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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 27.05.2009
Aktenzeichen: 9 Ta 199/09
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 115 Abs. 3 S. 1
Zur Zumutbarkeit des Einsatzes einer Lebensversicherung beim Bestreiten der Prozesskosten.
Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 9. April 2009 - 4 Ca 7593/08 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die nach § 11 a ArbGG, 127 Abs. 2 ZPO statthafte und auch ansonsten zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.

Das Arbeitsgericht hat zu Recht die beantragte Beiordnung nach § 11 a ArbGG wegen fehlender Bedürftigkeit des Klägers abgelehnt.

1. Nach § 11 a Abs. 3 ArbGG gelten die Vorschriften der ZPO über die Prozesskostenhilfe in Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen entsprechend. Danach kommt es auch für die Beiordnung nach § 11 a Abs. 1 ArbGG darauf an, ob die Partei nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, § 114 ZPO (vgl. Schwab/Weth/Vollstädt, ArbGG, 2. Aufl., § 11 a Rdn. 34).

2. Nach § 115 Abs. 3 S. 1 ZPO hat die Partei ihr Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. Dabei gilt § 90 SGB XII entsprechend (§ 115 Abs. 3 S. 2 ZPO).

Eine Lebensversicherung zählt zum verwertbaren Vermögen. Zwar muss nach § 90 Abs. 2 Ziff. 2 SGB XII Kapital, das der zusätzlichen Altersvorsorge im Sinne des § 10 a oder des Abschnitts XI des Einkommensteuergesetzes dient, nicht eingesetzt werden, wenn seine Ansammlung staatlich gefördert wurde ("Riesterrente"). Die vom Kläger abgeschlossene Lebensversicherung wird aber nicht staatlich gefördert.

3. Der Einsatz des Vermögens bedeutet auch nicht eine Härte im Sinne des § 90 Abs. 3 SGB XII.

Nach § 90 Abs. 3 S. 2 SGB XII darf die Bewilligung von dem Einsatz des Vermögens nicht abhängig gemacht werden, wenn dies die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschweren würde. Damit wird der Aufbau einer angemessenen nicht staatlich geförderten Lebensversicherung gesichert (vgl. dazu: Zöller-Philippi, ZPO, 27. Aufl., § 115 Rdn. 52).

Es ist nicht ersichtlich, dass die Alterssicherung des Klägers in gravierender Weise beeinträchtigt wird, wenn er die Kosten der Prozessführung zu tragen hat.

Dies ist nur der Fall, wenn eine unter Einbeziehung des für die Prozesskostenhilfe zu verwendenden Kapitals von der Sozialhilfe unabhängige Altersversorgung existiert und die anderweitige Verwendung dieses Kapitals ursächlich dazu führt, dass die Partei in Zukunft ihre Altersversorgung zumindest teilweise auch durch die Inanspruchnahme von ergänzender Hilfe zum Lebensunterhalt wird bestreiten müssen (vgl. dazu: OLG Karlsruhe, Beschluss vom 11. Mai 2005 - 2 WF 51/05 - und OLG München, Beschluss vom 27. Januar 2009 - 33 Wx 197/08 - ).

Davon kann im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden. Der Kläger ist 45 Jahre alt und alleinstehend. In der bis zum gesetzlichen Rentenalter verbleibenden Lebensphase von mehr als 20 Jahren kann er auch beim Einsatz seines Vermögens eine ausreichende Altersversorgung aufbauen. Es ist nicht ersichtlich, dass er keine realen Chancen hat, künftig nicht zumindest Einkünfte in dem Umfang zu erzielen, wie er sie im Jahr 2008 aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit bezogen hat.

Zudem ist der Kläger nicht verpflichtet, seine Lebensversicherung zu verkaufen.

Zunächst ist festzuhalten, dass ihm die Beklagte aufgrund des gerichtlichen Vergleichs vom 31. März 2009 eine Abfindung in Höhe von EUR 5.500,00 gezahlt hat, die er zum Bestreiten der Prozesskosten verwenden konnte. Durch die Lebensversicherung verblieb ihm ein Vermögen, das bei weitem den Schonbetrag nach § 90 Abs. 2 Ziff. 9 SGB XII in Höhe von EUR 2.600,00 überstieg. Soweit er darauf verweist, dass er kein Arbeitslosengeld bezieht, ist im Übrigen festzuhalten, dass er ausweislich seiner letzten Erklärung vom 25. März 2009 zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen auch noch im März 2009 Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit hatte.

Zudem kann er die Lebensversicherung mit einem Policen-Darlehen beleihen, das erst bei Vertragsablauf der Versicherung fällig und für den Fall, dass das Darlehen nicht zurückgezahlt wird, durch Verrechnung mit der Leistung aus der Lebensversicherung getilgt wird (vgl. dazu: OLG Stuttgart, Beschluss vom 8. April 2008 - 17 WF 66/08 - ). Ggf. kann er auch die Lebensversicherung vorübergehend beitragsfrei stellen, um aus den dergestalt ersparten Beiträgen die Prozesskosten zu finanzieren (vgl. dazu: OLG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 21. April 2005 - 14 WF 41/05 - ).

Abschließend ist darauf zu verweisen, dass die Beiordnung nach § 11 a ArbGG wie die Prozesskostenhilfe eine Form der Sozialhilfe ist, für die gilt, dass der Bedürftige - abgesehen von den gesetzlich normierten Ausnahmen - alle verfügbaren eigenen Mittel einsetzen muss, bevor ihm staatliche Hilfe auf Kosten der Allgemeinheit gewährt werden kann (vgl. dazu: OLG Stuttgart, Beschluss vom 8. April 2008 - 17 WF 66/08 - ).

Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht zulässig.



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