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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 19.09.2007
Aktenzeichen: 11 Sa 242/07
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 9
KSchG § 10
Die Entscheidung befasst sich mit den Voraussetzungen eines Auflösungsantrags des Arbeitnehmers gemäß § 9 Abs. 1 KSchG. Das Vorliegen derselben wird im vorliegenden Fall verneint.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 Sa 242/07

Verkündet am: 19. September 2007

In dem Rechtsstreit

hat die Elfte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 22. August 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Obenaus sowie die ehrenamtlichen Richter Ragaller und Wischhöfer für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 15.2.2007, Az.: 23 Ca 2126/06, wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die gerichtliche Auflösung des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses sowie über eine Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer Abfindung.

Der Auseinandersetzung liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:

Die am 00.00.1962 geborene Klägerin ist bei der Beklagten, deren Geschäftsgegenstand im Bereich der Automatisierungstechnik sowie der interindustriellen Kommunikation liegt, seit 2.3.1987 zuletzt als Vorstandssekretärin zu einer monatlichen Bruttovergütung von durchschnittlich 0000 € beschäftigt.

Mit Schreiben vom 25. Januar 2006, das der Klägerin am selben Tag zugegangen ist, sprach die Beklagte gegenüber der Klägerin eine Änderungskündigung aus. In diesem Schreiben führte die Beklagte u. a. aus:

"Sehr geehrte Frau H.,

Sie sind bei der S. AG in der zurückliegenden Zeit als Vorstandssekretärin beschäftigt gewesen.

Wie Sie wissen, ist Ihr direkter Vorgesetzte, Herr H., für den Sie mit dem weit überwiegenden Teil Ihrer Arbeitskraft tätig waren, bei der S. AG zum 11.01.06 ausgeschieden. Eine Neubesetzung der Vorstandsposition ist einstweilen noch nicht erfolgt.

In Absprache mit dem erwarteten neuen Vorstandskollegen hat der derzeitige alleinige Vorstand der S. AG die unternehmerische Entscheidung getroffen, die Sekretariatsarbeiten im Vorstandsbereich neu zu strukturieren und lediglich beim Vorstandsvorsitzenden eine persönliche Sekretariatsstelle zu belassen. Alle anderen Sekretariatsarbeiten des Vorstands werden nach dieser Neuorganisation künftig zentral ab gewickelt.

Damit stellt sich der durch das Ausscheiden von Herrn H. eingetretene Wegfall Ihres Aufgabenbereichs als dauerhaft dar.

Dieser Wegfall des von Ihnen seither ausgeübten Aufgabenbereichs zwingt uns dazu, Ihnen gegenüber die Änderungskündigung bezüglich des seitherigen Anstellungsverhältnisses zum 31.07.2006 zu erklären.

Den Ausspruch der Änderungskündigung verbinden wir mit dem Angebot, ein neues Anstellungsverhältnis mit Ihnen als Sachbearbeiterin im Zentralbereich zu begründen. ..."

In dem zitierten Schreiben stellte die Beklagte die Klägerin weiterhin ab sofort bis zum 28.2.2006 von ihrer Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung frei, um ihr "die Gelegenheit zu eröffnen, über die ihr vorgeschlagene Änderung grundlegend nachzudenken". Ferner schlug die Beklagte der Klägerin als Alternative zur Änderungskündigung vor, die Klägerin unter Gewährung einer Abfindung mit sofortiger Wirkung aus dem Arbeitsverhältnis zu entlassen. Bei dieser Variante werde der Klägerin ein Betrag in Höhe der Hälfte des bis zum 31. Juli 2006 noch offenen Gehalts als Abfindung gezahlt.

Die Klägerin hat das Änderungsangebot der Beklagten nicht angenommen.

Mit ihrer beim Arbeitsgericht München am 14. Februar 2006 eingegangenen Klage vom selben Tag begehrte die Klägerin die gerichtliche Feststellung, dass die Änderungskündigung vom 25. Januar 2006 rechtsunwirksam ist, ferner die Verurteilung der Beklagten zur Weiterbeschäftigung der Klägerin zu den bisherigen Bedingungen als Vorstandssekretärin.

Am 1.3.2006 erschien die Klägerin wieder im Betrieb und stellte fest, dass in ihrem bisherigen Zimmer eine andere Arbeitnehmerin tätig war. Auf das anschließende persönliche Gespräch mit dem Vorstandsvorsitzenden T. musste die Klägerin eine Zeit lang warten, was dieser mit mangelhafter Vorabklärung entschuldigte. Für den 2.3.2006 wies der Vorstandsvorsitzende der Klägerin die Vertretung einer Empfangsekretärin zu. Kurz nach Arbeitsantritt am 2.3.2006 meldete sich die Klägerin als arbeitsunfähig krank und erschien bis zum Ablauf der Kündigungsfrist am 31. Juli 2006 nicht mehr zur Arbeit.

Nach einer telefonischen Kontaktaufnahme zwischen den Prozessbevollmächtigten der Parteien am 1.3.2006, anlässlich deren der Prozessvertreter der Klägerin zum Ausdruck gebracht hatte, dass die Klägerin auf jeden Fall in der alten Position weiter arbeiten wolle, nahm die Beklagte mit Schreiben vom 2.3.2006 die Änderungskündigung vom 25. Januar 2006 zurück verbunden mit der an die Klägerin gerichteten Bitte, die Klage beim Arbeitsgericht zurückzunehmen.

Mit Schreiben vom 29.3.2006, das der Klägerin am 30.3.2006 zugegangen ist, teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie 140 € an die Beklagte zurückzahlen müsse, weil ihre "erreichte Standardleistungskomponente" lediglich 44,4% betragen habe. Am selben Tag erhielt die Klägerin ein Schreiben des Vorstandsvorsitzenden der Beklagten vom 28.3.2006, mit dem dieser der Klägerin eine baldige Genesung wünschte. Der Bote, der das Schreiben überbrachte, händigte der Klägerin gleichzeitig einen Strauß Tulpen aus.

In der Kammersitzung des Arbeitsgerichts München vom 1.2.2007 erkannte die Beklagte den Feststellungsantrag an. Daraufhin stellte das Arbeitsgericht durch Teilanerkenntnisurteil vom selben Tag fest, dass die Kündigung der Beklagten vom 25.1.2006 sozialwidrig und damit unwirksam ist.

Mit ihrer nach teilweiser Erledigung durch das Teilanerkenntnisurteil noch rechtshängigen Klage hat die Klägerin erstinstanzlich die gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum 31.7.2006 sowie die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung einer Abfindung begehrt.

Zur Begründung hat sie ausgeführt, eine weitere Tätigkeit bei der Beklagten sei ihr im Hinblick auf das Verhalten des Herrn T. unzumutbar. Sie werfe der Beklagten vor, dass sie das schwerwiegendste Mittel, nämlich eine Änderungskündigung statt der bloßen Ausübung des Direktionsrechts gewählt habe. Außerdem habe Herr T. mit ihrem Weggang gerechnet und es auch darauf angelegt. Die Kürzung der Standardleistungskomponente sei eine nachträgliche Herabwürdigung ihrer erbrachten Leistungen. Die Übersendung der Tulpen beinhalte ein widersprüchliches Verhalten der Beklagten, das das Vertrauensverhältnis zusätzlich zerrüttet habe. Die Abmahnung sei nicht zutreffend, weil für die Klägerin die weitere Arbeit bei der Beklagten unzumutbar sei, nachdem sie bei der Beklagten gemobbt werde.

Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt:

Das Arbeitsverhältnis wird gem. § 9, 10 KSchG zum 31.07.2006 aufgelöst. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin eine Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, die aber € 44.988,00 nicht unterschreiten sollte, zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

Die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie vorgetragen, die klägerischen Vorwürfe seien ungerechtfertigt. Eine weitere Arbeit bei der Beklagten sei der Klägerin durchaus zuzumuten. Die ursprünglich vorgesehene Tätigkeit als Springerin habe sich durch die Rücknahme der Änderungskündigung erledigt. Demnach werde die Klägerin wieder als Vorstandssekretärin mit dem bereits in der Vergangenheit stattgefunden Tätigkeitszuschnitt beschäftigt werden, allerdings nicht mehr als Sekretärin des Herrn H., nachdem dies wegen des Ausscheidens von Herrn H. nicht mehr möglich sei. Die gesundheitlichen Beschwerden der Klägerin seien nicht auf die Beklagte bzw. einen Arbeitsplatzkonflikt zurückzuführen. Die Standardleistungskomponente 2005 sei für die Klägerin sachgerecht festgesetzt worden, wobei es hierüber noch kein Gespräch habe geben können, nachdem die Klägerin nicht mehr bei der Beklagten erschienen sei. Nachdem die Klägerin über drei Monate unentschuldigt gefehlt habe, sei nach mehreren Mahnungen eine Abmahnung erforderlich geworden.

Hinsichtlich des weiteren erstinstanzlichen Sach- und Rechtsvortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht München hat die Klage - soweit noch rechtshängig - mit Schlussurteil vom 15.2.2007, das der Klägerin an 20.2.2007 zugestellt wurde, abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, die Unzumutbarkeit des § 9 KSchG sei nicht identisch mit der Sozialwidrigkeit der Kündigung. Wenn eine Kündigung unwirksam sei, so habe das nicht automatisch zur Folge, dass dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar sei. Die Unzumutbarkeit müsse sich aus weiteren Gründen ergeben, die der Arbeitgeber setze. Dabei sei zunächst festzuhalten, dass die durch das Ausscheiden des Herrn H. bedingte Änderungskündigung sachlich begründet gewesen sei. Es unterfalle der freien Unternehmerentscheidung, sich dahingehend zu entscheiden, dass es nur noch für den Vorstandsvorsitzenden eine eigene Sekretärin gebe und dass im Übrigen die Sekretärinnen mit verschiedenen Aufgaben beschäftigt würden. Dass zunächst versucht worden sei, diese Entscheidung durchzusetzen, man dann aber hieran nicht festgehalten habe, könne der Beklagten nicht vorgeworfen werden. Die behauptete psychische Erkrankung könne nicht eindeutig einem Arbeitgeberverhalten zugeordnet werden. Für eine Willkürlichkeit bei der Kürzung der Standardleistungskomponente der Klägerin für das Jahr 2005 seien ebenfalls keine ausreichenden Anhaltspunkte ersichtlich. Im Übrigen habe sich insoweit der Vorstandsvorsitzende auch gesprächsbereit gezeigt. Dass dieser von Vornherein und auch später es nur auf das Ausscheiden der Klägerin abgesehen haben solle, bleibe spekulativ.

Mit Schreiben vom 14.3.2007 des Prozessbevollmächtigten der Klägerin gerichtet an den Prozessbevollmächtigten der Beklagten erklärte die Klägerin unter Bezugnahme auf § 12 KSchG, dass sie die Tätigkeit bei der Beklagten nicht mehr aufnehmen werde und dass sie das Arbeitsverhältnis als beendet betrachte, so dass nur noch darüber zu streiten sei, ob das Arbeitsverhältnis bereits zum 31.7.2006 aufgelöst sei.

Gegen die Klageabweisung wendet sich die Klägerin mit ihrer am 15. März 2007 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Berufung vom selben Tag.

Unter Vertiefung und teilweise Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags macht die Klägerin geltend, rechtsfehlerhaft stelle das Arbeitsgericht fest, dass die gegenüber der Klägerin ausgesprochene Änderungskündigung sachlich begründet gewesen sei. Es sei nicht angemessen, wenn das Arbeitsgericht von Schwierigkeiten mit der Klägerin spreche, wenn diese von ihrem Recht Gebrauch mache, gegen eine Kündigung gerichtlich vorzugehen. Wenn man beim Ausscheiden des Vorstands H. ein unternehmerisches Interesse unterstelle, das Sekretariat umzuorganisieren, dann habe man erwarten können, dass die Klägerin in die diesbezüglichen Überlegungen einbezogen werde. Eine Kündigung mit sofortiger Entziehung der Aufgaben und Entfernung aus dem Betrieb sei als Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin zu qualifizieren, der der Klägerin unmissverständlich signalisiert habe, sie sei im Unternehmen nicht mehr erwünscht. Als sie, die Klägerin, nach Ablauf der Freistellung selbst wieder im Betrieb erschienen sei, sei ihr Arbeitsplatz besetzt gewesen. Sie sei dann für den nächsten Tag an den Empfang beordert worden, um dort zu vertreten. Diesen Sachverhalt habe das Arbeitsgericht nicht zutreffend bewertet. Die Abordnung an den Empfang sei ein Signal für die Art der künftigen Beschäftigung der Klägerin gewesen. Die Kürzung der Standardleistungskomponente sei entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts willkürlich und eine gezielte Beleidigung gewesen. Die Klägerin trägt weiter vor, Grundlage dieser Leistung sei die Zusatzvereinbarung vom 27. Juni 2005 gewesen, die erst ab 30. Juni 2005 Geltung gehabt habe. Eine Organisationsanweisung, mit der die besonderen Leistungsanforderungen für das zweite Halbjahr 2005 festgelegt worden wären, habe es nicht gegeben. Dies sei jedoch nach der Zusatzvereinbarung erforderlich gewesen. Herr H. hätte ihr nach ihrer Auffassung mindestens 120 Prozentpunkte gegeben. Die Bewertung mit 44,4% stehe in exorbitantem Widerspruch zur Beurteilung des Herrn H., wie sie sich u.a. aus dem von Herrn H. am 11. Januar 2006 unterzeichneten Zwischenzeugnis ergebe.

Die Klägerin beantragt:

1. Das Schlussurteil des Arbeitsgerichts München vom 15.02.07 (Aktenzeichen 23 Ca 2106/06) wird aufgehoben.

Das Arbeitsverhältnis wird gem. § 9, 10 KSchG zum 31.07.2006 aufgelöst. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin eine Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, zu zahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus, das Zwischenzeugnis von Herrn H. sei erstmals in zweiter Instanz eingeführt worden. Es befinde sich nicht in den Personalakten der Beklagten und werde daher nicht als offizielles von der Beklagten erteiltes Zeugnis anerkannt. Die Erteilung dieses Zeugnisses an die Klägerin müsse mit Nichtwissen bestritten werden. Neben den im Zwischenzeugnis beschriebenen Aufgaben habe die Klägerin im Rahmen ihrer Vollzeittätigkeit weitere Leistungen erbringen sollen, die sie jedoch nicht in dem zu erwartenden Umfang erbracht habe. Wenn sich der Aufgabenbereich der Klägerin allein auf die Betreuung ihres Vorstands bezogen hätte, sei der Klägerin durchaus zu zugestehen, dass sie einen Leistungsstandard von mehr als 50% erreicht habe. Da jedoch auch die Sachbearbeitungsfunktion der Klägerin zu gewichten gewesen sei, habe die Gesamtbeurteilung zu einer Leistungserreichung von 44% geführt. Es sei auch nicht richtig, dass die Beklagte die Einstufung nicht begründet habe. Vielmehr sei der Klägerin mit Schreiben vom 13. April 2006 vom Vorstandsvorsitzenden der Beklagten ausdrücklich angeboten worden, über diese Bewertung zu sprechen. Hierbei sei von Bedeutung, dass nicht die Beklagte, sondern die Klägerin die Kommunikation verweigert habe. Es sei unrichtig, dass der Vorstandsvorsitzende irgendwelche Animositäten gegenüber der Klägerin gehabt habe. Richtig sei, dass er sie schon immer sehr geschätzt habe und dass er, nachdem er vom Bevollmächtigten der Klägerin gehört habe, dass diese vom Ausscheiden aus dem Vorstandssekretariat schwer getroffen sei, sofort die Änderungskündigung zurückgenommen habe. Mit dieser Rücknahme sei das Angebot zur Fortsetzung der Beschäftigung im Vorstandsekretariat verbunden gewesen. Warum die Klägerin dieses Angebot nicht angenommen habe, sei nach wie vor unbekannt. Die Abwesenheitsvertretung der Klägerin im Empfang könne wohl kaum als Signal für die Art der künftigen Beschäftigung der Klägerin gesehen werden, weil die Rückkehr der Empfangsdame bekanntermaßen bereits für den nächsten Tag angestanden habe und die Klägerin seit Jahren diese Abwesenheitsvertretung übernommen habe.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze (Bl. 173 ff; 231 ff) ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft nach § 64 Abs. 1 und 2 c ArbGG ferner in der richtigen Form und Frist eingelegt und begründet worden gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. §§ 519 Abs. 2, 520 Abs. 3 ZPO, § 66 Abs. 1 Sätze 1,2,5 ArbGG i.V.m. § 222 ZPO.

II.

Die Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit in den wesentlichen Punkten zutreffender Begründung die Klage abgewiesen. Ein Auflösungsgrund gemäß § 9 KSchG besteht nicht.

Das Berufungsgericht schließt sich der Begründung des Erstgerichts in den tragenden Erwägungen an.

Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen folgendes auszuführen:

1. Nach § 9 Absatz 1 Satz 1 KSchG hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen, wenn das Gericht zugleich feststellt oder festgestellt hat, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist und wenn es gleichwohl dem Arbeitnehmer nicht - mehr - zuzumuten ist, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen.

a) Hierzu ist zunächst festzuhalten, dass sich der Begriff der Unzumutbarkeit im Zusammenhang mit § 9 KSchG nicht mit dem im Rahmen von § 626 Absatz 1 BGB verwendeten Begriff der Unzumutbarkeit deckt. Während bei § 626 Absatz 1 BGB darauf abgestellt wird, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht wenigstens bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses zumutbar ist, kommt es bei § 9 Absatz 1 Satz 1 KSchG darauf an, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auf unbestimmte Zeit zumutbar ist. Gründe, die zur fristlosen Kündigung berechtigen, machen zwar stets auch die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 Absatz 1 Satz 1 KSchG unzumutbar. Andererseits können schon solche Tatsachen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 Absatz 1 Satz 1 KSchG unzumutbar machen, die für eine fristlose Kündigung nicht ausreichen. Danach genügt es, wenn die Fortsetzung des Arbeitsarbeitsverhältnisses für den Arbeitnehmer zu unerträglichen Bedingungen führt (APS-Biebl, 2. Aufl., § 9 KSchG Rz. 33).

b) Andererseits reicht die Sozialwidrigkeit der Kündigung allein - wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat - für die Unzumutbarkeit im Rahmen von § 9 KSchG nicht aus. Denn der Arbeitnehmer hat nicht etwa die freie Wahl, ob er bei festgestellter Unwirksamkeit der Kündigung das Arbeitsverhältnis fortsetzen oder ob er gegen eine Abfindung ausscheiden will. Regelmäßig treten bei jeder Kündigung Spannungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf. Diese allein vermögen einen Auflösungsantrag noch nicht zu rechtfertigen. Je "sozialwidriger" die Kündigung jedoch ist, desto geringer sind die Anforderungen an die Unzumutbarkeit. Belastet z. B. der Arbeitgeber durch Ausspruch einer offensichtlich unbegründeten Kündigung das Arbeitsverhältnis erheblich, genügen regelmäßig schon geringfügige weitere Gründe, um einen Auflösungsantrag des Arbeitnehmers zu rechtfertigen (APS-Biebl, a.a.O., Rz. 35).

c) Letztlich hängt die Beantwortung der Frage, ob dem gekündigten Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten ist, von den Umständen des Einzelfalls ab. Die Begründung zum Regierungsentwurf nennt als Beispiele für die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses Fälle, in denen als Kündigungsgründe unzutreffende ehrverletzende Behauptungen über die Person oder das Verhalten des Arbeitnehmers leichtfertig aufgestellt worden sind oder das Vertrauensverhältnis im Verlauf des weiteren durch die Kündigung ausgelösten Verfahrens ohne wesentliches Verschulden des Arbeitnehmers zerrüttet worden ist (abgedr. in RdA 1951,61,64; zit. n. APS-Biebl, a.a.O. Rz. 39)

d) Die Unzumutbarkeit kann sich einmal aus den Umständen der Kündigung selbst ergeben, so wenn der Arbeitgeber zum Beispiel eine betriebsbedingte Kündigung mit beleidigenden und ehrverletzenden Äußerungen ausspricht. Nicht ausreichend ist es für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses hingegen, wenn die - nicht beleidigenden oder sonst zu beanstandenden - Behauptungen des Arbeitgebers zum Kündigungsgrund nicht zutreffen. Die Unzumutbarkeit kann sich aber aus Umständen ergeben, die nach Ausspruch der Kündigung liegen. Keine Unzumutbarkeit ist bereits dann gegeben, wenn der Arbeitgeber die Berechtigung der von ihm ausgesprochene Kündigung im Prozess sachlich verteidigt (EK-Kiel, 7. Aufl. § 9 KSchG, Rz. 14 f.).

2. Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die Berufungskammer in Übereinstimmung mit dem Arbeitsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die von der Klägerin vorgetragenen Tatsachen in einer Gesamtschau einen Auflösungsgrund nicht begründen.

Dabei kann zunächst dahingestellt bleiben, ob - wie es das Arbeitsgericht ausgedrückt hat - die Änderungskündigung sachlich begründet war oder nicht. Jedenfalls ist die Reaktion der Beklagten auf den Wechsel in der Person des der Klägerin vorgesetzten Vorstandsmitglied H. mit der zunächst streitgegenständlichen Änderungskündigung nicht grob sozialwidrig. Das gilt sowohl für die Wahl des Mittels der Änderungskündigung wie auch für die intendierte inhaltliche Änderung des Arbeitsverhältnisses. Persönlichkeitsrechte der Klägerin waren hierdurch nicht nachhaltig betroffen. Von der hiergegen gegebenen Möglichkeit, gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, hat sie Gebrauch gemacht. Auch die sofortige Freistellung der Klägerin für einen Monat ist nicht geeignet, die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu begründen. Die Überlegung der Beklagten, nach dem plötzlichen personellen Wechsel im Vorstandsbereich eine Arbeitspause einzulegen, ist ebenso wenig zu beanstanden wie die Tatsache, dass der Vorstandsvorsitzende der Klägerin mit Schreiben vom 28. März 2006 Genesungswünsche und einen Blumenstrauß zukommen ließ. Die Klägerin rügt zwar zu Recht, dass die ohne weitere Begründung versehene Mitteilung, dass ihre Standardleistungskomponente auf 44 % festgesetzt werde, ihre zurückliegende Arbeitsleistung in nicht nachvollziehbarer Weise abgewertet hat. Hierauf konnte sie mit einer Gegenvorstellung oder im Klagewege vorgehen. Dieses Verhalten begründet jedoch nicht die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses.

Auch die weiteren von der Klägerin vorgetragenen und von ihr als beleidigend gewerteten Verhaltensweisen der Beklagten bzw. ihres Vorstandsvorsitzenden (Wahl des Begriffs der "Reintegration" durch den Vorstandsvorsitzenden, Einsatz der Klägerin im Empfang am 2.3.2006, 40-minütige Wartezeit vor dem Gespräch mit dem Vorstandsvorsitzenden am 1.3.2006, fehlende Einbeziehung der Klägerin in die personelle Planung) vermögen in einer Gesamtschau aus Sicht der Berufungskammer die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zu begründen. Es ist zwar richtig, dass die neue Situation für die Klägerin eine schwierige Belastungsprobe beinhaltete, nachdem sie als Vorstandssekretärin zuvor eine im Unternehmen herausgehobene Position innehatte, weil sie einerseits eine kommunikative Schlüsselposition zwischen Vorstandsmitglied und den Mitarbeitern hatte, weil andererseits der Vorstand, dem sie zugeordnet war, von der Qualität ihrer Arbeit - die zwischen den Parteien unstreitig ist - abhängig war. Bei einer durch den Wegfall dieser herausgehobenen Position gekennzeichneten Situation stellen interessenwahrende, möglicherweise auch unter Führungsgesichtspunkten zweifelhafte Verhaltensweisen des Arbeitgebers eine zusätzliche Belastung für den Arbeitnehmer dar. Diese führen jedoch, wenn sie sich nicht über das hinaus bewegen, was vorliegend geschehen ist, nicht zur Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses.

Dabei fällt auch ins Gewicht, dass die Beklagte zu einem relativ frühen Zeitpunkt durch die - rechtlich zwar nicht mögliche - Rücknahme der Kündigung am 2.3.2006 signalisiert hat, dass sie an ihren ursprünglichen Planungen bezüglich der Veränderung des Inhalts des Arbeitsverhältnisses der Klägerin nicht weiter festhalten wollte. Dass es sich hier um eine "vorgeschobene" Aktion gehandelt hat, dafür sind aus Sicht der Kammer greifbare Anhaltspunkte nicht gegeben.

Nach allem ist aus Sicht der Berufungskammer ein Auflösungsgrund im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG nicht gegeben.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

IV.

Da dem Rechtsstreit über die Klärung der streitgegenständlichen Fragen hinaus keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, besteht für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung. Gegen dieses Urteil ist deshalb die Revision nur gegeben, wenn sie das Bundesarbeitsgericht auf Grund einer Nichtzulassungsbeschwerde, auf deren Möglichkeit und Voraussetzungen gemäß § 72 a ArbGG hingewiesen wird, zulassen sollte.

Ende der Entscheidung

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