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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Urteil verkündet am 18.03.2008
Aktenzeichen: 1 Sa 64/07
Rechtsgebiete: EuGVVO


Vorschriften:

EuGVVO Art. 19
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten zu 3 wird das Zwischenurteil des Arbeitsgerichts Rostock vom 18.01.2007 (2 Ca 1642/06) teilweise abgeändert und die Klage, soweit sie sich gegen die Beklagte zu 3 richtet, als unzulässig verworfen.

2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen, wobei zum Zwecke der Klarstellung der Entscheidungstenor wie folgt neu gefasst wird:

Das Arbeitsgericht Rostock ist für die gegen die Beklagte zu 1 und die Beklagte zu 2 gerichtete Klage zuständig.

3. Die Kosten der Klage gegen die Beklagte zu 3 trägt die Klägerin. Die übrigen Kosten der Berufung tragen die Beklagte zu 1 und die Beklagte zu 2 als Gesamtschuldner.

4. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die klagende Arbeitnehmerin war auf dem Fährschiff "S IX", das auf der Ostsee zwischen Rostock und Hanko (Finnland) verkehrte, tätig. Sie wehrt sich gegen eine Kündigung der Beklagten zu 1, die später von der Beklagten zu 2 bestätigt wurde, aus Anlass eines Eigentümerwechsels an dem Fährschiff. Im vorliegenden Zwischenstreit geht es allein um die Frage, ob das Arbeitsgericht Rostock für die bei ihm anhängige Kündigungsschutz- und Weiterbeschäftigungsklage international zuständig ist.

Die Klägerin war als Stewardess und Masseurin auf dem Fährschiff "S IX" tätig. Eigentümer (R) dieses Schiffes war bis April 2006 die Beklagte zu 2, eine "M C" (M. C.) griechischen Rechts mit Sitz in Athen, eingetragen im Register für Schifffahrtsgesellschaften beim Ministerium für Handelsschifffahrt. Das Fährschiff ist nach Angaben der Beklagten im April 2006 an die B SF IX Ltd., eine zypriotische Gesellschaft mit Sitz in N , übereignet worden.

Die Beklagte zu 1 ist eine Aktiengesellschaft nach dem Recht des Staates Liberia mit einer im vorerwähnten Register eingetragenen Niederlassung in Athen. Sie hat als Betreiber (Operator) im Auftrag der Beklagten zu 2 das Fährgeschäft für die Beklagte 2 auf ihren Ostsee-Linien betrieben.

Mit der Beklagten zu 3 meint die Klägerin, den Erwerber des Fährschiffes verklagt zu haben. Sie bezieht sich insoweit auf eine Presseerklärung der A G, der Unternehmensholding der Beklagten zu 1 und der Beklagten zu 2, in der davon die Rede ist, dass die drei Fährschiffe an die "A T G" verkauft worden seien (vgl. Kopie Blatt 15 der Akte).

Die S-Unternehmensgruppe hat 2001 eine Fährverbindung in der Ostsee zwischen Rostock und Hanko (Finnland) aufgenommen. Zuletzt waren drei Fährschiffe im Einsatz ("S VII", "S VIII" und "S IX"). Das Fährschiff "S IX", auf dem die Klägerin tätig war, war auf der Route Rostock-Hanko eingesetzt; ohne nähere Erläuterung spricht die Klägerin aber auch von Södertälje (Schweden) als Anlaufpunkt der Fähre.

Heimthafen der "S IX" ist P (Griechenland). Alle drei Fähren sind bis in den April 2006 unter griechischer Flagge gefahren. Auch nach dem Eigentümerwechsel im April 2006 sind die Fährschiffe im Ostseeraum eingesetzt; allerdings wird heute zusätzlich auch der Hafen in T angelaufen. Die Fährschiffe fahren seit dem Eigentümerwechsel unter estnischer Flagge.

Ob die Beklagte zu 1 auch für den neuen Eigentümer als Operator tätig geworden ist, ist bisher nicht aufgeklärt. Jedenfalls ergibt sich indirekt aus der Akte, dass auch nach April 2006 dieselben Personen, die für die Beklagte zu 1 in ihrer Funktion als Operator tätig waren (Herr T und Frau R), auch jetzt noch in ähnlicher Stellung tätig sind.

Die Klägerin hat einen schriftlichen Arbeitsvertrag in englischer Sprache, der auf Arbeitgeberseite von der Beklagte zu 2, dem R, unterzeichnet ist.

Für die Klägerin wurden Steuern und Beiträge nach griechischem Recht an griechische Behörden und Institutionen abgeführt. Für Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis soll nach dem Vertragstext der D C of H zuständig sein. Außerdem haben die Parteien durch Rechtswahl im Arbeitsvertrag das finnische Arbeitsrecht für anwendbar erklärt. Zusätzlich gibt es einen kollektiv-rechtlichen Vertrag zwischen mehreren finnischen Gewerkschaften und der Beklagten zu 1, die im Auftrag der Beklagten zu 2 gehandelt hat, aus dem sich weitere Arbeitsbedingungen ergeben. Auch dieser Vertrag enthält eine Gerichtsstandsvereinbarung für den D C of H .

Die Arbeitnehmer der Fähren wurden im Zwei-Wochen-Rhythmus eingesetzt, das heißt, sie hatten zwei Wochen durchgehend Dienst an Bord und dann zwei Wochen frei. Die Klägerin hat ihren Wohnsitz in Frankfurt/Main.

Die Arbeitnehmer haben im Regelfall ihre Arbeit in Rostock aufgenommen und ihren Freizeitblock in Rostock angetreten. Diese klägerische Behauptung ist zwar von den Beklagten pauschal bestritten worden; sie haben aber nicht detailliert geschildert, wo sonst die Klägerin üblicherweise ihre Arbeit angetreten hat. Sah der Dienstplan Dienstbeginn und Dienstende in Hanko vor, wurden die Arbeitnehmer von Rostock nach dort oder von dort nach Rostock kostenfrei an Bord überführt.

Das für das Fährgeschäft genutzte Terminal im Rostocker Hafen gehört der Hansestadt Rostock. Eine weithin sichtbare Leuchtreklame mit dem Markennamen "S" bzw. SFF macht auf das Terminal aufmerksam. Im Rostocker Hafen ist die Firma S & B für die Beklagte zu 1 bzw. Beklagte zu 2 als Linien- und Hafenagentur tätig, das heißt, über diese Agentur wird der Kundenverkehr auf die Fähre abgewickelt und sie wird für die Erledigung der Förmlichkeiten der Hafennutzung sowie der Versorgung des Schiffes im Hafen genutzt.

Die Beklagte zu 1 hatte jedenfalls bis April 2006 im Rostocker Hafen in den Räumlichkeiten des Unternehmens S & B ein oder mehrerer Büroräume zur Verfügung, von denen aus Herr T, ein Kapitän und Angestellter der Beklagten zu 1, seine Tätigkeit als Crewmanager für die Beschäftigten auf allen drei Fährschiffen ("S VII", "S VIII" und "S IX") entfaltete. Als Assistentin stand ihm Frau R zur Seite, die Angestellte der Firma S & B ist. Im dortigen Büro waren auch noch der Angestellte des Beklagten Herr K D als Crew Purser sowie Herr G K, ebenfalls Angestellter der Beklagten zu 1, als Port Captain tätig. Die Beklagten haben die Rolle des Port Captain mit den Begriffen "Überkapitän" bzw. "Controller" näher umschrieben.

Die Büroräume von Herrn T wurden auch für die Anwerbung der Arbeitnehmer und - jedenfalls auch - für deren weitere Betreuung eingesetzt. Als Interessentin für die Arbeit an Bord musste sich die Klägerin zunächst beim Unternehmen "Sea Chiefs" mit Sitz auf Zypern per Fax oder Mail melden. Bei Eignung wurde den Interessenten sodann die Adresse in den Büroräumen von Herrn T oder seinem Vorgänger in Rostock mitgeteilt. Hier hatten sich die Interessenten für weitere Vertragsgespräche mit dem Arbeitgeber zu melden. Bei Herrn T bzw. bei seinem Vorgänger gab es sodann ein Bewerbungsgespräch. Der förmliche Arbeitsvertrag wurde allerdings erst an Bord der Schiffe unterzeichnet. Die Kläger im Verfahren 1 Sa 38/07 berichten ohne Widerspruch durch die Beklagten, dass die Unterzeichnung im Rahmen der ersten Schicht an Bord erfolgte.

In den Büroräumen im Hafen Rostock wurden den Arbeitnehmern auch die schriftliche Kündigung, die die Beklagte zu 1 am 08.05.2006 ausgesprochen hatte, persönlich ausgehändigt. Nur die Klägerin bekam ihre Kündigung per Post übersandt, da sie zu diesem Zeitpunkt wegen eines Arbeitsunfalls von der Pflicht zur Arbeit befreit war. Auch während der Durchführung des Arbeitsverhältnisses konnte das Büro stets als Ansprechpartner für alle das Arbeitsverhältnis betreffenden Angelegenheiten genutzt werden. So war dies zum Beispiel die Stelle, bei der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen abzugeben waren. Viele operativ wichtige Informationen wie Dienstplan, Dienständerungen etc. wurden jedoch ohne das Büro im direkten Mail-Kontakt zwischen dem Arbeitnehmer und dem Fachvorgesetzten an Bord kommuniziert und geregelt.

Die Beklagten zu 1 und 2 hatten zusätzlich Absprachen mit einem Arzt in Rostock, so dass sich die Arbeitnehmer bei Krankheit dort kostenfrei behandeln lassen konnten (gerichtsbekannt aus dem Verfahren 1 Sa 38/07). Außerdem stand ein Kontingent an Parkkarten zur Verfügung, damit die Arbeitnehmer, die mit dem Auto zum Dienstantritt anreisten, eine Gelegenheit zum Abstellen des Wagens hatten.

Unter dem 08.05.2006 hat die Beklagte zu 1 alle Arbeitsverhältnisse der Besatzungsmitglieder mit Hinweis auf den Eigentümerwechsel gekündigt. Diese Kündigung ist unter dem 04.07.2006 von der Beklagten zu 2 gegenüber der Klägerin schriftlich bestätigt worden (Kopie Blatt 23). Im Zusammenhang mit den Kündigungen gibt es kollektiv-rechtliche Absprachen zwischen der Beklagten zu 1 bzw. der Beklagten zu 2 und finnischen Gewerkschaften - nach Beklagtenangaben auch unter Beteiligung von ver.di - über die maßgebliche Kündigungsfrist und eine Entlassungsentschädigung. Es spricht viel dafür, dass diese Absprache so auszulegen ist, dass die ihr Unterworfenen auf eventuell bestehende weitere Rechte wegen der Beendigung der Zusammenarbeit verzichten.

Die Klägerin hat innerhalb der Drei-Wochen-Frist nach § 4 KSchG Klage gegen die Kündigung vom 08.05.2006 erhoben und hat diese später nach Ausspruch der Kündigung vom 04.07.2006 durch die Beklagte zu 2 um Anträge zum Rechtsschutz gegen diese Kündigung erweitert. Außerdem hat sie die Verurteilung zur Weiterbeschäftigung verlangt.

Die Klägerin hatte die Klage beim Arbeitsgericht in Hamburg erhoben. Von dort ist der Rechtsstreit durch Beschluss vom 24.08.2006 (Blatt 38 f.) wegen fehlender örtlicher Zuständigkeit an das Arbeitsgericht Rostock verwiesen worden.

Beim Arbeitsgericht Rostock sind insgesamt 30 Klagen gegen die Kündigungen eingegangen. Das Arbeitsgericht hat die Verhandlung zunächst auf die Frage der internationalen Zuständigkeit beschränkt (Blatt 154).

Die Klägerin rügt im Kern, der Eigentümerwechsel an dem Fährschiff sei kein Grund, das Arbeitsverhältnis zu kündigen. Die Kündigungen verstießen bereits gegen das Kündigungsverbot wegen Betriebsübergangs nach § 613a Abs. 4 BGB. Es sei deutsches Recht anwendbar, da die Vereinbarung finnischen Rechts unwirksam sei und das Arbeitsverhältnis nach den maßgeblichen Anknüpfungsmerkmalen unter deutsches Recht falle. Auf die Gerichtsstandsvereinbarung komme es nicht an, da sich die internationale Zuständigkeit des angerufenen Arbeitsgerichts in Rostock aus Art. 19 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 vom 22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, Amtsblatt 2001 Nr. L12 Seite 1 (im Folgenden stets als EuGVVO) ergebe.

Die Klägerin hätte aufgrund der Fortbewegung des Fährschiffes an ständig wechselnden Arbeitsorten gearbeitet, so dass sich das zuständige Gericht nicht nach Art. 19 Nr. 2a EuGVVO ermitteln lasse. Insbesondere sei es falsch, das Fährschiff als solches als dauerhaften Arbeitsort anzusehen und diesen dem Flaggenstaat zuzuordnen, denn dies führe - wie man am vorliegenden Fall erkennen könne - zu Ergebnissen, die im offensichtlichen Widerspruch mit dem Arbeitnehmerschutzgedanken stünden, von denen Art. 19 EuGVVO geprägt sei.

Nach Art. 19 Nr. 2b EuGVVO sei das Arbeitsgericht in Rostock international zuständig, da die Beklagten zu 1 und 2 die Klägerin hier im Seehafen eingestellt haben. Es könne dahinstehen, ob die Beklagten in Rostock tatsächlich eine Niederlassung im Sinne von Art. 19 EuGVVO betrieben hätten, jedenfalls wäre dieser Eindruck nach außen entstanden und das reiche aus.

Die Beklagten verneinen die internationale Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes Rostock und begehren daher, die Klage als unzulässig zu verwerfen. Das zuständige Gericht müsse nach Art. 19 Nr. 2a EuGVVO bestimmt werden, denn der Arbeitsort der Klägerin wäre konstant auf dem Schiff gewesen. Dieser Arbeitsort werde schon immer dem Flaggenstaat zugeordnet, so dass die griechischen Gerichte im Heimathafen des Fährschiffes (P) zuständig wären. Damit würde die Klägerin nicht unzumutbar benachteiligt, denn arbeitsvertraglich und kollektiv-rechtlich sei den Arbeitnehmern zusätzlich der weitere Gerichtsstand beim D C of H eingeräumt worden.

Aber selbst dann, wenn man hilfsweise davon ausgehen wollte, dass die Klägerin an ständig wechselnden Arbeitsorten tätig gewesen wäre, ergebe sich keine Zuständigkeit für das Rostocker Arbeitsgericht, da keine der Beklagten dort eine Niederlassung im Sinne von Art. 19 Nr. 2b EuGVVO betrieben hätte. Zusätzlich sei zu beachten, dass es sich bei der Beklagten zu 1 um eine juristische Person handele, die ihren Sitz nicht in einem Mitgliedsstaat habe, so dass sich das zuständige Gericht ohnehin nicht aus der EuGVVO ableiten lasse; äußerstenfalls wäre es denkbar, die Beklagte zu 1 am Sitz ihrer Niederlassung in Athen zu verklagen.

Auch für die Beklagte zu 3 wäre der Gerichtsstand nicht in Rostock. Es fehle an jeglichem Anlass, die Beklagte zu 3 in den vorliegenden Rechtsstreit einzubeziehen. Aufkäufer des Fährschiffes sei das Unternehmen "B SF IX Ltd." mit Sitz in N (Zypern). Darauf sei bereits erstinstanzlich in der Klageerwiderung hingewiesen worden. In der von der Klägerin herangezogenen Pressemitteilung sei nur von der Unternehmensgruppe ("T G") die Rede gewesen, nicht von einzelnen Unternehmen. Das von der Klägerin in Anspruch genommene Unternehmen gehöre zwar zu der Unternehmensgruppe, sei aber eine Handelsgesellschaft ohne jeden Bezug zum vorliegenden Rechtsstreit.

Das Arbeitsgericht Rostock hat mit Zwischenurteil vom 18.01.2007 zum Aktenzeichen 2 Ca 1642/06 seine eigene internationale Zuständigkeit bejaht. Auf das Urteil wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz verwiesen.

Dieses Urteil ist den Beklagten zu Händen ihrer Prozessbevollmächtigten am 29.01.2007 zugestellt worden. Die hiergegen gerichtete Berufung vom 21.02.2007 ist beim Landesarbeitsgericht am 22.02.2007 per Fax eingegangen und mit Schriftsatz vom 29.03.2007 - Gerichtseingang per Fax am selben Tag - begründet worden.

Nach mündlicher Verhandlung vom 21.06.2007 (Blatt 351) haben die Klägerin mit Schriftsatz vom 17.10.2007 und die Beklagte mit Schriftsatz vom 06.02.2008 ihr Einverständnis mit dem Übergang in das schriftliche Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO erklärt.

Wegen des zwischenzeitlichen Versuchs, die Zuständigkeitsfrage dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in der Parallelsache 1 Sa 38/07 zur Entscheidung vorzulegen, wird auf den Beschluss des erkennenden Gerichtes vom 21.07.2007 (auf juris.de veröffentlicht) und auf den Einstellungsbeschluss des EuGH vom 04.12.2007 (Rs. C-413/07 - auf juris.de veröffentlicht) verwiesen.

Die Beklagten beantragen,

unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils die Klage als unzulässig zu verwerfen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nur teilweise begründet.

A.

Das vom Arbeitsgericht erlassene Zwischenurteil ist ausnahmsweise nach § 280 Abs. 2 ZPO mit dem Rechtsmittel der Berufung angreifbar, da der Streit eine Zulässigkeitsfrage, nämlich die Frage der internationalen Zuständigkeit des angegangenen Gerichtes, betrifft. Es kann dahinstehen, ob die Formulierung des Tenors im Zwischenurteil des Arbeitsgerichtes zu weitgehend ist, denn aus den zur Auslegung des Tenors heranziehbaren Entscheidungsgründen ergibt sich ohne jeden Zweifel, dass das Arbeitsgericht allein die Frage der internationalen Zuständigkeit mit dem Zwischenurteil klären wollte und nicht alle denkbaren Zulässigkeitsfragen generell. Dies hat das Berufungsgericht durch eine klarstellende Neuformulierung des arbeitsgerichtlichen Tenors auch nach außen hin deutlich gemacht. Ein teilweiser Erfolg der Berufung kann darin nicht gesehen werden.

Die Berufung ist nach § 64 Abs. 2c ArbGG ohne Rücksicht auf den Wert der Beschwer zulässig, da die Parteien in der Hauptsache über die Kündigung des Arbeitsverhältnisses streiten und der vorliegende Zwischenstreit bei Obsiegen der Beklagten alle Klaggegenstände betreffen würde. Selbst wenn man hierauf nicht abstellen wollte, wäre die Berufung jedenfalls auch nach § 64 Abs. 2b ArbGG zulässig, da die notwendige Beschwer von 600,00 EUR deutlich überschritten ist. Das Arbeitsgericht hat den Wert mit rund 13.000,00 EUR beziffert, was für das Berufungsgericht bindend ist, da der Wert nicht offensichtlich falsch angesetzt ist. Zutreffend hat das Arbeitsgericht den Wert des Hauptsacheverfahrens zugrunde gelegt, da sich der Zulässigkeitsstreit auf alle klägerischen Anträge auswirkt.

Einer Sachentscheidung über die Berufung der Beklagten steht auch nicht Art. 64 EuGVVO entgegen. Nach dieser Vorschrift ist bei Streitigkeiten zwischen dem Kapitän und einem Mitglied der Mannschaft eines in Griechenland oder in Portugal eingetragenen Seeschiffes - hier zutreffend - über die Heuer oder sonstige Bedingungen des Dienstverhältnisses vom Gericht zu überprüfen, ob der für das Schiff zuständige diplomatische oder konsularische Vertreter von der Streitigkeit unterrichtet worden ist. Weiter heißt es dort, das Gericht könne entscheiden, sobald dieser Vertreter unterrichtet ist. Eine Unterrichtung der diplomatischen oder konsularischen Vertreter Griechenlands hat seitens des Gerichtes bislang nicht stattgefunden. Da die Parteien bisher allein über die Frage der internationalen Zuständigkeit streiten, war eine Unterrichtung allerdings auch nicht erforderlich.

Die Unterrichtung wird erfolgen, sobald das angerufene Gericht sich mit einer Entscheidung in der Sache über die anhängigen Fragen befassen kann. Ein Prozesshindernis ergibt sich also aus Art. 64 EuGVVO nicht.

B.

Die Berufung hat in der Sache nur zum Teil Erfolg. Zutreffend ist das Arbeitsgericht Rostock von der eigenen internationalen Zuständigkeit hinsichtlich der Beklagten zu 1 und der Beklagten zu 2 ausgegangen. Lediglich bezüglich der Beklagten zu 3 ist eine Zuständigkeit des Gerichts nicht gegeben.

I.

Die internationale Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes in Rostock ist vorliegend allein nach der EuGVVO zu bestimmen, da keine der Beklagten an ihrem allgemeinen Gerichtsstand nach Art. 2 EuGVVO verklagt wurde und Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates haben, nur nach Maßgabe von Art. 3 in Verbindung mit Art. 5 ff. EuGVVO an weiteren Orten gerichtspflichtig sind.

Nach Art. 60 EuGVVO ist der Wohnsitz bei Gesellschaften und juristischen Personen - auf alle drei Beklagten zutreffend - nach dem satzungsmäßigen Sitz, nach dem Ort der Hauptverwaltung oder nach dem Ort der Hauptniederlassung zu bestimmen. Insoweit ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der beklagte R (Beklagter zu 2) seinen satzungsmäßigen Sitz in Athen (Griechenland) hat und die Beklagte zu 3 ihren satzungsmäßigen Sitz in Helsinki (Finnland). Da beide Staaten Mitglieder der Europäischen Union sind, können diese beiden Beklagten nur nach Maßgabe der EuGVVO in Deutschland gerichtspflichtig sein.

Für die Beklagte zu 1 gilt im Ergebnis nichts Anderes. Sie mag zwar - so wie das von den Beklagten behauptet wird - ihren satzungsmäßigen Sitz in Liberia haben, also außerhalb des Hoheitsgebiets der Mitgliedsstaaten, ihren Wohnsitz im Sinne von Art. 60 EuGVVO kann sie dennoch im Hoheitsgebiet eines der Mitgliedsstaaten haben, wenn sich dort die Hauptverwaltung oder die Hauptniederlassung befindet. Davon ist hier auszugehen. Die Beklagten geben selbst an, dass die Beklagte zu 1 in Athen eine eingetragene Niederlassung betreibt, über die zum Beispiel die Gehaltszahlungen an die Arbeitnehmer abgewickelt wurden.

Da es gerichtsbekannt ist, dass die Unternehmensgruppe, zu der die Beklagte zu 1 gehört, ausschließlich im europäischen Raum Fährlinien betreibt und die Existenz weiterer Niederlassungen nicht vorgetragen ist, darf man davon ausgehen, dass es sich bei der Niederlassung in Athen um die Hauptniederlassung der Beklagten zu 1 handelt. Die Beklagte zu 1 hat damit ebenfalls ihren Wohnsitz im Sinne von Art. 60 EuGVVO im Hoheitsgebiet eines der Mitgliedsstaaten und kann daher auch nur nach Maßgabe der EuGVVO gerichtspflichtig in Deutschland sein.

II.

Die Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes Rostock für die Beklagte zu 1 und die Beklagte zu 2 ergibt sich aus Art. 19 EuGVVO.

1.

Die Klägerin kann sich auf Art. 19 EuGVVO berufen, weil der Gegenstand des Rechtsstreits "Ansprüche aus einem Arbeitsvertrag" im Sinne von Art. 18 EuGVVO betrifft.

a)

Dass zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 2 ein Arbeitsvertrag bestanden hat, ist unstreitig und braucht angesichts der zur Akte gereichten Kopie der Vertragsurkunde nicht weiter erörtert zu werden. Ein Streit um die Kündigung und Weiterbeschäftigung ist auch ein Streit aus Ansprüche aus einem Arbeitsvertrag im Sinne von Art. 18 EuGVVO.

b)

Auch gegenüber der Beklagten zu 1 macht die Klägerin Ansprüche aus einem Arbeitsvertrag im Sinne von Art. 18 EuGVVO geltend, denn sie wehrt sich gegen die von dieser Beklagten ausgesprochenen Kündigung von 08.05.2006. Der Streit um die Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen Kündigung ist ohne Zweifel ein Streit um einen Arbeitsvertrag bzw. um Ansprüche aus ihm.

Ob der Anspruch tatsächlich gegeben ist, ist eine Frage der Begründetheit der Klage und hat keine Auswirkungen auf die Frage des zulässigen Gerichtsstandes. Gründe des materiellen Rechtes sollen nicht in die Zuständigkeitsfrage durchschlagen und ein Beklagter soll nicht durch bloße (Gegen-) Behauptung den vom Kläger bezeichneten Gerichtsstand ihm nehmen können (EuGH vom 03.07. 1997, Rs. C-269/95 - B ./. D, Sammlung 1997, I - 3767 = WM 1997, 1549 = JZ 1998, 896).

Die Besonderheit liegt hier allein darin, dass nach dem Vortrag der Beklagten - dem die Klägerin nicht entgegengetreten sind - zwischen der Beklagten zu 1 und der Klägerin überhaupt kein Arbeitsvertrag besteht. Insoweit liegt es nahe zu überlegen, ob die Klägerin hier versucht, durch die offensichtlich haltlose Behauptung eines Arbeitsvertrages missbräuchlich die Gerichtspflichtigkeit der Beklagten zu 1 herbeizuführen.

Bei näherer Betrachtung kann jedoch von Missbrauch durch die Klägerin nicht die Rede sein. Denn weder die Beklagte zu 1 noch die Beklagte zu 2 haben bisher die notwendigen Konsequenzen aus dem eigenen Parteivortrag gezogen und weder die Klage gegen die Kündigung vom 08.05.2006 anerkannt noch angeboten, diese Kündigung einvernehmlich aus der Welt zu schaffen.

Da auch das Gericht bisher keine Gelegenheit hatte, mit ausreichender Rechtskraft festzustellen, dass zwischen der Beklagten zu 1 und den Klägern kein Arbeitsverhältnis besteht, kann man das Festhalten der Klägerin an der Klage gegen die Beklagte zu 1 nicht als unredlich bezeichnen.

c)

Gegenüber der Beklagten zu 3 macht die Klägerin wohl im Wesentlichen einen Weiterbeschäftigungsantrag infolge eines Betriebsüberganges nach § 613a BGB geltend. Auch ein solcher Anspruch ist - wenn er denn festgestellt werden könnte - ein Anspruch aus einem Arbeitsvertrag (Mankowski in Rauscher, Europäisches Zivilprozessrecht, 2. Auf. 2006, Art. 18 EuGVVO, Rn. 5a; ders. in AR-Blattei SD 160.5.5, Rn. 136 sowie Auer in Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 2. Auf. 2004, Art. 18 EuGVVO, Rn. 20).

Eine Zuständigkeit des Arbeitsgerichte Rostock kann trotzdem nicht festgestellt werden. Nach der Rechtsprechung des EuGH braucht zwar der Kläger bei streitigen Sachverhalten für die Frage der Gerichtszuständigkeit den Sachverhalt nicht vollständig zu beweisen; vielmehr reicht bei den - hier vorliegenden - "doppelt relevanten Tatsachen" schlüssiger Sachvortrag aus (vgl. EuGH wie zuletzt zitiert sowie die ausführlichen Nachweise bei Mankowski in AR-Blattei, a. a. O., Rn. 68).

Vorliegend fehlt es aber bereits am schlüssigen Sachvortrag zu der Frage, ob die hier verklagte Beklagte zu 3 das Fährschiff überhaupt erworben hat. Angesichts der Schwierigkeiten für eine Arbeitnehmerin, Kenntnis von den Einzelheiten des erwerbenden Unternehmens zu erhalten, mag es angehen, dass die Klägerin zunächst allein auf Basis der Presseerklärung der A G ein Unternehmen der T G verklagt hat. Allerdings muss beachtet werden, dass die Beklagten bereits in der Klageerwiderung vor dem Arbeitsgericht ausführlich zur Frage des Passivrubrums Stellung genommen haben und in diesem Zusammenhang auch ausführlich mitgeteilt haben, an welches Unternehmen aus der T G das Fährschiff "S IX" verkauft wurde. Damit hatte die Klägerin alle notwendigen Informationen, die sie benötigt, sofern sie das Vorhaben weiterverfolgen will, auch den möglichen Betriebserwerber in den Rechtsstreit mit einzubeziehen.

Die Klägerin kann nicht mit dem Argument gehört werden, die Beklagte zu 3 sei die Konzernmutter oder die Holding der T G und die Klage gegen dieses Unternehmen reiche letztendlich als Klage gegen den möglichen Betrieberwerber aus. Denn die Beklagten haben sich auch mit diesem Argument auseinander gesetzt und unter Vortrag von Tatsachen mitgeteilt, dass es sich bei dem beklagten Unternehmen lediglich um ein Handelsunternehmen in Finnland handelt und nicht um die Konzernmutter oder die Konzernholding.

Da keinerlei Anknüpfungstatsachen vorliegen, die eine Verbindung zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 3 herzustellen geeignet sind, gibt es erst recht keine Anknüpfungstatsachen, aus denen sich schließen ließen, dass die Beklagte zu 3 auch in Rostock gerichtspflichtig ist. In der Konsequenz ist insoweit die Klage als unzulässig zu verwerfen und daher auch insoweit auf die Berufung der Beklagten zu 3 hin das arbeitsgerichtliche Zwischenurteil teilweise abzuändern. Dies hat weitere Konsequenzen bei den Kosten, auf die unten eingegangen wird.

2.

Der Gerichtsstand in Rostock ist für die Beklagte zu 1 und die Beklagte zu 2 gegeben, da Rostock als Ort anzusehen ist, an dem die Klägerin gewöhnlich ihre Arbeit zu verrichten hatten im Sinne von Art. 19 Nr. 2a EuGVVO.

a)

Der Begriff des gewöhnlichen Arbeitsortes ist autonom aus der EuGVVO heraus ohne Rücksicht auf Begriffsbildungen in den nationalen Rechtsordnungen auszulegen (EuGH vom 27.02.2000, Rs. C-27/00 - W ./. O, Sammlung 2002, I-2013 = AP Nr. 4 Brüsseler Abkommen = NJW 2002, 1635; 30.04.2003, Rs. C-437/00 - P ./. F, Sammlung 2003, I-3573 = NZA 2003, 711 = IPRax 2004, 336; ebenso die einhellige Literatur, vgl. Mankowski in AR-Blattei, a. a. O., Rn. 209 m. w. N.).

Der gewöhnliche Arbeitsort wird durch Beobachtung der tatsächlichen Umstände der Arbeitsleistung ermittelt und ohne Rücksicht auf vertragliche Vereinbarungen hierüber. Damit ist es ein faktisch geprägtes Tatbestandsmerkmal, das sich einer Manipulation durch eine oder beide Parteien effektiv entzieht (Mankowski in AR-Blattei, a. a. O., Rn. 212). Für die nähere Konkretisierung des Merkmals muss auch der Sinn und Zweck dieser Regelung berücksichtigt werden. Die Regelungen zu den Gerichtsständen für Klagen gegen den Arbeitgeber nach Art. 18 ff. EuGVVO stehen in enger Beziehung zu den besonderen Gerichtsständen in Versicherungssachen (Art. 8 ff. EuGVVO) und in Verbrauchersachen (Art. 15 ff. EuGVVO).

In dieser Perspektive hat der Gerichtsstand des Arbeitsortes enge Bezüge zum Gerichtsstand des Wohnsitzes für Klagen gegen den Versicherten oder den Begünstigten (Art. 12 EuGVVO) oder den Gerichtsstand des Wohnsitzes für Klagen des Verbrauchers oder gegen ihn (Art. 16 EuGVVO). Der Gerichtsstand des gewöhnlichen Arbeitsortes nach Art. 19 EuGVVO kann zwar mit dem Gerichtsstand des Wohnsitzes des Arbeitnehmers nicht gleichgesetzt werden, er ist aber der relativ nächste Gerichtsstand zum Wohnort des Arbeitnehmers.

Gemeinsam ist diesen besonderen Gerichtsständen der Versicherten, der Verbraucher und der Arbeitnehmer der Gedanke, dass diese Personengruppen als typischerweise schutzbedürftige Vertragspartner einen auch unter Kostengesichtspunkten leicht zugänglichen Gerichtsstand haben sollen. Der Arbeitnehmer soll an dem Ort klagen können, mit dem er verbunden ist und an dem er mit dem relativ geringsten Kostenaufwand seine Rechte wahrnehmen kann (EuGH vom 30.04. 2003, a. a. O.; 27.02.2002, a. a. O.; 13.07.1993, Rs. C-125/92 - M ./. G, Sammlung 1993, I-4075 sowie Mankowski in Rauscher, Internationales Zivilprozessrecht, a. a. O., Art. 19 Rn. 4).

b)

In Anwendung dieser Grundsätze ist die Feststellung des gewöhnlichen Arbeitsortes trivial, wenn die Arbeitnehmer in einem arbeitsteiligen Betrieb, bei dem die Arbeitnehmer in einer Arbeitsstätte bzw. einem Bürogebäude gemeinsam arbeiten, tätig sind. Der tatsächliche Sitz des Betriebes bzw. der Betriebsstätte fällt mit dem gewöhnlichen Arbeitsort zusammen. Gewöhnlicher Arbeitsort und Betriebssitz sind derselbe Ort, so dass man vom Sitz der Betriebsstätte auf den gewöhnlichen Arbeitsort rückschließen kann.

Mit dieser Erkenntnis lässt sich der vorliegende Fall allerdings nicht lösen. Es spricht zwar viel dafür, dass man ein Fährschiff wie die "S IX", auf dem über hundert Arbeitnehmer nach einem filigran ausgearbeiteten Organisationskonzept arbeitsteilig zusammenwirken, als Betrieb oder jedenfalls als eigenständige Betriebsstätte ansehen kann. Die Besonderheit liegt jedoch darin, dass diese Betriebsstätte insgesamt mobil ist. Bestimmungsgemäß ist sie in der Lage, sich im Hoheitsgebiet eines Staates und über seine Grenzen hinweg zu bewegen.

Dies macht es jedoch unmöglich, wie bei der ortsfesten Betriebsstätte ohne Nachdenken vom Ort der Betriebsstätte auf den gewöhnlichen Arbeitsort zu schließen. Vielmehr ist zu prüfen, ob nicht - wie in anderen Fallgruppen vom EuGH bereits anerkannt - der gewöhnliche Arbeitsort danach bestimmt werden muss, von wo aus der Arbeitnehmer seine Arbeit antritt und an welchem Ort er seine Arbeitsblöcke beendet. Jedenfalls lässt es sich mit Sinn und Zweck von Art. 19 Nr. 2a EuGVVO nicht vereinbaren, für Seefahrer von einem dauerhaften und konstanten Arbeitsort an Bord des Schiffes auszugehen und diesen dem Flaggenstaat zuzuordnen, da damit der Schutzgedanke von Art. 19 Nr. 2a EuGVVO gesprengt würde und der Begriff des gewöhnlichen Arbeitsortes durch den mit geringem Aufwand möglichen Flaggenwechsel doch wieder manipulationsoffen wäre.

Diesen Zusammenhang berücksichtigt die ganz herrschende Meinung, die entgegen der hier vertretenen Auffassung für Arbeitnehmer an Bord von Schiffen im internationalen Schiffsverkehr stets von einem konstanten Arbeitsort an Bord des Schiffes ausgehen, nicht (vgl. zur herrschenden Meinung nur Mankowski in AR-Blattei, a. a. O., Rn. 233 mit umfassenden weiteren Nachweisen; ebenso zur wortgleich geregelten Frage des anwendbaren Rechts im IPR Magnus in Staudinger, Art. 30 EGBGB, Rn. 145 mit umfassenden Nachweisen). Es verdient allerdings hervorgehoben zu werden, dass das Bundesarbeitsgericht sich bei der Anwendung von Art. 30 EGBGB bisher noch nicht festgelegt hat, ob ein Fährschiff als gewöhnlicher Arbeitsort im Sinne von Art. 30 EGBGB angesehen werden kann (BAG vom 24.08.1989, 2 AZR 3/89, BAGE 63, 17 = AP Nr. 30 zu Internationales Privatrecht, Arbeitsrecht = NZA 1990, 1042; vgl. auch BAG vom 03.05.1995, 5 AZR 15/94, BAGE 80, 84 = NZA 1995, 1191 = IPRax 1996, 416).

Dem pauschalen Ansatz der herrschenden Meinung, der sich im Wesentlichen auf hergebrachte Grundsätze beruft (vgl. nur Friedrich Leffler, Das Recht der Flagge im internationalen Seearbeitsrecht, RdA 1978, S. 97 ff.), kann nicht gefolgt werden. Der Standpunkt der herrschenden Meinung kann zutreffen auf Seefahrer, die auf Schiffen im internationalen Verkehr anheuern, die keine festen Routen fahren und sozusagen in allen Häfen dieser Welt zuhause sind. Hier, wo die Seefahrer mit dem Anheuern an Bord häufig auch ihren Wohnsitz an Land aufgeben, mag es auch unter Arbeitnehmerschutzgesichtspunkten richtig sein, von einem festen gewöhnlichen Arbeitsort an Bord des Schiffes auszugehen und dafür mangels aussagekräftigerer Anknüpfungspunkte das Recht des Flaggenstaates zur Anwendung zu bringen.

Diese Erkenntnis kann aber nicht dazu führen, die Prüfung zu unterlassen, ob sich bei Fährschiffen auf festen Routen unter Anwendung von Art. 19 Nr. 2a EuGVVO und unter Anwendung der vom EuGH entwickelten Kriterien ein anderer gewöhnlicher Arbeitsort ermitteln lässt. Im Zweifel müsste dieser Vorrang vor einem in der Tradition begründeten Rechtsstandpunkt haben.

c)

Zurückzugreifen ist insoweit auf die mit Rücksicht auf den Schutzzweck der Norm vom EuGH abgeleiteten Auslegungskriterien für die Bestimmung des gewöhnlichen Arbeitsortes bei Arbeitnehmern, die ihre Arbeiten an unterschiedlichen geografischen Orten in verschiedenen Mitgliedsstaaten zu erbringen haben. Danach ist Rostock als der gewöhnliche Arbeitsort anzusehen, da die Klägerin im Regelfall von hier aus ihre Arbeit angetreten haben und sie hier auch nach Verrichtung der Arbeit in ihre Freizeit entlassen wurden.

aa)

Die Beklagten haben die dahingehende klägerische Behauptung bestritten. Dieses Bestreiten ist jedoch prozessual unerheblich, da die Beklagten nicht vorgetragen haben, wo - wenn nicht in Rostock - die Arbeit angetreten wurde.

Diese Feststellung wird durch den Umstand bekräftigt, dass die Arbeitnehmer, wenn der Dienst ausnahmsweise in Hanko begonnen hat oder dort endete, auf Kosten der Beklagten von Rostock nach Hanko oder von Hanko nach Rostock auf der Fähre transportiert wurden. Diese Verfahrensweise der Parteien bestätigt indirekt, dass die Schnittstelle zwischen Arbeit und Freizeit in örtlicher Hinsicht der Hafen in Rostock sein sollte; endete die Arbeit tatsächlich nach Dienstplan in Hanko, gehörte es noch zum Verantwortungs- und Kostenbereich der Beklagten, den Transfer des Arbeitnehmers zu dieser Schnittstelle zu organisieren.

bb)

Der EuGH hat bereits in der M -Entscheidung (13.07.1993, C-125/92, a. a. O., dort Rn. 26) zu der fast wortgleichen Vorgängerregelung in Art. 5 Nr. 1 des Brüsseler Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 01.02.1973 mit späteren Ergänzungen (im Folgenden: EuGVÜ) erkannt, dass es um den Ort geht, an dem oder von dem aus der Arbeitnehmer seine Verpflichtung gegenüber seinem Arbeitgeber hauptsächlich erfüllt.

Dieser Ansatz ist in der Entscheidung vom 09.01.1997 (Rs. C-383/95, R ./. C M Ltd., Sammlung 1997, I-57 = NZA 1997, 231 = AP Nr. zu Art. 5 Brüsseler Abkommen) vertieft worden. Hier wird zwar auch der Ansatz vertreten, der gewöhnliche Arbeitsort bestimme sich nach Zeitanteilen der Arbeitsverrichtung in den betreffenden Mitgliedsstaaten. Im Bruch zu diesem Argumentationsansatz heißt es dann jedoch in der Schlussfolgerung - offensichtlich rein fiktiv - der Arbeitnehmer verbringe den größten Teil der Arbeitszeit dort, wo er sein Büro habe und von wo aus er seine Reisetätigkeit antrete und wohin er nach der Reise wieder zurückkehre (Rn. 27 der Entscheidung).

In der Entscheidung des EuGH vom 27.02.2002 (Rs. C-37/00, a. a. O. - W ./. O) heißt es schließlich ganz allgemein, Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ sei dahin auszulegen, dass - wenn der Arbeitnehmer die Verpflichtung aus seinem Arbeitsvertrag in verschiedenen Staaten erfülle - der Ort, an dem er im Sinne der Norm gewöhnlich seine Arbeit verrichtet, der Ort sei, an dem oder von dem aus er unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles den wesentlichen Teil seiner Verpflichtung gegenüber seinem Arbeitgeber tatsächlich erfüllt (Rn. 58 der Entscheidung).

cc)

Soweit der EuGH darauf abstellt, von wo der Arbeitnehmer seine Arbeit antritt, hat er ein Kriterium entwickelt, das in geradezu idealer Weise mit dem Schutzgedanken von Art. 19 Nr. 2a EuGVVO korrespondiert. Diesen Ort kennt der Arbeitnehmer bei Vertragsschluss, und er hat mit dem Eingehen auf diesen Vertrag für sich entschieden, ob der Vertrag trotz des Unterschiedes zwischen seinem Wohnsitz und dem gewöhnlichen Arbeitsort noch wirtschaftlich attraktiv ist. So besteht eine weitgehende Funktionsgleichheit zwischen dem Gerichtsstand des Wohnsitzes, wie ihn Versicherte und Verbraucher nach der EuGVVO genießen, und dem Gerichtsstand des gewöhnlichen Arbeitsortes für Arbeitnehmer. Beide Gerichtsstände unterscheiden sich nur noch durch die privatautonom getroffene Entscheidung des Arbeitnehmers, den geografischen Offset zwischen Wohnsitz und Ort, von dem aus die Arbeit angetreten wird, in Kauf zu nehmen.

dd)

Dieser Gleichklang des Erkenntniskriteriums mit dem durch die Regelung verfolgten Zweck rechtfertigt oder erfordert es, den vom EuGH verwendeten Ansatz zur Bestimmung des gewöhnlichen Arbeitsortes auch auf andere Fallgruppen anzuwenden.

Der EuGH hat dieses Erkenntniskriterium in seiner Entscheidung vom 13.07.1993 (M ) und in seiner Entscheidung vom 09.01.1997 (Rutten) auf Arbeitnehmer bezogen, die nicht räumlich in einer arbeitsteiligen Organisation mit anderen Arbeitnehmern gemeinsam zusammenarbeiten. Beide Beschäftigte waren viel mit Reisen beschäftigt und hatten an ihrem Wohnsitz eine gewisse logistische Struktur, die man umgangssprachlich als "Homeoffice" bezeichnen könnte. Der Ansatz, den gewöhnlichen Arbeitsort dadurch zu bestimmen, von wo aus man die Arbeit antritt und wohin man nach Abschluss der Verrichtung zurückkehrt, ist demnach zunächst nur für diese "Homeoffice"-Fälle entwickelt worden.

Aber bereits die dritte Entscheidung des EuGH, in der dieser Ansatz weiterentwickelt wurde, nämlich die Entscheidung vom 27.02.2002 (W ./. O), betrifft nicht mehr einen "Homeoffice"- Fall, sondern einen Koch, der auf Schiffen und Ölplattformen für die Mannschaft gekocht hat; er war also in einer Betriebsstätte gemeinsam mit anderen Arbeitnehmern tätig. Das zeigt, dass sich dieses Anknüpfungskriterium verallgemeinern lässt.

Dieses Kriterium trifft auch auf die klassischen Fälle zu, in denen der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung auch räumlich gesehen arbeitsteilig mit anderen Arbeitnehmern in einer Produktionsstätte oder in einem Büro erledigt. Wenn man hier vom Ort der Arbeitsstätte ohne weitere Denkschritte auf den gewöhnlichen Arbeitsort schließt, gelingt dieser Schluss auch, wenn man dazu das für "Homeoffice"-Fälle entwickelte Kriterium des Ortes, an dem die Arbeit beginnt und endet, anwendet. Der Arbeitnehmer tritt seine Arbeit am Ort der Betriebsstätte an und beendet sie auch dort.

Daher ist es möglich und geboten, mit Hilfe dieses Kriteriums den gewöhnlichen Arbeitsort auch für Arbeitnehmer auf beweglichen Geräten (Busse, Lkw, Flugzeuge, Schiffe) zu ermitteln. Hat der Arbeitgeber die Arbeit so organisiert, dass der Arbeitnehmer seine Arbeit gewöhnlich von einem bestimmten Ort aus beginnt und der Arbeitsblock - mag er über einen oder auch mehrere Tage gehen - dort wieder endet, ist dies der gewöhnliche Arbeitsort des Arbeitnehmers im Sinne von Art. 19 Nr. 2a EuGVVO, auch wenn er rein statistisch betrachtet, den überwiegenden Zeitanteil seiner Arbeit nicht an diesem Ort erbringt, da er mit dem ortsveränderlichen Gerät auf Verkehrswegen unterwegs ist.

ee)

Für die Entscheidung des vorliegenden Falles braucht nicht abschließend entschieden zu werden, ob ein solcher Ort, von dem aus der Arbeitnehmer die Arbeit antritt, ein Mindestmaß an betrieblicher Struktur aufweisen muss oder ob es im Extremfall beispielsweise ausreichen würde, wenn der Arbeitnehmer nur immer an derselben Autobahnraststätte von einem Kollegen den Lkw übernimmt. Denn vorliegend haben die Beklagte zu 1 bzw. die Beklagte zu 2 im Seehafen Rostock jedenfalls ausreichende betriebliche Strukturen geschaffen. Die Klägerin hatte die Pflicht, sich hier einzuchecken und hier gab es die vom Arbeitgeber gestellten Parkplätze, damit die Arbeitnehmer, die mit privaten Pkw anreisten, die Arbeit auch bequem antreten konnten. Damit ist der Seehafen Rostock auch aus der Sicht der Beklagten mehr als nur ein zufälliger Ort des Arbeitsbeginnes.

3.

Selbst wenn man den hier vertretenen Ansatz zur Bestimmung des gewöhnlichen Arbeitsortes ablehnt, würde sich am Ergebnis der Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes Rostock für die Klage gegen die Beklagte zu 1 und die Beklagte zu 2 nichts ändern, denn dann müsste man feststellen, dass die Klägerin wegen des ständig wechselnden Aufenthaltsortes des Schiffes im Hoheitsgebiet verschiedener Mitgliedsstaaten gar keinen feststellbaren gewöhnlichen Arbeitsort hatten. Dann käme es nach Art. 19 Nr. 2b EuGVVO jedoch auf die einstellende Niederlassung an und diese verweist ebenfalls auf den Gerichtsstand in Rostock.

a)

Der Begriff der einstellenden Niederlassung in Art. 19 Nr. 2b EuGVVO erfordert keine Niederlassung im handelsregisterrechtlichen Sinne. Es bedarf auch keines ausgeübten und eingerichteten Gewerbebetriebes. Es bedarf nicht einmal einer geschäftlichen Tätigkeit im Rahmen des Betriebszweckes. Ausreichend ist es bereits, wenn eine Struktur gegeben ist, die sich der Arbeitgeber zur Rekrutierung und Führung von Personal geschaffen hat (Mankowski in AR-Blattei, a. a. O, Rn. 262; ähnlich zur fast wortgleichen Regelung im IPR Magnus in Staudinger, Art. 30 EGBGB, Rn. 121: "Es genügt eine ... Zweigstelle, die die Förmlichkeiten des Anstellungsvertrages erledigt.").

Auch dieses - allerdings nicht unumstrittene - Kriterium ergibt sich aus dem Schutzgedanken von Art. 19 EuGVVO. Der Arbeitnehmer sollte durch die Verordnung einen Gerichtsstand bekommen, der ähnlich leicht zugänglich ist, wie der Gerichtsstand des Wohnsitzes bei Verbrauchern und Versicherten. Ausreichend und erforderlich ist also lediglich eine vom Arbeitgeber geschaffene Stelle, an der die Einstellung vollzogen wurde.

b)

Gemessen hieran ist die Klägerin in Rostock eingestellt worden, denn hier hat die Beklagte zu 1 im Auftrag der Beklagten zu 2 Herrn T mit Büro und Assistenz platziert, um das Personal für die neu aufgelegte Fährlinie im Ostseeraum und später für den weiteren Ausbau der Fährlinie zu rekrutieren.

Dass den Beklagten zu 1 und 2 das Personal nach Vorprüfung durch das Unternehmen "Sea Chiefs" angedient wurde, ist unerheblich, denn dieses Unternehmen kann allenfalls als Personalvermittlungsagentur angesehen werden. Die eigentliche Einstellungsentscheidung wurde von Herrn T bzw. in der Anfangszeit 2001 von seinem Vorgänger getroffen. Die Entscheidung fiel in den Büroräumen im Seehafen Rostock, wo sich alle Kläger vorstellen mussten.

Ob die förmliche Vertragsunterzeichnung im Hafen oder auf dem Schiff erfolgte, ist vorliegend nicht entscheidungserheblich. Denn die Auswahl der Arbeitnehmer, das informelle Einvernehmen über die Zusammenarbeit und der förmliche Vertragsabschluss an Bord müssen als einheitlicher Lebenssachverhalt begriffen werden, der an Land begonnen und an Bord geendet hat. Daher ist die Einstellung zumindest auch an Land im Bürogebäude im Seehafen erfolgt.

C.

Das Gericht hat die Revision nach § 72 Abs. 2 Nr.1 ArbGG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Eine Kostenentscheidung für den Berufungsrechtszug ist hier erforderlich, auch wenn das zugrunde liegende Urteil nur ein Zwischenurteil ist und dieses zutreffenderweise ohne Kostenentscheidung ergangen ist. Insoweit ist maßgeblich, dass vorliegend das Rechtsmittel zurückgewiesen wurde; es liegt ein Fall der Kostentrennung vor (BAG, Urteil vom 19.12.1968, 5 AZR 253/68, BAGE 21, 273, 276).

Die Klägerin hat die Kosten des gesamten Rechtsstreits für ihre Klage gegen die Beklagte zu 3 zu tragen, da sie den Rechtsstreit insoweit verloren hat (§ 91 ZPO).

Die Beklagten zu 1 und 2 haben die übrigen Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, da die Einlegung des Rechtsmittels ohne Erfolg war (§ 97 ZPO). Die Beklagten haften als Gesamtschuldner.

Ende der Entscheidung

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