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Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 27.02.2007
Aktenzeichen: 6 Sa 870/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 613a
1. Die Entscheidung einer Krankenhausverwaltung, die Reinigungsaufgaben fremd zu vergeben verbunden mit dem Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen oder auf der Grundlage eines Gestellungsvertrages (Arbeitnehmerverleih) über eine eigene Service-GmbH zu erledigen, ist rechtlich nicht zu beanstanden.

2. Schließen die Beschäftigten im Reinigungsdienst nach Abschluß von Aufhebungsverträgen neue Arbeitsverträge mit der Service-GmbH, ohne dass sich ihre Reinigungstätigkeit ändert, ist dies, wenn Reinigungsdienst und Reinigungsmittel beim Krankenhaus verbleiben, nicht als Teil-Betriebsübergang, sondern als Funktionsnachfolge zu bewerten.


LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 Sa 870/05

Verkündet am: 27. Februar 2006

In dem Rechtsstreit

hat die Sechste Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 27. Februar 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Staudacher sowie die ehrenamtlichen Richter Platzer und Hartl für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten vom 19. August 2005 wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Passau - Kammer Deggendorf - abgeändert und die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 1) 43/100, die Klägerin zu 2) 37/100 und die Klägerin zu 3) 20/100.

3. Für die Klägerinnen wird die Revision zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit der von den Klägerinnen unterzeichneten Aufhebungsverträge vom 3. Juni 2004 in Verbindung mit der Verpflichtung der Beklagten, die Klägerinnen zu den bisher geltenden Arbeitsbedingungen wieder zu beschäftigen.

Die im Januar 1962 geborene Klägerin zu 1) war seit dem 1. September 1978, die im Oktober 1955 geborene Klägerin zu 2) seit dem 1. August 1971 und die im Dezember 1962 geborene Klägerin zu 3) seit dem 1. Januar 1981 im Krankenhaus Z. jeweils im Reinigungsdienst beschäftigt gewesen. Gemäß § 2 ihrer jeweiligen Arbeitsverträge richtete sich das Arbeitsverhältnis nach den jeweils geltenden Bestimmungen des Bundesangestelltentarifvertrages und den zusätzlich für den Landkreis R. maßgeblichen Tarifverträgen in ihrer jeweils geltenden Fassung.

Auf einer Personalversammlung für die Beschäftigten der Kreiskrankenhäuser Z. und V., Anstalt des öffentlichen Rechts, wurde den Beschäftigten die Absicht des Arbeitgebers mitgeteilt, eine Service-GmbH zu gründen, u.a. für den Reinigungsdienst am Krankenhaus Zwiesel. Weitere Informationsveranstaltungen und Verhandlungsrunden, an denen auch die Dienstleistungsgesellschaft ver.di beteiligt war, schlossen sich an. Dabei wurde deutlich, dass die Arbeitgeberseite den Beschäftigten im Service-Bereich einen Aufhebungsvertrag vorlegen werde und gleichzeitig einen neuen Arbeitsvertrag mit ihnen schließen wolle, in dem es keine Bezugnahme auf die bisher geltenden vertraglichen Bedingungen geben solle. Die bisherige Vergütung sollte dabei so lange eingefroren bleiben, bis das Niveau der Stundenlöhne im privaten Gebäudereinigerhandwerk die jetzige Höhe erreicht haben wird (sog. Aufzehrungsmodell).

Schließlich besprach man im Einzelnen mit den Reinigungskräften des Krankenhauses Z., wie sie in die Service-GmbH übergeleitet werden sollen. Am 3. Juni 2004 haben die betroffenen Arbeitnehmerinnen, darunter die Klägerinnen, und die Kreiskrankenhäuser Z.-V. Auflösungsverträge (Blatt 103 der Akte) abgeschlossen. Darin findet man unter § 1 geregelt, dass die jeweilige Arbeitnehmerin zum 30. Juni 2004 im gegenseitigen Einvernehmen aus dem Dienst der Kreiskrankenhäuser Z.-V. ausscheide. Bis zu diesem Zeitpunkt werde die maßgebliche Vergütung gezahlt werden, die Arbeitnehmerin erhalte kein Übergangsgeld, weil die Anspruchsvoraussetzungen dafür nicht erfüllt seien und der für das Jahr 2004 zustehende, aber noch nicht eingebrachte Erholungsurlaub werde dem neuen Arbeitgeber mitgeteilt werden. In § 5 dieser Vereinbarung ist der Hinweis enthalten, dass durch den Abschluss des Auflösungsvertrags der Arbeitnehmerin bei der Zusatzversorgungskasse Einbußen entstehen können. Gleichzeitig wurden neue Arbeitsverträge mit einer Nebenabrede (Blatt 118 bis 122 der Akte) abgeschlossen. Darin war der 1. Juli 2004 als Arbeitsbeginn bei der Beklagten vorgesehen und die Mitarbeiter/innen haben sich damit einverstanden erklärt, die Arbeitsleistung für das Kommunalunternehmen Kreiskrankenhäuser Z.-V. im Rahmen eines Gestellungsvertrages zu erbringen.

Die Klägerinnen haben diese Aufhebungsverträge mit Schriftsatz vom 2. September 2004 gemäß § 123 BGB wegen widerrechtlicher Drohung angefochten. Weiter erachten sie diese Verträge gemäß § 134 BGB in Verbindung mit dem § 613 a BGB als nichtig, weil das Verhalten des Arbeitgebers von vornherein darauf ausgerichtet gewesen sei, den gesetzlich nicht abdingbaren Anspruch aus § 613 a BGB auf Kontinuität des Arbeitsverhältnisses zu umgehen. Sie lassen darauf hinweisen, dass sie nach wie vor ihre Arbeit im Kreiskrankenhaus Z. verrichteten, sowohl die räumlichen als auch die sächlichen Mittel seien vollkommen die gleichen wie vor dem 1. Juli 2004. Auch bei den weisungsbefugten Personen habe sich nichts geändert. Damit gehen sie vom Vorliegen eines Betriebsübergangs aus und verlangen unveränderte Weiterbeschäftigung zu den bisherigen Bedingungen.

Mit anwaltschaftlichem Schriftsatz vom 2. September 2004 haben sie zum Arbeitsgericht Passau - Kammer Deggendorf - Klage gegen die B. erheben lassen auf Feststellung, dass der Aufhebungsvertrag vom 3. Juni 2004 rechtsunwirksam sei sowie auf Verurteilung, über den 30. Juni 2004 hinaus zu den bisher geltenden Arbeitsbedingungen bei der Rechtsvorgängerin (Krankenhäuser Z. und V.) weiterbeschäftigt zu werden. Diese Begehren hatten vor dem Erstgericht auch Erfolg. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Endurteils vom 30. Juni 2005 wird Bezug genommen.

Mit der am 19. August 2005 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Berufung gegen diese den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 25. Juli 2005 zugestellte Entscheidung wird der Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Die Begründung dazu ist innerhalb der verlängerten Begründungsfrist am 23. November 2005 eingegangen. Darin wird noch einmal vorgetragen, dass die verklagte B. am 22. September 2003 gegründet worden sei (Blatt 86 bis 98 der Akte). Als Gegenstand des Unternehmens war vereinbart worden die Erbringung von Service-Leistungen und die Stellung von Personal an die Kreiskrankenhäuser Z.-V., Anstalt des Öffentlichen Rechts, und/oder von diesen betriebene Krankenhäuser und Sozialeinrichtungen.

Mit Bescheid der Bundesanstalt für Arbeit, Landesarbeitsamt Bayern, vom 12. März 2003 (Blatt 99 bis 101 der Akte) war der Beklagten die Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung gem. § 2 AÜG erteilt worden.

Daneben hatte die Beklagte mit dem Kommunalunternehmen Kreiskrankenhäuser Z.-V. einen Arbeitnehmergestellungsvertrag (Blatt 102 bis 116 der Akte) geschlossen. Auf dieser Grundlage stellt die Beklagte dem Kommunalunternehmen konkret benannte Mitarbeiter/innen zur Dienstleistung für den Krankenhausbetrieb zur Verfügung. Die drei Klägerinnen/Berufungsbeklagten werden davon erfasst.

Der Reinigungsdienst selbst war Aufgabe der Kreiskrankenhäuser Z.-V. geblieben und wird weiter unter Leitung und in Verantwortung des Kommunalunternehmens durchgeführt.

Allen betroffenen Beschäftigten im Reinigungsbereich war zur Vermeidung einer echten Fremdvergabe an ein privates Reinigungsunternehmen mit dem damit verbundenen Wegfall der betreffenden Arbeitsplätze angeboten worden, durch Unterzeichnung eines Auflösungsvertrages aus dem Kommunalunternehmen auszuscheiden und einen neuen Arbeitsvertrag mit der Beklagten abzuschließen, der eine Sicherung des bisherigen Einkommens auf der Grundlage des vom Kommunalunternehmen entwickelten sog. "Aufzehrungsmodells" beinhaltete, d.h., eine Besitzstandsicherung für die Höhe des Lohnes zum Zeitpunkt des Auflösungsvertrages.

Die drei Klägerinnen/Berufungsbeklagten hatten einen solchen Auflösungsvertrag (vgl. Blatt 117 der Akte) unterschrieben und einen Arbeitsvertrag mit der Beklagten (vgl. Blatt 118 bis 122) abgeschlossen. Seitdem erbringen sie ihre bisherige Arbeitsleistung für die Kreiskrankenhäuser Z.-V. im Rahmen eines Gestellungsvertrages. Sie werden nun an die Kreiskrankenhäuser verliehen und üben im Rahmen der dortigen Organisation ihre bisherigen Tätigkeiten als Reinigungskraft aus. Das sog. Aufzehrungsmodell sichert ihnen die Höhe ihrer Vergütung vor Übertritt zur Beklagten, ausgenommen die Versicherung bei der Zusatzversorgungskasse. Eine solche Versicherung ist der Beklagten nicht möglich, da die GmbH nicht Mitglied der Zusatzversorgungskasse ist und es aus Kostengründen auch nicht werden möchte.

Der Bezugnahme des Erstgerichts auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 11. Juni 1995 (3 AZR 154/95) tritt die Beklagte entgegen. Selbst wenn die Arbeitnehmerüberlassung durch die Beklagte an das Kommunalunternehmen der Umgehung des § 613 a Abs. 1 S. 1 BGB dienen sollte, führte dies nicht automatisch zu einem Betriebsübergang auf die Service GmbH, was Voraussetzung für eine Nichtigkeit der Aufhebungsverträge nach § 134 BGB wegen Umgehung des Kündigungsverbots aus § 613 a Abs. 4 BGB wäre. Entscheidend für eine Nichtigkeit der Aufhebungsverträge nach § 134 BGB ist aus Sicht der Berufungsführerin, dass überhaupt ein Betriebsübergang auf die Beklagte vorgelegen habe. Dies wird aber deshalb abgelehnt, weil der Reinigungsdienst als Betriebsteil des kommunalen Unternehmens nicht auf die Beklagte als Servicegesellschaft übergegangen sei. Dazu fehle der Übergang einer wirtschaftlichen Einheit, zu der ein wirtschaftlicher Zweck, der verfolgt wird, ein Betriebszweck notwendigerweise dazugehöre.

Die Begriffsbestimmungen des Betriebsübergangs in der Rechtsprechung des BAG und des EuGH stelle darauf ab, dass ein Übergang einer ihre Identität bewahrenden wirtschaftlichen Einheit im Sinne einer organisierten Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit stattfindet. Der Begriff der Einheit beziehe sich dabei auf eine organisatorische Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung. Die wirtschaftliche Einheit sei also mehr als die organisatorische Einheit aus Personen und Sachen; hinzukommen müsse ein bestimmter wirtschaftlicher Zweck, der gerade mit der bestehenden Einheit verfolgt werde. Beide Kriterien (organisatorische Einheit und wirtschaftlicher Zweck) machten den Betrieb im Sinne einer wirtschaftlichen Einheit aus, deren Identität beim Übergang auf den Erwerber erhalten bleiben müsse.

Diese Voraussetzungen lägen im Streitfall nicht vor. Die Beklagte habe nicht den Betriebszweck, die Reinigung in den Krankenhäusern des Kommunalunternehmens durchzuführen. Betriebszweck in diesem Zusammenhang sei allein die Arbeitnehmerüberlassung an das Kommunalunternehmen Kreiskrankenhäuser Z. und V., das die Reinigung dort als eigene Aufgabe weiter in eigener Verantwortung durchführe. Die Entscheidung sei allein gewesen, den Reinigungsdienst auf dem Boden der geänderten gesetzlichen Regelungen künftig mit Leiharbeitnehmern durchzuführen. Die Berufungsanträge lauten damit:

1. Das Endurteil des Arbeitsgerichts Passau, Kammer Deggendorf, vom 30. Juni 2005, Az. 2 Ca 790/04 D, wird aufgehoben.

2. Die Klagen werden abgewiesen.

Die Klägerinnen lassen beantragen:

die Berufung zurückzuweisen. Den Überlegungen des Erstgerichts in der angefochtenen Entscheidung pflichten sie bei, den Ausführungen in der Berufungsbegründung treten sie entgegen. Die vom Kommunalunternehmen gewählte Vorgehensweise, über eine 100-%ige Tochter-GmbH die bisher bei den Krankenhäusern Beschäftigten wiederum an diese zur Arbeitsleistung zu überlassen, habe ausschließlich den Sinn und Zweck, die Arbeitsbedingungen bei einem Fortbestand der Arbeitsverhältnisse zu Ungunsten der Beschäftigten zu verändern. Dieses Vorgehen stelle eine Umgehung des § 613 a BGB dar, weiter eine Umgehung des Kündigungsschutzgesetzes und schließlich auch eine missbräuchliche Gestaltung der Arbeitnehmerüberlassung aufgrund des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes.

Die von den Klägerinnen abgeschlossenen Aufhebungsverträge seien deshalb nichtig, zudem wirksam angefochten. Dies deshalb, weil ihnen als Alternative lediglich aufgezeigt worden sei, die Aufgabe der Reinigung fremd zu vergeben und dann ihre Arbeitsverhältnisse zu kündigen.

Eine Umgehung des § 613 a BGB liege vor, da der Reinigungsbetrieb auf die Beklagte übergegangen sei. Mit Übertragung des Reinigungsdienstes auf die Service-GmbH liege ein rechtsgeschäftlicher Übergang eines Betriebsteils auf die Beklagte vor. Auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 11. Dezember 1997 (AP BGB § 613 a Nr. 172) wird hingewiesen und ausgeführt, die Beklagte habe einen wesentlichen Teil des bisherigen Reinigungspersonals übernommen. In Arbeitsbereichen, in welchen die einzelnen Arbeitnehmer und das in der Organisationsstruktur verkörperte Erfahrungswissen das wesentliche Kapital eines Betriebes bildeten, bleibe die Identität einer wirtschaftlichen Einheit, die im Wege des Betriebsübergangs übergehe, gewahrt, wenn der neue Auftragnehmer das wesentliche Personal übernehme und die Arbeitnehmer an ihren bisherigen Arbeitsplätzen mit unveränderten Aufgaben weiterbeschäftige.

Für den gesamten Reinigungsdienst und alle dort eingesetzten Reinigungskräfte habe sich in der Arbeitsorganisation, in ihrer Betriebsstruktur, im Arbeitsablauf und beim Einsatzort nichts verändert. Nur die arbeitsvertraglichen Bedingungen seien verschlechtert worden.

Der Beklagten wird schließlich vorgehalten, nicht werbend am Markt aufzutreten, im eigentlichen Sinne also keine Arbeitnehmerüberlassung zu betreiben. Das typische Risiko der Nichtbeschäftigung könne sie nicht treffen. Dieses Risiko sei aber wesentliches Merkmal für die Privilegierung der Leiharbeitsunternehmen.

Zur Ergänzung des Parteivorbringens im Berufungsverfahren wird Bezug genommen auf die Berufungsbegründung vom 23. November 2005 (Blatt 160 bis 166 der Akte), auf die Berufungsbeantwortung vom 30. Januar 2006 (Blatt 172 bis 181 der Akte), auf den Schriftsatz der Beklagtenvertreterin vom 26. Februar 2007 (Blatt 195/199 der Akte) mit Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 27. Februar 2007 (Blatt 191 bis 193 der Akte).

Entscheidungsgründe:

Die statthafte (§ 64 Abs. 2 ArbGG) und auch sonst zulässige Berufung (§ 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO, § 11 Abs. 2 ArbGG) mit dem Ziel, die Klagen unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung abgewiesen zu bekommen, hat Erfolg.

Die von den Klägerinnen unterzeichneten Aufhebungsverträge vom 3. Juni 2004 sind wirksam zu Stande gekommen, ein Anfechtungsrecht stand/steht den Klägerinnen nicht zu. Sie stellen auch keine Umgehung des § 613 a Abs. 1 und Abs. 4 BGB dar, weil der Wechsel des Reinigungspersonals vom Kommunalunternehmen auf die Beklagte nicht als Teilbetriebsübergang zu werten ist. Eine missbräuchliche Gestaltung der Arbeitnehmerüberlassung aufgrund des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes kann der Beklagten ebenfalls nicht angelastet werden.

1. Die Klägerinnen sind bei Unterzeichnung der Aufhebungsverträge nicht widerrechtlich bedroht worden. Die Kreiskrankenhäuser Z.-V. standen damals vor der Entscheidung, ihren Reinigungsdienst entweder fremd zu vergeben an ein privates Reinigungsunternehmen mit der Folge, dass die Arbeitsplätze der Reinigungskräfte beim Kommunalunternehmen ersatzlos wegfallen, oder eine Service-GmbH zu gründen und ihr den Reinigungsdienst zu übertragen. Solche Unternehmerentscheidungen den Beschäftigten offen zu legen, kann nicht als widerrechtliche Drohung im Sinne von § 123 Abs. 1 BGB gewertet werden. Die angespannte finanzielle Lage der Krankenhäuser ist bekannt, Einsparungen sind regelmäßig nur bei den Personalkosten möglich. Die vom Landrat des Kreises R. vorgelegten Informationsunterlagen vom 11. März 2003 (Blatt 12 bis 26 der Akte) zeigen das im Einzelnen auf.

Die Folgen des Aufhebungsvertrages findet man im Vertragstext ausdrücklich angesprochen. Wer dennoch unterschrieben hat, kann über den Inhalt nicht unwissend geblieben sein. Sollte durch den Hinweis auf eine Fremdvergabe der Reinigungsarbeiten an ein privates Reinigungsunternehmen bei den Klägerinnen eine Zwangslage entstanden sein, kann dies nicht ihrem bisherigen oder neuen Arbeitgeber im Sinne von § 123 BGB angelastet werden, diese haben die Klägerinnen im Zusammenhang mit dem Abschluss des Aufhebungsvertrages und der Unterzeichnung des neuen Arbeitsvertrages weder arglistig getäuscht noch widerrechtlich bedroht.

2. Der Abschluss eines Arbeitnehmergestellungsvertrages am 2. Oktober 2004 zwischen der Beklagten und den Kreiskrankenhäusern Z.-V. in Verbindung mit den neuen Arbeitsverträgen für das Reinigungspersonal ergeben keinen Betriebsübernahmetatbestand im Sinne von § 613 a Abs. 1 BGB. Die Aufhebungsverträge sind nicht wegen Umgehung von § 613 a BGB oder des KSchG nichtig gemäß § 134 BGB. Umgehung versucht ein rechtlich unerlaubtes Ziel auf einem scheinbar gangbaren Weg zu erreichen. Dabei wird der "Wortlaut" des Gesetzes zwar vielleicht formal erfüllt, ohne aber seinem Sinn und Zweck gerecht zu werden. Bei der Umgehung ist also nicht nur ein bestimmter Weg zum Ziel, sondern das Ziel selbst verboten (vgl. BAG 23. November 2006 - 8 AZR 349/06 - BB 2007, 1054-1057, unter II. 2. b) der Gründe). Mit der streitigen Vertragsgestaltung unter Einschaltung einer Service-GmbH umgehen die Arbeitsvertragsparteien § 613 a BGB nicht. Sie verstoßen auch nicht gegen den "wahren Geist" von § 613 a BGB. Sie haben vielmehr die Kontinuität des Arbeitsvertrages beendet. Dies ist auf Grund ihrer grundgesetzlich gewährleisteten Vertragsfreiheit möglich, die auch im Rahmen des § 613 a BGB besteht. Der Arbeitnehmer könnte auch dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber widersprechen und damit den Eintritt der Rechtsfolgen des § 613a BGB verhindern. Es kommt also vor allem darauf an, dass der Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag abschließt, die Service-GmbH zwischengeschaltet ist und die Arbeitnehmer/innen keine sichere Aussicht darauf hatten, ihren Arbeitsplatz beim Kommunalunternehmen zu behalten. Das wäre trotz ihres eingewandten Sonderkündigungsschutzes kaum zu erwarten gewesen. Nach einer Fremdvergabe der Reinigungsarbeiten gibt es beim Kommunalunternehmen keine Arbeit mehr für Reinigungskräfte; ihre Umschulung in Pflege-/ Pflegehilfskräfte erscheint weder zumutbar noch möglich.

Der Wechsel des Reinigungspersonals vom Kommunalunternehmen auf die Beklagte wäre auch nicht als Teilbetriebsübergang zu werten. Ein Betriebsübergang i.S.v. § 613 a BGB liegt vor, wenn ein neuer Rechtsträger die wirtschaftliche Einheit unter Wahrung ihrer Identität fortführt. Dabei darf diese Einheit nicht als bloße Tätigkeit verstanden werden. Die bloße Fortführung der Tätigkeit durch einen Auftragnehmer (Funktionsnachfolger) stellt keinen Betriebsübergang dar (vgl. BAG 11. Dezember 1997 - 8 AZR 426/94 - BAGE 87, 296, 299 f. = AP BGB § 613 a Nr. 171 = EzA BGB § 613 a Nr. 160; EuGH 20. November 2003 - C-340/01 - [Carlito Abler] EuGHE I 2003, 14023 = AP EWG-Richtlinie Nr. 77/187 Nr. 34 = EzA BGB 2002 § 613 a Nr. 13).

So lagen aber die Verhältnisse bei der Beklagten. Sie hatte lediglich die Reinigungskräfte neu eingestellt, die Betriebsmittel sind beim Kommunalunternehmen verblieben und werden auch von diesem beschafft. Das hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 26. Februar 2007 nebst Anlagen nachvollziehbar belegt. Die gleich bleibende Reinigungstätigkeit als solche im Kommunalunternehmen kann nicht als wirtschaftliche Einheit gewertet werden. Die Beklagte führt lediglich die Reinigungsarbeiten fort, ein Fall von Funktionsnachfolge.

3. Eine missbräuchliche Gestaltung der Arbeitnehmerüberlassung kann der Beklagten schließlich ebenfalls nicht angelastet werden. Sie machte von den gesetzlichen Möglichkeiten des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes Gebrauch, die Bundesanstalt für Arbeit - Landesarbeitsamt Bayern hatte der Beklagten mit Bescheid vom 12. November 2003 die Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung erteilt.

4. Damit waren die Klagen unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO als unbegründet abzuweisen.

Für die Klägerinnen wird die Revision zugelassen (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG).

Ende der Entscheidung

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