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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Urteil verkündet am 06.11.2007
Aktenzeichen: 5 Sa 164/07
Rechtsgebiete: BGB, KSchG


Vorschriften:

BGB § 613a
KSchG § 1
Wird ein Pachtverhältnis über eine Gaststätte aufgehoben und der Gaststättenbetrieb anschließend mit nur einem Tag Unterbrechung von einem neuen Pächter fortgesetzt, liegt jedenfalls dann ein Betriebsübergang nach § 613a BGB vor, wenn der neue Pächter denselben Kundenkreis wie der alte Pächter ansprechen will. Davon ist auszugehen, wenn das Speisenangebot nach Auswahl und Preisniveau gleich bleibt und auch die Einrichtung der Gasträume ihren Charakter (hier: mittelalterliche Burgatmosphäre) behält. Der hier vorgenommene Wechsel des Chefkochs kann nur dann ein Indiz gegen den Betriebsübergang sein, wenn die Qualität und die Fähigkeiten des Chefkochs bei der Vermarktung der Gaststätte eine herausgehobene Rolle spielt. Die Anstellung eines neuen Chefkochs spricht jedenfalls dann nicht gegen einen Betriebsübergang, wenn - wie hier - die Gaststätte von der Nähe zu einer regional und überregional bekannten Sehenswürdigkeit lebt und auch darauf eingerichtet ist, mit Bussen reisende Touristen zu verköstigen.
Tenor:

1. Die Berufung wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darum, ob zwischen ihnen durch Betriebsübergang im Sinne von § 613 a BGB ein Arbeitsverhältnis entstanden ist.

Die Klägerin war Arbeitnehmerin der D W & Sohn Gastronomie OHG (Streithelferin). Die Klägerin war als Restaurantfachfrau eingesetzt in dem Burggasthof "Zur Alten Münze" in Burg Stargard. Die Streithelferin war Pächterin des Gasthofes. Sie hat das Pachtverhältnis zum 29.06.2006 beendet. Mit Wirkung ab 30.06.2006 ist die Park Hotel Fasanerie KG (im Folgenden nur KG) mit Sitz in Neustrelitz in den Pachtvertrag mit der Eigentümerin eingetreten.

Wegen eines gesellschafterinternen Streites innerhalb der KG hat der Beklagte, ehemals Mitgesellschafter der KG, seit dem 15.09.2006 das Pachtverhältnis übernommen und betreibt seit diesem Zeitpunkt den Burggasthof.

Die Klägerin war während der streitigen Vorgänge im Juni 2006 und September 2006 wegen eines Beschäftigungsverbotes während der Schwangerschaft von der Pflicht zur Arbeitsleistung befreit. Nach vergeblicher außergerichtlicher Geltendmachung verfolgt sie nunmehr gerichtlich die Feststellung, dass zwischen den Parteien des Rechtsstreites wegen der beiden Betriebsübergänge ein Arbeitsverhältnis besteht.

Der Beklagte leugnet dies. Während der Betriebsübergang von der KG auf den Beklagten außer Streit steht, sieht der Beklagten in den Ereignissen Ende Juni 2006 keinen Betriebsübergang.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 09.05.2007 zu Gunsten der Klägerin in der Hauptsache wie folgt entschieden:

"Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis auf der Basis des Arbeitsvertrages der Klägerin und der Firma D W & Sohn Gastronomiebetrieb OHG vom 7. September 2001 besteht."

Auf dieses Urteil wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz Bezug genommen.

Das Urteil ist dem Beklagten am 28.06.2007 zugestellt worden. Die hiergegen gerichtete Berufung vom 15.06.2007, Gerichtseingang hier am selben Tag, ist mit Schriftsatz vom 25.07.2007, Gerichtseingang hier am 08.08.2007, begründet worden.

Der Beklagte meint, ein Betriebsübergang scheide schon deshalb aus, weil es zwischen ihm bzw. der KG und dem Streithelfer keine rechtsgeschäftliche Beziehung gegeben habe.

Außerdem geht der Beklagte davon aus, dass die Identität des Betriebes durch den Pächterwechsel verloren gegangen sei. Dies zeige sich schon daran, dass die KG einen eigenen Koch mit gebracht habe und der alte Koch nicht übernommen worden sei.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichtes Neubrandenburg abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Streithelfer hat sich im Berufungsrechtszug nicht beteiligt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die überreichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Zutreffend hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass zwischen den Parteien auf Grund § 613 a BGB ein Arbeitsverhältnis entstanden ist. Auf die durchweg zutreffenden Ausführungen wird ausdrücklich Bezug genommen.

Das Berufungsvorbringen rechtfertigt eine andere Entscheidung nicht.

Es ist seit langem anerkannt, dass ein Betriebsübergang nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass es zwischen dem bisherigen und dem neuen Betriebsinhaber keine direkten rechtsgeschäftlichen Absprachen gegeben hat. Ausreichend ist vielmehr, dass es überhaupt ein oder mehrere Rechtsgeschäfte gibt, die im Ergebnis dazu führen, dass der Betriebserwerber in der Lage ist, die Leitungsmacht über den Betrieb auszuüben. Das ist bei Auflösung eines Pachtverhältnisses über ein Geschäftslokal und Neubegründung eines anderen Pachtverhältnisses über dasselbe Lokal mit einem neuen Pächter regelmäßig der Fall (BAG 25.02.1981 AP Nr. 24 zu § 613 a BGB; ErfK-Preis § 613 a BGB Rn. 60).

Das Pachtobjekt als die Basis der wirtschaftlichen Einheit hat sich durch den Pächterwechsel auch nicht in seiner Identität verändert. Das hat bereits das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt. Der Burggasthof hat sowohl seinen Namen beibehalten wie auch seine beim Publikum eingeführte Telefonnummer. Das Lokal hat auch sein besonderes Ambiente (mittelalterliche Ausstattung) und die dazu angepasste Speisekarte beibehalten. Die Unterbrechung des regulären Geschäftsbetriebes für einen Tag Ende Juni 2006 ist bedeutungslos.

Dass der Beklagte bzw. die KG einen eigenen Koch mit gebracht hat, ändert an den Umständen nichts. Das Bundesarbeitsgericht hat zwar in seiner Entscheidung vom 11.09.1997 (8 AZR 555/95, BAGE 86, 271 = AP Nr. 16 zu EWG-Richtlinie 77/187 = NZA 1998, 31) einen Betriebsübergang bei einem Pächterwechsel bei einem Gastronomieobjekt unter anderem mit dem Hinweis auf die neue Küchenleitung abgelehnt. Der vom Bundesarbeitsgericht entschiedene Fall kann mit dem vorliegenden Fall jedoch nicht verglichen werden. Eine eigenständige Bedeutung kann der Wechsel des Chefkochs im Restaurant allenfalls dann haben, wenn es sich um ein Restaurant handelt, dessen Außenwirkung auf dem Image und Namen des Chefkochs aufbaut. Handelt es sich jedoch wie hier um ein Lokal, das mit gutbürgerlicher Küche wirbt und ein Standbein in der Verköstigung von Reisegruppen hat, die mit Bussen anreisen, tritt die Bedeutung des Kochs für die Identität der wirtschaftlichen Einheit zurück.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte, da das Rechtsmittel keinen Erfolg hatte (§ 97 ZPO).

Zur Zulassung der Revision besteht kein Anlass. Daher ist ein Rechtsmittel gegen die vorliegende Entscheidung nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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