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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Urteil verkündet am 05.08.2008
Aktenzeichen: 5 Sa 37/08
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 1 Abs 3
Die Sozialauswahl bei der betriebsbedingten Kündigung nach § 1 Absatz 3 KSchG bezieht sich nur auf Arbeitnehmerinnen, die auf der derselben betrieblichen Hierarchieebene stehen, wie die Arbeitnehmerin, deren Arbeitsplatz in Wegfall geraten ist. Fällt auf der Ebene der stellvertretenen Filialleiterinnen in einer Einzelhandelskette ein Arbeitsplatz weg, ist daher die Sozialauswahl weder auf die Filialleiterinnen zu erstrecken noch auf die Kolleginnen, die als Verkäuferinnen in den Ladenlokalen beschäftigt sind.
Tenor:

1. Die Berufung wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die soziale Rechtfertigung der betriebsbedingten Kündigung vom 14. Mai 2007 und um Weiterbeschäftigung.

Die Klägerin ist seit November 1995 bei der Beklagten tätig. Lange Jahre war sie dort Verkäuferin, seit April 2006 ist sie stellvertretende Filialleiterin.

Die Beklagte ist Einzelhändlerin mit Textilwaren. In Schwerin hatte sie bis Ende 2006 drei Verkaufslokale. In Abhängigkeit von den Umsätzen gibt es in den umsatzstarken Verkaufslokalen der Beklagten die Position einer stellvertretenden Filialleiterin. In Schwerin erreichen bzw. erreichten das Verkaufslokal im Schlossparkcenter und dasjenige auf der Mecklenburg Straße den erforderlichen Umsatz. Demnach gab es für den Bereich Schwerin zwei Arbeitsplätze für stellvertretende Filialleiterinnen.

Die Beklagte hat sich entschlossen, das Geschäftslokal in der Mecklenburg Straße zum Ende Dezember 2006 aufzugeben. In diesem Lokal war die Klägerin seit April 2006 als stellvertretende Filialleiterin tätig.

Die Aufgabe des Geschäftslokals hatte nicht die Kündigung der Klägerin zufolge, da die weitere stellvertretende Filialleiterin aus dem Geschäftslokal im Schlossparkcenter sich seit mehr als einem Jahr in Elternzeit befunden hatte und daher die Klägerin auf deren Stelle weiterbeschäftigt werden konnte. Die Kollegin der Klägerin, die ebenfalls stellvertretende Filialleiterin ist, hat ihre Rückkehr ins Arbeitsverhältnis für August 2007 angekündigt. Nach Abwägung der sozialen Belange hat die Beklagte der Klägerin die streitgegenständliche Kündigung vom 14.05.2007 zum 31.08.2007 ausgesprochen. Vor Ausspruch der Kündigung hatte die Beklagte angeboten, die Klägerin in Lübeck oder Hamburg weiter einzusetzen. Das hat die Klägerin abgelehnt.

Die rechtzeitig eingereichte Kündigungsschutzklage hat das Arbeitsgericht Schwerin mit Urteil vom 22.11.2007 zurückgewiesen. Auf dieses Urteil wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Arbeitsgericht Bezug genommen.

Das Urteil ist der Klägerin am 18.01.2008 zugestellt worden. Die hiergegen gerichtete Berufung vom 01.02.2008 ist hier am selben Tag per Fax eingegangen. Sie ist mit Schriftsatz vom 18.03.2008, Gerichtseingang per Fax am selben Tag, begründet worden.

Die Klägerin verfolgt das ursprüngliche Klageziel im vollen Umfang weiter.

Die Klägerin meint, der Wegfall ihres Arbeitsplatzes sei nicht ausreichend nachgewiesen. Zum einen bestreitet die Klägerin, dass von den verbleibenden zwei Filialen in Schwerin nur eine so umsatzstark sei, dass dort eine Position einer stellvertretenden Filialleiterin eingerichtet werden könne. Die Zweifel ergeben sich für die Klägerin daraus, dass - so ihre Behauptung - im Jahre 2007 die komplette Verkaufsmannschaft aus der Filiale im Schlossparkcenter in die weitere Filiale im Sieben-Seen-Center gewechselt sei. Außerdem weist die Klägerin besonders darauf hin, dass die andere stellvertretende Filialleiterin bereits schon weit mehr als ein Jahr in Elternzeit geweilt habe, als man der Klägerin die Stelle übertragen habe.

Die Klägerin beruft sich auch auf Fehler in der Sozialauswahl. Insoweit vertritt sie die Auffassung, sie müsse sowohl mit den Verkäuferinnen verglichen werden, da sie selbst jahrelang Verkäuferin gewesen sei, als auch mit den Filialleiterinnen, da sie jederzeit in der Lage sei, auch als erste Filialleiterin zu arbeiten.

Die Klägerin beantragt,

1. Abändernd festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 14.05.2007, zugegangen am 21.05.2007, zum 31.08.2007 endete.

2. Die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin zu unveränderten Bedingungen als Assistant Shop Manager weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die überreichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die der Beschwer nach statthafte Berufung, die auch im Übrigen keinen Zulässigkeitsbedenken unterliegt, hat in der Sache keinen Erfolg.

Im Ergebnis und in der Begründung zutreffend hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass die streitgegenständliche betriebsbedingte Kündigung sozial gerechtfertigt ist. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt lediglich folgende Anmerkungen.

1.

Zutreffend hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass der Arbeitsplatz der Klägerin weggefallen ist. Insoweit kann offenbleiben, ob der Arbeitsplatz der Klägerin bereits zum 31.12.2006 weggefallen ist oder ob der Personalüberhang erst mit der Ankündigung der Kollegin der Klägerin, sie werde aus der Elternzeit zurückkehren, entstanden ist. Denn jedenfalls gab es zum Zeitpunkt der Kündigung nur eine Stelle als stellvertretende Filialleiterin im Bereich Schwerin und zwei Arbeitnehmer, die Anspruch auf diese Stelle hatten.

Der Vortrag der Klägerin, es sei im Jahr 2007 zu einem Teamtausch der Teams im Schlossparkcenter und im Sieben-Seen-Center gekommen, könnte zwar zu dem Rückschluss Anlass geben, die Beklagte habe nach wie vor zwei Stellen für stellvertretende Filialleiterinnen. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung musste die Klägerin jedoch einräumen, dass der Teamtausch nicht vollständig durchgeführt wurde und gerade die stellvertretende Filialleiterin aus der Filiale im Schlossparkcenter nicht in das Sieben-Seen-Center gewechselt ist. Daraus schließt das Gericht, dass die Beklagte nach wie vor nur über eine Stelle als stellvertretende Filialleiterin im Bereich Schwerin verfügt.

Was die Klägerin mit ihrem Hinweis auf die längere Vakanz der Stellvertreterstelle, die dann der Klägerin ab dem 01.01.2007 übertragen wurde, bewirken will, ist dem Gericht nicht klar. Denn wenn man überhaupt einen Schluss aus dem Umstand ziehen kann, dass diese Stelle über viele Monate unbesetzt war, so könnte es allenfalls der sein, dass die Besetzung dieser Stelle aus der Sicht der Beklagten eigentlich gar nicht erforderlich ist.

2.

Zutreffend hat das Arbeitsgericht darüber hinaus festgestellt, dass die Kündigung auch nicht gegen § 1 Abs. 3 KSchG (Sozialauswahl) verstößt. Dass die Sozialauswahl im Vergleich zu der anderen stellvertretenden Filialleiterin zu Lasten der Klägerin ausgehen muss, hat diese zum Schluss nicht mehr in Frage gestellt.

Eine Sozialauswahl mit den unter der Klägerin stehenden Verkäuferinnen oder mit den über der Klägerin stehenden Filialleitern der Filialen in Schwerin kommt nicht in Betracht. Wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend hervorgehoben hat, bezieht das Bundesarbeitsgericht die für die Sozialauswahl notwendige arbeitsplatzbezogene Vergleichbarkeit der Arbeitnehmer immer nur auf Arbeitnehmer derselben Hierarchiestufe. Die darunterliegende Hierarchiestufe wird bewusst nicht mit einbezogen, damit es keinen Verdrängungswettbewerb nach unten gibt, wie sich das Bundesarbeitsgericht ausdrückt. Die Stellen, die in der Betriebshierarchie über dem gekündigten Arbeitnehmer angesiedelt sind, bleiben ebenfalls außer Betracht, da nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes die betriebliche oder unternehmerische Krise nicht dazu ausgenutzt werden kann, einen beruflichen Aufstieg unter Mithilfe des Kündigungsschutzgesetzes bzw. der Arbeitsgerichte zu bewirken.

Im Übrigen bestehen zwar gewisse Zweifel, ob sich die Sozialauswahl, die sich stets auf den ganzen Betrieb beziehen muss, vorliegend allein auf die in Schwerin beschäftigten Arbeitnehmerinnen der Beklagten beziehen konnte. Die Zweifel müssen jedoch dahinstehen, da weder die Beklagte noch die Klägerin Hinweise darauf gegeben haben, welche Verkaufseinheiten bei der Beklagten in ihrer Summe den oder einen Betrieb der Beklagten darstellen.

3.

Die Klägerin hat auch keine Hinweise darauf gegeben, dass es andere freie Arbeitplätze bei der Beklagten gibt, die man ihr vor Ausspruch der Kündigung hätte anbieten müssen. Die ihr tatsächlich angebotenen Arbeitsplätze in Hamburg und Lübeck wollte sie nicht antreten, weitere freie Arbeitsplätze sind nicht ersichtlich.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin als die unterliegende Partei (§ 97 ZPO).

Zur Zulassung der Revision besteht kein Anlass.

Ende der Entscheidung

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