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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Beschluss verkündet am 14.07.2009
Aktenzeichen: 10 Ta 18/08
Rechtsgebiete: ArbGG, GVG, ZPO


Vorschriften:

ArbGG § 12 a
GVG § 17
GVG § 17 b
ZPO § 103
ZPO § 840 Abs. 2
Die Geltendmachung von Kosten einer Drittschuldnerklage ist im arbeitsgerichtlichen Kostenfestsetzungsverfahren ausgeschlossen (Fortführung von Beschluss vom 15.05.2006 - 10 Ta 159/06).
Landesarbeitsgericht München BESCHLUSS

10 Ta 18/08

In dem Beschwerdeverfahren B.

hat das Landesarbeitsgericht München durch den Vorsitzenden der Kammer 10, Vizepräsident Moeller, ohne mündliche Verhandlung am 14. Juli 2009 beschlossen:

Tenor:

I. Die sofortige Beschwerde der Klägerin wie die der Beklagten gegen den Beschluss der Rechtspflegerin des Arbeitsgerichts München vom 28.09.2007 (Az. 12 Ca 15613/05) werden zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten über die Kostenerstattung in einem Verfahren erster Instanz.

Die Klägerin hat in einem zunächst vor dem Amtsgericht München, dann vor dem Landgericht München I anhängigen und von diesem am 15.09.2005 an das Arbeitsgericht München verwiesenen Rechtsstreit im Wege der Drittschuldnerklage zuletzt eine Forderung in Höhe von 5.876,33 € nebst Zinsen geltend gemacht.

Das Arbeitsgericht München hat durch Endurteil vom 19.06.2006 die Beklagte zur Zahlung von 3.482,39 € nebst Zinsen verurteilt, im Übrigen die Klage abgewiesen, von den Kosten des Rechtsstreits der Klägerin 2/5 und der Beklagten 3/5 auferlegt und den Streitwert auf 5.876,33 € festgesetzt.

Mit Schriftsatz vom 07.08.2006 hat die Klägerin Kostenfestsetzung beantragt und im Rahmen der Kostenquotelung Berücksichtigung von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.034.- €, Reisekosten für einen Termin vor dem Amtsgericht München vom 30.06.2004 (352.- €), der allerdings nicht stattgefunden hat, vor dem Landgericht München I vom 21.02.2005 (368,96 €) und 08.08.2005 (535,90 €) sowie vor dem Arbeitsgericht München vom 31.05.2006 (465.-€) zuzüglich Mehrwertsteuer beantragt. Die Beklagte hat daraufhin mit Schriftsatz vom 16.11.2006 ihre Kosten zur Ausgleichung mit 1.034.- € Rechtsanwaltskosten sowie Reisekosten und Abwesenheitsgeld von 146,20 € bekannt gegeben.

Durch Beschluss vom 28.09.2007 hat die Rechtspflegerin des Arbeitsgerichts München die von der Beklagten der Klägerin nach dem Urteil des Arbeitsgerichts München zu erstattenden Kosten auf insgesamt 164,18 € festgesetzt. Bei der Kostenausgleichung hat sie dabei abgelehnt, Rechtsanwaltskosten zu Gunsten der Klägerin zu berücksichtigen und hinsichtlich der Reisekosten lediglich Rechtsanwaltskosten in Höhe von der durch die Beauftragung des Rechtsanwalts ersparter notwendiger Reisekosten der Klägerin selbst berücksichtigt und daher nur Reisekosten für die Wahrnehmung des Termins vom 21.02.2005 in Höhe von 256,96 €, für den Termin vom 08.08.2005 in Höhe von 353.- € sowie für den Termin vom 31.05.2006 in gleicher Höhe berücksichtigt.

Auf Seiten der Beklagten hat die Rechtspflegerin dagegen die Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.034.- € voll berücksichtigt, dagegen keine Reisekosten anerkannt. Von den danach insgesamt zu verteilenden Kosten in Höhe von 1.996,96 € fallen nach der Kostenquotelung gemäß Urteil des Arbeitsgerichts auf die Klägerin 798,78 €, sodass ein Erstattungsanspruch in Höhe von 164,18 € verbleibt.

Gegen den der Klägerin am 05.10.2007 und der Beklagten am 08.10.2007 zugestellten Beschluss haben die Klägerin mit einem am 09.10.2007 und die Beklagte mit einem am 19.10.2007 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz "höchst vorsorglich" sofortige Beschwerde eingelegt.

Die Rechtspflegerin des Arbeitsgerichts hat durch Beschluss vom 08.01.2008 beiden Beschwerden nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht München zur Entscheidung vorgelegt.

II.

1. Die gem. §§ 104 Abs. 3, 11 Abs. 1 RPflG statthaften sofortigen Beschwerden der Klägerin wie der Beklagten sind auch sonst zulässig (§§ 567 Abs. 1, 569 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO).

2. Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist unbegründet.

a) Die Rechtspflegerin des Arbeitsgerichts hat es zunächst zu Recht abgelehnt, die von der Klägerin geltend gemachten Rechtsanwaltskosten bei der Kostenausgleichung gem. § 106 ZPO zu berücksichtigen. Denn die Berücksichtigung derartiger Rechtsanwaltskosten ist gem. § 12 a Abs. 1 ArbGG ausgeschlossen.

aa) Die erkennende Kammer hat bereits in dem der Klägerin bekannten Beschluss vom 15.05.2006 (Az. 10 Ta 159/06) ausgeführt, dass auch Rechtsanwaltskosten in einem Drittschuldnerprozess von der Regelung des § 12 a Abs. 1 ArbGG erfasst werden. Denn gemäß dieser Vorschrift besteht im Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und auf Erstattung der Kosten für die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten oder Beistands. Diese Vorschrift sieht bis auf den in § 12 a Abs. 1 Satz 3 ArbGG genannten Fall einer Verweisung keine Ausnahme vor und enthält daher ein öffentlich-rechtliches Gebot, das die Kostenfestsetzung gegenüber dem Prozessgegner erster Instanz generell ausschließt.

bb) Die Kammer hat weiter ausgeführt, dass es eine ganz andere Frage ist, ob die Beklagte ihrer Auskunftspflicht nach § 840 Abs. 1 ZPO in genügendem Maße nachgekommen ist und bei Verletzung dieser Pflicht der Klägerin den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen hat (§ 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Auch wenn davon auszugehen ist, dass ein derartiger Schadensersatzanspruch auch die Kosten eines Drittschuldnerprozesses umfassen kann und diesem Anspruch § 12 a ArbGG nicht entgegensteht (vgl. BAG vom 16.05.1990 - BB 1990, 2122; LAG Baden-Württemberg JurBüro 1994, 135; Behr JurBüro 1994, 132), handelt es sich hierbei nicht um einen Kostenerstattungsanspruch, sondern um einen materiellrechtlichen Schadensersatzanspruch (vgl. Huene/Liebscher BB 1996, 743). Unabhängig von der Frage, ob ein solcher Schadensersatzanspruch vor den Gerichten für Arbeitssachen verfolgt werden kann (vgl. LAG Baden-Württemberg NZA-RR 2005, 273; Düwell/Lipke, ArbGG, 2. Aufl., § 46 Rn. 285), ist jedenfalls dessen Geltendmachung in einem Kostenfestsetzungsverfahren ausgeschlossen (vgl. LAG Köln MDR 2001, 775).

cc) Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Beschluss vom 06.11.2005 - NZA 2006, 343) und der herrschenden Meinung in Literatur (vgl. HWK/Kalb, 3. Aufl., § 12 a ArbGG Rz. 5; Schwab/Weth/Vollstädt, ArbGG, 2. Aufl., § 12 a Rn. 29). An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten, zumal entgegen der Auffassung der Klägerin auch der Bundesgerichtshof (vom 20.12.2005 - NZA-RR 2006, 210) eine Kostenfestsetzung vom Gläubiger gegenüber dem Drittschuldner im arbeitsgerichtlichen Verfahren ausschließt und sich der Auffassung der Kammer auch Stimmen in neuester Zeit (vgl. Oberthür ArbRB 2008, 189; GK-ArbGG/Schleusener, Std. 2009, § 12 a Rn. 40) angeschlossen haben.

b) Zu Recht hat die Rechtspflegerin auch die von der Klägerin geltend gemachten Reisekosten zur Wahrnehmung - eines tatsächlich gar nicht stattgefundenen - Termins vor dem Amtsgericht nicht berücksichtigt.

aa) Nach Auffassung der Beschwerdekammer spricht bereits viel dafür, dass eine Berücksichtigung von Reisekosten bei dem von der Klägerin zu Unrecht angegangenen Zivilgericht § 17 b Abs. 2 Satz 2 GVG entgegensteht. Denn danach hat gerade die Klägerin sämtliche Kosten zu tragen, die bei dem unzuständigen Gericht angefallen sind (vgl. BAG vom 01.11.2004 - 3 AZB 10/04; LAG Düsseldorf DB 2006, 2472; LAG Schleswig-Holstein JurBüro 2004, 142). Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt es dabei auf die von ihr vorgetragenen Gründe, die ohnehin mit § 17 Abs. 1 Satz 1 GVG nicht zu vereinbaren sind, gar nicht an.

bb) Selbst wenn aber die Kostenentscheidung des Arbeitsgerichts zwar fehlerhaft, aber für das Kostenfestsetzungsverfahren dennoch bindend ohne Rücksicht auf § 17 b Abs. 2 Satz 2 GVG ergangen ist und daher eine Berücksichtigung von Reisekosten der Klägerin bei dem ordentlichen Gericht nicht ausschließt, ist die Entscheidung der Rechtspflegerin nicht zu beanstanden. Wenn die Klägerin von Hamburg zu einem am 30.06.2004 in München stattfindenden Termin zu einem Zeitpunkt abgereist ist, zu dem ihr am 28.06.2004 eine Abladung nicht mehr übermittelt werden konnte und sie zudem die Anreise wegen ihrer mitgeführten Kinder für eine Übernachtung unterbrechen musste, ist dies in der Tat die Privatangelegenheit der Klägerin. Derartige Kosten sind keine zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung Notwendigen im Sinne von § 91 Abs. 1 ZPO und daher nicht zu erstatten.

c) Soweit es um den Termin vom 21.02.2005 geht, hat die Rechtspflegerin die geltend gemachten Reisekosten in voller Höhe berücksichtigt. Weitere Ausführungen dazu erübrigen sich.

d) Soweit es um Kosten für die Wahrnehmung der Termine vom 08.08.2005 und 31.05.2006 vor dem Arbeitsgericht geht, sind auch diese Kosten von der Rechtspflegerin zutreffend berechnet worden. Die Klägerin übersieht auch hier, dass wegen § 12 a Abs. 1 ArbGG es nicht um die Erstattung von Kosten für einen in Hamburg beauftragten Rechtsanwalt geht, sondern allenfalls dessen Kosten in Höhe hypothetischer Reisekosten der Partei erstattet werden können (vgl. LAG Nürnberg JurBüro 1995, 266), für deren Berechnung die günstigste Variante zugrunde zu legen ist (vgl. LAG Berlin NZA-RR 2006, 539). Daran hat sich die Rechtspflegerin gehalten. Insbesondere hat sie daher zu Recht Abwesenheitsgelder nicht berücksichtigt.

e) Dagegen, dass die Rechtspflegerin zugunsten der Beklagten deren Rechtsanwaltskosten berücksichtigt hat, die bei dem unzuständigen Amts- bzw. Landgericht angefallen sind, wendet sich die Klägerin nicht. Dies entspricht auch der Rechtslage (vgl. BAG vom 01.11.2004 - 3 AZB 10/04; LAG München AMBl. 1981, C 41). Die Beschwerde der Klägerin ist daher zurückzuweisen.

3. Auch die Beschwerde der Beklagten ist unbegründet.

Dabei kann dahinstehen, ob aus der merkwürdigen Formulierung der "höchst vorsorglichen Erhebung" nicht ohnehin zu folgern ist, dass diese nur Bedeutung für den Fall des Erfolgs der Beschwerde der Klägerin haben sollte. Andererseits wendet sich die Beschwerde gerade gegen die unabhängig davon im Kostenfestsetzungsbeschluss anerkannten Reisekosten der Klägerin, die vom Erfolg ihrer Beschwerde nicht abhängen. Die Erstattung derartiger Kosten schließt auch § 12 a Abs. 1 ArbGG nicht aus (vgl. Schleusener/Kühn NZA 2008, 151). Da die Rechtspflegerin diese Kosten aber zu Recht als glaubhaft gemacht (§ 104 Abs. 2 Satz 1 ZPO) angesehen hat, ist auch die Beschwerde der Beklagten zurückzuweisen.

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 92 Abs. 1 i. V. m. 97 Abs. 1 ZPO.

Gegen die Entscheidung ist kein Rechtsmittel statthaft, da für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde kein gesetzlich begründeter Anlass (§§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG) besteht.

Ende der Entscheidung

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