die Tarifregelung zu verstehen ist, braucht die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages an sich nicht berücksichtigt zu werden. Gleichwohl sei Folgendes angemerkt: Aus der Tarifgeschichte ergeben sich keine Anhaltspunkte, die für einen anderen Inhalt der Tarifregelung sprechen. Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 30. Mai 1990 waren die Kündigungsfristen für Arbeiter in § 622 Abs. 2 S. 1 und Satz 2 1. Halbsatz BGB 1969 mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 GG unvereinbar, soweit die Kündigungsfristen für Arbeiter kürzer waren als für Angestellte nach dem AngKSchG. Dem Gesetzgeber wurde vom Bundesverfassungsgericht aufgegeben, die Kündigungsfristen für Angestellte und Arbeiter bis zum 30. Juni 1993 neu zu regeln. Die Neuregelung erfolgte durch das Gesetz zur Vereinheitlichung der Kündigungsfristen von Arbeitern und Angestellten vom 7. Oktober 1993, das am 15. Oktober 1993 in Kraft trat. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die ausschließlich die verlängerten gesetzlichen Kündigungsfristen für Arbeiter betraf, mag die Tarifvertragsparteien veranlasst haben, noch vor Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung gemeinsame Kündigungsfristen für Angestellte und gewerbliche Arbeitnehmer erstmals durch den MTV vom 27. Juli 1993 einzuführen. Sie hatten auch die Frage zu beantworten, ob und ggf. wie sie das Vertrauen der bereits beschäftigten Angestellten und gewerblichen Arbeitnehmer auf die Geltung längerer Kündigungsfristen schützen wollten. Es bestand dabei für sie ein Gestaltungsspielraum, da die Regelung nicht die Großgruppen aller Angestellten und Arbeiter erfasste, sondern nur einen abgegrenzten Kreis der Angestellten und gewerblichen Arbeitnehmer (vgl. dazu: BAG, Urteil vom 2. April 1992 - 2 AZR 516/91- ). Es war auch klar, dass sich dieser Personenkreis im Laufe der Jahre durch das Ausscheiden der älteren Arbeitnehmer ständig verringern würde. Die bereits beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer kamen in den Genuss der für sie erheblich besseren Neuregelung der verlängerten Kündigungsfristen. Bei den bereits beschäftigten Angestellten verblieb es nach der Neuregelung bei den schon bisher geltenden verlängerten Kündigungsfristen. Allerdings änderte sich der Kündigungstermin. Es war dann nicht unausgewogen, die Altregelung für die bereits beschäftigten Angestellten aufrechtzuerhalten, die ohnehin nur zu einem Hinausschieben des Beendigungstermins um maximal 2 Monate führen kann. Die Anwendbarkeit der bisherigen gesetzlichen und tariflichen Kündigungsfristen auf die vor dem 1. August 1993 begründeten Arbeitsverhältnisse haben sie in den später abgeschlossenen Manteltarifverträgen unverändert fortgeschrieben, auch in Kenntnis der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts über die Grenzen der Gestaltungsfreiheit der Tarifpartner bei der unterschiedlichen Regelung von Kündigungsfristen für Arbeiter und Angestellte. Nach alledem ist die Berufung begründet. 5. Die Kostentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der entscheidungserheblichen Rechtsfrage ist die Revision zugelassen worden.

Ende der Entscheidung

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