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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Urteil verkündet am 14.11.2008
Aktenzeichen: 3 Sa 84/08
Rechtsgebiete: TV-Ärzte


Vorschriften:

TV-Ärzte § 12
Vertreter im Sinne von § 12 Entgeltgruppe Ä 4 TV-Ärzte sind nur solche Verteter, die auch bei Anwesenheit des leitenden Arztes neben diesem Aufgaben wahrnehmen können (Anwesenheitsvertreter). Nicht zu diesen Vertretern zählen die Abwesenheitsvertreter, denen die Vertretung des leitenden Arztes nur bei dessen Abwesenheit obliegt.
Tenor:

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Rostock vom 06.02.2008 - 4 Ca 1262/07 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision gegen diese Entscheidung wird nicht zu gelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die zutreffende Eingruppierung des Klägers.

Der Kläger war bis zum 31.12.2007 bei dem beklagten Land als Oberarzt in der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin/Abteilung Hämatologie und Onkologie arbeitsvertraglich auf der Grundlage des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken vom 30.10.2006 (künftig: TV-Ärzte) tätig.

Mit Schreiben vom 11.06.2007 wurde der Kläger rückwirkend zum 01.07.2006 zum "stellvertretenden Abteilungsleiter" bestellt. In dem benannten Schreiben heißt es - soweit hier von Bedeutung - wie folgt:

"Sehr geehrter Herr Prof. C,

mit Wirkung vom 01.07.2006 übertrage ich Ihnen zunächst für die Dauer von 5 Jahren die Aufgabe des Stellvertretenden Abteilungsleiter in Ihrer Einrichtung.

Die Stellvertretung bezieht sich ausschließlich auf die Dauer der Abwesenheitsvertretung des Abteilungsleiters.

Diese Ernennung begründet nicht die tarifrechtliche Eingruppierung als ständiger Vertreter."

Der Kläger war zuletzt in die Entgeltgruppe Ä 3 Stufe 3 eingruppiert. Mit seiner Klage begehrt er eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe Ä 4 Stufe 3.

Der Kläger hat beantragt,

das beklagte Land zu verurteilen, den Kläger rückwirkend ab dem 1. Juli 2006 in die Entgeltgruppe Ä 4 Stufe 3 des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken (TV-Ärzte) einzustufen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivortrages wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht Rostock hat die Klage abgewiesen und im Wesentlichen argumentiert, der Kläger sei nicht "ständiger Vertreter" im Sinne der Entgeltgruppe Ä 4. Sowohl die Tätigkeitsdarstellung vom 21.08.1995 als auch das Schreiben des beklagten Landes vom 11.06.2007 beinhalte lediglich die Übertragung einer sogenannten "Abwesenheitsvertretung". Diese reiche aber nicht aus, um die tariflichen Anforderungen an einen "ständigen Vertreter" erfüllen zu können.

Gegen diese am 02.06.2008 zugegangene Entscheidung richtet sich die am 07.03.2008 bei dem Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern eingegangene Berufung des Klägers nebst Begründung mit Schriftsatz vom 02.07.2008 (eingegangen bei dem Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern am gleichen Tag).

Der Kläger hält an seiner Rechtsauffassung fest. Die Unterscheidung zwischen "Anwesenheits- und Abwesenheitsvertretung" erschließe sich dem Kläger bereits deshalb nicht, weil eine "Anwesenheitsvertretung" ohnehin ausgeschlossen sei. Der Kläger sei mithin "ständiger Vertreter" des Chefarztes im tariflichen Sinne, und zwar sowohl nach den Vorgaben des TV-Ärzte als auch nach denen des BAT-O. Auch bei Anwesenheit des Chefarztes habe der Kläger sämtliche medizinische und organisatorische Entscheidungen so treffen können, wie sie auch der Chefarzt habe treffen dürfen. Eine Rücksprache sei insoweit nicht notwendig gewesen. Der Kläger habe jederzeit und ohne Einschränkung die gleichen Rechte und Pflichten gehabt, wie sie auch dem Chefarzt zugestanden hätten und er - der Kläger - diese "neben dem Chefarzt" auch ausgeübt habe, und zwar vollzeitig.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichtes Rostock vom 06.02.2008 (Aktenzeichen: 4 Ca 1262/07) aufzuheben und nach dem Klageantrag erster Instanz zu entscheiden.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das beklagte Land verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung. Dem Kläger sei lediglich die Abwesenheitsvertretung, nicht aber die "ständige Vertretung" im Sinne der Entgeltgruppe Ä 4 übertragen worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten im Berufungsrechtszug wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht Rostock hat die Klage mit der angefochtenen Entscheidung rechtsfehlerfrei abgewiesen.

I.

Der Kläger verfügt gegenüber dem beklagten Land nicht über einen Anspruch auf Eingruppierung nach § 12 Entgeltgruppe Ä 4 Stufe 3 TV-Ärzte.

In die benannte Entgeltgruppe ist einzugruppieren die Fachärztin/der Facharzt, der/dem die ständige Vertretung des leitenden Arztes (Chefarzt) vom Arbeitgeber übertragen worden ist. In der entsprechenden Protokollerklärung heißt es wie folgt:

"Ständiger Vertreter ist nur der Arzt, der den leitenden Arzt in der Gesamtheit seiner Dienstaufgaben vertritt. Das Tätigkeitsmerkmal kann daher innerhalb einer Klinik nur von einer Ärztin/einem Arzt erfüllt werden."

Diese Protokollnotiz wiederum ist durch die Tarifvertragsparteien im Wesentlichen wortgleich aus dem BAT/BAT-O (Protokollnotiz Nr. 3 zur Vergütungsgruppe I Fallgruppe 4 der Anlage 1 a zum BAT) übernommen worden.

Da insoweit keine Anhaltspunkte für ein abweichendes Verständnis der benannten Protokollnotizen ersichtlich sind - und von den Parteien im Übrigen auch nicht vorgetragen werden - ist davon auszugehen, dass die Protokollnotiz zur Entgeltgruppe Ä 4 TV-Ärzte im Sinne der Protokollnotiz Nr. 3 zur Vergütungsgruppe I Fallgruppe 4 der Anlage 1 a zum BAT zu verstehen ist. Eine abweichende Auslegung kommt mithin vorliegend nicht in Betracht, so dass auf die diesbezüglich ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung (insbesondere BAG vom 14.08.1991 -4 AZR 25/91-; juris) zurückgegriffen werden kann.

Danach kommt die Bejahung des tariflichen Merkmals des "ständigen Vertreters" nur dann in Betracht, wenn der "ständige Vertreter" die Aufgaben des leitenden Arztes auch bei dessen dienstlicher Anwesenheit vollumfänglich wahrnimmt. Der "ständige Vertreter" muss die Aufgaben neben dem leitenden Arzt zu erledigen haben (BAG vom 14.08.1991, a. a. O.). Lediglich die Übertragung der Abwesenheitsvertretung reicht danach - offensichtlich entgegen der Auffassung des Klägers - eben gerade nicht aus.

Gemessen an den genannten Voraussetzungen muss die Klage ohne Erfolg bleiben.

Denn zwischen den Parteien ist unstreitig, dass dem Kläger sowohl nach der Tätigkeitsdarstellung vom 21.08.1995 als auch auf der Grundlage des Schreibens des beklagten Landes vom 11.06.2007 - ausdrücklich - die "Abwesenheitsvertretung" übertragen worden war.

Dieser Umstand ist durch den Kläger auch weder erstinstanzlich noch in der Berufungsbegründung in Abrede gestellt worden. Soweit der Kläger erstmals in der Berufungsinstanz mit Schriftsatz vom 11.09.2008 vorträgt, er habe auch im Falle der Anwesenheit des Chefarztes in sämtlichen organisatorischen und medizinischen Angelegenheiten - neben dem Chefarzt - die identischen Entscheidungskompetenzen inne gehabt, so ist dieser Vortrag unbeachtlich. Zum einen sind die benannten Angaben zu pauschal, um daraus eine "ständige Vertretung" im tariflichen Sinne schließen zu können, was zu Lasten des insoweit darlegungs- und beweispflichten Klägers geht.

Zum anderen trägt auch der Kläger nicht vor, dass ihm - anders als nach dem Wortlaut des Schreibens des beklagten Landes vom 11.06.2007 - der von ihm angegebene Aufgabenumfang im Fall der Anwesenheit des Chefarztes durch die Klinikumsleitung des beklagten Landes und gegebenenfalls zu welchem Zeitpunkt übertragen worden sein soll.

Lediglich rein vorsorglich sei in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass gegebenenfalls eine Billigung des leitenden Arztes im Sinne der Duldung der Ausführung von Tätigkeiten eines "ständigen Vertreters" im tariflichen Sinn durch den Vertreter nicht als ausreichend erachtet werden kann, sondern vielmehr die Übertragung entsprechender Tätigkeiten durch das jeweilige vertretungsberechtigte Organ auf Arbeitgeberseite erforderlich ist (BAG vom 14.08.1991, a. a. O.).

Nach alledem ist wie erkannt zu entscheiden.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Revisionszulassungsgründe im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht ersichtlich.

Diese Entscheidung befindet sich im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BAG vom 14.08.1991, a. a. O.).

Ende der Entscheidung

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