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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Beschluss verkündet am 14.10.2008
Aktenzeichen: 5 TaBV 9/08
Rechtsgebiete: BetrVG, ZPO


Vorschriften:

BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 7
ZPO § 940
Legt ein Tarifvertrag zum Thema Bildschirmerholzeiten nach § 5 BildschirmarbeitsVO fest, dass die Erholzeit als Pause im Umfang von 5 Minuten pro Arbeitsstunde zu gewähren ist, und legt der Tarifvertrag weiter fest, dass die Arbeitgeberin aus dieser Pausenmasse im Monat pro Arbeitnehmer bis zu 350 Minuten für Teambesprechungen nutzen darf, besteht für den Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht mehr bei der Frage, ob die Arbeitgeberin vor Ort in einem einzelnen Betrieb des Unternehmens von dieser Option Gebrauch machen darf. - Ein Beteiligungsrecht besteht auch nicht bei der Festlegung der Lage und Dauer der Teambesprechungen. Selbst wenn man hilfsweise ein Beteiligungsrecht bei der Festlegung von Lage und Dauer der Teambesprechungen bejaht, ist jedenfalls der Erlass der hier begehrten Unterlassungsverfügung nicht gerechtfertigt, da die Gesundheitsinteressen dadurch nur marginal berührt sind und damit ein Verfügungsgrund ausscheidet.
Tenor:

Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der arbeitsgerichtliche Beschluss vom 15. Mai 2008 (3 BVGa 6/08) abgeändert und die Anträge des Betriebsrates abgewiesen.

Gründe:

I.

Der beteiligte Betriebsrat (Antragsteller), begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zur Sicherung seiner Beteiligungsrechte die Untersagung der "Verblockung von Arbeitsunterbrechungen" an Bildschirmarbeitsplätzen durch die beteiligte Arbeitgeberin.

Die beteiligte Arbeitgeberin (Beteiligte zu 2) ist ein konzerngebundenes Unternehmen der Telekommunikationsbranche. Der beteiligte Betriebsrat ist für den Betrieb "Niederlassung Nordost" gebildet worden. Der überwiegende Teil der bei der beteiligten Arbeitgeberin beschäftigten Arbeitnehmer wird an Bildschirmarbeitsplätzen im Sinne der Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit an Bildschirmgeräten (Bildschirmarbeitsverordnung - BildschirmarbV - 4. Dezember 1996, BGBl. I S. 1843, zuletzt geändert durch Artikel 437 der Verordnung vom 31. Oktober 2006, BGBl. I S. 2407) beschäftigt.

Die Bildschirmarbeit betreffend gibt es im Unternehmen sowohl Tarifverträge als auch Gesamtbetriebsvereinbarungen. Beide sind zuletzt aus der Sicht der Arbeitnehmer im Zuge eines unternehmerischen Konzepts zur Erhaltung der Arbeitsplätze deutlich verschlechtert worden.

Während früher galt, dass bei Bildschirmarbeit 10 Minuten bezahlte Arbeitsunterbrechung pro Arbeitsstunde zu gewähren sind, sieht § 2 Absatz 1 des Tarifvertrages über die Regelung der Arbeitsunterbrechungen an Bildschirmarbeitsplätzen vom 1. Juni 2006 (TV BSEZ - Kopie Blatt 47 ff., es wird Bezug genommen) nur noch eine bezahlte Unterbrechung in Höhe von 5 Minuten pro Arbeitsstunde vor. Nach § 2 Absatz 4 dieses TV "können" weitere 5 Minuten "unbezahlte Bildschirmerholzeiten" pro Arbeitsstunde vereinbart werden. Diese Vereinbarung zusätzlicher unbezahlter Unterbrechungen erfolgt nach § 2 Absatz 6 des TV "im Rahmen der Schichtplanerstellung unter Beachtung der Mitbestimmung der örtlichen Betriebsräte".

Weiter enthält der Tarifvertrag Regelungen zum Zusammenziehen von Unterbrechungszeiten aus mehreren Arbeitsstunden. Danach dürfen maximal 15 Minuten Unterbrechungszeiten zusammengezogen werden. Außerdem dürfen zusammengezogene Unterbrechungen nicht am Beginn und am Ende der Schicht liegen, und es dürfen keine Arbeitsstunden aus der Nachtzeit für das Zusammenziehen der Unterbrechungen verwendet werden (§ 2 Absatz 2 TV BSEZ). Ebenfalls verschlechtert hat sich - aus der Sicht der Arbeitnehmer - die Möglichkeit für die Arbeitgeberin, die Arbeitsunterbrechungen für ihre Zwecke zu nutzen, etwa zu Teambesprechungen.

Während in einer älteren GBV geregelt war, dass die Arbeitgeberin bis zu 215 Minuten aus dem Volumen der Arbeitsunterbrechungen im Monat dafür nutzen durfte, heißt es nunmehr in dem vorerwähnten TV dazu:

"§ 3 Inhalt und Ausgestaltung der Arbeitsunterbrechungen

(1) Optional können pro Monat maximal bis zu 350 Minuten der bezahlten Anteile der Bildschirmerholzeiten für Teambesprechungen verwendet werden. Die tatsächliche Höhe des Anteils und die weitere Ausgestaltung regeln GBR und [Arbeitgeberin].

(2) Aus der Zusammenlegung entsteht keine Mischarbeit im Sinne von § 5 BildschAV."

Diese neue tarifliche Vorgabe ist inzwischen durch Abänderung der entsprechenden GBV auch auf betriebsrätlicher Ebene umgesetzt worden (Änderungs-GBV ohne Datum, Kopie Blatt 63, es wird Bezug genommen).

In der Gesamtbetriebsvereinbarung (GBV) über die Ausgestaltung der Arbeitsunterbrechungen an Bildschirmarbeitsplätzen (Kopie Blatt 61 f, es wird Bezug genommen) sind weitere Regelungen aufgenommen. Sie lauten auszugsweise:

"§ 1 Arbeitsunterbrechungen an Bildschirmarbeitsplätzen

(1) ... (2) Die Zusammenfassung von zwei Bildschirmerholzeiten im Sinne von Abs. 1 ist zulässig. Dies gilt nicht für die Arbeitsunterbrechungen am Beginn oder Ende der täglichen Arbeitszeit.

(3) Die Bildschirmerholzeiten sind keine gemäß Arbeitszeitgesetz geforderten Ruhepausen und dürfen mit diesen nicht zusammengezogen werden.

(4) Geregelte Erholungszeiten im Sinne von § 21 TV SR Mobil in der Fassung vom 30.09.97 bzw. gleichlautenden anderen für T-Mobile geltenden Tarifverträgen sind anzurechnen.

§ 2 Inhalt und Ausgestaltung der Arbeitsunterbrechungen

Optional können pro Monat maximal 215 Minuten [heute 350 Minuten, vgl. oben] für Teambesprechungen verwendet werden. Daraus entsteht keine Mischarbeit im Sinne von § 5 BildschAV. In den Besprechungen sind auch Themen aus den Bereichen Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und / oder Weiterbildung / Qualifizierung zu bearbeiten. Ihre zeitliche Lage ist mit den Betriebsräten unter Beachtung von § 1 dieser Vereinbarung abzustimmen. Diese Besprechungen finden nicht unmittelbar am Arbeitsplatz und nicht mit Bildschirmunterstützung statt."

In der hier betroffenen Niederlassung Nordost wird an den Bildschirmarbeitsplätzen nach Dienstplan gearbeitet. Die Dienstpläne werden nach den tariflichen Vorgaben, nach den weiteren Maßgaben aus Betriebsvereinbarungen und nach örtlichen Vorgaben des Arbeitgebers ausgearbeitet. Alle Dienstpläne werden dem Betriebsrat zur Zustimmung vorgelegt. Einzelheiten der Handhabung der Beteiligung sind - nach einem Bericht beider Seiten in der mündlichen Anhörung - in Streit, insoweit sollen auch Beschlussverfahren anhängig sein. Angesichts dieses Streites werden derzeit Dienstpläne, die der Betriebsrat nicht billigt, von der Arbeitgeberin unverbindlich und lediglich als Empfehlung publik gemacht. Nach dem Bericht beider Seiten werden diese unverbindlichen Dienstpläne in der Praxis wie verbindliche Dienstpläne eingehalten. In die Dienstpläne werden die Bildschirmerholzeiten (Arbeitsunterbrechungen) eingearbeitet und - jedenfalls sofern sie für Besprechungen genutzt werden sollen - als solche auch ausgewiesen.

In der hier betroffenen Niederlassung wurden die neuen tariflichen Möglichkeiten zur Verblockung der bezahlten Arbeitsunterbrechungen zum Zwecke der Durchführung von Besprechungen zunächst nicht umgesetzt. Mit Mail vom 4. April 2008 kündigte die beteiligte Arbeitgeberin allerdings an, nunmehr folgende Verblockungen der bezahlten Bildschirmarbeitsunterbrechungen zum Zwecke der Durchführung von Arbeitsbesprechungen in der Niederlassung vornehmen zu wollen (an den beteiligten Betriebsrat gerichtete Mail von Herrn W, Blatt 64, es wird Bezug genommen):

- in der Zeit vom 01.04. bis 31.05. maximal 215 Minuten pro Monat

- 01.06. bis 31.08. maximal 250 Minuten pro Monat

- ab 31.08 maximal 290 Minuten pro Monat.

Mit weiterer Mail vom 11. April 2008 (Kopie Blatt 66) teilte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat weitere Einzelheiten zur der geplanten Verblockung mit. Für das schon immer durchgeführte wöchentliche 40minütige Teammeeting sollten nunmehr 15 Minuten bezahlte Bildschirmerholzeit verbraucht werden. Weitere 35 Minuten wöchentlich sollten für drei "Kurzbriefings" im Umfang von 10, 10 und 15 Minuten eingesetzt werden. Die Verblockung von Bildschirmpausen, die von den Beschäftigten als Pausen genutzt werden können, ist zwischen den Beteiligten nicht - jedenfalls nicht im vorliegenden Beschlussverfahren - in Streit.

Der beteiligte Betriebsrat reklamiert bei der Festlegung der Einzelheiten der Verblockung (Blockanzahl, Blocklänge und zeitliche Lage der Blöcke) ein Beteiligungsrecht. Die Arbeitgeberin verneint ein solches Beteiligungsrecht jedenfalls hinsichtlich der Vorgaben aus den beiden Mails. Der Betriebsrat hat daher beim Arbeitsgericht Rostock - Gerichtseingang am 9. Mai 2008 - den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Arbeitgeberin beantragt, mit der ihr untersagt werden soll, "Arbeitsunterbrechungen ... zu verblocken" sowie gegenüber den betroffenen Arbeitnehmern die Teilnahme an den während der Blockzeiten geplanten Teambesprechungen anzuordnen.

Angesichts des sich abzeichnenden Streits hat die Arbeitgeberin vorläufig von der Umsetzung ihrer Pläne abgesehen, so dass derzeit die Beschäftigten während der Arbeitsunterbrechungen im Wesentlichen zu keinerlei Dienstaufgaben herangezogen werden. Die Arbeitgeberin hat in der Anhörung jedoch betont, sie halte an ihren Plänen fest und werde die Verblockung umsetzen, wenn das vorliegende Gerichtsverfahren zu ihren Gunsten ausgehen sollte. Gleichzeitig hat sie signalisiert, dass hinsichtlich der Blocklängen und der Anzahl der Verblockungen noch Abänderungsmöglichkeiten in Absprache mit dem Betriebsrat gesehen werden.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 15. Mai 2008 (3 BVGa 6/08) die begehrte einstweilige Verfügung nebst Ordnungsgeldandrohung erlassen und in der Sache wie folgt tenoriert:

1. Der Beteiligten zu 2 wird aufgegeben es zu unterlassen, Arbeitsunterbrechungen an Bildschirmarbeitsplätzen gemäß § 2 des Tarifvertrages über Arbeitsunterbrechungen an Bildschirmarbeitsplätzen (TV BSEZ) für die Arbeitnehmer zu verblocken, es sei denn, der Beteiligte zu 1 hat der zeitlichen Lage der Verblockung zugestimmt oder seine Zustimmung ist durch den Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden.

2. Der Beteiligten zu 2 wird aufgegeben es zu unterlassen, den Arbeitnehmern die Verwendung der bezahlten Arbeitsunterbrechungen an Bildschirmarbeitsplätzen gemäß § 2 des Tarifvertrages über Arbeitsunterbrechungen an Bildschirmarbeitsplätzen (TV BSEZ) für Teambesprechungen anzuordnen, es sei denn der Beteiligte zu 1 hat der Verwendung und der zeitlichen Lage zugestimmt oder seine Zustimmung ist durch den Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden.

Die einstweilige Verfügung ist der Arbeitgeberin 21. Mai 2008 zugestellt worden. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der beteiligten Arbeitgeberin ist am 29. Mai 2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangen und mit einem Schriftsatz, der am 17. Juli 2008 bei Gericht eingegangen ist, begründet worden.

Die Arbeitgeberin begehrt nach wie vor die vollständige Zurückweisung der Verfügungsanträge. Es sei weder ein Verfügungsanspruch noch ein Verfügungsgrund erkennbar.

Nach Auffassung der beteiligten Arbeitgeberin ist sowohl das Verblocken von Arbeitsunterbrechungen als auch die Nutzung dieser Zeiten für Teambesprechungen und Kurzbriefings im Tarifvertrag und in der Gesamtbetriebsvereinbarung abschließend geregelt. Ein Mitbestimmungsrecht des beteiligten Betriebsrats bestehe daher nicht mehr.

Die beteiligte Arbeitgeberin beantragt,

1. den angegriffen Beschluss abzuändern und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen;

2. hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1, dem Beteiligten zu 1 (Antragsteller) aufzugeben, binnen einer vom Gericht zu bestimmenden Frist, die einen Monat nicht überschreiten soll, den Streitgegenstand in der Hauptsache rechtshängig zu machen sowie für den Fall des Überschreitens der Frist auszusprechen, dass die einstweilige Verfügung des Arbeitsgerichts Rostock vom 15.05.2008 zum Aktenzeichen 3 BVGa 6/08 aufgehoben wird.

Der beteiligte Betriebsrat beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der beteiligte Betriebsrat verteidigt die von ihm erwirkte einstweilige Verfügung des Arbeitsgerichts. Er ist der Auffassung, dass derzeit keine rechtsverbindlichen tariflichen oder betrieblichen Regelungen zur Verblockung bestehen. Die Ausgestaltung gesetzlicher Regelungen des Arbeitsschutzes unterliegt nach Auffassung des beteiligten Betriebsrats der Mitbestimmung nach § 87 Absatz 1 Nr. 2 und Nr. 7 BetrVG.

Soweit der Gesamtbetriebsrat Vereinbarungen mit der Arbeitgeberin im Hinblick auf die Ausgestaltung der Arbeitsunterbrechungen an Bildschirmarbeitsplätzen geschlossen habe, sei er dafür nicht zuständig gewesen. Eine originäre Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrates sei nach § 50 Absatz 1 BetrVG nur eröffnet, wenn die Angelegenheit entweder das Gesamtunternehmen oder zumindest mehrere Betriebe des Unternehmens betrifft und diese Angelegenheit nicht durch die örtlichen Betriebsräte innerhalb der Betriebe geregelt werden könne. Diese Voraussetzungen seien hier offensichtlich nicht erfüllt. Die einseitige Verblockung und Nutzung der Arbeitsunterbrechungen durch die beteiligte Arbeitgeberin sei ein grober Verstoß gegen die betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten. Trotz des Hinweises des beteiligten Betriebsrats auf seine Mitbestimmungsrechte habe die beteiligte Arbeitgeberin Arbeitsunterbrechungen verblockt und für Teammeetings bzw. Kurzbriefings genutzt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die überreichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Anhörung der Beteiligten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die einstweilige Verfügung abgeändert und die Anträge des beteiligten Betriebsrats abgewiesen, da ein Verfügungsanspruch nicht dargetan ist. Hilfsweise verneint das Gericht auch das Vorliegen eines Verfügungsgrundes.

1.

Der notwendige Verfügungsanspruch ist nicht dargelegt. Es ist nicht ersichtlich auf welche Anspruchsgrundlagen der beteiligte Betriebsrat vorliegend die begehrten Unterlassungen stützten könnte.

a)

Der Unterlassungsanspruch lässt sich nicht auf den richterrechtlich anerkannten Unterlassungsanspruch beim Übergehen von Beteiligungsrechten des Betriebsrates aus § 87 BetrVG stützen, denn es ist nicht ersichtlich, gegen welches Beteiligungsrecht der Arbeitgeber durch die einseitige Anordnung der geplanten Verblockungen (Blockanzahl und Blockdauer) verstoßen würde.

aa)

Ein Verstoß gegen § 87 Absatz 1 Nr. 2 BetrVG lässt sich nicht feststellen. Nach dieser Vorschrift bestimmt der Betriebsrat unter anderem mit bei "Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen". Hierunter fällt die von der Arbeitgeberin geplante Verblockung der bezahlten Bildschirmerholzeiten (Arbeitsunterbrechungen) nicht, denn die Arbeitsunterbrechungen an Bildschirmarbeitsplätzen können nicht als Pausen im Sinne von § 87 Absatz 1 Nr. 2 BetrVG gewertet werden.

Der Begriff der Pause ist in § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG nicht definiert; er wird dort vorausgesetzt. Das Mitbestimmungsrecht umfasst zunächst Beginn und Ende der Ruhepausen im Sinne von § 4 Arbeitszeitgesetz (ArbZG). Dies sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Unterbrechungen der Arbeitszeit von bestimmter Dauer, die der Erholung dienen. Solche Ruhepausen zählen arbeitszeitrechtlich nicht zur Arbeitszeit und stellen dementsprechend regelmäßig auch schuldrechtlich keine vergütungspflichtige Arbeitszeit dar. Das Fehlen einer Vergütung gehört aber nicht zum Begriff der Pause. Auch arbeitszeitrechtlich ist entscheidendes Merkmal der Pause nicht die fehlende Vergütung, sondern die Freistellung von jeglicher Arbeitsverpflichtung, einschließlich der Verpflichtung, sich zur Arbeit bereitzuhalten (grundlegend BAG 1. Juli 2003 - 1 ABR 20/02 - BAGE 107, 1 = AP Nr. 107 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit = NZA 2004, 620).

Die vorliegend streitigen Arbeitsunterbrechungen bei Bildschirmarbeit können nach diesen Grundsätzen nicht als Pausen im Sinne des BetrVG gewertet werden, denn die Bildschirmpausen sind nicht durch das Fehlen von jeglicher Arbeitsverpflichtung der Arbeitnehmer gekennzeichnet. § 5 BildschirmarbV schreibt vor, die Bildschirmarbeit entweder so zu organisieren, dass Arbeiten am Bildschirm und Arbeiten ohne Bildschirm sich abwechseln (Mischarbeit), oder dass die Bildschirmarbeit durch Pausen unterbrochen wird.

Die gesetzliche Regelung zeigt, dass es dem Gesetzgeber vor allem darum ging, die Bildschirmarbeit zu unterbrechen. Wenn dies durch Pausen geschieht, weil keine Mischarbeit organisiert werden kann, ist die Befreiung von der Arbeitspflicht nur ein Nebeneffekt, in der Hauptsache geht es auch hier darum, die Bildschirmarbeit zu unterbrechen. Die Bildschirmarbeitspause ist also nicht durch die generelle Befreiung von der Arbeitspflicht gekennzeichnet, die Befreiung bezieht sich vielmehr nur auf die Pflicht, am Bildschirm zu arbeiten. Daher ist es möglich, während der Bildschirmpause die Arbeitnehmer zu anderen Arbeiten heranzuziehen, womit es sich nicht um Pausen im Sinne von § 87 Absatz 1 Nr. 2 BetrVG handelt.

Diese Auslegung des Gesetzes steht in Einklang mit dem Verständnis der Bildschirmpause in dem hier einschlägigen Tarifvertrag und in der hier einschlägigen Gesamtbetriebsvereinbarung, denn beide sehen die Möglichkeit vor, einen Teil der Bildschirmpausen für Arbeitsbesprechungen zu nutzen, was nicht möglich wäre, wenn die Bildschirmpause eine Erholungspause im Sinne von § 87 Absatz 1 Nr. 2 BetrVG wäre.

Aber selbst dann, wenn man sich hilfsweise auf den Standpunkt stellen würde, dass die Pausen im Sinne von § 5 BildschirmarbV wie andere Pausen durch die Befreiung von jeglicher Arbeitspflicht gekennzeichnet sind, käme man im Ergebnis nicht zu einem Beteiligungsrecht des Betriebsrats aus § 87 Absatz 1 Nr. 2 BetrVG bei der Verblockung von Arbeitsunterbrechungen zum Zwecke der Durchführung von Arbeitsbesprechungen. Denn soweit der Tarifvertrag regelt, dass aus dem Volumen der Bildschirmpausen die Arbeitgeberin monatlich bis zu 350 Minuten pro Arbeitnehmer für Besprechungen beanspruchen darf, haben die Tarifvertragsparteien geregelt, dass in diesem Umfang die nach § 5 BildschirmarbV erforderlichen Unterbrechungen gerade nicht durch Pausen, sondern durch andere Arbeiten nämlich Arbeitsbesprechungen umgesetzt werden sollen. Das Beteiligungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Absatz 1 Nr. 2 BetrVG könnte sich also nur auf die Lage der weiteren Unterbrechungen beziehen, die über die 350 Minuten hinausgehen.

bb)

Auch ein Verstoß der Arbeitgeberin gegen § 87 Absatz 1 Nr. 7 BetrVG lässt sich nicht feststellen. Nach dieser Vorschrift ist der Betriebsrat zu beteiligten bei Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften. Die von der Arbeitgeberin einseitig vorgenommene Verblockung der Bildschirmpausen berührt dieses Beteiligungsrecht nicht.

Insoweit ist es in der Rechtsprechung anerkannt, dass der Betriebsrat zu beteiligen ist, wenn dem Arbeitgeber eine Handlungspflicht obliegt, die aus Vorschriften des Arbeits- und Gesundheitsschutzes folgt und die wegen Fehlens einer zwingenden Vorgabe einer konkreten betrieblichen Regelung bedarf (BAG 15. Januar 2002 - 1 ABR 13/01 - BAGE 100, 173 = NZA 2002, 995 = AP Nr. 12 zu § 87 BetrVG 1972 Gesundheitsschutz = DB 2002, 2278).

Eine solche Situation ist hier auch gegeben, denn wenn der Arbeitgeber die Vorgaben aus § 5 BildschirmarbV durch Mischarbeit oder Pausen oder durch eine Kombination beider Mittel umsetzen kann, lässt das Gesetz dem Arbeitgeber bei der Umsetzung seiner Pflichten Entscheidungsspielräume offen, die der Arbeitgeber gemeinsam mit dem Betriebsrat auszufüllen hat.

Der beteiligte Betriebsrat hat jedoch übersehen, dass vorliegend neben § 5 BildschirmarbV auch die tariflichen Regelungen aus dem TV BSEZ als vorrangige Regelungen im Sinne des Eingangssatzes von § 87 Absatz 1 BetrVG zu beachten sind. Eine Beteiligung des Betriebsrats kommt bei der Ausgestaltung der Bildschirmarbeitsunterbrechungen also nur noch in Betracht, soweit es sich um Fragen handelt, die einerseits der Umsetzung der gesetzlichen Pflichten des Arbeitgebers aus § 5 BildschirmarbV dienen, und für die andererseits der Arbeitgeber trotz der tariflichen Vorgaben noch einen eigenen Entscheidungsspielraum hat. Das trifft auf die hier streitige Verblockung der Arbeitsunterbrechungen zum Zwecke der Durchführung von Arbeitsbesprechungen nicht zu.

Denn die Frage, ob die Bildschirmarbeitsunterbrechungen durch Pausen oder durch andere Arbeiten ohne Bildschirm realisiert werden sollen, ist bereits durch den Tarifvertrag abschließend geregelt. Wenn es dort heißt, dass der Arbeitgeber bis zu 350 Minuten im Monat pro Arbeitnehmer aus dem Volumen der Bildschirmpausen für Arbeitsbesprechungen nutzen darf, betrifft es keine Fragen des Gesundheitsschutzes mehr, wenn der Arbeitgeber nunmehr festlegt, wie und wann er diese Zeiten nutzen will. Vielmehr nimmt er damit nur seine Autonomie in der Arbeitsorganisation wahr. Alle Regelungen, die er im Rahmen der drei Vorgaben aus dem Tarifvertrag (bis zu 350 Minuten monatliches Volumen, maximal 15 Minuten Verbrauch an Bildschirmpausen für einzelne Blöcke mit anderer Arbeit, Arbeitsbesprechungen als Zwecksetzung der anderen Arbeiten) trifft, sind in Hinblick auf den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer vor den Gefahren der Bildschirmarbeit gleichwertig. Es ist daher nicht ersichtlich, woraus sich das Beteiligungsrecht des Betriebsrats ergeben sollte.

cc)

Soweit der Betriebsrat darauf abstellt, dass der TV BSEZ über das Gesetz hinausgehend ausdrücklich die Beteiligung des Betriebsrats bzw. des Gesamtbetriebsrats vorsehe, ergibt sich im vorliegenden Fall auch nichts anderes. Die damit möglicherweise verbundenen ungeklärten Rechtsfragen bedürfen vorliegend keiner Klärung.

Nicht verständlich ist es, wenn der Betriebsrat sein Beteiligungsrecht aus § 2 Absatz 6 TV BSEZ ableiten will, denn dort ist ein Beteiligungsrecht des örtlichen Betriebsrats lediglich für den Fall der unbezahlten zusätzlichen Arbeitsunterbrechungen aus § 2 Absatz 4 TV BSEZ vorgesehen. Soweit ersichtlich gibt es im Betrieb, für den der beteiligte Betriebsrat gebildet wurde, keine unbezahlten zusätzlichen Arbeitsunterbrechungen. Die Arbeitgeberin will die Verblockungen jedenfalls nur aus dem Volumen der bezahlten Arbeitsunterbrechungen vornehmen, was angesichts des Umstandes, dass sie während der Zeit der Arbeitsbesprechungen von ihren Beschäftigten Mitarbeit und Aufmerksamkeit fordert, auch nur folgerichtig erscheint.

Im Übrigen weist der Tarifvertrag an verschiedenen Stellen nur dem Gesamtbetriebsrat (GBR) und nicht dem hier beteiligten (örtlichen) Betriebsrat ausdrücklich einzelne ergänzende Beteiligungsrechte zu. Insofern teilt das Gericht zwar die Auffassung des beteiligten Betriebsrats, dass die angesprochenen zusätzlichen Beteiligungsrechte nach der Kompetenzordnung des Betriebsverfassungsgesetzes eigentlich dem hier beteiligten örtlichen Betriebsrat zustehen müssten, da Fragen des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz immer einen ganz konkreten Bezug zu den örtlichen Verhältnissen an jedem einzelnen Arbeitsplatz haben und sie sich daher einer sinnvollen Regelung durch eine Gesamtbetriebsvereinbarung, die notwendig allgemein ohne Rücksicht auf die örtlichen Verhältnisse ausfallen muss, entziehen.

Der beteiligte Betriebsrat scheint aber die Rechtsfolgen dieser Rechtsansicht nicht gänzlich durchdacht zu haben. Denn wenn die Tarifvertragsparteien in einer Tariföffnungsklausel ein Beteiligungsrecht eines nach der Kompetenzordnung des Gesetzes unzuständigen Gremiums vorgesehen haben, folgt daraus nicht notwendig die tariflich zugewiesene Kompetenz des eigentlich zuständigen betrieblichen Gremiums. Vielmehr wäre dann die tarifliche Regelung allenfalls wegen Verstoß gegen ein zwingendes Gesetz nach § 134 BGB insgesamt unwirksam. Damit wäre zwar für den örtlichen Betriebsrat keine Regelungssperre mehr durch eine vorrangige Gesamtbetriebsvereinbarung gegeben, aber gleichzeitig wäre der örtliche Betriebsrat wieder auf seine gesetzlichen Beteiligungsrechte beschränkt, die vorliegend - siehe oben - gerade kein Beteiligungsrecht ergeben.

b)

Der Unterlassungsanspruch des Betriebsrats lässt sich auch nicht auf § 23 Absatz 3 BetrVG stützen. Da nicht festgestellt werden kann, dass die beteiligte Arbeitgeberin durch das einseitige Verblocken der Arbeitsunterbrechungen ohne Beteiligung des Betriebsrats ein Beteiligungsrecht des beteiligten Betriebsrats übergangen hat, kann erst Recht nicht festgestellt werden, dass die Arbeitgeberin "grob" im Sinne von § 23 Absatz 3 BetrVG gegen ihre Pflichten aus diesem Gesetz verstoßen habe.

2.

Soweit man hilfsweise mit dem Betriebsrat doch ein Beteiligungsrecht bei der Verblockung der Arbeitsunterbrechungen zum Zwecke der Durchführung von Arbeitsbesprechungen annehmen will, besteht dennoch kein Anspruch auf Erlass der begehrten Unterlassungsverfügung, denn ein Verfügungsgrund ist nicht ersichtlich.

Der Erlass einer einstweiligen Verfügung kommt nur in Betracht, wenn ein anerkennenswerter Anlass besteht auf Basis eines nicht vollständig aufgeklärten Sachverhaltes und außerhalb der Reihenfolge der rechtsuchenden anderen Verfahrensbeteiligten vorab eine gerichtliche Entscheidung zu erlassen (§§ 935, 940 ZPO). Da die beteiligte Arbeitgeberin die betroffenen Arbeitnehmer - bei einem gedachten Obsiegen in der Hauptsache - nicht nachträglich zur Nachleistung der durch Pausen verbummelten Zeiten heranziehen könnte, führt also die gerichtliche Verfügung zu einem endgültigen Rechtsverlust der beteiligten Arbeitgeberin.

Der Erlass einer Verfügung kommt daher hier nur unter den strengen Voraussetzungen einer Regelungsverfügung im Sinne von § 940 ZPO in Betracht. Eine solche Regelung zur vorläufig verbindlichen Regelung eines Zustandes kann nur erlassen werden, wenn dadurch wesentliche Nachteile oder Gewalt abgewendet werden können (§ 940 ZPO). Diese Voraussetzung ist hier nicht gegeben.

Bei der Bewertung der Interessen des Betriebsrats ist in erster Linie auf die Nachteile abzustellen, die den betroffenen Arbeitnehmern drohen, zu deren Interessenvertretung der Betriebsrat berufen ist. Diese sind hier als nicht zentral berührt einzuschätzen. Denn die Gesundheitsinteressen der betroffenen Arbeitnehmer sind hier durch die tarifliche Regelung im TV BSEZ bereits sehr weitgehend geschützt.

Hält sich der Arbeitgeber - wie vorliegend - an die tariflichen Einschränkungen bei der Organisation der Arbeit, sind die Gesundheitsinteressen der Belegschaft durch die verbleibenden Entscheidungen des Arbeitgebers nicht mehr erkennbar berührt; das ist bereits oben im Einzelnen ausgeführt worden. Selbst wenn man hilfsweise annehmen wollte, dass auch die Anzahl, die Dauer und die Lage der Verblockungen zum Zwecke der Durchführung von Arbeitsbesprechungen die Gesundheitsinteressen der Belegschaft noch berühren könnten, handelt es sich jedenfalls nur um mögliche geringfügige Beeinträchtigungen der Gesundheit, die aus einer suboptimalen Streuung der Arbeitsbesprechungen im Tages- und Wochenrhythmus resultieren könnten. Diese möglichen geringfügigen Effekte rechtfertigen den Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht. Dem stehen gewichtige Interessen der Arbeitgeberin gegenüber, denn sie würde durch den Erlass der Verfügung daran gehindert, die Arbeitskraft der unter Vertrag stehenden Arbeitnehmer im tariflich vorgesehenen Umfang produktiv einzusetzen.

Daher verneint das Gericht die Voraussetzungen zum Erlass einer Regelungsverfügung im Sinne von § 940 ZPO. Bei der Bewertung hat das Gericht auch in Rechnung gestellt, dass die Arbeitsbesprechungen, für die die verblockten Zeiten eingesetzt werden sollen, im Dienstplan ausgewiesen sind und sie daher ohnehin ihrer zeitlichen Lage nach noch vom Betriebsrat mitbestimmt werden. Dass die Einzelheiten der Ausgestaltung des Beteiligungsverfahrens beim Erlass der Dienstpläne derzeit zwischen den Beteiligten ebenfalls in Streit stehen, kann daran nichts ändern. Der Betriebsrat hat bei der Mitbestimmung beim Erlass von Dienstplänen nach dem Gesetz eine so starke Stellung, dass kein Anlass besteht, für den vorliegenden Streit, der nur eine kleine Einzelfrage mit Auswirkungen auf die Dienstpläne betrifft, eine vom Normalfall abweichende Bewertung vorzunehmen.

III.

Da die Entscheidung des Gerichts im einstweiligen Verfügungsverfahren ergeht, ist gegen sie nach dem Gesetz kein Rechtsmittel vorgesehen.

Ende der Entscheidung

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