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Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 26.06.2007
Aktenzeichen: 8 Sa 663/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 613a
1. Solange ein Arbeitnehmer von seinem Widerspruchsrecht, das zwar zeitlich nicht befristet, aber grundsätzlich nicht unbegrenzt ist und auch der Verwirkung unterliegen kann, keinen Gebrauch macht, gilt das Arbeitsverhältnis nach erfolgtem Betriebsteilübergang von der alten auf die neue Arbeitgeberin übergegangen und erst das ausgeübte Widerspruchsrecht führt mit seiner Ausübung grundsätzlich zur Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Betriebsteilübergangs (BAG vom 13. Juli 2006 - 8 AZR 305/05 - AP Nr. 312 zu § 613a BGB).

2. Dies bedeutet aber auch, dass in der Zeit zwischen dem Betriebsteilübergang selbst einerseits und der Ausübung des Widerrufsrechts des Arbeitnehmers andererseits für diesen der Schutzbereich der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Arbeitsplatzfreiheit gilt. Er kann daher mit der Betriebsteilerwerberin durchaus auch einen Aufhebungsvertrag schließen. Gegen dessen Wirksamkeit bestehen, falls er die Rechte gem. § 613a Abs. 6 BGB nicht ausdrücklich oder stillschweigend vorbehält, keine Bedenken. Immerhin muss ein Arbeitnehmer einen derartigen Aufhebungsvertrag nicht schließen. Seine Interessen können durchaus über diejenigen hinausgehen, die gem. § 613a Abs. 6 BGB geschützt sind.

So liegt der Fall hier. Der Kläger hat am 2./9. März 2005 mit der Betriebsteilerwerberin einen Vertrag auf Auflösung seines Arbeitsverhältnisses geschlossen. Ein derartiger Vertrag steht unter dem Schriftformgebot des § 623 BGB, wodurch der Schutz des Arbeitnehmers bezweckt ist. Diese Schriftform ist im vorgenannten Aufhebungsvertrag eingehalten.

3. Insbesondere die Tatsache, dass der Aufhebungsvertrag des Klägers mit der Betriebsteilerwerberin vom 2./9. März 2005 betreffend sein Arbeitsverhältnis mit dieser gleichzeitig mit seinem freien Mitarbeitervertrag abgeschlossen und zu diesem sogar noch am 8. März 2005 eine "Zusatzvereinbarung" getroffen wurde, spricht dafür, dass dieser Aufhebungsvertrag rechtswirksam ist.

Damit aber hat er deutlich zu erkennen gegeben, dass er von seinem grundgesetzlich gem. Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Recht auf Arbeitsplatzfreiheit Gebrauch gemacht hat. Wer sich so verhält, gibt zu erkennen, dass für ihn der Schutz, den § 613a Abs. 6 i. V. mit Abs. 5 BGB im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang gewährt, hinter seinen Interessen an der Auflösung dieses übergegangenen Arbeitsverhältnisses zurücktritt. Um diesen Schutz zu erhalten, hätte entweder der Aufhebungsvertrag vom 2./9. März 2005 von vorneherein unwirksam sein oder aber ggf. durch Anfechtung unwirksam werden müssen; an einem Sachvortrag für eine rechtserhebliche Anfechtung durch den Kläger fehlt es aber.

Deshalb führt der Widerspruch des Klägers mit Schreiben vom 14. November 2005 nicht dazu, dass sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ab 1. November 2004 fortbesteht.


LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

8 Sa 663/06

Verkündet am: 26. Juni 2007

In dem Rechtsstreit

hat die Achte Kammer des Landesarbeitsgerichts München aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15. Mai 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Kagerer sowie die ehrenamtlichen Richter Walch und Hauke für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 12. April 2006 - Gz.: 22 Ca 19405/05 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

3. Gegen dieses Urteil wird die Revision nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers, das gem. § 613a BGB auf eine andere Arbeitgeberin übergegangen war und dort auch realisiert wurde, aufgrund seines später erfolgten Widerspruchs mit seiner früheren Arbeitgeberin, der Beklagten, fortbesteht; dabei geht es im Kern darum, dass er mit seiner neuen Arbeitgeberin vor seinem Widerspruch gegen den Betriebsteilübergang einen - wirksamen - Aufhebungsvertrag geschlossen hat und ob dadurch dieser Widerspruch ins Leere geht bzw. sein Widerspruchsrecht verwirkt ist.

Der Kläger ist 1961 geboren und war aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages vom 17. November 1997 zuletzt als Software-Projektleiter in der Abteilung Maintenance and Product Introduction im Bereich C. der Beklagten gegen eine monatliche Vergütung in Höhe von € 5.632,-- brutto beschäftigt.

Mit Schreiben vom 22. Oktober 2004 hat die Beklagte ihn darüber unterrichtet, dass sie plane, "den Geschäftsbereich C. mit Wirkung zum 1. November 2004 auf die A. GmbH zu übertragen", worin der Kläger beschäftigt war. Sie führt unter Ziff. 2. "Zum Grund für den Übergang" u. a. aus:

" ... A. GmbH mit Sitz in L. umfasst das gesamte bisherige C.Geschäft der A. AG, also die Geschäftsfelder Film, Finishing und Laborgeräte. A. GmbH übernimmt das Vermögen von C. Hierzu gehören insbesondere Produktionsanlagen, Markenzeichen, Patente und technologisches Know-how, Vorräte und Forderungen.

Das Unternehmen wird mit einem guten Eigenkapital ausgestattet und verfügt über hohe Liquidität, um unerwartet auftretende Risiken bewältigen, in neue Geschäfte investieren und Marktchancen besser nutzen zu können."

Weiter heißt es darin unter Ziff. 3. "Zu den rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer":

" Mit dem Übergang des Geschäftsbereichs C. tritt A. GmbH in die bestehenden unveränderten Arbeitsverhältnisse ein. Zur Klärung und Regelung der Einzelheiten haben A. AG, A. GmbH, Gesamtbetriebsrat der A. AG sowie die örtlichen Betriebsräte am 24. September 2004 eine Überleitungsvereinbarung 'zur Klärung der rechtlichen Auswirkungen auf die Arbeitsverhältnisse betroffener Arbeitnehmer, auf die kollektiv-rechtlichen Regelungen sowie auf die betriebsverfassungsrechtlichen Strukturen' abgeschlossen, die davon geprägt ist, soweit wie möglich Kontinuität zu wahren:

- Die bei der A. AG verbrachten und/oder von ihr anerkannten Dienstjahre werden als Dienstzeit bei A. GmbH anerkannt.

- Die Zugehörigkeit zu den Arbeitgeberverbänden der Chemischen Industrie wird auch bei A. GmbH bestehen, d. h. es bleibt bei den Chemie-Tarifen.

- Bei Bonus/VUEK für den Zeitraum ab 1. Januar 2004 werden die Mitarbeiter von A. GmbH so behandelt, als seien sie Mitarbeiter der A. AG, d. h., wenn der Vorstand für die A. AG eine solche Zahlung beschließt, wird sie entsprechend auch bei A. GmbH erfolgen.

- Die übergehenden Mitarbeiter können ihre ordentliche Mitgliedschaft in der B.-Pensionskasse fortsetzen. Die Abstimmung mit der B.-Pensionskasse ist bereits erfolgt. Die erworbenen Anwartschaften bleiben erhalten.

- Die kollektiv-rechtliche Geltung der am 31. Oktober 2004 bei der A. AG bestehenden Betriebsvereinbarungen und Gesamtbetriebsvereinbarungen bleibt bei der A. GmbH unverändert. Dies gilt auch für die bei der A. AG geltenden Richtlinien.

- Die Gesamtbetriebsvereinbarungen zum Sozialplan gelten bei A. GmbH oder einer Schwester- oder Tochtergesellschaft als Sozialplan sowohl auf Ebene des Unternehmens wie auch auf örtlicher Ebene mindestens bis zum 31. Dezember 2007.

- A. GmbH wird einen Aufsichtsrat mit je 6 Vertretern der Anteilseigner und der Arbeitnehmer bilden.

- Betriebsrat und Vertrauensperson der Schwerbehinderten in M. haben ein Übergangsmandat für A. GmbH bzw. A. AG bis zur Neuwahl, die bis zum Sommer 2005 erfolgen wird.

- Die bestehenden betrieblichen Einrichtungen (z. B. Kantine, Parkplätze, Werksarzt) bleiben bei Betriebsübergang unverändert.

- Die Pensionäre, die vor dem Übergang auf A. GmbH aus dem Unternehmen ausgeschieden sind bzw. ausscheiden, verbleiben bei der A. AG."

Ziff. 4. dieses Schreibens befasst sich mit den Arbeitnehmern, die von einem dadurch erforderlichen Personalabbau betroffen sein würden. Ziff. 5. "Zu Ihrer persönlichen Situation" lautet:

" Ihr Arbeitsverhältnis wird von dem geplanten Personalabbau gemäß Ziffer 4. nicht betroffen sein."

Schließlich heißt es in Ziff. 6. dieses Schreibens "Zum Widerspruchsrecht" u. a.:

" Sie haben das Recht, dem Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses auf die A. GmbH binnen einer Frist von einem Monat ab Zugang dieses Schreibens schriftlich zu widersprechen. Die Erklärung kann nicht einseitig zurückgenommen oder widerrufen werden. Sie kann auch nicht an eventuelle Bedingungen geknüpft werden. Sollten Sie dem Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses widersprechen wollen, müsste das schriftlich mit einer von Ihnen unterschriebenen Erklärung innerhalb dieser Frist erfolgen. Eventuelle Widerspruchsschreiben richten Sie bitte ausschließlich an: ..."

Ziff. 7. dieses Schreibens spricht schließlich noch die "Folgen eines Widerspruchs" an, wonach dann zwar das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht auf die Fa. A. GmbH übergehe, er aber, da sein bisheriger Arbeitsplatz bei der Beklagten nicht mehr vorhanden sein werde und eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nicht bestehe, im Falle der Ausübung seines Widerspruchsrechts mit der Kündigung seines Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte rechnen müsse und aufgrund der abgeschlossenen "Überleitungsvereinbarung" zwischen der Beklagten und deren Gesamtbetriebsrat sowie den örtlichen Betriebsräten in diesem Falle kein Anspruch auf eine Abfindung bestehe; er müsse deshalb damit rechnen, seinen Arbeitsplatz ohne jede finanzielle Leistung zu verlieren, wobei "bei einer eventuellen Arbeitslosigkeit nach einem Widerspruch (seine) Ansprüche auf Leistungen der Agentur für Arbeit infrage gestellt" seien. Deshalb werde ihm dringend empfohlen, von einem Widerspruch abzusehen.

Nach dem eigenen Sachvortrag der Beklagten mit Schriftsatz vom 17. Februar 2006 (Seite 11) sind "im Rahmen des Kaufvertrages und des Trade Mark License Agreements sämtliche Markenrechte auf die 'A.H. GmbH zusammen mit all deren hundertprozentigen Tochtergesellschaften' übertragen worden. Da die A. GmbH eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der A. H. GmbH war, standen demnach im Rahmen des genannten Trade Mark License Agreements also auch der A. GmbH Benutzungsrechte uneingeschränkt zur Verfügung."

Tatsächlich ist der Geschäftsbereich C. der Beklagten mit Wirkung vom 1. November 2004 durch Rechtsgeschäft auf die Fa. A. GmbH übertragen worden und hat der Kläger zum damaligen Zeitpunkt dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses nicht widersprochen. Er hat ab diesem Zeitpunkt für das letztgenannte Unternehmen gearbeitet.

Am 2./9. März 2005 haben die Parteien einen schriftlichen Aufhebungsvertrag geschlossen mit u. a. folgendem Inhalt:

"1. Das Arbeitsverhältnis zwischen der A. GmbH und Herrn B. wird im gegenseitigen Einvernehmen zum 31. März 2005 beendet. Zum gleichen Zeitpunkt endet die Entgeltfortzahlung.

2. Bis zu diesem Zeitpunkt verbleibt es bei den gesetzlichen, tariflichen und arbeitsvertraglichen Rechten und Pflichten, soweit nicht nachstehend etwas anderes vereinbart ist.

3. Ein Anspruch auf variable Vergütung (Bonus) für das Jahr 2005 besteht nicht.

...

7. Mit Erfüllung der vorstehenden Vereinbarungen sind alle gegenseitigen Forderungen und Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung - mit Ausnahme von eventuellen Ansprüchen aus der betrieblichen Altersversorgung gemäß deren Satzung (Unverfallbarkeit der 1. und 2. Stufe gemäß Betriebsrentengesetz), aus einem evtl. gewährten Arbeitgeberdarlehen, der anteiligen Sondervergütung für das Jahr 2005 sowie einer evtl. Entgeltüberzahlung aus der Entgeltabrechnung - abgegolten.

8. Herr B. bestätigt mit seiner Unterschrift unter dieser Vereinbarung, dass er ausreichend Zeit zur Prüfung dieses Vertrages und/oder der Einholung von Rechtsrat hatte.

9. Die Unterzeichnenden erklären ausdrücklich, dass keine Wettbewerbsvereinbarung besteht.

10. Herr B. erklärt, auf ein eventuelles Recht zum Widerruf dieser Vereinbarung zu verzichten.

11. Die Unterzeichnenden verpflichten sich zu Stillschweigen über den Inhalt dieser Vereinbarung, mit Ausnahme von gegenüber den Finanzbehörden und der Agentur für Arbeit abzugebenden Erklärungen.

..."

Der Kläger hat am 9. März 2005 ein Schreiben der Fa. A. GmbH vom 2. März 2005 an ihn mit u. a. folgendem Inhalt unterschrieben:

" ... wie mit Ihnen besprochen wird ab 01.04.2005 ein freier Mitarbeitervertrag zwischen Ihnen und der A. GmbH abgeschlossen. Für das Jahr 2005 wird Ihnen dafür ein Umsatz in Höhe von 50.000,00 Euro brutto garantiert. Darüber hinaus erhalten Sie bei erfolgreichem Abschluss einzelner Projekte eine zusätzliche Prämie in Höhe von 15.000,00 Euro brutto. Details hierzu werden zwischen Ihnen, Herrn Dr. K. (auftraggebende Abteilung) und Frau R. (Einkauf) im üblichen Rahmen abgestimmt ..."

Schließlich haben der Kläger und die Fa. A. GmbH am 8. März 2005 noch eine "Zusatzvereinbarung zum Aufhebungsvertrag und Schreiben zum freien Mitarbeitervertrag vom 02.03.2005" mit u. a. folgendem Inhalt abgeschlossen:

"1. Die im Schreiben zum freien Mitarbeitervertrag genannten Beträge der Umsatzgarantie und zusätzlichen Prämie verstehen sich exklusive Umsatzsteuer.

2. Aus betrieblichen Gründen nicht genommener Urlaub bis zum 31.03.2005 wird finanziell abgegolten.

3. Es besteht kein Anspruch auf Bonus für das Jahr 2004."

Die Fa. A. GmbH hat am 20. Mai 2005 einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt; daraufhin wurde am 27. Mai 2005 ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt und am 1. August 2005 das Insolvenzverfahren eröffnet.

Der Kläger hat mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 14. November 2005 an die Beklagte dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses von dieser auf die Fa. A. GmbH widersprochen und dies damit begründet, deren Informationsschreiben vom 22. Oktober 2004 sei unrichtig gewesen. Er sei "offensichtlich über die Liquidität und die Eigenkapitaldecke (der A. GmbH) getäuscht worden". Wären die "Angaben (der Beklagten) zutreffend gewesen, (sei) der nunmehr eingetretene Insolvenzfall offensichtlich nicht nachvollziehbar". Daher beginne die Widerspruchsfrist gem. § 613a Abs. 6 S. 1 BGB erst zu laufen, wenn die schriftliche Information gem. § 613a Abs. 5 BGB vollständig und wahrheitsgemäß sei, was hier nicht der Fall sei. Deshalb werde die Beklagte aufgefordert, sein Arbeitsverhältnis mit ihm fortzusetzen und ihn tatsächlich vertragsgemäß zu beschäftigen.

Da die Beklagte den Widerspruch des Klägers nicht akzeptiert hat, hat dieser mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2005, der am 16. Dezember 2005 am Arbeitsgericht eingegangen und der Beklagten am 23. Dezember 2005 zugestellt worden ist, Klage erhoben auf Feststellung, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen seit 1. November 2004 fortbestehe und der Fa. A. GmbH den Streit verkündet mit der Aufforderung, dem Rechtsstreit auf seiner Seite beizutreten.

Der Kläger hat vor dem Arbeitsgericht vorgetragen,

sein Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses von der Beklagten auf die Fa. A. GmbH vom 14. November 2005 sei wirksam. Die Einmonatsfrist des § 613a Abs. 6 S. 1 BGB, wonach der entsprechende Widerspruch innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung über den geplanten Betriebsteilübergang gem. § 613a Abs. 5 BGB erfolgen müsse, habe wegen der Unrichtigkeit der entsprechenden Information nicht zu laufen begonnen. Sein Widerspruchsrecht sei auch nicht verwirkt. Es sei ohne Bedeutung, dass er mit der Fa. A. GmbH einen Vertrag geschlossen habe, wonach er dort zum 31. März 2005 ausscheide. Deshalb bestehe sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu unveränderten Bedingungen fort.

Dem hat die Beklagte entgegengehalten, ihr Schreiben vom 22. Oktober 2004 habe ihn über den zum 1. November 2004 bevorstehenden Betriebsteilübergang richtig informiert; es entspreche den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB. Allein darauf und nicht auf etwaige andere Informationen in betriebsinternen Magazinen etc. käme es an. Damit aber habe der Kläger die Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 S. 1 BGB versäumt. Selbst wenn ihr Unterrichtungsschreiben vom 22. Oktober 2004 nicht den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB entsprochen hätte, könne er nicht zeitlich unbefristet widersprechen, denn es gäbe keine zeitlich grenzenlose Widerspruchsfrist, weil dies den Grundsätzen von Treu und Glauben widerspräche. In analoger Anwendung des § 5 Abs. 3 S. 2 KSchG hätte der Kläger daher seinen Widerspruch binnen sechs Monaten nach Betriebsübergang, also ab dem 1. November 2004 geltend machen müssen; seine Widerspruchsfrist sei deshalb am 30. April 2005 abgelaufen gewesen. In jedem Falle aber sei sein Widerspruchsrecht verwirkt.

Wenn überhaupt, hätte der Kläger sein Widerspruchsrecht vor der rechtlichen Beendigung seines Arbeitsverhältnisses mit der Fa. A. GmbH ausüben müssen.

Das Arbeitsgericht hat mit Endurteil vom 12. April 2006, das dem Kläger am 8. Mai 2006 zugestellt worden ist, die Klage vollinhaltlich abgewiesen. Auf die darin getroffenen tatsächlichen Feststellungen und angestellten rechtlichen Erwägungen wird verwiesen.

Dagegen hat der Kläger mit einem am 31. Mai 2006 am Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und sie, nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 31. Juli 2006, mit einem hier an diesem Tag eingegangenen Schriftsatz begründet.

Unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Sachvortrags führt er insbesondere aus, zwar habe das Arbeitsgericht richtig erkannt, dass sein Widerspruch nicht verfristet gewesen wäre, sei jedoch zu Unrecht davon ausgegangen, dass er verwirkt sei. Die Voraussetzungen einer Verwirkung lägen hier nämlich noch nicht vor. Aufgrund des von ihm mit der Fa. A. GmbH am 2./9. März 2005 geschlossenen Aufhebungsvertrages habe die Beklagte nicht darauf vertrauen können, dass er damit dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf diese anerkannt und jedenfalls konkludent auf die Ausübung eines etwa noch bestehenden Widerspruchrechts verzichtet habe. Sein Widerspruch mit Schreiben vom 14. November 2005 gehe daher nicht ins Leere. Von entscheidender Bedeutung sei insbesondere, dass er auch nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses mit der Fa. A. GmbH am 31. März 2005 seine Arbeitsleistung als Software-Projektleiter, verantwortlich für die Planung, Realisierung und Betreuung sowie das Testen verschiedener Softwareprojekte, erbracht und insoweit in die Arbeitsorganisation des Betriebs dieses Unternehmens eingegliedert gewesen sei sowie deren sachlichem, zeitlichem und inhaltlichem Weisungsrecht unterlegen habe. Es habe daher lediglich eine Scheinselbstständigkeit seinerseits bestanden. Bereits vor Abschluss des Aufhebungsvertrages sei eine detaillierte Leistungsbeschreibung der von ihm übergangslos vorzuführenden Projekte erstellt und vom Vizepräsidenten der Fa. A. GmbH unterzeichnet worden. Auch habe er die aufgelisteten Projekte unter Einhaltung eines strikten Zeitplans in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Projektleitern fortführen sollen. Mit Schriftsatz vom 22. November 2006 (Seite 29) hat er vortragen lassen, er habe "seit sechs Monaten ca. 900 Stunden zur Verfügung stehen müssen", was einer monatlichen Arbeitsleistung von ca. 150 Stunden entspreche. Mit dem letztgenannten Schriftsatz hat er eine Anlage KK 10 vorgelegt, wonach er in den Monaten April bis Juni 2005 insgesamt 909 Stunden für die Fa. A. GmbH tätig war und ihm danach für diesen Zeitraum ein Betrag in Höhe von € 50.000,-- brutto zuzüglich eines weiteren Betrages als "Euro-Bonus" in Höhe von € 15.000,-- brutto zustand.

Deshalb stellt der Kläger folgenden Antrag:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 12. April 2006 - Gz.: 22 Ca 19405/05 - abgeändert. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen seit dem 1. November 2004 fortbesteht.

Die Beklagte beantragt:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Sie hält das angegriffene Urteil für richtig und wiederholt und vertieft ebenfalls ihren erstinstanzlichen Sachvortrag. Insbesondere hebt sie hervor, dass durch den Aufhebungsvertrag des Klägers mit der Fa. A. GmbH sein Arbeitsverhältnis mit dieser beendet worden sei. Nach seinem eigenen Sachvortrag habe er, wie sich aus der von ihm vorgelegten Anlage KK 10 ergebe, innerhalb eines Vierteljahres bereits ein Einkommen in Höhe von € 50.000,-- erzielen können, also ein wesentlich höheres, als er bei dieser als Arbeitnehmer erzielt hätte; bereits dies deute unmissverständlich auf einen selbstständigen Dienstleistungsvertrag mit diesem Unternehmen hin. Im Übrigen werde sein Sachvortrag für die für dieses Unternehmen geleisteten Tätigkeiten und Stunden in den ersten sechs Monaten nach Abschluss des Aufhebungsvertrages mit Nichtwissen bestritten.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsprotokolle, die Schriftsätze der Parteien und den sonstigen Akteninhalt beider Rechtszüge verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zwar zulässig, jedoch unbegründet, denn das Arbeitsgericht hat richtig entschieden.

I.

Die Berufung ist zulässig.

Sie ist statthaft, denn sie richtet sich gegen ein arbeitsgerichtliches Urteil, gegen das nicht nach § 78 ArbGG das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist und es handelt sich um eine Rechtsstreitigkeit über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses (§ 64 Abs. 1 und Abs. 2 lit. c ArbGG).

Sie ist auch in der richtigen Form und rechtzeitig eingelegt und begründet worden (§ 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, §§ 519 Abs. 2, 520 Abs. 3 ZPO, § 66 Abs. 1 S. 1, 2 und 5 ArbGG).

II.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Zwischen den Parteien besteht seit dem 1. November 2004 (Zeitpunkt des Übergangs des Betriebsteils der Beklagten, in dem der Kläger beschäftigt war, auf die Fa. A. GmbH) kein Arbeitsverhältnis mehr. Der vom Kläger mit Schreiben vom 14. November 2005 geltend gemachte Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses infolge Übergangs des Betriebsteils, in dem er beschäftigt war, von der Beklagten auf die Fa. A. GmbH am 1. November 2004 wirkt nicht mehr auf den Zeitpunkt des Betriebsteilübergangs zurück.

Dabei kommt es nicht darauf an, dass der Kläger hier nicht gem. § 613a Abs. 6 S. 1 BGB innerhalb eines Monats nach Zugang des Unterrichtungsschreibens der Beklagten vom 22. Oktober 2004 über den am 1. November 2004 geplanten Betriebsteilübergang widersprochen hat, sondern erst mit Schreiben vom 14. November 2005. Wie das Bundesarbeitsgericht nämlich in seinem Urteil vom 13. Juli 2006 (8 AZR 305/05 - AP Nr. 312 zu § 613a BGB) erkannt hat, wird die Frist zur Widerspruchserklärung weder bei einer unterbliebenen noch bei einer nicht ordnungsgemäßen Unterrichtung ausgelöst. Hat die Beklagte daher ihre Arbeitnehmer, darunter auch den Kläger, mit ihrem Schreiben vom 22. Oktober 2004 nicht ordnungsgemäß gem. § 613a Abs. 5 BGB unterrichtet, beginnt die Einmonatsfrist des § 613a Abs. 6 S. 1 BGB für seinen Widerspruch auch grundsätzlich nicht zu laufen.

Allerdings ist der Widerspruch des Klägers hier nicht mehr vom Schutzzweck der Regelungen zum Übergang eines Arbeitsverhältnisses auf eine andere Arbeitgeberin gem. § 613a BGB gedeckt. Diese Regelungen betreffen nach der vorzitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts unter Hinweis auf seine weitere Entscheidung vom 2. März 2006 (8 AZR 124/05 - NZA 2006, 848) den Schutzbereich der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Arbeitsplatzfreiheit. Der Bundesgesetzgeber (BT-Drucksache 14/7760 Seite 20) hat zur Begründung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB die Berufsfreiheit herangezogen und geht davon aus, dass es mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar ist, wenn ein Arbeitnehmer verpflichtet wäre, für eine Arbeitgeberin zu arbeiten, die er nicht frei gewählt hat. Die Informationsverpflichtung des § 613a Abs. 5 BGB dient deshalb gerade dazu, dem Arbeitnehmer Kenntnis über die Grundlagen für die Ausübung dieser Wahlmöglichkeit zu verschaffen. Hat der Veräußerer und der Erwerber dieser Verpflichtung dem nicht ausreichend und ordnungsgemäß Genüge getan, ist der Arbeitnehmer schutzwürdig. Deshalb wird die Frist zur Erklärung eines Widerspruchs gegen den Übergang eines Arbeitsverhältnisses gem. § 613a Abs. 6 BGB auch bei einer nicht ordnungsgemäßen Unterrichtung nicht ausgelöst (BAG vom 13. Juli 2006, a. a. O.).

Solange allerdings ein Arbeitnehmer von diesem Widerspruchsrecht, das zwar zeitlich nicht befristet, aber grundsätzlich nicht unbegrenzt ist und auch der Verwirkung unterliegen kann, keinen Gebrauch macht, gilt das Arbeitsverhältnis nach erfolgtem Betriebsteilübergang von der alten auf die neue Arbeitgeberin übergegangen und erst das ausgeübte Widerspruchsrecht führt mit seiner Ausübung grundsätzlich zur Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Betriebsteilübergangs (BAG vom 13. Juli 2006, a. a. O.).

Dies bedeutet aber auch, dass in der Zeit zwischen dem Betriebsteilübergang selbst einerseits und der Ausübung des Widerrufsrechts des Arbeitnehmers andererseits für diesen der Schutzbereich der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Arbeitsplatzfreiheit gilt. Er kann daher mit dem Betriebsteilerwerber durchaus auch einen Aufhebungsvertrag schließen. Gegen dessen Wirksamkeit bestehen, falls er die Rechte gem. § 613a Abs. 6 BGB nicht ausdrücklich oder stillschweigend vorbehält, keine Bedenken. Immerhin muss ein Arbeitnehmer einen derartigen Aufhebungsvertrag nicht schließen. Seine Interessen können durchaus über diejenigen hinausgehen, die über § 613a Abs. 6 BGB geschützt sind.

So liegt der Fall hier. Der Kläger hat am 2./9. März 2005 mit der Fa. A. GmbH einen Vertrag auf Auflösung seines Arbeitsverhältnisses geschlossen. Ein derartiger Vertrag steht unter dem Schriftformgebot des § 623 BGB, wodurch der Schutz des Arbeitnehmers bezweckt ist. Diese Schriftform ist im vorgenannten Aufhebungsvertrag eingehalten.

Es sind auch keine Gründe erkennbar, weshalb er unwirksam sein sollte.

Ein Scheingeschäft gem. § 117 Abs. 1 BGB im Abschluss dieses Aufhebungsvertrages liegt schon deshalb nicht vor, weil kein Einverständnis damit von der Fa. A. GmbH zu erkennen ist, deren Annahmeerklärung sei nur zum Schein abgegeben worden und es auch an einem entsprechenden substanziierten Sachvortrag des Klägers insoweit fehlt.

Er kann sich auch nicht darauf berufen, ab dem Zeitpunkt, ab dem dieser Aufhebungsvertrag wirkt, nämlich ab dem 1. April 2005, habe bei ihm im Verhältnis zur Fa. A. GmbH lediglich eine sog. Scheinselbstständigkeit bestanden. Sein Sachvortrag, er sei nach Zeit, Ort und Art der Tätigkeit weiter den Weisungen des vorgenannten Unternehmens unterworfen und in dessen Organisation eingegliedert gewesen, vermag nicht zu überzeugen. Sein eigener Sachvortrag ist, was den zeitlichen Umfang anbelangt, bereits widersprüchlich. Nach der von ihm vorgelegten Anlage KK 10 zu seinem Schriftsatz vom 22. November 2006 war er nämlich in den drei Monaten April bis Juni 2005 909 Stunden für die Fa. A. GmbH tätig und nicht, wie er auf Seite 29 dieses Schriftsatzes vorträgt, für sechs Monate. Dies aber bedeutet, dass er nicht auf einen durchschnittlichen monatlichen Zeiteinsatz von 150 Stunden kommt, wie er dort vorträgt, was eher der Arbeitsleistung eines Arbeitnehmer entspricht, sondern von 303 Stunden, was die Grenzen eines nach dem Arbeitszeitgesetz zulässigen Arbeitseinsatzes bei weitem sprengt. Darüber hinaus hätte er nach seiner eigenen Darstellung in der vorgenannten Anlage bereits innerhalb eines Vierteljahres den Betrag verdient, der ihm nach der Vereinbarung vom 2./9. März 2005 mit der Fa. A. GmbH allein für ein dreiviertel Jahr im Jahr 2005 zugestanden hätte, nämlich € 50.000,-- brutto und zusätzlich noch für den Abschluss eines Projekts eine Prämie in Höhe von € 15.000,-- brutto.

Insbesondere die Tatsache, dass der Aufhebungsvertrag des Klägers mit der Fa. A. GmbH vom 2./9. März 2005 betreffend sein Arbeitsverhältnis mit dieser gleichzeitig mit seinem freien Mitarbeitervertrag abgeschlossen und zu diesem sogar noch am 8. März 2005 eine "Zusatzvereinbarung" getroffen wurde, spricht dafür, dass dieser Aufhebungsvertrag rechtswirksam ist.

Damit aber hat der Kläger deutlich zu erkennen gegeben, dass er von seinem grundgesetzlich gem. Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Recht auf Arbeitsplatzfreiheit Gebrauch gemacht hat. Wer sich so verhält, gibt zu erkennen, dass für ihn der Schutz, den § 613a Abs. 6 i. V. mit Abs. 5 BGB im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang gewährt, hinter seinen Interessen an der Auflösung dieses übergegangenen Arbeitsverhältnisses zurücktritt. Um diesen Schutz zu erhalten, hätte entweder der Aufhebungsvertrag vom 2./9. März 2005 von vorneherein unwirksam sein oder aber ggf. durch Anfechtung unwirksam werden müssen; an einem Sachvortrag für eine rechtserhebliche Anfechtung durch den Kläger fehlt es aber.

Deshalb führt der Widerspruch des Klägers mit Schreiben vom 14. November 2005 nicht dazu, dass sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ab 1. November 2004 fortbesteht.

Demzufolge bedarf es auch keines Eingehens mehr darauf, ob sein Recht auf Widerspruch hier verwirkt ist.

Nach alledem aber ist seine Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts unbegründet und daher zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Gegen dieses Urteil wird die Revision zum Bundesarbeitsgericht nicht zugelassen (§ 72 Abs. 1 ArbGG). Eine grundsätzliche Bedeutung einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage ist nicht ersichtlich (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG). Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird verwiesen (§ 72a ArbGG).

Ende der Entscheidung

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