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Gericht: Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Urteil verkündet am 19.02.2008
Aktenzeichen: 5 Sa 217/07
Rechtsgebiete: BGB, StGB


Vorschriften:

BGB § 626
StGB § 267
1. Stellt ein Arbeitnehmer aus einer vorhandenen Rechnung mit Kopfbogen des Arbeitgebers als erstem Blatt und Unterschrift der Arbeitnehmer, die zur Rechnungslegung befugt sind, auf dem letzten Blatt eine neue Rechnung her, indem er die Blätter zwischen dem ersten und dem letzten Blatt austauscht, und reicht er diese im Zahlenwerk veränderte Rechnung an den Kunden aus, begeht er eine Urkundenfälschung im Sinne von § 267 StGB. Dieses Vergehen ist an sich geeignet eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen.

2. War der betreffende Arbeitnehmer jahrzehntelang als Meister gewerblich ohne kaufmännische Verantwortung tätig und wird er dann auf einen Arbeitsplatz als Kundenbetreuer Anschlusswesen mit kaufmännischer Mitverantwortung ohne eine systematische berufsbegleitende Weiterbildung versetzt, muss der Arbeitgeber damit rechnen, dass dem Arbeitnehmer die strafrechtlichen Grenzen im Umgang mit Geschäftsunterlagen nicht im Einzelnen bekannt sind. Begeht der Arbeitnehmer die Urkundenfälschung innerhalb des Einarbeitungszeitraums, den beide Seiten wegen der fehlenden Vorbildung des Arbeitnehmers schon sehr weiträumig bemessen haben, so kann im Einzelfall das Vergehen des Arbeitnehmers noch als ein Einarbeitungsversagen angesehen werden, mit dem die Vertragsparteien bei der Entscheidung gegen eine systematische Weiterbildung und für den Erwerb der Kenntnisse im Rahmen der praktischen Ausübung der Tätigkeit rechnen mussten.

3. In einem solchen Falle muss der Arbeitgeber bei einem Arbeitnehmer mit einer über 30jährigen Zugehörigkeit zum Unternehmen bzw. Konzern eine gewisse Prognoseunsicherheit hinsichtlich der zukünftigen Führung des Arbeitnehmers hinnehmen und statt einer Kündigung zunächst eine Abmahnung aussprechen.


Tenor:

1. Die Berufung wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer verhaltensbedingten ordentlichen Kündigung wegen Schlechtleitstung des Klägers und um Weiterbeschäftigung.

Der am 03.07.1955 geborene Kläger ist verheiratet und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet. Der Kläger ist seit 1976 im Bereich der Beklagten bzw. der Vorgänger der Beklagten tätig. Der Kläger ist Meister für die Gewerke Heizungs-, Lüftungs- und Sanitärtechnik und war lange Jahre ausbildungsgerecht im Bereich der Fernwärme in Neubrandenburg eingesetzt. Sein Arbeitsplatz dort ist bereits seit längerem wegrationalisiert. Nach einer Zwischenstation in einem weiteren zur Unternehmensfamilie gehörenden Unternehmen ist der Kläger seit 01.11.2004 als "Fachbearbeiter Anschlusswesen" tätig. Seit Februar 2006 übt er diese Funktion von seinem Arbeitsplatz im Kundenbüro der Beklagten aus. Der Kläger ist 40 Stunden in der Woche vollbeschäftigt und erzielt aus seiner Tätigkeit eine monatliche Bruttovergütung in Höhe von 2.680,00 .

Die Beklagte ist ein privatrechtlich organisiertes kommunales Versorgungsunternehmen, dessen Alleingesellschafterin die Stadt Neubrandenburg ist. Sie erbringt Dienstleistungen zur Versorgung der Bevölkerung, des Handels, des Gewerbes, der Industrie, der Landwirtschaft und der öffentlichen Einrichtungen mit Elektroenergie, Fernwärme, Gas, Trink- und Brauchwasser sowie Telekommunikation.

Die "Fachbearbeiter Anschlusswesen" der Beklagten werden tätig, wenn (potentielle) Kunden die üblichen Hausanschlüsse für Gebäude auf ihren Grundstücken realisieren wollen. Kommt ein Kunde mit einem entsprechenden Wunsch, ist es die Aufgabe des Klägers, im Gespräch mit dem Kunden und durch Besichtigung der Örtlichkeiten festzustellen, was der Kunde genau will und welcher Aufwand damit verbunden ist. Damit er dem Kunden während des Ortstermins konkrete Angaben zu bereits verlegten Leitungen und zu den möglichen Anschlusspunkten machen kann, ist der Kläger verpflichtet, im Vorfeld zu dem Ortstermin die bei der Beklagten vorhandenen Planungsunterlagen der verschiedenen Versorgungsabteilungen (Gas, Wasser, Strom etc.) einzusehen.

Hat der Kunde im Ergebnis des Ortstermins Interesse an dem Hausanschluss, ist es Aufgabe des Klägers, genaue Absprachen zu dem gewünschten häuslichen Anschlusspunkt zu treffen und bei Bedarf ein Aufmaß zu nehmen und dessen Ergebnis in einer Skizze festzuhalten. Die Skizze ist zur Absicherung gegenüber dem Kunden von diesem gegenzuzeichnen. Sie dient alsdann sowohl als Basis für die Erstellung des konkreten schriftlichen Angebotes für den Kunden, die ebenfalls dem Kläger obliegt, als auch als Orientierung bei der späteren Realisierung der Baumaßnahme vor Ort.

Dem Kläger sind seit der Übernahme dieses Dienstpostens im Februar 2004 mehrfach Fehler, auch Fehler mit nicht unbedeutenden wirtschaftlichen Folgen, unterlaufen. Zusätzlich soll er bei einem Bauvorhaben (P) vorsätzlich versucht haben, seine Fehler zu vertuschen.

Unter Einschluss von drei abgemahnten Vorfällen aus dem Jahre 2005 gibt es insgesamt fünf Vorfälle, die dem Kläger zur Last gelegt werden. Wegen der Einzelheiten wird auf die umfassenden Feststellungen in dem arbeitsgerichtlichen Urteil Bezug genommen.

Im Januar 2005 ging es um Hausanschlüsse für die Gaststätte "Blauer Peter". Hier ist der Kläger von einem Hausanschlusspunkt für den Wasseranschluss ausgegangen, der eine 30 m längere Zuleitung erfordert hätte, als der später auf Intervention des Kunden tatsächlich realisierte Hausanschluss. Durch Bau und Rückbau der zu langen Leitung ist der Beklagten ein Schaden in Höhe von rund 1.500,00 entstanden. Erst im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger dargelegt, dass der von ihm zu Grunde gelegte Anschlusspunkt auf einen Wunsch des Kunden zurückgeht, den dieser im Beisein mehrerer Zeugen geäußert hatte. Da dieser Hinweis erst im Rechtsstreit erfolgt ist, war es nicht möglich zeitnah Regress beim Kunden zu nehmen.

In dem Baugebiet "In der Schlehenhecke", das von der ZEWO Komplexbau realisiert wurde, sollte eine "Vorverlegung" der Hausanschlussleitungen von der öffentlichen Straße auf die privaten Grundstücke, die aber überwiegend oder sogar vollständig noch nicht bebaut waren, vorgenommen werden, damit die Straßenoberfläche hergestellt werden kann und spätere Öffnungen der Decke ausgeschlossen werden. Zur Orientierung stand dem Kläger ein Lageplan und eine fixe Fluchtlinie im Feld zur Verfügung und er sollte daraus die exakte Lage der Vorverlegungspunkte ermitteln. Da der Kläger irrtümlich davon ausgegangen war, dass der Lageplan sowohl maßstabsgetreu als auch winkeltreu sei, waren einige Vorverlegungen später nicht zu gebrauchen, da sie nicht zu den richtigen Grundstücken führten. Der von der Beklagten getragene Schaden beläuft sich auf ca. 1.200,00 .

Der dritte abgemahnte Vorfall aus dem Jahre 2005 betrifft den Kunden Steffens. Hier hat der Kläger zu dem Ortstermin keine Planunterlagen dabei gehabt, so dass der Anschlusspunkt für den gewünschten Trinkwasseranschluss im öffentlichen Straßenraum nicht exakt bestimmt werden konnte. Außerdem hat der Kunde später den vom Kläger realisierten Hausanschlusspunkt als nicht der Absprache gemäß zurückgewiesen. Dem Kunden konnte man nicht an der vom Kläger vor Ort aufgenommenen und vom Kunden gegengezeichneten Skizze festhalten, da der Kläger dort - so die Beklagte - erst nachträglich die Längenangaben eingetragen habe.

Die beiden weiteren Vorfälle ereigneten sich im Jahre 2006 und sie waren Anlass für die streitgegenständliche Kündigung.

Beim Bauvorhaben Kowalak wird dem Kläger vorgeworfen, er hätte den Bauwasseranschluss (der später auch für den Hausanschluss genutzt werden sollte) neu auf die Trinkwasserleitung aufbinden lassen, obwohl es bereits eine Vorverlegung gegeben habe. Aus hygienischen Gründen sah sich die Beklagte veranlasst, später die Vorverlegung zurückzubauen, wodurch ihr ein Schaden in Höhe von etwa 700,00 entstanden ist. Der Kläger hat sich mit dem Argument verteidigt, die Vorverlegung sei unbrauchbar gewesen, da sie auf dem Nachbargrundstück des Kunden geendet hätte.

Die weitestgehenden Vorwürfe verbinden sich mit dem Bauvorhaben P. Der Kläger hat für den Kunden ein detailliertes Angebot über die Hausanschlüsse Strom, Wasser und Kabelfernsehen erteilt. Auf dieser Basis ist es dann zum Vertragsabschluss mit dem Kunden gekommen. Operativ hat der Kunde dann jedoch Teilleistungen aus dem Vertrag selbst erbracht. Außerdem wurden einzelne Leistungen überflüssig, da ein vom einem Tiefbauer gezogener Graben für die Leitungen verwendet werden konnte. Solche Leistungsänderungen gehören zum Tagesgeschäft und werden von der Beklagten nicht zuletzt im Interesse eines guten Verhältnisses zu den Kunden akzeptiert. Nach Abschluss der Arbeiten hat der Kläger zunächst für die kaufmännischen Mitarbeiter im Kundenzentrum eine Rechnung über die volle Leistung laut Angebot vorbereitet, die dann auch so dem Kunden übermittelt wurde.

Auf Intervention des Kunden wurde die Rechnung vom Kläger nach unten korrigiert und abermals über die kaufmännischen Mitarbeiter dem Kunden vorgelegt. Auch diese zweite Rechnung hat der Kunde zurückgewiesen.

Die dritte Rechnung, die der Kunde dann auch bezahlte, ließ der Kläger nicht über die kaufmännischen Mitarbeiter im Kundenzentrum laufen. Vielmehr nahm er die zweite zurückgewiesene Rechnung, tauschte das Rechenwerk aus und fügte dann die Mantelblätter mit dem Kopfbogen der Beklagten vorne und hinten mit den Unterschriften der kaufmännischen Mitarbeiter wieder so zusammen, dass der Eindruck einer durch die kaufmännischen Mitarbeiter der Beklagten gestellten Rechnung entstand.

Bei dem Rechnungsposten, der zuletzt noch im Streit war, und den der Kläger in der dritten Rechnung hat fallen lassen, handelt es sich um das "Absanden" der verlegten Stromleitung und um die Verlegung des Warnbandes auf dem Sand. Wer letztlich diese Teilleistung erbracht hat, konnte nicht aufgeklärt werden. Jedenfalls darf diese Leistung eigentlich nur von einem Fachunternehmen des Elektrohandwerkes erbracht werden. Ein solches hatte die Beklagte auch zur Erfüllung des Auftrages gegenüber dem Kunden eingeschaltet.

Die Beklagte beziffert den Vermögensschaden aus der eigenen Rechnungslegung des Klägers auf zwischen 140,00 und 180,00 .

Nach Anhörung des Klägers und nach Beteiligung des Betriebsrates hat die Beklagte die streitgegenständliche ordentliche verhaltensbedingte Kündigung vom 28.12.2006 zum 31.07.2007 ausgesprochen. Der Kläger hat diese Kündigung mit der am 16.01.2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage angegriffen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 02.08.2007 im vollen Umfang stattgegeben und in der Hauptsache wie folgt tenoriert:

1.

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 28.12.2006 nicht zum 31.07.2007 aufgelöst wird.

2.

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger über den 31.07.2007 hinaus als Fachbearbeiter Anschlussservice zu einem monatlichen Bruttoentgelt von 2.680,00 bei 40 Stunden wöchentlich weiterzubeschäftigen.

Auf dieses Urteil, das der Beklagten am 06.08.2007 zugestellt wurde, wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Arbeitsgericht Bezug genommen.

Mit der rechtzeitig eingelegten und rechtzeitig begründeten Berufung verfolgt die Beklagte das Ziel der Klagabweisung.

Sie wirft dem Kläger Unzuverlässigkeit in der Leistungserbringung vor sowie "Preismanipulation" durch das Erstellen der dritten Rechnung gegenüber dem Kunden P.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils

die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die überreichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die dem Streitgegenstand nach ohne weiteres statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

1.

Zutreffend hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass der Kündigung die soziale Rechtfertigung im Sinne von § 1 KSchG fehlt. Auf die zutreffenden Ausführungen wird Bezug genommen. Sie sind wie folgt zu ergänzen.

a)

Die Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben Kowalak können die Kündigung nicht sozial rechtfertigen. Dazu bedarf es keiner Beweiserhebung. Denn die Beklagte hat sich nicht mit der klägerischen Behauptung auseinandergesetzt, die Vorverlegung sei unbrauchbar gewesen, da sie nicht auf dem Grundstück des Kunden geendet habe. Die Beklagte hatte Anlass, sich damit auseinanderzusetzen, denn je nach Lage des Einzelfalles hätte dies zwingend die Erstellung einer neuen Zuleitung erforderlich gemacht.

Zudem ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger zu diesem Bauvorhaben zusätzlich behauptet hat, er hätte den Auftrag für die neue Zuleitung nicht erteilt und er sei auch nicht der verantwortliche Fachbearbeiter für dieses Bauvorhaben gewesen. Auch mit diesem Argument hat sich die Beklagte nicht substantiiert auseinandergesetzt.

Daher kann es offen bleiben, ob die Probleme beim Bauvorhaben Kowalak und die abgemahnten Verstöße zusammen den Schluss gerechtfertigt hätten, der Kläger arbeitet schludrig und sei daher auf dem Dienstposten nicht zu gebrauchen.

Dazu möchte das Gericht lediglich anmerken, dass auf Grund der mündlichen Verhandlung hier der Eindruck entstanden ist, dass der Kläger derzeit mit der ihm übertragenen Aufgaben überfordert ist. Dabei muss aber beachtet werden, dass die ihm übertragene Tätigkeit dem Anforderungsprofil nach eher eine Technikertätigkeit als eine Meistertätigkeit darstellt. Außerdem muss aus dem beruflichen Werdegang des Klägers beachtet werden, dass er mit seiner Tätigkeit im Gebiet Fernwärme an einer Hochtechnologie mitgearbeitet hat, die nur mit einer ingenieurmäßig durchgeplanten arbeitsteiligen Organisation funktioniert. Während er also dort einen wohldefinierten Arbeitsplatz hatte, der ganz sicher keine kaufmännische Mitverantwortung umfasste und wahrscheinlich auch keine technische Mitverantwortung, muss er an seinem neuen Arbeitsplatz sowohl ein erhebliches Maß an technischem Verständnis mitbringen als auch kaufmännische Gesichtspunkte mitberücksichtigen. Darauf ist der Kläger nicht ausreichend vorbereitet.

Die im Arbeitsverhältnis aufgetretenen Probleme sind ihrer Natur nach daher personenbedingt und könnten eine Kündigung allenfalls dann rechtfertigen, wenn die Beklagte nachweisen könnte, dass sie alles ihr Zumutbare unternommen hat, um den Kläger für seine derzeitige Aufgabe fit zu machen, und es dennoch bei der auffälligen Fehlerquote in der Arbeitsleistung des Klägers verbleibt. Diesen Nachweis ist die Beklagte schuldig geblieben.

b)

Das klägerische Fehlverhalten beim Bauvorhaben P ist zwar gravierend und schwer. Angesichts der besonderen Umstände des Einzelfalles kann dieses Fehlverhalten die Kündigung jedoch nicht begründen.

aa)

Zunächst ist hervorzuheben, dass der Vortrag der Beklagten nicht den Schluss zulässt, der Kläger hätte die Beklagte dadurch betrogen, dass er wider besseres Wissen einen Preisnachlass für das Absanden und Warnbandverlegen durch den Kunden gemacht hat, obwohl dieser diese Leistung nicht erbracht hat.

Im Gegenteil, die Lebenserfahrung spricht viel eher dafür, dass diese Leistung tatsächlich vom Kunden erbracht wurde, da es sich um eine Leistung handelt, die sich fast jeder Bauherr zutrauen würde. Zudem muss beachtet werden, dass der Kunde P angeblich selbst schon im Elektrohandwerk tätig war.

Damit ist der Vorwurf, der allerdings so von der Beklagten nie ausdrücklich erhoben wurde, der Kläger hätte ihr Vermögen betrügerisch gemindert, nicht zu erheben.

bb)

Aber selbst dann, wenn der Kläger den Preisnachlass wegen der Eigenleistung des Kunden beim Absanden und dem Verlegen des Warnbandes zu Recht eingeräumt haben sollte, verbleibt eine erhebliche Pflichtverletzung des Klägers, die - wenn sie zuvor bereits abgemahnt gewesen wäre - erhebliche Zweifel an seiner Eignung für diesen Dienstposten aufkommen lassen müsste.

Dabei lässt das Gericht noch unbeachtet, dass der Kläger die streitige Eigenleistung des Kunden gar nicht hätte zulassen dürfen, denn auch insoweit wirkt sich zu Gunsten des Klägers aus, dass die Beklagte die Details des Vorfalles nicht aufgeklärt hat, und daher dem Kläger kein konkreter Vorwurf gemacht werden kann. Insbesondere hätte dazu eine weitere Beleuchtung der Rolle gehört, die der Elektrohandwerker bei der Delegierung dieser Aufgabe auf den Kunden gespielt hat.

Der Kläger hat jedoch dadurch eine sehr schwere Pflichtverletzung begangen, dass er die dritte Rechnung aus der zweiten Rechnung hergestellt hat und so im Rechtsverkehr den Eindruck vermittelt hat, als sei die dritte Rechnung ordnungsgemäß von den Personen, deren Unterschrift auf der letzten Seite ausgewiesen ist, gestellt worden. Damit hat der Kläger eine Urkundenfälschung im strafrechtlichen Sinne begangen.

Bei der Bewertung dieses Fehlverhaltens muss zunächst hervorgehoben werden, dass die Urkundenfälschung nicht zur Sicherung des Vermögens des Arbeitgebers unter Strafe steht, sondern wegen des Interesses der Allgemeinheit an der Sicherheit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs. Gleichwohl hat die Urkundenfälschung erhebliche betriebliche Auswirkungen gehabt. Denn der Kläger hat damit in die Geschäftsabläufe bei der Beklagten eingegriffen und hat sich eine kaufmännische Entscheidungskompetenz angemaßt, die ihm nicht zusteht. Dies wiegt vorliegend besonders schwer, da die dritte vom Kläger manipulierte Rechnung auf Mengen- und Massenangaben beruht, deren fehlender Realitätsgehalt all zu offensichtlich ist. Es hätte daher eine hohe Wahrscheinlichkeit bestanden, dass die abermals korrigierte Rechnung, hätte sie der Kläger ordnungsgemäß den kaufmännischen Mitarbeitern vorgelegt, dort gestoppt worden wäre.

Bei der Bewertung des Fehlverhaltens muss aber auch zu Gunsten des Klägers beachtet werden, dass ihm die strafrechtliche Bedeutung seines Tuns offensichtlich nicht bewusst war. Das beseitigt zwar nicht die Strafbarkeit seines Handels, eröffnet jedoch die Chance auf eine Besserung in der Zukunft. Das Gericht hat den Kläger als eine Person erlebt, die im Regelfall versucht, den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen. So auch hier. Der Kläger meinte, mit der manipulierten Rechnung könnte er alle Probleme aus der Welt schaffen und hat dabei offensichtlich nicht mit dem "Widerstand" gerechnet, den er dadurch auslösen würde. Der Kläger hat aber aus diesem Rechtsstreit gelernt, so dass er bei seiner zukünftigen Kalkulation des Weges des geringsten Widerstandes wohl nie wieder zum Mittel der Rechnungsmanipulation greifen wird.

Im Weiteren darf bei der Bewertung nicht außer Acht gelassen werden, dass der Kläger dazu behauptet hat, eine Kollegin aus dem Kundenbüro habe ihm erklärt, das Austauschen des Preisblattes einer Rechnung sei gegebenenfalls möglich. Diese Behauptung konnte ihm nicht widerlegt werden und ihm muss daher zu Gute gehalten werden, dass die an sich einfachen Maßstäbe von "richtig" und "falsch" dadurch eingetrübt wurden.

Die Kündigung verbietet sich jedoch trotz des verbleibenden erheblichen Gewichts der Pflichtverletzung im Hinblick auf die über 30jährige Zusammenarbeit der Parteien. Angesichts dieses besonderen Umstandes ist es der Beklagten zuzumuten, den aufgetretenen Fehler noch unter dem Konto "Einarbeitungsfehler" zu verbuchen; es ist ihr zuzumuten, dem Kläger erstmals oder wiederholt - Einzelheiten konnten nicht aufgeklärt werden - in die Bedeutung der Arbeitsabläufe einzuweisen, um zukünftige Wiederholungen des Verhaltens des Klägers zu vermeiden. Bei dieser Bewertung knüpft das Gericht ganz bewusst auch an die von der Beklagten nicht substantiiert bestrittenen klägerischen Behauptung an, ihm sei bei Aufnahme der Arbeit im Februar 2004 von Herrn Sch zugesichert worden, seine Einarbeitungszeit werde drei Jahre lang andauern.

Für sein zukünftiges Verhalten sollte sich der Kläger jedoch vor Augen führen, dass jegliche Wiederholung eines solchen Vorfalles notwendig die Kündigung nach sich ziehen würde. Dies wäre dann eine Kündigung die mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen würde, da die hier ausgesprochene Kündigung der Beklagten und vor allen Dingen das vorliegende Urteil einer Abmahnung der unterlaufenen Pflichtwidrigkeiten gleichsteht.

2.

Da der Kläger mit dem Kündigungsschutzantrag obsiegt hat, ist auch der Weiterbeschäftigungsanspruch begründet. Spezielle Berufungsangriffe hiergegen sind nicht vorgetragen.

3.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, da das Rechtsmittel ohne Erfolg geblieben ist (§ 97 ZPO).

Zur Zulassung der Revision besteht kein Anlass.

Ende der Entscheidung

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