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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 26.01.2007
Aktenzeichen: 11 Sa 367/06
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 77
Einzelfallentscheidung zum Bestehen eines Sozialplanabfindungsanspruchs.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 Sa 367/06

Verkündet am: 26. Januar 2007

In dem Rechtsstreit

hat die Elfte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Obenaus sowie die ehrenamtlichen Richter Lothar Platzer und Klaus Wiesner für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 22.2.2006, Az.: 4a Ca 12283/05, wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen

Tatbestand:

Die Parteien streiten über einen Anspruch auf Zahlung einer Sozialplanabfindung in Höhe von 89.794,11 €.

Die Klägerin war seit 01.01.2001 bei der "d. GmbH" als Redakteurin zu einer monatlichen Bruttovergütung von 3.280,00 € beschäftigt. Die N. GmbH, die bis 1998 im Eigentum eines Unternehmers stand und im Jahr 1992 mit der ehemaligen N. der DDR - A.- fusionierte, wurde im Dezember 1998 an die P. veräußert, die damals zum M. gehörte.

Im Zuge der Verschmelzung der P. AG und der S. zur P. AG im November 2000, die zu mehreren Umzügen von Betrieben und Betriebsteilen führte, wurde unter dem 07.12.2000 eine "Betriebsvereinbarung zwischen der P. AG und deren Tochterunternehmen und dem Betriebsräten der P.AG und deren Tochterunternehmen anlässlich der Durchführung der Betriebsänderungen" abgeschlossen. Rubrum, Präambel und § 1 Nr. 1.1 und 1.2 dieser Betriebsvereinbarung lauten:

"Sozialplan

der

P. AG, ..., und deren Tochtergesellschaften, sämtlich vertreten durch den Vorstand der P. AG

- nachstehend Unternehmen genannt -

und den Betriebsräten der P.S. AG und deren Tochtergesellschaften, vertreten durch die Betriebsratsvorsitzenden

- nachstehend Betriebsräte genannt -

Präambel

Die Betriebsparteien erkennen die Gründung der Senderfamilie durch die Verschmelzung der P. AG mit der S. GmbH zur P.S. AG als einen strategisch und wirtschaftlich sinnvollen Schritt zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit auf dem komplexen und hochkompetitiven Medienmarkt an. Die P.S. AG will sich noch stärker als bisher als moderner, attraktiver Arbeitgeber am Arbeitsmarkt positionieren.

Vor dem Hintergrund schließen Arbeitgeber und Arbeitnehmervertretungen den nachfolgenden Sozialplan, der evt. Wirtschaftliche Nachteile betroffener Arbeitnehmer/innen im Rahmen der Restrukturierungen oder durchzuführender Umzüge ausgleicht.

§ 1 Geltungsbereich

1.1. Der Sozialplan gilt für alle Arbeitnehmer/innen des Unternehmens, die während der Laufzeit dieses Sozialplans in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis mit dem Unternehmen stehen und deren Arbeitsplatz im Rahmen einer betriebsändernden Maßnahme nach §§ 111 ff. BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz)

- an einen anderen Standort verlagert wird oder

- deren Arbeitsplatz unmittelbar oder zu einem späteren Zeitpunkt wegfällt.

Das Gleiche gilt für die Arbeitnehmer/innen, die im Rahmen einer betriebsändernden Maßnahme nach §§ 111 ff. BetrVG andere wirtschaftliche Nachteile durch die Verschmelzung des Unternehmens erleiden.

1.2 Der Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile der Arbeitnehmer/innen der S. GmbH, die im Rahmen einer betriebsändernden Maßnahme nach §§ 111 ff. BetrVG zur Deutschen S. GmbH (...) oder deren Tochtergesellschaften wechseln, wird im § 16 geregelt."

Nach § 2 der Betriebsvereinbarung sollte diese am 07.09.2000 in Kraft treten und bis 31.12.2005 laufen.

§ 6 der Betriebsvereinbarung enthält eine Abfindungsregelung für Arbeitnehmer/innen, die in den in § 1 und § 2 des Sozialplans genannten sachlichen und zeitlichen Geltungsbereich fallen und ihr Arbeitsverhältnis - unter anderem - durch Ausspruch einer betriebsbedingten Beendigungskündigung, einer arbeitgeberseitig veranlassten Eigenkündigung oder eines arbeitgeberseitig veranlassten Aufhebungsvertrags zur Vermeidung einer betriebsbedingten (Änderungs-)Kündigung verlieren.

In § 17 Ziffer 17.9 der Betriebsvereinbarung ist bestimmt, dass unter dem Begriff "Unternehmen" im Sinne dieses Sozialplanes der Konzern P. AG (P. AG samt Tochterunternehmen) zu verstehen ist.

Die Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 ist für die Arbeitgeberseite von den Vorstandsmitgliedern der Beklagten R. sowie L. unterzeichnet. Auf der Betriebsratsseite ist die Betriebsvereinbarung von den Vertretern der jeweiligen Betriebsräte unterzeichnet.

Die Gesellschaftsanteile der N. GmbH wurden gemäß notariellem Kaufvertrag vom 08.09.2003 mit wirtschaftlicher Wirkung zum 01.06.2003 an die S. GmbH im Rahmen eines sog. Management Buy-outs verkauft.

§ 11 des Kaufvertrags lautet:

"§ 11 Freistellung P.S. Betriebsvereinbarung

Die Käuferin wird P.S. oder, auf Verlangen der P.S., die mit P.S. im Sinne von §§ 15 ff. AktG verbundenen Unternehmen (nachfolgend "P.S. Gruppe" genannt) von der Inanspruchnahme durch Arbeitnehmer der d. und d. aus der P.S. Betriebsvereinbarung freistellen, sofern und soweit die Ansprüche nicht vor dem Stichtag entstanden sind oder die Betriebsenderungen nach §§ 111 BetrVG nicht vor dem Stichtag stattfanden."

Über das Vermögen der N. GmbH wurde am 01.11.2004 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter schloss mit dem Betriebsrat am 01.11.2004 einen Interessenausgleich und Sozialplan ab. Dessen § 2 lautet:

"§ 2 Frühere Vereinbarungen

Es wird vorsorglich vereinbart, dass frühere Vereinbarungen, die dieser Vereinbarung entgegenstehen, außer Kraft treten. Unberührt hiervon bleibt die Betriebsvereinbarung zwischen der P. AG und dem Betriebsrat der N. GmbH vom 07.12.2000."

Am 04.11..2004 schloss die Klägerin mit dem Insolvenzverwalter einerseits und der P. GmbH andererseits einen sog. dreiseitigen Vertrag, demzufolge des Arbeitsverhältnis des Klägers einvernehmlich zum 05.11.2004 aus betriebsbedingten Gründen enden und die Klägerin mit Wirkung vom 06.11.2004 in ein bis 30.04.2005 befristetes Arbeitsverhältnis eintreten sollte. § 1 Ziffer 1.3 des dreiseitigen Vertrages enthält folgende Bestimmung:

1.3 Mit dieser Vereinbarung sind sämtliche gegenseitigen Ansprüche aus dem bis zum Ablauf des 05.11.2004 bestehenden Arbeitsverhältnisses mit dem Arbeitgeber und anlässlich dessen Beendigung, gleich aus welchem Rechtsgrund, erledigt. Diese Erledigung gilt ausdrücklich nicht für Lohn- und Gehaltsansprüche bis zum Ablauf des 05.11.2002, ggf. bestehende Ansprüche aus unverfallbaren Versorgungsanwartschaften sowie die Ansprüche auf ein Arbeitszeugnis und die Arbeitspapiere sowie Ansprüche des Arbeitgebers wegen ausgereichter Arbeitgeber-Darlehen oder Überlassung firmeneigener Gegenstände.

Laut Pressemeldungen vom 08.11.2004 übernahm die A. AG die N. GmbH im Rahmen einer sog. übertragenden Sanierung.

Mit ihrer beim Arbeitsgericht München am 4.7.2005 eingegangene Klage vom 30.6.2005 hat die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 89.794,11 € begehrt.

Zur Begründung hat sie ausgeführt, sie habe Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung einer Sozialplanabfindung in Höhe von 89.794,511 €. Die Beklagte schuldete diese Sozialplanabfindung als Vertragspartner der Betriebsvereinbarung vom 7.12.2000 gemäß den Regelungen des Sozialplans, weil sie, die Klägerin, ihren Arbeitsplatz im Rahmen einer betriebsändernden Maßnahme während der Laufzeit der Betriebsvereinbarung verloren habe.

Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 89.794,11 € nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie erstinstanzlich ausgeführt, die Klägerin sei Arbeitnehmerin der Beklagten gewesen. Die Beklagte sei aus dem Sozialplan nur ihren eigenen Arbeitnehmern gegenüber verpflichtet gewesen. Im Übrigen habe sie die Betriebsvereinbarung nur in Vertretung ihrer Tochterunternehmen mit deren Betriebsräten abgeschlossen. Soweit die Klägerin noch Ansprüche aus dem Sozialplan vom 7.12.2000 herleiten wolle, müsse sie dies gegenüber ihrer insolventen früheren Arbeitgeberin geltend machen. Außerdem sei ein etwaiger Anspruch der Klägerin auf Sozialplanabfindung nach Ziffer 9.3 des Arbeitsvertrages verfallen.

Hinsichtlich des weiteren erstinstanzlichen Sach- und Rechtsvortrags wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze (Blatt 1 ff.; 121 ff.; 145 ff.; 196 ff.; 206 ff. d.A.) ergänzend Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht München hat die Klage in vollem Umfang abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, der Klägerin stehe der behauptete Anspruch auf eine Sozialplanabfindung nicht zu, da die Beklagte nicht passiv legitimiert sei. Aus dem Inhalt der Betriebsvereinbarung ergebe sich nämlich, dass die Beklagte aus dieser Betriebsvereinbarung nur ihren eigenen Arbeitnehmern, nicht jedoch den Arbeitnehmern der Tochterunternehmen gegenüber verpflichtet werden solle. Die Passivlegitimation der Beklagten scheide auch deshalb aus, weil der Sozialplan gemäß § 1 für alle Arbeitnehmer/innen des Unternehmens gelten solle, die während der Laufzeit des Sozialplans in einem ungekündigten Arbeitssverhältnis "mit dem Unternehmen" stünden. Die Klägerin habe jedoch unstreitig nie in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten gestanden.

Die Klägerin - so das Erstgericht - falle auch deshalb nicht in den Geltungsbereich des Sozialplans, da dieser gemäß § 1 nur für Arbeitnehmer gelte, die in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis zum "Konzern" (nach Wortlaut " Unternehmen") zum Zeitpunkt der betriebsändernden Maßnahme stünden. Das bedeute, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Maßnahme, die zum Wegfall des Arbeitsplatzes geführt habe, Arbeitnehmerin im " Konzern" gewesen sein müsse. Dies sei jedoch nicht der Fall.

Schließlich könne dem Sozialplan auch nicht entnommen werden, dass die Beklagte über ihre Verpflichtung gegenüber ihren eigenen Arbeitnehmern hinaus eine originäre vertragliche Bindung gegenüber den Betriebsräten ihrer Tochterunternehmen habe eingehen wollen.

§ 179 Absatz 1 BGB komme als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht, da die Klägerin nicht anspruchsberechtigt sei. Der Anspruch auf Erfüllung oder Schadensersatz stehe dem "anderen Teil", also dem Vertragspartner, zu. Das sei der Betriebsrat der N. GmbH und nicht die Klägerin selbst.

Schließlich seien auch keine hinreichenden Gesichtspunkte dafür ersichtlich, dass die Beklagte gegenüber den Arbeitnehmern ihrer Tochterunternehmen eine Art Garantieerklärung abgegeben oder eine Bürgschaft für die sich aus dem Sozialplan ergebenden Zahlungsansprüche der betroffenen Arbeitnehmer gegenüber ihren Arbeitgebern habe übernehmen wollen. Damit scheide eine individualrechtliche Anspruchsgrundlage aus.

Gegen das der Klägerin am 8.3.2006 zugestellte klageabweisende Endurteil vom 22. Februar 2006 wendet sich die Klägerin mit ihrer beim Landesarbeitsgericht München am 23.3.2006 eingegangenen Berufung vom 21.3.2006 mit dem Begehren, das Ersturteil dahingehend abzuändern, dass die Beklagte antragsgemäß verurteilt werde.

Unter Vertiefung und teilweise Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags macht die Klägerin geltend, es handele sich entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht um vier inhaltsgleiche Betriebsvereinbarungen, die lediglich in einer Urkunde zusammengefasst worden seien. Die Beklagte habe im eigenen Namen gehandelt und habe weder Vertretungsmacht gehabt noch sei der Sozialplanabschluss nachträglich genehmigt worden. Es handele sich bei der Beklagten um einen Gemeinschaftsbetrieb. Folge des Gemeinschaftsbetriebs sei, dass der Betriebsrat auf Arbeitgeberseite verschiedene Verhandlungspartner habe. Das Arbeitsgericht sei nicht auf den umfangreichen Vortrag zu den monatelangen Verhandlungen innerhalb der Arbeitsgruppe "O." eingegangen. Bereits die Begrifflichkeit dieser Arbeitsgruppe indiziere die ausschließliche Arbeitgeberposition der Beklagten als Organ der Betriebsverfassung und damit als Rechtsetzungsbefugte Betriebspartei des streitgegenständlichen Sozialplans. Außerdem sei unberücksichtigt geblieben, dass die Beklagte in der Vergangenheit durch mehrere Betriebsvereinbarungen sich verpflichtet habe, ohne in Vertretung von Tochtergesellschaften zu handeln. Wenn die Beklagte namens und in Vollmacht der d. gehandelt haben sollte, setze dies das Vorliegen einer Vertretungsmacht voraus. Eine solche liege nicht vor. Es sei auch keine Genehmigung nachgewiesen. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts entfalle die Passivlegitimation auch deswegen nicht, weil die Klägerin im Zeitpunkt der betriebsändernden Maßnahme nicht mehr Arbeitnehmerin der Beklagten gewesen sei. Die Konzernzugehörigkeit der d. zum Beklagten zum Zeitpunkt der Stilllegung sei auch nicht Anspruchsvoraussetzung. Das Arbeitsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass bei Anwendung des § 179 BGB nur der Betriebsrat anspruchsberechtigt sein könne. Richtigerweise könne auch der begünstigte Dritte Anspruchsteller sein.

Das Arbeitsgericht sei schließlich nicht auf die Problematik der Rechtsscheinhaftung eingegangen. Es sei ständige Praxis der Beklagten gewesen, mit Betriebsräten der Tochtergesellschaften Betriebsvereinbarungen abzuschließen, aus denen einzig die Beklagte verpflichtet gewesen sei.

Schließlich hafte die Beklagte als Gesamtschuldnerin gemäß § 427 BGB.

Die Klägerin beantragt in zweiter Instanz,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts München vom 22.2.2006, Az.: 4 a Ca 12283/05 die Beklagte und Berufungsbeklagte zu verurteilen, an die Klägerin 89.794,11 € nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus, es werde noch mal klargestellt, dass die Verhandlungsführer der Beklagten hinreichende Vertretungsmacht auch für die N. gehabt hätten. Es treffe nicht zu, dass die Beklagte mit der N. einen Gemeinschaftsbetrieb bilde. Es habe keine Identität der Geschäftsführung bestanden. Sämtliche sozialen und personellen Entscheidungen für den Betrieb der N. GmbH seien von der Geschäftsführung der N. GmbH selbst und eigenverantwortlich getroffen worden. Es seien selbständige Betriebsräte gewählt worden, so dass es rechtlich irrelevant sei, wenn tatsächlich ein Gemeinschaftsbetrieb vorgelegen habe. Die Beklagte trägt weiter vor, es werde bestritten, dass es ständige Praxis der Beklagten gewesen sei, Betriebsvereinbarungen abzuschließen, an denen nur die Beklagte und die Betriebsräte der Tochtergesellschaften beteiligt gewesen seien. Der Anspruch der Klägerin aus dem Sozialplan scheitere nicht nur an der fehlenden Passivlegitimation. Er sei auch tatbestandlich nicht gegeben.

Die Klägerin werde als Arbeitnehmerin der N. GmbH zumindest nach deren Veräußerung und Ausgliederung aus dem Konzern nicht vom Geltungsbereich des Sozialplans erfasst. Eine Haftung aus Gesamtschuld komme nicht in Betracht, da sich die Beklagte mangels Rechtsfähigkeit des theoretischen Vertragspartners nicht wirksam habe verpflichten können. Außerdem setzte eine Gesamtschuld zwei Schuldner voraus. Nachdem die Klägerin bestreite, dass die N. verpflichtet worden sei, fehle es an einem zweiten Schuldner. Die Anwendung von § 179 BGB sei systemwidrig, da sie ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen einem Betriebsrat und einem Dritten, der Nichtarbeitgeber ist, begründe, ein Schuldverhältnis, das mangels Rechtsfähigkeit des Betriebsrats vertraglich nie die zu Stande kommen könne.

Hinsichtlich des weiteren zweitinstanzlichen Sach- und Rechtsvortrags wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze (Blatt 271 ff, 291 ff, 302 ff, 314 ff d.A.) ergänzend Bezug genommen

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft nach § 64 Abs. 1 und 2 b ArbGG ferner in der richtigen Form und Frist eingelegt und begründet worden (§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. §§ 519 Abs. 2, 520 Abs. 3 ZPO, § 66 Abs. 1 Sätze 1,2,5 ArbGG i.V.m. § 222 ZPO).

II.

Die Berufung ist jedoch unbegründet.

Es kann dahin gestellt bleiben, ob und inwieweit die Beklagte aus der Betriebsvereinbarung vom 7.12.2000 betriebsverfassungsrechtlich und/oder individualrechtlich gegenüber der Klägerin und den übrigen Arbeitnehmern der d. GmbH verpflichtet (passivlegitimiert) ist.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Abfindungszahlung nach dieser Betriebsvereinbarung sind nämlich nicht gegeben.

Nach dem Inhalt der Betriebsvereinbarung soll die Arbeitgeberseite nur zur Zahlung von Abfindungen verpflichtet sein, wenn ein Arbeitnehmer aus ihren eigenen Diensten oder aus denjenigen eines Unternehmens, das im Zeitpunkt des Ausscheidens (noch) zum P. gehört, ausscheiden würde.

Das ist im Falle der N. GmbH seit 08.09.2003 nicht mehr der Fall.

Dafür, dass die Betriebsvereinbarung allen Arbeitnehmern zu Ansprüchen verhelfen sollte, die einem Unternehmen zugehören, das im Zeitpunkt des Abschlusses der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 konzernzugehörig war, es aber im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses möglicherweise nicht mehr sein würde, fehlt jeder Anhaltspunkt.

Hierfür spricht auch nicht der von der Klägerin herangezogene Wortlaut des § 1 Ziffer 1.1 der Betriebsvereinbarung ("und deren Arbeitsplatz im Rahmen einer betriebsändernden Maßnahme nach §§ 111 ff. BetrVG ... wegfällt"), da die von der Klägerin befürwortete extensive Auslegung der Betriebsvereinbarung vom Zweck der Regelung, wie er vor allem in der Präambel zum Ausdruck kommt, nicht mehr gedeckt ist. Die Betriebsvereinbarung will nämlich Leistungen zum Ausgleich lediglich derjenigen Nachteile gewähren, die im Zuge der Verschmelzung der P. AG mit der S. GmbH zur P. AG entstehen.

Mit dem Ausscheiden eines Tochterunternehmens, hier der N. GmbH, aus dem P. ist die Ratio der Gewährung von Leistungen aus der genannten Betriebsvereinbarung entfallen (vgl. LAG München, Urteil vom 29. Juni 2006, Az.: 3 Sa 14/06).

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

IV. Gegen dieses Urteil kann die Klägerin Revision einlegen.

Für die Beklagte ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.

Die Revision muss innerhalb einer Frist von einem Monat eingelegt und innerhalb einer Frist von zwei Monaten begründet werden.

Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Urteils.

Ende der Entscheidung

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