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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Urteil verkündet am 15.07.2009
Aktenzeichen: 2 Sa 44/09
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 280
Einzelfallbezogene Ausführungen zu der Pflicht des Arbeitgebers auf nachteilige Folgen bei dem Bezug von Arbeitslosengeld hinzuweisen.
Tenor:

I. Die Berufung der Klägerin wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Schadensersatz aus einem Aufhebungsvertrag. Hierzu heißt es in dem klageabweisenden Urteil des Arbeitsgerichts Rostock vom 27.10.2008 - 4 Ca 286/08 - unter anderem wie folgt:

Die 1952 geborene, alleinstehende Klägerin war bei der Beklagten seit April 1976 als Teamleiterin beschäftigt. Ihr monatliches durchschnittliches Bruttoentgelt betrug zuletzt 3.250,00 EUR bei einer Wochenstundenzahl von 38. In Ansehung auf einen zu erwartenden Betriebsübergang der Beklagten auf die ... Rostock GmbH wandte sich die Klägerin Ende Februar 2007 an die Beklagte mit der Bitte, einen Auflösungsvertrag mit Abfindung schließen zu wollen. Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang Abfindungsgesuche grundsätzlich unterstützt und bei entsprechender Einigung der Parteien auch erfüllt.

Da die Beklagte mit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses einverstanden war und die entsprechenden Modalitäten besprochen worden sind, hat die Beklagte einen entsprechenden Vertrag ausgefertigt, ihrerseits bereits unterschrieben und am 14.03.2007 mit einem zusätzlich gesonderten Merkblatt für die Klägerin ausgehändigt. Zum Inhalt des Vertrages wird auf die Blätter 4 ff. der Akte verwiesen. Zum Inhalt des Merkblattes wird auf Blatt 70 der Akte verwiesen.

Die Klägerin hat beides am 19.03.2007 unterschrieben an die Beklagte zurückgereicht. Von ihrem geregelten Widerrufsrecht innerhalb von 3 Tagen macht die Klägerin keinen Gebrauch.

Mit der beim Arbeitsgericht Rostock am 05. Februar 2008 eingegangenen Klage begehrt die Klägerin Schadensersatz unter Hinweis auf die Verletzung von Hinweispflichten der Beklagten im Zusammenhang mit dem Abschluss des Aufhebungsvertrages, da ihr von der Bundesagentur für Arbeit eine Ruhenszeit für den Zeitraum vom 01.11.2007 bis zum 27.07.2008 verhängt worden ist.

Das Arbeitsgericht Rostock hat in den Entscheidungsgründen ausgeführt, die Beklagte habe keine die Haftung auslösende Pflichtverletzung im Zusammenhang mit dem Aufhebungsvertrag begangen. Man könne zu Gunsten der Klägerin unterstellen, dass die Initiative zum Abschluss des Aufhebungsvertrages von der Beklagten ausgegangen sei. Die Beklagte habe den Vertrag zuerst unterschrieben und so für die Klägerin keine außergewöhnliche Gefahrenquelle geschaffen. Sie habe die Klägerin ausdrücklich zur diesbezüglichen Beratung unter anderem auch durch die örtliche Agentur für Arbeit hingewiesen. Dies in Verbindung mit der Tatsache, dass der Klägerin eine Überlegungsfrist eingeräumt worden sei, führe nur dazu, dass es bei dem Grundsatz verbleibe, dass jeder Vertragspartner selbst für die Wahrnehmung seiner Interessen zu sorgen habe.

Dieses Urteil ist der Klägerin am 12.02.2009 zugestellt worden. Sie hat dagegen Berufung eingelegt, die am 17.02.2009 beim Landesarbeitsgericht mit Begründung eingegangen ist.

Die Klägerin ist der Auffassung, angesichts der Formulierung des § 143 ...GB III hätten der Beklagten größere Hinweispflichten oblegen. Die Klägerin sei mit den sozialversicherungsrechtlichen Folgen in keiner Weise vertraut gewesen. Hätte die Klägerin gewusst, dass ein Ruhenstatbestand eintrete, hätte sie den Aufhebungsvertrag nicht geschlossen oder sich eine höhere Abfindung auszahlen lassen. Gerade auch auf Grund des tariflichen Sonderkündigungsschutzes hätte die Beklagte die Klägerin besser aufklären müssen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Rostock - 4 Ca 286/08 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 33.600,00 EUR Schadensersatz zu zahlen,

hilfsweise

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die Schäden zu ersetzen, die aus dem geschlossenen Auflösungsvertrag vom 08.03.2007 resultieren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie tritt der angefochtenen Entscheidung bei. Sie ist der Auffassung, die Berufung sei unzulässig, weil sie sich nicht ausreichend mit dem angefochtenen Urteil auseinandersetze. Auch fehle es an der Kausalität des behaupteten Schadens.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig.

Sie setzt sich in ausreichender Weise mit dem angegriffenen Urteil auseinander. Die Klägerin ist der Auffassung, angesichts der Formulierung des § 143 ...GB III hätte die Beklagte die Klägerin ausführlicher auf die Ruhensproblematik hinweisen müssen. Dies ist eine ausreichende Auseinandersetzung mit der erstinstanzlichen Entscheidung, da, wenn diese Überlegung zuträfe, die erstinstanzliche Entscheidung bei Unterstellung einer Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schadenseintritt nicht aufrechtzuerhalten gewesen wäre.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht Rostock hat mit zutreffender Begründung die Klage abgewiesen.

Aus dem Grundsatz von Treu und Glauben können sich Hinweis- und Aufklärungspflichten ergeben. Die vertraglichen Schutz- und Fürsorgepflichten dürfen aber nicht überspannt werden. Jeder Vertragspartner hat grundsätzlich selbst für die Wahrnehmung seiner Interessen zu sorgen. Hinweis- und Aufklärungspflichten beruhen auf den besonderen Umständen des Einzelfalles und sind das Ergebnis einer umfassenden Interessenabwägung (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, so BAG vom 11.12.2001 - 3 AZR 339/00 -).

Diese Grundsätze hat das Arbeitsgericht richtig angewendet. Es hat berücksichtigt, dass die Klägerin, deren Arbeitsverhältnis von einem Betriebsübergang betroffen sein sollte, von selbst auf die Beklagte zugegangen ist und um Abschluss eines Aufhebungsvertrages gebeten hat. Ferner hat es berücksichtigt, dass die Beklagte die Klägerin auf die Information über sozialversicherungsrechtliche Nachteile bei der Bundesagentur für Arbeit hingewiesen hat. Schließlich hat es auch zutreffend berücksichtigt, dass für die Klägerin kein Zeitdruck bestanden hat. Sie hat von der Beklagten ein unterschriebenes Exemplar eines Aufhebungsvertrages ausgehändigt bekommen und hatte ausreichend Zeit, sich die Unterzeichnung zu überlegen und vorher entsprechende Informationen einzuholen. Bei dieser besonderen Sachlage war ein gesonderter Hinweis auf § 143 ...GB III auch nicht erforderlich.

Selbst wenn man hier anderer Auffassung wäre, würde dies an der Unbegründetheit des Anspruches der Klägerin nichts ändern. Würde man eine Pflichtverletzung der Beklagten durch eine unzureichende Information annehmen, so müsste diese Pflichtverletzung für den entstandenden Schaden ursächlich sein. Die Schadensersatzpflicht setzt nämlich voraus, dass der Schaden durch das zum Schadensersatz verpflichtende Ereignis verursacht worden ist. Das Verhalten des Schädigers muss für den Schaden kausal sein. Eine derartige Kausalität ist im vorliegenden Fall nicht gegeben.

Das Gericht geht nach Anhörung der Klägerin davon aus, dass diese den Aufhebungsvertrag auch dann geschlossen hätte, wenn sie von der Beklagten auf den Ruhenstatbestand des § 143 ...GB III hingewiesen worden wäre. Die Klägerin hat erklärt, sie habe sich damals entschlossen, von der Möglichkeit des Überganges des Arbeitsverhältnisses auf einen anderen Arbeitgeber keinen Gebrauch machen zu wollen. Hätte sie von dem Ruhenstatbestand gewusst, hätte sie versucht, eine höhere Abfindung auszuhandeln. Ob sich die Beklagte darauf eingelassen hätte, bleibt im Bereich der Spekulation. Diese Ungewissheit muss sich die Klägerin zurechnen lassen, d...ie die Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen trägt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 97 ZPO.

Zur Zulassung der Revision gem. § 72 Abs. 2 ArbGG bestand kein Anlass.

Ende der Entscheidung

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